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In Antwort auf #115913]
...möchte ich gerne versuchen etwas anzumerken.
Auch ich will nichts kritisieren, nur hab ich mir zu diesem Thread und jetzt insbesondere zu den zwei vorgestellten Beispielen einige Gedanken gemacht.
Bei beiden Objekten treten, wie mir scheint, zwei Gestaltungsmerkmale besonders hervor:
Der Raum/Ort diktiert die Form, bzw die Ausmaße
und als Element in der Fläche erscheinen nur die Gerade und der rechte Winkel.
Dabei betonen beide Objekte die Gegebenheiten.
Walters Schrank setzt der Schwere nichts entgegen,
Marcs dem Nach-Oben-Streben.
Dadurch entsteht kein "Gespräch", keine ausgleichende Spannung.
Beiden sieht man ihren Nutzen an, sie sind Stauraum und das bestimmt sehr gut.
Aber sie hätten eben mehr sein können, vielleicht sein müssen.
Sie hätten den Raum aktiv gestalten, möglicherweise ihm etwas entgegensetzen können,
statt seinem (soweit es aus den Bildern hervorgeht) Gepräge zu folgen...
Auch in den Flächen ist nur wenig Ansprache,
die Gerade und der 90grad Winkel laden nicht gerade zum Verweilen ein.
Die schönen Holzmaserungen und auch -spiegelungen wirken wenig.
Bei Walters Schubladen sind kleine Rundungen in den Griffen ...
die tun auf seltsam stille Weise wohl - vielleicht kann mich da wer verstehen!?
Wer mit Holz arbeitet, und mancher hier im Forum viel mehr als ich,
weiß um den Genuß, den dieses lebendigen Material schenken kann.
Aber werden die Möglichkeiten des Holzes nicht erst dann erfüllt,
wenn es sich aus Ideen in neue, lebendig ansprechende Formen findet?
Dabei sind die Gerade und der rechte Winkel die Gestaltungsmerkmale,
die dem lebendigen, chaotischen Erscheinungsbild der Holzzeichnung
radikal widersprechen, dem Holz menschliche Kultur aufdrängen,
dafür sorgen, dass wir uns nicht verlieren in der Fläche.
Und das ist eben so, das schafft die Freiheit, für harmonische Proportionen nun selbst Sorge zu tragen.
Weiter unten in diesem Thread wird ja als Gestaltungsmerkmal auf den goldenen Schnitt hingewiesen, auch der Kreis könnte hier genannt werden,
Geschwungenes überhaupt....oder das pythagoräische Dreieck,
evtl auch Proportionen wie sie im Musikalischen vorkommen
- sehr anschaulich beschreibt das Buch "Die Kraft der Grenzen" (György Doczi)
an vielen Beispiele aus der Natur und der Kultur,
welche Regeln in harmonischen Proportionen wirken.
Eigentlich muß alle Gestaltung da Maß nehmen,
wo die Objekte dienen, nutzen, wirken sollen: am Menschen, an seinen Proportionen, nicht nur den äußeren, womit wir dann in der Fülle der Welt gelandet sind.
Dann wäre das nicht mehr die Form, die der Funktion folgt,
sondern eine Form die dem Menschen ihm entsprechend dient, ohne daß die Funktionalität leiden muß.
Wobei das "form follows funktion" ja auch dem Menschen dient,
gerade in seiner Kargheit, in dieser Kühle, die zur Freiheit führt.
Nur ist es eben durchaus fraglich, ob das bei jedem Objekt
auf gleiche Weise wünschenswert ist (z.B. bei Möbeln für Kinder).
Aber sicherlich zählt ersteinmal die Kraft des Selbstgemachten,
die Freude am Selbstgeschaffenen - diese Kraft überwindet bestimmt manches.
In diesem Sinne,
weitersuchend, Daniel
(Und manchmal geht es so wie bei mir: nach unserem letzten Urlaub,
ich kam heim und sah meine Wohnung mit vielen selbstgemachten Möbeln und dachte:
Nein, nein, hier wohne ich nicht, das paßt mir ja alles gar nicht mehr ---
Ja, seither hab ich viel zu tun . . .
und viele gute Gedanken alles besser zu machen.)