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Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Di 11. Sep 2012, 12:03
von Bernd S.

Hallo Justus,

Du hast selbstverständlich recht, ich hinterfrage auch gerne Halbwissen, das von interessierten aber eben fachfremden Laien, wie ich nun mal selbst einer bin, verbreitet wird, frei nach dem Motto "von nichts eine Ahnung, aber davon jede Menge". Es kann natürlich gut sein, dass ich mich täusche und das ein oder andere völlig falsch einschätze. Und wie gesagt, ich lerne gerne dazu. Wenn ich mir dieses Sparrendach ansehe (ist es denn wirklich eines?), frage ich mich, ob die Firstpfette tatsächlich eine tragende Funktion hat. Genauso gut könnte anstatt der Firstpfette zur Längsaussteifung auch nur ein Brett an den Sparren genagelt sein, was hilfreich beim Richten des Daches sein könnte. Es gibt auch Sparrendächer, deren Konstruktion weder eine Firstpfette noch ein solches Brett, aber Windrispen aufweist. Eine gewisse Längsaussteifung bringen ja noch die Dachlatten. Ich zitiere noch einmal aus "Grundwissen des Zimmerers": "Sparrendächer leiten bei den Fußgelenken alle Lasten auf die Außenwände ab". Möglicherweise wird aber vorausgesetzt, dass der Fachmann, der das Buch liest, auch weiß, dass die Firstpfette eine (lastab)tragende Funktion hat, wenn dem denn so ist. Ich bin mir unsicher. Also, Zimmerleute und Statiker vor, aber bitte mit Begründung.

Gruß, Bernd


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Di 11. Sep 2012, 12:33
von justus

guude,

ich will jetzt kein statikgutachten schreiben, auch nicht wieder als kassandra gesehen werden.
aber ich bin jetzt gefragt worden.

die dimensionen sind in diesem fall extrem auf sparsam ausgelegt ;-)), da würde ich 0,0-nix an schwächungen zulassen.
z.b. wäre selbst zum zeitpunkt der errichtung, bei dem sparrenquerschnitt, mit zwischenpfetten gearbeitet worden, so man es sich hätte leisten können.

ich hoffe, dass die neue eindeckung zumindest nicht schwerer ist als die alte.
mir sind fälle von neueindeckungen bekannt, bei denen das zusatzgewicht von betonpfannen, gegenüber den vorherigen tönernen, dächer zum einsturz brachte.
auch haben diverse stürme der letzten jahre vor allem scheunen und andere aus der not sparsam ausgelegte gebäude "entdacht", und ein "schwarzbauaspekt" (nutzungsänderung) ist auch im spiel.
von höheren schneelasten müssen wir in zukunft auch noch ausgehen, wg. der neuen nutzung ist evtl. mit zusätzlichen gewichten für isolierung und beplankung zu rechenen.........

gut holz! justus.


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Di 11. Sep 2012, 13:19
von sepp schick

Hallo ob eine Firstpfette nötig ist bzw eine tragende Funktion hat, kommt darauf an ob Zangen welche die Bodenpfetten zusammen- halten vorhanden sind, bzw. die Bodenpfetten /wir nennen diese Mauerbänke mit der Decke verschraubt sind.Ab einer gewissen Spannweite sind unbedingt Seitenpfetten nötig . mfg sepp Ich habe schon gesehen das die Sparen bei der Firstpfette auseinander gezogen waren weil die Seitenpfetten mangels Zangen auseinandergedrückt wurden.So mancher Dachstuhl ist deswegen auch schon mal eingestürzt
mfg sepp


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Mi 12. Sep 2012, 10:58
von Andreas Winkler
[In Antwort auf #69527]
Hallo Bernd,

wie gesagt, ein reines Pfettendach ist das Dach von Rafael sicher nicht.

Von dem was ich auf den Photo erkennen kann, schaut es für mich aus wie ein Sparrendach.
Dazu müssen aber alle Sparren mit der Fußpfette (man kann auch Schwelle dazu sagen) und diese zwingend mit der Decke in der Art verbunden sein, daß sie allen anfallenden Kräften sicher standhalten kann. Bildlich stellt man sich das am besten so vor, daß je ein rechter und linker Sparren am First verbunden und dazu eine gedachte Linie von den jeweiligen Fußpunkten zueinander läuft, das ergibt dann ein unverschiebliches Dreieck. Die gedachte Linie zwischen den Fußpunkten ist der Kraftverlauf, der durch entsprechende Verbindung der Fußpfette/schwelle auf der Betondecke durch die Betondecke läuft (vom Fußpunkt des rechten Sparren zum Fußpunkt des linken Sparren). Dabei sollen und müssen die Sparren an den Fußpunkten am auseinandergleiten gehindert werden (unverschiebliches Dreieck!).
Bei einer Holzbalkendecke wäre das einfacher zu erkennen, weil der entsprechende Deckenbalken für jedermann klar ersichtlich die oben erwähnte gedachte Linie durch die Betondecke bildet.

Sparrendächer auf Betondecken kenne ich nur so, daß auf/in der Decke ein Widerlager für die Fußpfette/Schwelle betoniert ist, das gewährleistet, daß alle Kräfte von der Betondecke aufgenommen und an die Außenwände übertragen werden. Auf dem Bild von Rafael kann ich kein entsprechendes Widerlager erkennen. Es kann aber auch nur verdeckt oder anders ausgeführt sein, vieleicht handelt es sich nicht einmal um eine Betondecke, das läßt sich für mich von dem Bild aus eben nicht sagen. Auch deswegen sollte er mit jemandem vor Ort sprechen.

Zur Nomenklatur:
auch Sparren- oder Kelhbalkendächer können Pfetten als Bauteile beinhalten (genauso wie Pfettendächer im Normalfall auch Sparren als Bauteile haben).
Das alleinige Vorhandensein einer Pfette sagt also überhaupt nichts über die Art es Daches aus.Es geht ausschließlich darum, wie die anfallenden Lasten (Dachdeckung, Wind, Schnee usw.) abgetragen werden.
Beim Sparren- (und sinngemäß weitergeführt auch beim Kehlbalken-)dach erfolgt das in Richtung der Sparren (als "schräg" und nicht nur senkrecht) nach außen unten (von der Hausmitte aus gesehen), bei einem Pfettendach werden die Lasten eben hauptsächlich über die Sparren auf die Pfetten übertragen, die dann die Lasten senkrecht nach unten weiterleiten.

Zum Pfettendach:
Durch das senkrecht nach unten geartete Weiterleiten der Kräfte müssen die Pfetten notwendigerweise entweder entsprechend stark ausgeführt sein oder in einem gewissen Abstand durch tragende Wände/Mauern oder Pfosten/Säulen, auf denen die Pfetten dann aufliegen können, unterstützt werden. Sonst biegen sie sich gnadenlos durch oder "versagen" im schlimmsten Fall. Über diese Unterstützungen werden die Lasten von First- und ggf. Mittelpfette auf tragende Innenwände/-mauern abgeleitet, die der Fußpfette dennoch auf die Außenwand.
Solche Unterstützungen sollen etwa alle 3 bis max. 5 m vorhanden sein, sonst müßten die Pfetten extrem unwirtschaftlich stark dimensioniert ausfallen. Eine derartige Unterstützung kann ich auf dem Bild von Rafael nicht erkennen, auch erscheint die Firstpfette nicht sonderlich stark, dafür sind die alle Sparren durch Zangen am First jeweils mit dem Gegenüber sehr fest verbunden. Und deswegen gehe ich hier von einem Sparrendach aus.

Bei einem reinen Pfettendach hat die Firstpfette in jedem Fall eine tragende und nicht nur eine austeifende Funktion. Früher (= vor der allgemeinen Verbreitung von Stahlbeton) war normalerweise unmittelbar vor dem Giebelauflager eine senkrecht stehender Pfosten/Stiel vorgesehen, der das Auflager in der üblicherweise recht dünn gemauerten Giebelspitze entlastet bzw. dessen Aufgabe komplett übernommen hat. Dieser Pfosten mußte natürlich so ausgeführt werden, daß er die anfallenen Lasten und Belastungen dauerhaft sicher weiterleiten konnte. Bei größeren Dächern war das oft auch bei den hier vorhandenen Mittelpfetten so ausgeführt, auch wenn diese auf starke gemauerte, ins Giebelauerwerk eingebundene Säulen gelegt wurden. Das hat wahrscheinlich mit dem vereinfachten Abbinden und Aufrichten zusammengehagen.

Allgemein:
Bei einem Sparrendach ist also eine Firstpfette nicht unbedingt notwendig. Sie ist aber zum einen als Längsaussteifung am First sehr effektiv, zum anderen tut man sich beim Aufrichten des Daches sehr viel einfacher. Dabei kann es durchaus passieren, daß die Firstpfette beim Richten kurzzeitig nur irgendwie "untergehängt" ausschaut. sepp hat es, glaube ich, ja schon geschrieben.
"Früher" hat man bei Sparren-(und Kehlbalken-)dächern die Sparrenpaare mit Schlitz-und-Zapfen oder Überblattung verbunden, damit war die feste Verbindung des Kräftedreiecks Sparren-Deckenbalken sichergestellt. Eine separate Längsaussteifung (z.B. Windrispen, Firstbretter oder eben eine Firstpfette) hat man sich oftmals gespart bzw. sollte diese durch Teile eines bei größeren Dächern vorhandenen Dachstuhls übernommen werden. Meist ist das nach heutigen Gesichtspunkten nie und nimmer ausreichend. Dieser "Mißstand" hat manchmal zu diversen Schrägstellungen der Sparrenpaare und teilweise auch der Giebelmauen oder recht wellenförmig verlaufenden Firsten geführt, manchmal ist aber auch gar nichts passiert. Teilweise hat man eine vorhandene Längssausteifung im Laufe der Zeit aber auch einfach entfernt, weil sie z.B. bei einem Umbau oder Dachgeschoßausbau als störend oder "im Weg" empfunden wurde (und das sicher nicht nur durch "Schwarzarbeiter", sondern auch durch gestandene Handwerksmeister).
Eine normal ausgeführte Dachlattung darf nicht als Längsverband angesehen werden, zumindest nicht theoretisch.

Gruß, Andreas


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Mi 12. Sep 2012, 17:53
von Bernd S.

Sparrendächer auf Betondecken kenne ich nur so, daß auf/in der Decke ein Widerlager für die Fußpfette/Schwelle betoniert ist, das gewährleistet, daß alle Kräfte von der Betondecke aufgenommen und an die Außenwände übertragen werden. Auf dem Bild von Rafael kann ich kein entsprechendes Widerlager erkennen. Es kann aber auch nur verdeckt oder anders ausgeführt sein


Mir sind noch die Varianten einbetonierte Anker bekannt, die durch die Fußpfetten gehen, oder beidseitig der Pfette angebrachte Winkel, die mit Ankerbolzen in der Stahlbetondecke fixiert und mit der Pfette verschraubt sind.

Danke Andreas, für Deine ausführliche Erklärung. Auch vielen Dank an Justus und Sepp für Eure Ausführungen.


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Mi 12. Sep 2012, 20:39
von Rafael Neumann
[In Antwort auf #69492]
Guten Abend zusammen,

zunächst herzlichen Dank für die rege Diskussion. Unabhängig von der eigentlichen Ausgangsfrage bekomme ich langsam Angst, wenn ich höre, dass die Dachkonstruktion vielleicht gar nicht für die neuen Pfannen gedacht ist - zumindest mein Statiker hatte da keine Bedenken. Bzgl. der Konstruktion verhält es sich so, wie Bernd es beschrieben hat:
Ich habe eine Betondecke und es gibt an der Pfette angebrachte Winkel, die mit Ankerbolzen in der Stahlbetondecke fixiert und mit der Pfette verschraubt sind.

Noch einmal kurz zu der Ausgangsfrage, weil ich es mit der Konstruktion auch nicht übertreiben wollte:
Die Idee von Reinhold gefällt mir, also ein einfacher Kragarm mit aushängbarer Rolle. Wo genau bekommt man denn eine solche "Lotteranlage" ? Oder sind das auch diese Schwenkarme, an denen man eine Seilrolle befestigen kann ?

Schöne Grüße
Rafael


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Mi 12. Sep 2012, 21:28
von Bernd S.

Hallo Rafael,

wenn Dein Statiker (sicher mit Haftpflichtversicherung) keine Bedenken hatte, hätte ich an Deiner Stelle auch keine. Vorausgesetzt, es wurde alles so umgesetzt wie geplant. Den Ausführenden scheinst Du ja schon eine Zeit lang zu kennen, anders würde es bei einer anonymen Schwarzarbeiterkolonne aussehen...




Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Mi 12. Sep 2012, 21:34
von Johannes M

Hallo Rafael,

unabhängig von der interessanten Dachdiskussion, schlage ich vor, in die Giebelwand ein Loch zu bohren, unterhalb der Zangen und dort einen Balken ober ein Stahlrohr zu montieren.
Innen 2/3, außen 1/3, der Gesamtlänge.
Das dürfte dann von der Höhe her so sein, daß man noch drankommen kann.
So eine elektrische Seilwinde mit 125 oder 250kg ließe sich dann, bei Bedarf, auch dort anhängen.

Es grüßt Johannes


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Do 13. Sep 2012, 10:16
von Rafael Neumann

Hallo Bernd,

den "Ausführenden" kenne ich auf jeden Fall eine ganze weile; recht genau sind es 48 Jahre, denn der Ausführende der bisherigen Arbeiten (also Fundamente erstellen, KS-Plansteine verkleben, Sturz betonieren, Dachlatten, Pfannen auflegen usw. usw.) bin ich selbst. Nur bei der Herstellung des wasserdichten Unterdaches für den flachen Teil und die Zimmerarbeiten an den Sparren hat mir ein Zimmermann geholfen.

Ergänzende Frage an Johannes:
Du meinst dann, dass man die Lasten, die über eine Winde oder einen Seilzug an dem Stahlrohr hängen, einfach in die Öffnung schwenkt ?

Grüße
Rafael


Re: Verlängerung einer Pfette

Verfasst: Do 13. Sep 2012, 10:53
von Johannes M

Hallo Rafael,

nein, das war nicht meine Idee, aber wenn ich so darüber nachdenke -
Man kann vielleicht innnen an der Wand neben der Tür einen Galgen montieren, den man dann bedarfsweise durch die geöffnete Tür rausschwenkt und mit der hochgezogenen Gut wieder einschwenken kann.

Nur so als Gedankenanstoß. (wie Ottmar oft sagt)

Es grüßt Johannes