Seite 1 von 2
Steilwinkelhobel
Verfasst: Fr 8. Apr 2005, 21:40
von Rupert Rudolph
Hallo!
Nachdem ich jetzt mehrmals sowohl bei Buche als auch bei Esche und Kirsche Bretter hobelte (Jahrringe senkrecht zur Hobelsohle, also weder steigender noch fallender Verlauf), die trotz scharfem, feinst eingestelltem Messer meines Putzhobels in beiden Richtungen aufrissen (manchen Hölzern kann man es wohl nicht recht machen) war das Maß voll: Ich opferte zwei Werkstatttage und baute mir aus Robinienrestholz einen einfachen Hobel mit Anstellwinkel 70 Grad und 22 cm Länge; ein altes Weiß & Sohn-Messer, das nach einem Tag im Essigbad + Messingbürstenbehandlung seinen Rost bereitwillig hergab und mit 25 Grad-Fase, 5 Grad Mikrofase + 5 Grad-Fase auf der Spiegelseite (war wegen Rostnarbenlöchern nötig geworden) versehen wurde, leistet Zerspanungsdienste. Ich möchte ihn trotz fehlender Klappe als Putzhobel bezeichnen, laut "Das Werkzeug des Schreiners und Drechslers" waren solche Steilwinkelhobel vor der Erfindung des Doppeleisens sehr gebräuchlich, überlebt hat diese Bauform aber wohl nur im Zahnhobel mit seinen ca. 80 Grad Anstellwinkel. Einen Handschoner gönnte ich ihm nicht, ist aber wegen stark gerundeter Ecken hinten auch nicht nötig. Vorne setzte ich ihm einen Buche-Möbelknauf auf, der sehr hübsch dazu passt und den Hobel handlich macht.
Bei Eiseneinstellungen, die Spandicken um 1-2/100 mm ergeben, ist es nun möglich jedes meiner verwendeten Harthölzer in beiden Richtungen zu bearbeiten, aufsteigende Fasern oder wechselnden Verlauf kann man glatt ignorieren! Es wird immer schön glatt.
Habe mich wie ein Schneekönig über das Ergebnis gefreut, es sind schon höhere Handkräfte und eine kontrollierte Führung nötig, vor allem am Brettende, aber eine echte Umstellung war es eigentlich nicht. Das Messer ist auch nur 40mm breit. Im Vergleich mit meinem Putzhobel muß ich feststellen, daß dies so mit diesem nie möglich wäre. Unverständlich bleibt mir nur: Warum wurde dieses Bauprinzip aufgegeben? (Abgesehen vom high-angle-frog der Metallhobel). In Weichholz funktioniert er prinzipiell auch gut, nur die Frühholzanteile werden gelegentlich rauer (reissen aber nicht auf). Mal wieder ein echtes Erfolgserlebnis... Habe leider keine Digitalkamera, hätte sonst ein Bildlein beigesteuert. Es motiviert mich sehr zu meinem Großprojekt, das ich mal zwischen meinen Auftragsarbeiten (bin im Musikinstrumentenbau tätig) so Richtung Sommer oder Herbst angehen will: vier kombinierte Holz-Metallhobel mit Eisenfeineinstellung und einstellbarem Hobelmaul: einen Normalwinkelhobel,22 cm, der durch Fase oben und liegendes Eisen als Einhandhobel benutzt werden kann, einen 70 Grad-Hobel, 22cm wie der aktuell gebaute, eine Normalwinkel-Kurzrauhbank, 40cm und eine Kurzraubank mit ebenso 70 Grad. Mein zuverlässiger Werkzeugmacher im Dorf wird mir da wohl das eine oder andere drehen. Bin schon dauernd am Planen und Vergleichen der verschiedenen marktüblichen Mechanismen. Freue mich schon sehr drauf...
Re: Steilwinkelhobel
Verfasst: Fr 8. Apr 2005, 22:43
von Marc Waldbillig
Hallo Rupert,
Du weißt ja bei Hobelbauprojekten darfst du hier gar nicht ohne Bilder posten. Heute wollen wir dir nochmal verzeihen, aber bei kombinierten Holz-Metall-Hobeln kommst du uns so einfach nicht davon ;-)
Zu deiner Frage, meines Erachtens kam's zum Aussterben wegen massenhaftem Auftreten einer neuen Art: dem Schwingschleifer und seiner Familie.
Gruß, Marc
Re: Steilwinkelhobel
Verfasst: Fr 8. Apr 2005, 23:58
von Friedrich Kollenrott
Hallo Rupert,
ich schließe mich Marc an: Bitte zukünftig mit Bild wenns irgendwie geht, es interessiert hier Viele.
Und: Warum Steilwinkelhobel aufgegeben wurden? Ich vermute: Es war das Schleifpapier. Da hat eben das Idiotensichere (kann jeder Depp) das eigentlich Bessere verdrängt, könnte ein Hinweis auf allgemeine Verdeppung sein.
Ich habe neulich gerade erlebt, dass man mir garnicht glauben wollte, Möbeloberflächen ohne Schleifpapier in der vorgeführten Güte herstellen zu können. Wörtlich: "Das widerspricht doch der Erfahrung, wir haben immer Schleifpapier genommen, wenn es besonders glatt sein sollte!"
Na ja. Arbeiten wir eben weiter dran. Ich wünsche Dir viel Freude mit Deinem Hobelprojekt.
(Du weißt, dass Holz- Metall- Hobel als "transitionals" schon mal in Mode waren?)
Friedrich
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: Sa 9. Apr 2005, 14:22
von Ulrich Lanz
Hallo Rupert,
für mich als des Handhobelns noch relativ Unkundigen ein hochinteressanter Erfahrungsbericht! Eine Randnotiz hat mich aber noch besonders aufhorchen lassen: Die Geschichte mit dem Essigbad als Rostlöser. Kannst du das noch ein bisschen näher erläutern? Ich rücke Rost bislang mit Balsamterpentinöl und Stahlwolle zuleibe, aber ein einfaches Bad klingt noch besser...
Viele Grüße
Uli
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: Sa 9. Apr 2005, 15:04
von MarkusS
Hi,
Essig als Rostlöser ist einfache Chemie. Alternativ kann man ca. 30%ige Salzsäure oder 20%ige Phosphorsäure nehmen - ACHTUNG: Unbedingt dabei mit Schutzausrüstung arbeiten (Schutzbrille / Visier, Handschuhe u.s.w.). Zu beachten ist dabei dass man wirklich nur "Eisen" damit behandelt, alles andere (z.B. Leichtmetalle) wird zerfressen.
Mein Grossvater schwor zum entrosten auf eine "Paste" aus Salz (einfaches Streusalz reicht) und Essig(säure), gestunken hats' wie Hulle aber das Ergebnis hat jeden teuren Rostlöser übetroffen.
Gruss
Markus
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: Sa 9. Apr 2005, 17:28
von Rainer
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: Sa 9. Apr 2005, 21:14
von martin
[
In Antwort auf #106231]
Hallo,
ich glaube, es war in diesem Forum schon mal Thema, ich habe mit dem hier beschriebenen Verfahren des elektrolytischen Entrostens
http://www.holzwerken.de/museum/links/elektrolyse.phtmljedenfalls beste Ergebnisse erzielt.
Einmal aufgebaut, ist diese Methode mit der geringsten Arbeit verbunden. Unmittelbarer Rostschutz ist dannach allerdings Pflicht.
Gruß
Martin
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: So 10. Apr 2005, 10:37
von reinhold
[
In Antwort auf #106232]
hallo,
letztendlich greift Essig Eisen (Stahl) an. Man sollte also das Eisen nicht zu lange drin lassen.
Sehr gut als Rostlöser arbeitet auch Coca-Cola . Das ist kein Witz : das Mittel hat einmal bei einem Test "sehr gut" abgeschnitten. Es enthält genug Phosphorsäure. Allerdings ergibt das einen grauen Belag, der zwar das Eisen vor weiterem Rost schützt, aber optisch nicht ansprechend ist.
Meine Methode ist : Eisen über Nacht in Petroleum legen und dann den Rost mit feiner Stahlwolle und Ballistol entfernen. Nähmaschinenöl geht auch und ist preiswerter.
Gruss
reinhold
Re: Rost und Essigbad
Verfasst: So 10. Apr 2005, 11:47
von Dietrich
Guten Morgen,
möchte mich den Ausführungen von Reinhold anschließen, Ortho-Phosphorsäure (H3PO4) ist der industrielle Rostlöser, zudem schützt der "graue" Belag vor neuem Rost, es ist Eisenphosphat.
Cola enthält 0,8g Phosphorsäure per Liter. Übrigens ein Calziumräuber allererster Güte, im menschlichen Organismus.
Gruß Dietrich
Re: Transitionals
Verfasst: So 10. Apr 2005, 15:56
von Marc Waldbillig
[
In Antwort auf #106224]
Hallo Friedrich,
Die Transitionals, fällt mir gerade auf, sind die einzigen, die man heute so nicht mehr baut. Sie wurden so genannt, weil sie beide Materialien, Holz und Metall besaßen. Es war nicht, wie oft vermutet, eine Übergangsform vom Holz- auf den Metallhobel. Unverändert gibt's heute Holz- und Metallausführungen, aber keine Transitionals. Ich seh ab von den Infills - Rolf, mögest du mir bitte verzeihen - die erleben ja gerade eine Renaissance.
Ich frag mich, warum gerade diese Art ausgestorben scheint, denn sie verbindet die Vorteile beider Materien in sich. Sollte jemand die Antwort kennen oder gar den Hintergrund, wär ich darum dankbar.
Gruß, Marc