Erhellendes zur Sägezahngeometrie
Verfasst: Mo 22. Sep 2003, 10:55
[In Antwort auf #96014]
Hallo Christof,
ich habe am Wochenende mal in meinen Büchern geblättert und Überraschendes herausgefunden. Die Sache mit dem unterschiedlichen Anschliff für Längs- bzw. Querschnitte scheint danach eine amerikanische Erfindung zu sein!
Ich beziehe mich hauptsächlich auf die Bücher von Flocken/Walkling: 'Lehrbuch für Tischler' [1961] und Bieler: 'An der Hobelbank' [1954]. In beiden Büchern werden die Sägen hauptsächlich aufgrund ihrer Zahnstellung und -größe unterschieden. Alle betrachteten Sägen haben Zähne mit einem Keilwinkel von 60 Grad. Für die Sägeeigenschaften relevant sind praktisch nur der Schnittwinkel (stark/schwach auf Stoß) und die Zahnteilung (Abstand der Zähne). Die Zähne aller Sägen werden im rechten Winkel zum Blatt geschärft. Es gibt also keinen Unterschied in der Zahnform zwischen quer- und längsschneidenden Blättern! Davon gibt es zwei Ausnahmen. Die Zähne der Stich- oder Lochsäge werden schräg gefeilt, damit auch die Zahnseiten schneiden und sich die ungeschränkte Säge nicht so leicht festsetzt. Einzig die Zähne der beidseitig wirkenden Schrot- oder Bauchsäge erhalten einen 'Schrägschliff' zur 'Erzielung eines sauberen Schnittes'. Für den Winkel dieses Schrägschliffs scheint es übrigens keinen Namen zu geben.
Jetzt wollte ich natürlich wissen, nach welchen Kriterien die Schreiner ihre Sägen gekauft haben. Aber auch in alten Katalogen (30er Jahre) fanden sich keine entsprechenden Hinweise. Bei allen Gestell- und sonstigen Sägen wird jeweils nur die Blattlänge angegeben mit dem Zusatz 'geschränkt und geschärft'. Das erklärt auch die für Amerikaner ungewohnte Aussage von Tage Frid, daß eine Längsschnittsäge für alle Anwendungen reicht. Er ist schließlich auch Europäer und hat es so gelernt.
Das heißt jetzt aber auch, daß ich meine Aussage zurückziehen muß, daß Hersteller ihre Sägen unfertig ausliefern. Die Absetzsäge, die Christof bekommen hat, entspricht offensichtlich genau dem, was ein deutscher Schreiner erwartet, wenn er eine Absetzsäge kauft. Wie ich die Tatsache einordnen soll, daß Christof seine Säge auf einfache Weise deutlich verbessern konnte, weiß ich selbst noch nicht. Aber vor fünfzig Jahren gab's auch noch kein Internet.
Gruß, Wolfgang
Hallo Christof,
ich habe am Wochenende mal in meinen Büchern geblättert und Überraschendes herausgefunden. Die Sache mit dem unterschiedlichen Anschliff für Längs- bzw. Querschnitte scheint danach eine amerikanische Erfindung zu sein!
Ich beziehe mich hauptsächlich auf die Bücher von Flocken/Walkling: 'Lehrbuch für Tischler' [1961] und Bieler: 'An der Hobelbank' [1954]. In beiden Büchern werden die Sägen hauptsächlich aufgrund ihrer Zahnstellung und -größe unterschieden. Alle betrachteten Sägen haben Zähne mit einem Keilwinkel von 60 Grad. Für die Sägeeigenschaften relevant sind praktisch nur der Schnittwinkel (stark/schwach auf Stoß) und die Zahnteilung (Abstand der Zähne). Die Zähne aller Sägen werden im rechten Winkel zum Blatt geschärft. Es gibt also keinen Unterschied in der Zahnform zwischen quer- und längsschneidenden Blättern! Davon gibt es zwei Ausnahmen. Die Zähne der Stich- oder Lochsäge werden schräg gefeilt, damit auch die Zahnseiten schneiden und sich die ungeschränkte Säge nicht so leicht festsetzt. Einzig die Zähne der beidseitig wirkenden Schrot- oder Bauchsäge erhalten einen 'Schrägschliff' zur 'Erzielung eines sauberen Schnittes'. Für den Winkel dieses Schrägschliffs scheint es übrigens keinen Namen zu geben.
Jetzt wollte ich natürlich wissen, nach welchen Kriterien die Schreiner ihre Sägen gekauft haben. Aber auch in alten Katalogen (30er Jahre) fanden sich keine entsprechenden Hinweise. Bei allen Gestell- und sonstigen Sägen wird jeweils nur die Blattlänge angegeben mit dem Zusatz 'geschränkt und geschärft'. Das erklärt auch die für Amerikaner ungewohnte Aussage von Tage Frid, daß eine Längsschnittsäge für alle Anwendungen reicht. Er ist schließlich auch Europäer und hat es so gelernt.
Das heißt jetzt aber auch, daß ich meine Aussage zurückziehen muß, daß Hersteller ihre Sägen unfertig ausliefern. Die Absetzsäge, die Christof bekommen hat, entspricht offensichtlich genau dem, was ein deutscher Schreiner erwartet, wenn er eine Absetzsäge kauft. Wie ich die Tatsache einordnen soll, daß Christof seine Säge auf einfache Weise deutlich verbessern konnte, weiß ich selbst noch nicht. Aber vor fünfzig Jahren gab's auch noch kein Internet.
Gruß, Wolfgang