Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof Hartge
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Re: Sagt mal

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Johannes und Ullrich,

eure Antworten leuchten ein, soweit es die historischen Ursachen betrifft. Ästhetisch mag ich mich nicht anschließen: Ich finde Holznägel bündig verputzt eine schöne Sache und ich benutze sie immer bei Rahmenkonstruktionen von Möbeln. Eigentlich braucht es dann gar kein Leim mehr. Ich nehme nur ganz wenig um das Holz dazu zu überreden so zu schwinden, daß sich die Fuge nicht öffnet.

Zur Witterungsanfälligkeit: Mag ja sein das ich unrecht habe: Aber Fachwerkhäuser werden schon immer mit Holznägeln zusammengehalten, warum also nicht eine Tür ?

Viele Grüße, Christof.

Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Sagt mal

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Lieber Christof,

wie Ulrich schreibt, lässt sich Spannagel (wie zu fast allem) auch darüber aus. Demnach ist das Verbohren die ältere Methode und sie ist im späten 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen besserer Leime aus der Mode gekommen. Das heißt im Umkehrschluss, geringere Leimfestigkeit macht die Verbohrung vorteilhaft. Daraus schließe ich, dass gerade auch bei Außentüren diese Methode ihren Sinn hätte.

Im Übrigen heißt das das Spannagel-Werk im Original im Untertitel "Türen und Tore", es gilt also nicht nur für Zimmertüren (warum man beim Reprint daraus unbedingt "Das große Türenbuch" machen musste, bleibt mir ein Rätsel).

Gruß
Jörg

Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Verbohren im Außenbereich

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Lieber Christof,

ich glaube bei Ulrich liegt da ein Mißverständnis vor. Der Spannagel erklärt dazu, dass das Verbohren im ausgehenden 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen von Leimen höherer Festigkeit aus der Mode gekommen sei. Das heißt im Umkehrschluss, dass geringe Leimfestigkeiten die Verkeilung vergleichsweise schlecht aussehen lassen. Ergo wäre das Verbohren im Außenbereich durchaus eine gute Lösung.

Im Übrigen heißt Spannagels Werk im Original "Die Bauschreinerei - Türen und Tore", es gilt also durchaus nicht nur für Zimmertüren. Warum man das Reprint unbedingt in "Das große Türenbuch" umbenennen musste, bleibt mir dabei ein Rätsel.

Zur Ästhetik: Der Geschmack ändert sich halt. Früher hatte man häufig das Bestreben die Konstruktionen zu verdecken und verschwinden zu lassen, man sah sie eher als notwendiges Übel. Für uns heute sind die alten Kunstruktionen hochinteressante Erscheinungsbilder als Zeugen frühere Künste und wir sehen sie gerne. Fachwerkhäuser (auch stark geschmückte) waren früher auch "Arme-Leute-Häuser" im Vergleich zum schlichten Steinbau. Auch da hat sich unsere Sichtweise gewandelt.

Gruß
Jörg

Ulrich Bergmann

Re: Verbohren im Außenbereich

Beitrag von Ulrich Bergmann »


Hallo Jörg, ich mag verbohrte und vernagelte Rahmenkonstruktionen und war sehr zufrieden, dass sie beim Spannagel nicht verrissen werden. Bei Aussenanwendung sehe ich auch keinen Nachteil (wenigestens bei Eiche und Co.), doch wollte ich mein' nicht durch höhere Autoritäten abgesichertes Laienurteil nicht ins Forum stellen.
Mein Spannagel ist naturlich der Reprint, und der endet mit (inneren) Waschkuchenbretterturen und der Ankundigung eines zweiten Teils uber Aussenturen etc. Gibt es diesen zweiten Band?

Gruss Uli

Andreas Winkler
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Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Sagt mal

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #98964]
Hallo Christof, hallo Jörg,

erstmal habe ich sehr großen Respekt vor Jörgs Projekt ! Es steckt ganz bestimmt viel Arbeit dahinter. Jedoch würde ich an Jörgs Stelle auf eine ordentliche Verleimung nicht verzichten wollen.
Seine Türe hat bestimmt einiges an Gewicht und soll sich doch nicht nach kurzer Zeit auf der Schloßseite senken. Soweit ich das überblicken kann, liegt die Füllung der Türe in einer Nut und nicht in einem Falz, wo sie dahingehend verklotzt ("verkeilt") (wie die Scheibe in einem Fenster) werden könnte, daß das Gewicht von der Schloßseite auf die Bandseite unten übertragen wird.
Da ziehen dann schon einige Kilos auf der Bandseite nach unten !!! Nicht daß ich einer Vernagelung keinen Halt zutraue. Aber eine Türe wird (sinnigerweise) auf und zugemacht, auch mal zugeknallt, es handelt es sich um ein bewegliches Objekt (nicht wie bei einem Fachwerkrahmen um ein statisches). Außerdem ist der Holzquerschnitt viel kleiner als bei einem Fachwerkrahmen, der Nagel muß viel kürzer und schmäler ausgeführt werden.
Spezielle Erfahrung habe ich auf dem Gebiet nicht, ich kann mir jedoch gut vorstellen, daß sich der Nagel sehr schnell lockern wird. Wäre doch dann schade um die ganze Arbeit, die er sich gemacht hat.

Gruß, Andreas

Jörg Ed. Hartge
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Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Vernageln

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Lieber Andreas,

zunächst habe ich durchaus vor, die Methode des Verkeilens und Leimens anzuwenden, dies aber mehr deshalb, weil es sich um einen Nachbau für einen Altbau handelt und ich "mein Werk" den anderen Türen im selben Haus möglichst ähnlich machen will.

Der Methode des Verbohrens würde ich aber nicht weniger trauen. Die Last wird dabei nicht durch die Holznägel aufgenommen, sondern durch den gesamten Zapfen im Loch. Der Nagel ist mehr eine Sicherung gegen Rausrutschen des Zapfens. Von den Gewichtskräften bekommt er nichts direkt ab, da die Zapfen waagerecht liegen. Im Übrigen wurde ja auch hierbei nicht auf Leim verzichtet. Mit dieser Methode hat man bis ins 19. Jahrhundert auch schwere Türen gebaut, die offenbar späteren Modellen mit Verkeilung wenig nachstehen.

Gruß
Jörg

Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Spannagel: Türen und Tore

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »

[In Antwort auf #98984]
Lieber Ulrich,

Du hast recht, das erwähnte Spannagel-Werk "Die Bauschreinerei - Türen und Tore" ist nie ganz vollendet worden. Ich habe eine Originalausgabe der zweiten Auflage von 1950. Den Vorwörtern Spannagels ist zu entnehmen, dass er zunächst zwei Bände geplant hatte: Der erschiene erste Band enthält alle Grundlagen und Konstruktionsprinzipien "wie sie für den Bau aller Arten von Innentüren aber auch der meisten Haustüren nötig sind" sowie die Gestaltungsvorschläge speziell für Innentüren. Dieser Band müsste (vielleicht bis auf die Vorwörter) in Deinem Reprint enthalten sein.

Der zweite Band sollte nach Spannagels Planung wesentlich weniger umfangreich werden und nur noch die Gestaltungsvorschläge für Haustüren und Tore und wenige Sonderkonstruktionen aus diesem Bereich enthalten.

Zu diesem zweiten Band ist es nie mehr gekommen. Anscheinend hatte Spannagel sogar einen dritten Band für Fenster ins Auge gefasst, auch den hat es nicht mehr gegeben. Leider!

Gruß
Jörg

Johannes Tuschy

Re: Sagt mal

Beitrag von Johannes Tuschy »

[In Antwort auf #98993]
Hallo ! Wie haben die Leute im Mittelalter ihre Türen und Tore zusammengebaut.Die hatten keinen Leim, der wasserfest war.Schreinerei ist die Kunst der genauen Holzverbindung.das mußte alles haargenau zusammenpassen, dann kam der Holznagel durch - fertig.Und wenn ein Teil entzwei ging wurden die Holznägel entfernt alles auseinander gebaut und das teil ersetzt und alles wieder zusammen. Neue Holznägel rein fertig.
Wenn ihr nach Marsseille kommt schaut euch dort die großen Tore in der Stadt an. Die kann man gar nicht ganz montieren. Sowas wurde in Einzelteilen zur baustelle gebracht und dort montiert. Viele Grüße J.tuschy

Ulrich Bergmann

Re: Vernageln

Beitrag von Ulrich Bergmann »

[In Antwort auf #99001]
Hallo Jörg, zunächst vielen Dank fur die Information zum Spannagel, offensichtlich geht im unvollendeten Teil nichts Wesentliches verloren.
Zum Turproblem fällt mir 'was ein, das ich im praktischen Tischler gelesen hab' und was der Andreas angesprochen hat, nämlich dass die Fuellungen so eingepasst werden, dass sie den Rahmen mittragen und gegen Verwindung abstuetzen, so dass selbst zierliche Rahmen schwere Fullungen tragen können. Dazu mussen die Fullungen innen-unten und oben-aussen fest aufliegen (keine Gewähr gegen Verwechslung) und sollten and den gegenuberliegenden Stellen Luft haben. Das muesste doch gultig sein unabhängig ob man in eine Nut oder Falz einpasst.

Ach ja, und zu den Zapfen und dero Verkeil- oder bohrung. Wenn die einigermassen passen und aus richtig gut getrocknetem Holz gemacht sind, werden die dann später nicht zwangslaufig etwas quellen und wie genietet halten.?

Gruss Uli

Wolfgang Jordan
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Re: Vernageln

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Uli,

'innen-unten und oben-aussen' müßte stimmen, denn so verlaufen auch die Diagonalstreben bei z. B. Gartentoren. Wenn die Maserung einer Füllung senkrecht verläuft, könnte man sie doch gleich so anfertigen, daß sie nur an den Seiten etwas Luft hat. Denn in senkrechter Richtung arbeitet sie doch kaum oder jedenfalls im Gleichtakt mit den senkrechten Friesen.

Gruß, Wolfgang

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