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In Antwort auf #69527]
Hallo Bernd,
wie gesagt, ein reines Pfettendach ist das Dach von Rafael sicher nicht.
Von dem was ich auf den Photo erkennen kann, schaut es für mich aus wie ein Sparrendach.
Dazu müssen aber alle Sparren mit der Fußpfette (man kann auch Schwelle dazu sagen) und diese zwingend mit der Decke in der Art verbunden sein, daß sie allen anfallenden Kräften sicher standhalten kann. Bildlich stellt man sich das am besten so vor, daß je ein rechter und linker Sparren am First verbunden und dazu eine gedachte Linie von den jeweiligen Fußpunkten zueinander läuft, das ergibt dann ein unverschiebliches Dreieck. Die gedachte Linie zwischen den Fußpunkten ist der Kraftverlauf, der durch entsprechende Verbindung der Fußpfette/schwelle auf der Betondecke durch die Betondecke läuft (vom Fußpunkt des rechten Sparren zum Fußpunkt des linken Sparren). Dabei sollen und müssen die Sparren an den Fußpunkten am auseinandergleiten gehindert werden (unverschiebliches Dreieck!).
Bei einer Holzbalkendecke wäre das einfacher zu erkennen, weil der entsprechende Deckenbalken für jedermann klar ersichtlich die oben erwähnte gedachte Linie durch die Betondecke bildet.
Sparrendächer auf Betondecken kenne ich nur so, daß auf/in der Decke ein Widerlager für die Fußpfette/Schwelle betoniert ist, das gewährleistet, daß alle Kräfte von der Betondecke aufgenommen und an die Außenwände übertragen werden. Auf dem Bild von Rafael kann ich kein entsprechendes Widerlager erkennen. Es kann aber auch nur verdeckt oder anders ausgeführt sein, vieleicht handelt es sich nicht einmal um eine Betondecke, das läßt sich für mich von dem Bild aus eben nicht sagen. Auch deswegen sollte er mit jemandem vor Ort sprechen.
Zur Nomenklatur:
auch Sparren- oder Kelhbalkendächer können Pfetten als Bauteile beinhalten (genauso wie Pfettendächer im Normalfall auch Sparren als Bauteile haben).
Das alleinige Vorhandensein einer Pfette sagt also überhaupt nichts über die Art es Daches aus.Es geht ausschließlich darum, wie die anfallenden Lasten (Dachdeckung, Wind, Schnee usw.) abgetragen werden.
Beim Sparren- (und sinngemäß weitergeführt auch beim Kehlbalken-)dach erfolgt das
in Richtung der Sparren (als "schräg" und nicht nur senkrecht) nach außen unten (von der Hausmitte aus gesehen), bei einem Pfettendach werden die Lasten eben hauptsächlich über die Sparren auf die Pfetten übertragen, die dann die Lasten
senkrecht nach unten weiterleiten.
Zum Pfettendach:
Durch das senkrecht nach unten geartete Weiterleiten der Kräfte müssen die Pfetten notwendigerweise entweder entsprechend stark ausgeführt sein oder in einem gewissen Abstand durch tragende Wände/Mauern oder Pfosten/Säulen, auf denen die Pfetten dann aufliegen können, unterstützt werden. Sonst biegen sie sich gnadenlos durch oder "versagen" im schlimmsten Fall. Über diese Unterstützungen werden die Lasten von First- und ggf. Mittelpfette auf tragende Innenwände/-mauern abgeleitet, die der Fußpfette dennoch auf die Außenwand.
Solche Unterstützungen sollen etwa alle 3 bis max. 5 m vorhanden sein, sonst müßten die Pfetten extrem unwirtschaftlich stark dimensioniert ausfallen. Eine derartige Unterstützung kann ich auf dem Bild von Rafael nicht erkennen, auch erscheint die Firstpfette nicht sonderlich stark, dafür sind die alle Sparren durch Zangen am First jeweils mit dem Gegenüber sehr fest verbunden. Und deswegen gehe ich hier von einem Sparrendach aus.
Bei einem reinen Pfettendach hat die Firstpfette in jedem Fall eine tragende und nicht nur eine austeifende Funktion. Früher (= vor der allgemeinen Verbreitung von Stahlbeton) war normalerweise unmittelbar vor dem Giebelauflager eine senkrecht stehender Pfosten/Stiel vorgesehen, der das Auflager in der üblicherweise recht dünn gemauerten Giebelspitze entlastet bzw. dessen Aufgabe komplett übernommen hat. Dieser Pfosten mußte natürlich so ausgeführt werden, daß er die anfallenen Lasten und Belastungen dauerhaft sicher weiterleiten konnte. Bei größeren Dächern war das oft auch bei den hier vorhandenen Mittelpfetten so ausgeführt, auch wenn diese auf starke gemauerte, ins Giebelauerwerk eingebundene Säulen gelegt wurden. Das hat wahrscheinlich mit dem vereinfachten Abbinden und Aufrichten zusammengehagen.
Allgemein:
Bei einem Sparrendach ist also eine Firstpfette nicht unbedingt notwendig. Sie ist aber zum einen als Längsaussteifung am First sehr effektiv, zum anderen tut man sich beim Aufrichten des Daches sehr viel einfacher. Dabei kann es durchaus passieren, daß die Firstpfette beim Richten kurzzeitig nur irgendwie "untergehängt" ausschaut. sepp hat es, glaube ich, ja schon geschrieben.
"Früher" hat man bei Sparren-(und Kehlbalken-)dächern die Sparrenpaare mit Schlitz-und-Zapfen oder Überblattung verbunden, damit war die feste Verbindung des Kräftedreiecks Sparren-Deckenbalken sichergestellt. Eine separate Längsaussteifung (z.B. Windrispen, Firstbretter oder eben eine Firstpfette) hat man sich oftmals gespart bzw. sollte diese durch Teile eines bei größeren Dächern vorhandenen Dachstuhls übernommen werden. Meist ist das nach heutigen Gesichtspunkten nie und nimmer ausreichend. Dieser "Mißstand" hat manchmal zu diversen Schrägstellungen der Sparrenpaare und teilweise auch der Giebelmauen oder recht wellenförmig verlaufenden Firsten geführt, manchmal ist aber auch gar nichts passiert. Teilweise hat man eine vorhandene Längssausteifung im Laufe der Zeit aber auch einfach entfernt, weil sie z.B. bei einem Umbau oder Dachgeschoßausbau als störend oder "im Weg" empfunden wurde (und das sicher nicht nur durch "Schwarzarbeiter", sondern auch durch gestandene Handwerksmeister).
Eine normal ausgeführte Dachlattung darf nicht als Längsverband angesehen werden, zumindest nicht theoretisch.
Gruß, Andreas