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In Antwort auf #147044]
Teil 6/1 Der ganze RestLiebes Forum,
eigentlich liesse sich der letzte Teil meines Berichts noch ewig aufschieben, um in kribbeliger Euphorie kurz vor der Fertigstellung des Projektes zu verharren. Doch blicken wir der baulichen Realität ins Auge. Das Fenster ist längst eingebaut, der durch es erhellte Raum wird mittlerweile für seinen vorgesehenen Zweck genutzt. Darum fasse ich die noch nicht beschriebenen Arbeiten endlich in Sätze und Absätze.
Für den Anstrich des Fensters entscheide ich mich, Leinölfarbe mit natürlichen Pigmenten zu verwenden, wessen folgende Überlegungen zu Grunde liegen. Zum einen scheint es mir seit einiger Zeit absurd, das Naturprodukt Holz -zeitaufwendig, stromlos verarbeitet- mittels künstlicher Leime und Farben in nicht kompostier- oder recyclebaren, potentiellen Restmüll zu verwandeln. Zum anderen sondert jede Kunststoffoberfläche, und das ist ein Anstrich mit nicht natürlichen Farben, durch Abrieb und Verwitterung kleinste Plastikpartikel ab. Solange deren negativer Einfluss auf den Rest der Welt nicht ausgeschlossen werden kann, halte ich es für nicht abwegig, Alternativen auszuloten.

Die Oberflächenbehandlung der Holzteile beginnt mit einem ersten Anstrich aus dünnflüssigem Halböl. Für dessen Herstellung mixe ich je einen Teil Leinölfirnis und Balsamterpentinöl. Schnell gemacht und riecht gut. Das Halböl soll keinen Film auf der Oberfläche bilden. Man benötigt daher nur wenig Material, da es vom harzigen Kiefernholz nur wenig aufgesogen wird.
Die allesamt zinkfreien Metallteile streiche ich zunächst mit Eisenmennige, hergestellt mit Leinölfirnis und entsprechender Pigmentpaste aus Hämatit. Da meine Erfahrungen mit Leinölfarben gerade erst geschlüpft sind, probiere ich bei dem Mischungsverhältnis herum, bis mir die Farbe streichfähig genug erscheint. Der Hersteller der Pasten empfiehlt für Mennige 70% Paste / 30% Leinölfirnis. Das kommt mir recht zäh vor.
Angeblich soll Leinölfirnis im Gegensatz zu unbehandeltem Leinöl bereits nach einem Tag bei 20°C einigermaßen trocken sein. In der Werkstatt liegt die Temperatur niedriger und es dauert deutlich länger. Während der Trocknungszeit kann man z.B. Bier brauen.
Nachdem Halböl und Menninge getrocknet sind, baue ich die Bänder endgültig an. Das Gewinde der Schrauben tunke ich vor dem hineindrehen in Leinöl. Dann werden das ganze Fenster und separat die Bascule das erste Mal weiss gestrichen. Dazu wird Farbpaste Reinweiss (80% Titandioxid, 20% Zinkoxid) mit eher wenig Leinölfirnis gemixt und mit dem Pinsel dünn einmassiert. Nach dem Trocknen erfolgt der nächste Anstrich. Ich richte mich nach der Regel Von mager nach fett, was bedeutet, dass für jeden Durchgang der Firnisanteil in der Farbe etwas erhöht wird. Das heisst die fettere Farbe wird dünnflüssiger. Verwirrend.
Auch der noch leere Kittfalz der Fensterflügel wird mit gestrichen. Würde man direkt auf das unbehandelte Holz den Kitt aufbringen, zöge das Leinöl zum Teil aus dem Kitt in das Holz, der Kitt würde zu mager und nicht sehr haltbar.
Nachdem der zweite Anstrich trocken ist, wende ich mich den Scheiben zu. Beim Bestatter meines Vertrauens beziehe ich zwei Stück rechteckiges Tafelglas. Die Breite ist passend für die Flügel, die Länge etwas mehr, da ich oben noch den Bogen abschneide. Man kann auch eine Schablone der benötigten Scheibe bauen, nach denen der Glaslieferant sie genau passend fertigt. Das ist mir aber zu viel Theater. Ist man mit dem Glasschneider noch per Sie, würde ich die Sache mit der Schablone allerdings bevorzugen.

Zum Kitten nehme ich den in Würsten käuflichen Leinölkitt. Man kann ihn auch selbst herstellen...
Zunächst drücke ich mit den Fingern die genau richtige Menge Kitt in den Falz.

Ende 6/1, weiter geht's mit 6/2