Klaus, das stimmt einfach nicht!
Eine hohlgeschliffene Fase kann nicht entstehen, wenn das Eisen zuerst nur mit der Spitze am (runden) Stein angreift. Jeder weiter oben befindliche Abschnitt der Fase berührt das Eisen noch gar nicht. Wird das Eisen weiter abgetragen berühren die weiter hinter der Schneide liegenden Teile der Fase den Stein an Abschnitten, bei denen der Tangenten-Winkel des Steins schon grösser geworden ist. Somit steigt der Fasenwinkel von der Schneide weg an.
Leonard Lee hat ja dazu die mathematische Berechnung in seinem Buch.
Die Formel:
D = Steindurchmesser in mm
s = Eisenstärke in mm
α = eingestellter Winkel
β = Winkelabweichung
sin β = s / D x sin α
Für das unten gezeigte Eisen: D=250; s=12,8; α = 28° Errechnete Winkelabweichung ca. 6°
Der beschriebene Winkel der Winkelreduzierung trifft genau dann zu, wenn die Fase den Stein zuerst mit ihrer Mitte berührt und sich daher der Stein in die Fase einarbeitet. Dann bekommt man an der Schneide die entsprechende Winkelreduzierung und am anderen Ende der Fase wird der Winkel um den gleichen Betrag grösser.
Man kann das zum Extrem treiben, wenn man das Eisen erst mit dem oberen Ende der Fase an den Stein ansetzt. Dann erhält man an der Schneide sogar die doppelte Winkelreduktion, die die Lee'sche Formel angibt.
Umgekehrt wird aber auch etwas draus: Im Fall des korrekten Positionierens des Eisens zum Stein steigt die Fase von der Schneide weg an. Am oberen Ende der Fase hat sich der Schneidwinkel somit um 2 mal den Lee'schen Betrag erhöht.
Wie das aussieht hatte ich ja schon an einem Eisen mit langer Fase, einem Hohlbeitel beschrieben, das ab Werk auf 28° geschliffen war. Den Winkel habe ich zu Demozwecken erst mal auf den Photos beibehalten. Die Bilder stelle ich hier noch einmal ein - sie sagen alles:
Winkel von 28° an der Schneide - dahinter ein kontinuierlicher Anstieg auf ca. 34°Der Winkelmesser bestätigt die 28° an der Schneide oder genauer: Mit seiner Hilfe ist das Eisen ausgerichtet. Damit berührt anfangs nur die Schneide den Stein. Das Ende des Eisens wird den Stein an seinem Umfang erst dort berühren, wo die Tangente in Relation zur Geraden der Spiegelseite schon deutlich steiler steht - d.h. der Winkel steigt an, liegt ganz am Ende bei ca. 40°
Man kann das im Übrigen auch sehr schön optisch sehen, wenn man die ganze Schneide mit einem wasserfesten Filzstift einfärbt. Nach kurzem Schleifen ist lediglich ein schmaler Streifen hinter der Schneide bearbeitet worden. alles andere kommt erst später an den Stein.
Die Fase berührt den Stein mittigEs ist gut zu sehen, dass die Schneide sowie das Ende der Fase hohl liegen. Der Stein wird sich in der Mitte am tiefsten einarbeiten und dadurch den Hohlschliff verursachen. Der Winkelmesser zeigt den tatsächlichen Schneidenwinkel von ca. 22° an, was mit der Theorie gut übereinstimmt. Das ist der Setup, den die "Hohlschleifthese" voraussetzt.
Der Winkelmesser gibt jetzt den zu erwartenden Schneidenwinkel an22° entsprechen der Lee'schen Formel.
Jetzt treiben wir die Sache auf die Spitze. Nur noch das oberste Ende der Schneide berührt anfangs den Stein. Die Reduzierung des Schneidenwinkels muss weiter zunehmen.
Die Fase berührt den Stein ganz am Ende
zugehöriger Schneidenwinkel 15° - ebenfalls ziemlich theoriekonformZusammenfassung:
Die Lee'sche Formel - man kann sie auch relativ einfach selbst ableiten - beschreibt die Abweichung vom gewünschten Winkel, aber eigentlich nur die Hälfte davon. Ein Teil tritt an der Schneide auf, der andere Teil am anderen Ende. Ersterer reduziert, letzterer vergrössert Beide Grössen addiert ergeben bei gleicher Kombination aus Eisenstärke und Steindurchmesser stets denselben Wert. Aber man kann sie unterschiedlich verteilen. Im besten Fall an der Schneide minus Null
Anfangs war ich im Übrigen auch der Hohlschleifthese aufgesessen! Sie wird ja oft genug erwähnt.
Gruss
Rolf