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In Antwort auf #26970]
Hallo zusammen,
interessantes Thema. Nach einem Wochenende zu einem 60. in Genf bei einem Studienkollegen will ich auch noch meinen Senf dazugeben.
Daß nur noch wenige Leute bereit sind, "Handwerkermöbel" zu kaufen liegt einmal daran, daß man Gebrauchsmöbel vom Fließband zum Spottpreis bei ikea und Co kaufen kann und diese Möbel so ca. 10 mal im Sperrmüll landen können, eh man einmal den Preis für ein einfaches massives Möbelstück ausgegeben hat - und man hat halt immer was "modernes" - und wenn es schwarz lackiert ist und jede Minute nach einem Staubtuch lechzt.
Welche junge Familie hat aber auch das Geld, massive Möbel und die noch möglichst handgefertigt zu kaufen????
Machen wir uns doch nichts vor: Die Mehrzahl der Konsumenten ist finanziell gar nicht in der Lage, massive Möbel, geschweige denn handgefertigte Möbel zu kaufen. Wovon soll dann der Schreiner leben, der Möbel traditionell herstellt? Der Konkursverwalter wird schnell die idealistisch gehaltenen Arbeitsplätze plattmachen.
Neue Verfahren rufen fast immer massiven Protest hervor und sicher haben sich nicht alle durchsetzen können, aber deshalb sind alte Methoden lange nicht immer die besten geblieben.
Es ist halt ein Unterschied, ob ich als handwerklicher Laie eine Gestaltungsidee umsetzen will und dabei wenig Rücksicht auf traditionelle Methoden und Materialien lege oder ob ich als handwerklich begabter Mensch ein Stück Massivholz "streicheln" will, welches ich möglichst auch noch selbst geschaffen habe. (Wer streichelt schon gern eine Spanlatte?)
Als Diplomlandwirt möchte ich nur auf die "Bauern" verweisen. Ohne moderne Produktionsmethoden bist Du als Betrieb in der Masse finanziell verloren und dennoch gibt es die "Ökobetriebe", die alte Methoden hochhalten und auch damit leben können. Daraus den Schluß zu ziehen, daß alle landwirtschaftlichen Betriebe doch diesen Weg gehen sollten führt für das Gros der Betriebe unweigerlich zum wirtschaftlichen Untergang. Genauso ist es mit den Schreinern: Einige können mit der Massivmöbelherstellung durchaus gut leben, aber das Gros der Betriebe ...
Jetzt aber bitte keine Diskussion zur Öko-Landwirtschaft. Ich habe am Wochenende gelernt, daß bei den WTO-Verhandlungen in Genf über landwirtschaftliche Produkte Unterhändler sitzen, die bei einer Exkursion in der Schweiz zum ersten Mal eine Kuh in natura gesehen haben .... und diese Leute verhandeln über das Schicksal von tausenden von landwirtschafltichen Betrieben, die von dem leben, was eine Kuh so hergibt!!! So weit sind wir gekommen.
Mit nachdenklichem Gruß
Heinz