Rätsel Lochbeitel
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Re: Rätsel Lochbeitel
Hallo Friedrich,
vermutlich wird man das Rätsel so richtig nicht mehr auflösen können. "Nicht mehr" deswegen, weil es kaum mehr Leute gibt, die einen Lochbeitel zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes benötigen. Und durch die ständige Arbeit damit Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Griffausführungen haben bzw. eine Aussage treffen können, was aus welchem Grund warum ist.
Schaut man sich alte Kataloge, z.B. auf Wolfgang Jordans Seite an, kann man feststellen, daß Lochbeitelgriffe oft extra aufgeführt wurden, also durchaus unterschiedlich zu normalen Griffen/Heften waren, z.B. hier:
http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/ott1_14.phtml
http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/ott2_34.phtml
Vielleicht kann Wolfgang noch etwas dazu sagen.
Persönlich fehlen mir längere Erfahrungen mit Lochbeiteln. Die richtig tiefen Löcher, die ich von Hand gestemmt habe, kann man an zwei Händen abzählen.
Ich bin mir jedoch recht sicher, daß der "landläufige" Holzwerker heutzutage anders stemmt als ein Schreiner/Tischler vor meinetwegen 90 Jahren. Heute geht das, weil es holzwerkentechnisch eher eine sehr schöne Freizeitbeschäftigung bzw. ein Ausgleich zur Arbeitswelt ist, deutlich sachter zu.
Vor 90 Jahren stand trotz der guten alten Zeit das Fertigwerden im Vordergrund, man hat sein Werkzeug also wesentlich stärker beansprucht. Das gilt für Stemmeisen, als auch für Lochbeitel.
Ein aus meiner Sicht klassischer Einsatzzweck für einen Lochbeitel war das Stemmen der Zapfenlöcher für eine Rahmentüre, also doch recht tiefe Löcher, 10 cm aufwärts (Einschub dazu - evtl. auch noch ein gestemmtes, also aus Rahmen und Füllung bestehendes, Türfutter dazu). Früher waren solche Türen wirklich in fast jedem Haus vorhanden, eine absolute und ständig vorkommende Brotaufgabe für jeden Tischler-/Schreinerbetrieb.
Nun wurden Lochbeitel einsatzgemäß noch mehr rangenommen als Stemmeisen, also mußten die auch noch mehr aushalten.
Ich vermute, daß aus dem Grund die Lochbeitelgriffe stärker ausgeführt waren. Jemand hat es ja schon mal geschrieben, mehr Schlagkraft erfordert eine kräftigere Angel, einen größeren Bund (Auflagefläche des Eisens am Hirnholz des Griffes) und auch kräftigere Zwingen. Einfach um "alles unterzubringen" kann es schon deswegen notwendig gewesen sein, daß man den Griff/das Heft stärker ausführen mußte. So hat sich die Dimension der Griffe/Hefte herausgebildet.
Nicht so tiefe Zapfenlöcher oder gar offene Schlitze lassen sich problemlos mit einem normalen Stemmeisen herstellen. Ich vermute, daß richtig große Kraftanwendung beim Stemmen den meisten Holzwerkern eher selten unterkommt, deswegen sind die massiven Griffe ungewohnt bzw. erscheinen überflüßig. Und ich stelle mal in den Raum, daß man "essentiell" heutzutage gar keine Lochbeitel mehr benötigt.
Warum jetzt heute ein 4 mm-Zwei Kirschen-Lochbeitel das wirklich ausgesprochen stabile Zimmermansheft mitgeliefert bekommt, weiß ich nicht.
Vielleicht hängt das mit der Fertigung zusammen, daß alle Lochbeitel die gleichstark ausgeführte Angel haben? Oder mit der Lagerhaltung, daß man nicht mehrere Sorten "stabilere" Griffe/Hefte benötigt?
Gruß, Andreas
P.S.: Was ist denn bitte ein Pigsticker? Ein Ferkelstecher?
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Re: Rätsel Lochbeitel *MIT BILD*
Hallo Andreas,
für den konstruktiven Beitrag vielen Dank. Der Einsatz spezieller Lochbeitel im Türenbau vergangener Zeiten ist ein guter Hinweis, ja, da passen die schon hin. Und die wirklich übertrieben großen Hefte bei Kirschen (auch bei schmalen Eisen) mögen eine Folge übertriebener Standardisierung sein.
Dass Lochbeiten heute nicht essentiel erforderlich sind in der Werkzeugausstattung, stimmt sicher. Aber besser als normale Stecheisen sind sie bei tiefen Zapfenlöchern schon.
Und was ein Pigsticker ist? Deine Übersetzung ist schon richtig. Und so sehen sie aus:

Also die Verwendbarkeit auch zur Schlachttiertötung glaubt man denen schon... Ich hatte mal so eines, ein französisches. Ich fand es schrecklich und habs verschenkt.
Grüße
Friedrich
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Hab noch was gefunden *MIT BILD*
Hallo Andreas,
ich habe beim Suchen in meinen alten Bilddateien noch was gefunden: Aus dem Wilhelm- Busch- Museum in Wiedensahl (aufgenommen 2007). Siehe da: Zwei "pigsticker" mit Hinweis "zum Türen stemmen". Das passt doch.

Friedrich
Re: Rätsel Lochbeitel
[In Antwort auf #138630]
Hallo Andreas,
deine These, dass die Heftform und Größe der Belastung geschuldet ist, sehe ich durch einige sehr alte Lochbeitel (der schmalste hat um die 10mm, wenn ich mich richtig erinnere) bestätigt, die aus einer ehemaligen Wagnerei kommen und sich in meiner Werkstatt befinden. Die dort montierten Hefte sind relativ groß und waren zum Teil so in Mitleidenschaft gezogen (bzw. verschlissen), dass sie ersetzt werden mussten. Das passt gut dazu: im Wagenbau wurde viel hartes und zähes Holz verarbeitet und es ging dabei sicher nicht um ein besonders schönes oder elegantes, sondern eher um rationelles Arbeiten. Die örtlichen Landwirte brauchten schließlich ihre Fahrzeuge und eine Langlochbohrmaschine oder Oberfräse war damals (vor 65 und mehr Jahren) noch teuer und selten.
Warum nun ein sehr schmaler Beitel heutzutage mit einem sehr großen Heft ausgeliefert wird, kann ich auch nicht logisch begründen...
Beste Grüße,
Max
Hallo Andreas,
deine These, dass die Heftform und Größe der Belastung geschuldet ist, sehe ich durch einige sehr alte Lochbeitel (der schmalste hat um die 10mm, wenn ich mich richtig erinnere) bestätigt, die aus einer ehemaligen Wagnerei kommen und sich in meiner Werkstatt befinden. Die dort montierten Hefte sind relativ groß und waren zum Teil so in Mitleidenschaft gezogen (bzw. verschlissen), dass sie ersetzt werden mussten. Das passt gut dazu: im Wagenbau wurde viel hartes und zähes Holz verarbeitet und es ging dabei sicher nicht um ein besonders schönes oder elegantes, sondern eher um rationelles Arbeiten. Die örtlichen Landwirte brauchten schließlich ihre Fahrzeuge und eine Langlochbohrmaschine oder Oberfräse war damals (vor 65 und mehr Jahren) noch teuer und selten.
Warum nun ein sehr schmaler Beitel heutzutage mit einem sehr großen Heft ausgeliefert wird, kann ich auch nicht logisch begründen...
Beste Grüße,
Max
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Re: Rätsel Lochbeitel
[In Antwort auf #138631]
Hallo Friedrich,
danke der Erklärung.
Pigsticker ist sozusagen eine Art Spitzname für Lochbeitel. An einen Einsatz abseits der Holzbearbeitung denkt man besser nicht...
Die ovalen Griffe haben irgendwas an sich, finde ich. Jemand aus dem Forum hat mal gezeigt wie man die drechselt, der Name ist mir allerdings entfallen.
Ob die schon von Anfang an so kurz geraten waren oder wegen "Aufpilzung" immer mal abgeschnitten wurden, wird man nicht mehr sagen können.
Grüße, Andreas
Hallo Friedrich,
danke der Erklärung.
Pigsticker ist sozusagen eine Art Spitzname für Lochbeitel. An einen Einsatz abseits der Holzbearbeitung denkt man besser nicht...
Die ovalen Griffe haben irgendwas an sich, finde ich. Jemand aus dem Forum hat mal gezeigt wie man die drechselt, der Name ist mir allerdings entfallen.
Ob die schon von Anfang an so kurz geraten waren oder wegen "Aufpilzung" immer mal abgeschnitten wurden, wird man nicht mehr sagen können.
Grüße, Andreas