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Re: Schwalben und Zinken

Verfasst: Sa 22. Nov 2014, 19:41
von bernhard
[In Antwort auf #139479]
Hallo Reinhold,

über Berufsbezeichnungen diskutiere ich nicht mehr, Frank kann was, zeigt es und das nicht nur in Kursen. Das ist für mich die Hauptsache.

Diese Holzverbindung ist Jahrhunderte alt.

nein Jahrtausende Reinhold - aber ich fürchte, das ist in diesem Forum bekannt.

Verbindungen zu zeigen, war vom Schreiner und vom Kunden nicht gewünscht.


Ist das heute anders bei hochwertigen Möbel? Umgehende Leisten und halbverdeckte Zinken sind damals wie heute Standard.

Meine Erfahrung ist, dass Schwalbenschwanzverbindungen sehr einfach zum Herstellen sind, wenn man mal den Knacks raus hat. Es ist nicht mehr als die solide Beherrschung einer Säge.

Sicherlich ist das kein Hexenwerk oder Raketentechnologie, aber "sehr einfach"? Gehört nicht zu der Beherrschung der Säge auch noch der (oder besser) die Beitel? Dann kannst Du gleich noch das Schärfen dazu nennen.
Meiner Meinung nach gehört dazu einfach Übung und daran wird es den meisten Holzwerkern mangeln. Für mich ist das Zinken schon eine komplexe Tätigkeit, die Respekt verdient.
Bei verdeckten Zinken an einer Schubladenvorderseite ist die Schwalben-Zuerst-Methode besser, da hat man keine Wahl.

Och, das habe ich auch genau andersherum gesehen. Aber wie sagte Gary Rogowski: tails or pins first, half of the world is wrong....

Grüße
Bernhard


Re: von einem, der sich auskennt...

Verfasst: Sa 22. Nov 2014, 19:52
von bernhard
[In Antwort auf #139476]
Hallo Christoph,

vielen Dank, in der Tat gehört dazu jahrelange Erfahrung, damit es so lässig ausschaut. Wer das übrigens einmal vor einem Auditorium gemacht hat, wird schnell merken, dass dies auch Routine bedarf. Als ich das einmal machen durfte (und da hatte ich schon einiges gezinkt), bin ich ganz schön ins Schleudern gekommen.

Was ich prima fand, ist die überzeugende Darstellung, warum Frank welche Werkbank und welches Werkzeug benutzt und natürlich, wie es bestmöglich angeordnet wird. Denn alle Tage kommt die Frage wieder:

- Welche Werkbank soll es sein?
- ist X wirklich besser als Y?
- muss ich X wirklich haben?

Hier hat man die Antworten von einem Profi anschaulich dargestellt.

Und natürlich, so eine Werkstatt schaut man sich gerne an. Da merkt man, der Mann lebt Holz.

Viele Grüße
Bernhard


Re: Schreiner / Holzmechaniker / Zinken

Verfasst: So 23. Nov 2014, 09:29
von Heiko Rech
[In Antwort auf #139481]
Hallo Bernhard,
Aber vielleicht kannst Du Deine Ansicht begründen?

ich kann meine Ansicht für mich persönlich begründen. Ich erhebe nicht den Anspruch auf allgemeingültigkeit. Das war in meinem vorherigen Post vielleicht nicht ganz deutlich zu erkennen. also reiche ich das hiermit nach.

Warum erscheint mir eine halbverdeckte Zinkung einfacher:
Wie der Name ja schon sagt, verdeckt diese Variante einen Teil der Verbindung, der bei der offenen Zinkung ja sichtbar wäre. Dadurch werden Ungenauigkeiten zumindest auf einer Seite verdeckt. Man kann diesen Umstand auch nutzen, indem man die Schwalben leicht hinterschneidet Das macht das zusammenfügen einfacher. Verwendet man einen modernen Holzleim, so wird die Verbindung trotz Hinterschneidung und verringerter Leimfläche immer noch stabil genug für die meisten Anwendungen wie Schubladen und kleine Kästen.

Das Sägen finde ich bei der offenen Zinkung auch fehleranfälliger. Wenn beim Schneiden der Schwalben die Säge so verläuft, dass der rechte Winkel über das Hirnholz hinweg gesehen verläuft, wird man das sehen. Bei der halbverdeckten Variante eben nicht so stark. Das Sägen der Zinken finde ich nicht so schwierig. Man muss halt aufpassen nicht zu tief zu sägen, aber das ist bei der offenen Variante auch so, (Die Nummer mit der eingeschlagenen Ziehklinge habe ich mal versucht und kann mich damit überhaupt nicht anfreunden. Irgendwie empfinde ich persönlich das als "Murks".)

Außer Frage steht, dass der Anspruch an die Fertigkeiten mit kleiner, also schmaler werdenden Zinken steigt. Aber auch das ist bei beiden Varianten so.Was du mit "Lap" meinst, weiß ich nicht.

Wer in diesem Punkt wirklich Klarheit für sich selbst bekommen möchte sollte einfach verschiedene Varianten selbst ausprobieren und seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Das gilt meiner Meinung nach für viele Aspekte des Holzwerkens. Fachwissen aus Bücherm Video, Kursen etc. ist sehr wichtig und hilfreich, ersetzt aber niemals eigene Erfahrung in Kombination mit den eigenen, mit der Zeit entstandenen Vorlieben. "Probieren geht über studieren" passt hier zumindest teilweise sehr gut.

Soweit also meine ganz persönliche Meinung dazu.

Ich gönne jedem eine andere Meinung, hauptsache man ist mit der eigenen Arbeit zufrieden und es macht Spaß.

Gruß und einen schönen Sonntag

Heiko




Re: Zinken und Schwalben

Verfasst: So 23. Nov 2014, 11:21
von bernhard

Hallo Heiko,

vielen Dank für das Darlegen Deiner Ansicht und die Aussage "scheint" einfacher. In Deinem ersten Post hörte sich das für mich sehr allgemein an, deshalb habe ich noch einmal nachgefragt. Insbesondere, da Du unter Umständen Kurse auf diesem Gebiet unterrichtest.

Da mich dieses Thema interessiert und ich sehr viele Möglichkeiten ausprobiert habe (inkl. Bandsäge, gefräste Verbindung, Ausbohren) bin ich bei Deiner Version hellhörig geworden, denn sie stellt alles, was ich bis jetzt gelernt und auch praktiziert habe, auf den Kopf.

Alle Lehrbücher und Filme, die ich kenne, gehen beim Vermitteln dieses Wissens von offene Zinkung, über halbverdeckt nach geschlossener Zinkung und betonen dabei den Anstieg des Schwierigkeitsgrads. Zum Schluß kommen dann wirkliche Exoten, wie Trichterzinken etc.

Wenn man handgefertigte Schubladen sieht, wird diese Ansicht bestätigt. Vorne kommt die halbverdeckte Zinkung und hinten die offene. Du würdest auch hinten halbverdeckt Zinken, weil es für Dich einfacher ist?

Dein Argument mit dem Hinterstechen zieht auch für offene Zinken. Es wird hier und da angeraten, den Zinkengrund ebenfalls leicht zu hinterstechen, um einen "Hügel" im Grund vorzubeugen.

Jetzt noch zu dem "Lap": Dies ist der Teil, der bei dem Vorderbrett stehen bleibt. Bei der halbverdeckten Zinkung wird rechts und links schräg eingesägt und Du hast darauf hingewiesen, dass man "nur" nicht zu tief sägen darf. Das ist eine Herausforderung, die nächste Herausforderung ist, man kann nicht alles mit der Säge erreichen. D. h. der Stechbeitel muss die Hauptarbeit übernehmen und z. B. an dem Überstand (Lap) sauber abstechen, denn hier sieht man wirklich jede Ungenauigkeit. Zudem besteht die Gefahr des Abbrechens des ca. 3-5 mm starken Überstands. Bei dem linken und rechten Schnitt wird gelegentlich mit einem geschärften Sägeblatt der Teil geschlagen, den die Säge nicht erreicht. Habe ich auch schon gemacht, bringt mir nicht viel und ich konzentriere mich auf den Beitel. Ein weiterer Indikator sind die Schrägbeitel und "Fishtail"-Beitel, deren Königsaufgabe es ist, die verdeckte Zinkung auszuarbeiten.

Somit hat die Lehrmeinung in meinen Augen schon einen Sinn, aber natürlich ist eine abweichende Meinung kein Verbrechen.

Vielleicht noch ein kleiner Tipp für den, der sich mit den Zinken beschäftigen möchte. Die kontrastreichen perfekten halbverdeckten Zinken kommen in der Regel zustande, wenn das Frontholz aus Hartholz und der Rest der Schublade aus Weichholz ist. Dann sägt man das Weichholz etwas größer und beim Zusammenfügen wird es komprimiert und verdeckt gnädig leichte Unebenheiten. Ich mache das sehr selten, da ich kein Weichholz lagermäßig da habe.

Einen schönen Sonntag

Bernhard




Re: Zinken und Schwalben

Verfasst: So 23. Nov 2014, 11:47
von Konrad Holzkopp

Guude,

Holzmechaniker arbeiten in der Regel in der Industrie im Einrichten und Überwachen
von automatisierten Anlagen zur Fertigung von Massenwaren,
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest=profession&prof-id=35271

Tischler / Schreiner im Handwerk und fertigen und montieren weitgehend Einzelstücke.
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest=profession&prof-id=4460

Gut Holz! J.


Re: Zinken und Schwalben

Verfasst: So 23. Nov 2014, 21:11
von Heiko Rech

Hallo Bernhard,
Alle Lehrbücher und Filme, die ich kenne, gehen beim Vermitteln dieses Wissens von offene Zinkung, über halbverdeckt nach geschlossener Zinkung und betonen dabei den Anstieg des Schwierigkeitsgrads. Zum Schluß kommen dann wirkliche Exoten, wie Trichterzinken etc.

Ich argumentiere da einfach anders:
Eine Zinkung ist keine Hexerei, sondern Übungssache und es hat auch ein wenig mit Talent zu tun. Ich hatte schon einige Kursteilnehmer, die es beim ersten Versuch geschafft haben eine nahezu perfekte Zinkung zu machen. Kann man also die in meinen Augen schwierige Verbindung, gelingt auch die einfachere Variante. Also bringe ich den Leuten das Schwierige, die offen Variante bei. Oft bleibt am Schluss des Kurses noch Zeit die halbverdeckte kurz anzureißen (im wahrsten Sinne des Wortes) um die Unterschiede zu zeigen. Diese Lermethode beruht auf meiner Überzeugung, dass die offene Variante in der Herstellung die schwieigere ist.


Wenn man handgefertigte Schubladen sieht, wird diese Ansicht bestätigt. Vorne kommt die halbverdeckte Zinkung und hinten die offene. Du würdest auch hinten halbverdeckt Zinken, weil es für Dich einfacher ist?


Ich kann beide Varianten, mache die halbverdeckte aber nur sehr selten. Bei meiner Werkzeugtruhe (findet man über Google) habe ich die unteren Schubladen mit einer offenen Zinkung gemacht.Laut Lehrbuch falsch, aber optisch viel schöner, bei gleicher Funktionalität. Die Gründe für die Verdeckte Zinkung hat Reinhold ja schon genannt, Verbindungen sollten früher versteckt werden.

Wenn ich von Hand Zinke mache ich in der Regel offene Zinken, weil es mich optisch mehr anspricht und weil es schneller geht. Schwieriger heißt ja nicht langsamer.

Bevor hier aber noch was durcheinander gerät, nochmal meine Meinung: Die offen Zinkung ist schwieriger, da sie jeden Fehler, vor allem beim Sägen zeigt. Die halbverdeckte zeigt nicht jden Fehler. Vielleicht ist die Wortwahl nicht so geschickt und ich sollte schreiben, die halbverdeckte ist fehlertoleranter als die offene.

Ich glaube so langsam sollte aber auch klar geworden sein, worauf ich hinaus will.


Dein Argument mit dem Hinterstechen zieht auch für offene Zinken. Es wird hier und da angeraten, den Zinkengrund ebenfalls leicht zu hinterstechen, um einen "Hügel" im Grund vorzubeugen.

Das mache ich auch so und ich denke das kann durchaus als eine allgemein angewendete Technik angesehen werden. Bei den halbverdeckten kann man aber die Schwalben auch noch seitlich etwas hinterschneiden.

Was du über die Hatholz-Weichholz Kombination schreibst ist vollkommen richtig. Wer selbst schon ml mit Yellow Poplar, also Tulpenbaum, gerbeitet hat (Das ist das was die Amerikaner einfach nur als Poplar bezeichnen), der weiß warum die Zinken dann immer perfekt sind :-)

Gruß

Heiko




Re: Schwalben und Zinken

Verfasst: Mo 24. Nov 2014, 12:11
von Thomas Keimel
[In Antwort auf #139479]
Also ich muß zugeben, das ich es auch mal seit sehr langer Zeit wieder ausprobiert habe eine offene Zinkung herzustellen.Hat doch mal wieder in den Fingern gejuckt. Und ich habe es auch "freischnauze" gemacht. Ok, die Einteilung ist nicht so gleichmäßig wie bei Frank Klausz, aber ich bin mit dem ersten Ergebnis eigentlich zufrieden.Gut, am Anfang musste ich schon etwas überlegen, aber dann war es doch garnicht so schwer. Das werde ich jetzt in Zukunft öfters machen und noch ein wenig üben.


Re: von einem, der sich auch auskennt...

Verfasst: Mo 24. Nov 2014, 22:38
von Dietrich
[In Antwort auf #139464]
Hallo Bernhard,

zweifellos einer der es kann und die Werkstatt ist fast zu schön.

Erlaube mir bitte an dieser Stelle einen weiteren Könner seines Faches zu verlinken:

https://www.ndr.de/fernsehen/meisterhand421.html

Gruß Dietrich


Re: von einem, der sich auch auskennt...

Verfasst: Di 25. Nov 2014, 13:34
von Uwe.Adler

Re: von einem, der sich auch auskennt...

Verfasst: So 30. Nov 2014, 20:32
von Jens Peter Pauly

Hallo Leute!
Seht beeindruckend diese Tischlerwerkstatt. Ich möchte hier nicht provozieren, aber ich muss mal wieder widersprechen. Solch eine Werkstatt muss nicht zwangsläufig teuer sein. Allerdings sah die in dem Video gezeigte Werkstatt schon ehr wie ein Wohnzimmer aus. Grundsätzlich sind solche Hingucker allerdings ihr Geld wert. Jeder Kunde beurteilt den Handwerker immer nach dem Augenschein. Wenn ich den solch ein Schmuckstück von einer Werkstatt hätte, würde ich meine Kunden nur in meiner Werkstatt empfangen. Eine bessere vertrauensbildende Maßnahme gibt es wohl nicht. Früher hat der Meister seine Gesellen nach seiner Werkzeugkiste beurteilt. Dieser Brauch ist aber lange Geschichte. Übrig geblieben sind nur ein paar sehr schmucke Werkzeugkisten.
Zum Zinken muss ich auch noch meinen Senf dazugeben. Die meisten Leute haben da wirklich Scheuklappen. Von Hand zu Zinken ist nicht schwer. Mann muss nur ein paar regeln beachten. Fehler nummer eins, ist wohl immer das anreißen mit dem Bleistift. Besser man tut es mit einen Scharfen Messer, dass dafür geeignet ist. Hat man die anreis Arbeit erledigt schneidet man vorsichtig von der Seite her die später weg fällt eine Kerbe ein . Man nennt das glaube ich Wallschnitt. Nun hat man keine Schwierigkeiten die Säge anzusetzen. Der Sägeschnitt verläuft dann immer auf der richtigen Seite vom Riss. Noch einen kleinen Tipp am Rande. Ich fälze das Brett, wo die Schwalben hineinkommen, auf der Innenseite ganz leicht ein, dann hat man gleich eine Führung für das Stecheisen. Beim Zusammenfügen verschwinden dann Ungenauigkeiten im Falz.