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Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: Sa 4. Jun 2005, 17:05
von Gerhard

Hallo,

ich hänge mal wieder das ganze Wochenende am Computer fest und ich habe das Gefühl, ich sollte mich dafür mit dem ein oder anderen schönen Werkzeug belohnen.

Ich würde gerne mal versuchen, ob ich wirklich einen wesentlichen Unterschied zwischen meinen europäischen Stecheisen und japanischen Eisen feststellen kann. Dazu möchte ich mir gerne beim Hausherren zwei oder drei Eisen bestellen. Die Eisen aus Damaszener Stahl würde ich mal ausschließen. Die HSS Eisen auch. Die Beschreibung klingt zwar sehr gut, allerdings geht es mir um das "typische", also zweilagige Eisen. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob die sog. einfachen Eisen auch zweilagig sind. Das geht aus der Beschreibung nicht genau hervor

Arbeitet jemand von Euch mit den einfachen Eisen bzw. den Eisen mit "Weißer Papier Stahl" ? Vieleicht sogar mit beiden "Modellreihen", um mal kurz die Unterschiede zu beschreiben?

Vielen Dank,
Gerhard




Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: Sa 4. Jun 2005, 17:50
von Christian Otto

Hallo Gerhard!

Ich besitze schon seit einigen Jahren verschiedene japanische Stemmeisen. Die meisten davon habe ich zwar nicht bei Dieter erstanden, aber diese sind sicherlich von vergleichbarer Qualität. Grundsätzlich sind japanische Stemmeisen immer zweilagig ausgeführt, Ausnahmen sind hier lediglich die mehr und mehr verbreiteten HSS-Eisen. Der Vorteil der HSS-Eisen ist die Möglichkeit, sie trocken schleifen zu können, ich ahbe es selbst mit meinem schon öfters gemacht, auf der Baustelle ein großer Vorteil gegenüber den traditionelle 2-Lagen-Eisen. Die "normalen" Nomis dürfen unter KEINEN Umständen trocken geschliffen werden, ich rate sogar davon ab, sie maschinell nass zu schleifen, nicht wegen der Ausglühung, sondern aufgrund der damit verbundenen Schneidenausrundung.

Ich kann Dir Nomis generell absolut empfehlen, lass aber die Finger von Billigangeboten wie sie vermehrt bei der grossen Bucht zu finden sind. Die einzige Möglichkeit keinen Ramsch zu kaufen besteht darin, bei einem vertrauenswürdigen Händler zu kaufen, Dieter sei hier natürlich ausdrücklich empfohlen. Meine Nomis haben zwischen 23 und 60 Euronen das Stück gekostet und sind jeden Cent wert. Unumgänglich wird meiner Meinung nach der Kauf eines japanischen Wassersteins sein, ein Kombinationsstein leistet mir gute Dienste.

Eine kleine Empfehlung kann ich noch aussprechen: Ich besitze zwei Eisen aus der Werstatt Iyori, eines davon habe ich bei Dieter erstanden, das andere ersteigert. Es sind die besten Eisen, die ich je in der hand hatte. Ach so, nochwas:

Oft wird von japanischen Eisen abgeraten, da sie hebeln nicht so gut vertragen würden wie westliche Eisen: Das halte ich für genauso klug wie von einem Kochmesser abzuraten, weil es das Holzspalten nicht so gut verträgt!

Zu den Stählen:

In der amerikanischen Holzwerker-Gemeinschaft wird unterschieden zwischen White und Blue Steel -Eisen. Ich bitte um Verbesserung: Aber ich denke der Unterschied entspricht zum einen Carbonstahl zum anderen dem oben genannten HSS-Stahl. Der Name Blue Steel kommt laut einem Katalog von der Farbe des Papiers, das der Hersteller zum einpacken des Stahls verwendet. Klingt komisch, war aber so angegeben.

Gruss,
Christian


Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: Sa 4. Jun 2005, 18:48
von Gerhard

Hallo Christian,

über den Stahl weiß ich ein bißchen bescheid. Weißer Papier Stahl (kommt wirklich von dem Papier, in das der Stahl verpackt wird) ist die eher traditionelle Art Schneidenstahl. Sehr reiner, feinkörniger Stahl mit hohem Kohlenstoffanteil ohne weitere wesentliche Legierungszusätze.

Für Blauer Papier Stahl habe ich die Legierungszusammensetzung im Internet gefunden. Das ist ein niedrig legierter Stahl, eigentlich der "modernere" der beiden Stähle, allerdings im Vergleich zu HSS wirklich nur gering legiert und auch nicht in Richtung Warmfestigkeit wie bei HSS. Wenn die Angaben stimmen (habe ich bei einem Messerhersteller gefunden) hat der "blaue" Stahl etwa 0,5% Chrom, jeweils unte reinem halben Prozen Molybdän und Mangan, ein halbe sProzent Vanadium und - das ist etwas exotisch in der Kombination 2 bis 2,5 % Wolfram.
HSS hat immer rund 4% Chrom und reichlich Wofram, Molybdän, Vanadium und Kobalt. Oft zusammen über 20% Legierungsbestandteile.

Ich bin im Moment noch etwas hin und her gerissen: Fange ich "eine Serie" an oder probiere ich mal zwei unterschiedlich teure Eisen ob ich einen Unterschied merke?

Viele Grüße,
Gerhard


Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: Sa 4. Jun 2005, 20:17
von Friedrich Kollenrott

Hallo Gerhard,

ich habe einen Satz japanische Stecheisen (Iyoroi) Sicher sehr gute Eisen, sehr schnitthaltig. Ich könnte aber nicht sagen, ob wirklich im Gebrauch signifikant haltbarer als europäische. Ich hatte mal die Nase voll vom häufigen Nachschleifen von Kirschen- Eisen beim Zapfenlochstemmen in Ahorn. Da hab ich es mit meinen Japanern versucht. Eigentlich war das Verhalten sehr ähnlich, das hat mich etwas enttäuscht.

Ich denke, man sollte die Frage der Schnitthaltigkeit nicht so extrem in den Vordergrund stellen. Ein Stecheisen hat man in der Hand, un da muss es reinpassen. Mir sind die japanischen Eisen zu dick, zu kurz, zu stummelig. Da nützt mir eine bessere Schnitthaltigkeit wenig, sie hängen meistens an der Wand.

Ich würde Dir darum empfehlen, kauf Dir ersts mal eines (ein nicht zu teures) und probier, ob Du damit überhaupt arbeiten magst. Wenn ja, vielleicht als nächstes ein ganz tolles zum Vergleich. Und dann berichtest Du uns davon, es würde mich sehr interessieren.

Fridrich


Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: So 5. Jun 2005, 10:37
von Marc Waldbillig
[In Antwort auf #107420]
Hallo Gerhard,

Stemmeisen hat man nie genug. Haben sie unterschiedliche Formen und Grössen, so kann man sie auch zu unterschiedlichen Zwecken einsetzen. Ich nehm generell meine japanischen, sie sind über jeden Zweifel erhaben, liegen mir gut in der Hand und bereiten mir Freude beim Arbeiten. Meine europäischen nehm ich nur bei Baustellenarbeiten und solchen bei denen die japanischen beschädigt werden könnten. Trotz meiner grossen Hände liegen sie mir richtig gut in der Hand, weil sie kürzer sind, hab ich mehr Gewalt und Kontrolle.

Gruss, Marc


Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: So 5. Jun 2005, 10:55
von Thomas Heller

Hallo zusammen!

Ich habe ebenfalls einen 6er-Satz "Iyoroi-Nomis", mit denen ich auch sehr gerne arbeite.
Dies tue ich allerdings überwiegend wegen des für meine Hände besseren Handlings. Die kurze, schwere Bauart, finde ich im Gegensatz zu Friedrich sogar viel angenehmer als die, meiner Kirschen.
In Bezug auf die Schärfe und Schnitthaltigkeit jedoch, kann ich, genau wie Friedrich, nicht die Überlegenheit feststellen, die man diesen Eisen nachsagt!
Ich kann allerdings auch nicht ausschließen, daß das an mir liegt!
Bei japanischen Sägen und Hobeln empfinde ich die Vorteile dieser Werkzeuge in sehr hohem Maße, bei den Stecheisen eben weniger.

Wie sich aber in dieser Diskusion schon zeigt, sind die Bewertungen sehr unterschiedlich.

Viele Grüße, Thomas


und was ich noch vergass

Verfasst: So 5. Jun 2005, 11:27
von Marc Waldbillig

Entscheidend für mich ist der Schlag mit dem Hammer. Ein japanischer Genno liegt toll in der Hand, ist einfach und präzise zu führen, wohingegen ein Holzhammer für meinen Geschmack recht rüde zu führen ist. Das Ergebnis in der Bewegung ist entsprechend grob. Ich hab einen fassähnlichen Genno von Dieter, der beste, den es gibt.

Gruss, Marc


Stimmt! Das ist auch ein Vorteil! *NM - Ohne Text*

Verfasst: So 5. Jun 2005, 12:08
von Thomas Heller




Re: Japanische Stemmeisen - allgemeine Fragen

Verfasst: So 5. Jun 2005, 12:12
von ronald.maly@freenet.de
[In Antwort auf #107420]
Hallo Gerhard,
hallo zusammen,

ein interessanter Beitrag finde ich. Nun, es ist in der Tat so, daß die Meinungen hier zweigeteilt sind. Dennoch glaube ich nicht, daß die zunehmenden Zahlen an jap. Eisen nur reine Neugier auf das vermeintlich "exotische" aus dem Land des Lächelns ist.
Mein Satz zweilagiger Eisen habe ich von Dieter, und ich kann sie nur empfehlen! Die Wahl ist gefallen, als ich bei meinem Hobelseminar zum ersten Mal ein Nomi in den Händen hielt. Wenn ich jetzt so überlege, hat Friedrich schon recht, man muß damit zurecht kommen, ggf. vorher mal testen.
Bei mir war es dann so, daß ich auch Gelegenheit hatte, mal ein Nomi zu schärfen. Wie ich meine ein massiv kaufentscheidender Aspekt mit; denn ich will ja mit dem Nomi arbeiten, und bin nicht vordergründig ein Schleifer. Freude an der Arbeit mit einem Handwerkzeug, aber auch Freude am Schleifen war meine Devise. Und da sind die Würfel dann schon gefallen. Ich halte die westlichen Eisen als übertrieben legiert. ( weil womöglich in unseren Breiten ein Werkzeug nicht rosten darf. Nur, wenn man hingegen sein Werkzeug schätzt, kann man auf einige, hinterliche, Prozent Chrom gerne verzichten. Ruck zuck sind sie geschliffen, super scharf, die Schneide hält gut; auch wenn ich mal einen Ast habe. Das Eisen packt das schon. Sicher, ich prügel da nicht unüberlegt drauf los. Aber sie schneiden besser ab als mein Kirschen. Und meine alten Eisen habe ich aber auch noch nie als "Brechstange" mißhandelt. Insofern keine Angst vor dem Einsatz von Nomis.
Gutes Handling, guter Schneidstahl, leichtes Schärfen, scharfe Schneide und gute Standzeit sind die wesentlichsten Eigenschaften. Mein Ergebnis: ein Nomi.
Nun zusammenfassend, eine sinnvolle Investition, auch auf Zeit.

Derzeit ist es bei mir so, als Werkzeugmacher wurde mir Respekt vor Material und Werkzeug abgefordert, daß ich mit meinen alten Eisen quasi das Grobe "vorschruppe". Dann kommen die "Goldstückchen" ;-)

Vielleicht war Dir mein kleiner Abriss eine hilfreiche Anregung für Deine Entscheidungsfindung. Deine Entscheidung und Erfahrung würde mich sehr interessieren, wie die anderen hier sicher auch.

Freundliche Grüße

Ronald


Re: und was ich noch vergass

Verfasst: So 5. Jun 2005, 12:13
von Christian Aufreiter
[In Antwort auf #107435]
Hallo, Marc,

bitte versteh mich nicht falsch, aber einen Genno kann man doch auch in Kombination mit europäischen Eisen benutzen?!

Christian