englische Zinkung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Andreas Winkler
Beiträge: 1137
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: englische Zinkung

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #124806]
Hallo Andreas,

Du schreibst, daß ein Kasten mit Schwalbenschwänzen bei diagonaler Belastung (über die Ecken) stärker sein müßte als ein Kasten mit Fingerzapfen.
Dies wurde in Walters Beitrag (besten Dank Walter) ebenfalls getestet - auch hier waren die Fingerzapfen stärker.

Denke schon, daß das Ergebnis nachvollziehbar ist. Liegt aber wohl an der dramatisch hohen Anzahl der Fingerzapfen im Vergleich zu den Zinken/Schwalbenschwänzen. Je mehr Verschneidungen der Kastenteile, desto mehr Leimfläche, desto mehr Halt und Festigkeit.
Bei annähernd gleicher Anzahl an Zapfen wie Zinken/Schwalbenschwänzen sähe das Ergebnis m.E. anders aus. Hört sich aber schon irgendwie so an, als wäre der Test von der "Fingerzapfen-Lobby" in Auftrag gegeben.

Gruß, Andreas



Walter Heil
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: englische Zinkung

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #124806]
Hallo Andreas,

erlaube, dass ich auf Deinen Beitrag noch einmal zurückkomme.

Ob die größte Leimfläche die Ursache der größten Haltbarkeit ist; ich bin mir da nicht sicher. Das merkt man erst, wenn man einen Bruchversuch macht, da sieht man dann, was nachgegeben hat. Ist es die Leimfläche, dann war sie zu klein, ist es das Holz, dann hätte eine Vergrößerung der Leimfläche nichts gebracht.

Über die "optische Ansehnlichkeit" und "authentische Wirkung" möchte ich mich nicht auslassen, dass ein Handwerker aber technisch suboptimale Verbindungen herstellt, wäre für mich kein Grund, ihn zu feiern.

Wenn ich Ergebnisse Dritter bezweifle, dann sollte ich dafür gute Gründe haben und nicht pauschal "inhomogen" und "organisch" anführen. Die diagonale Druckbelastung ist in dem Buch mit Ergebnis angegeben; Deine Vermutung solltest Du also belegen. Churchill hat noch mehr Unfug erzählt, außerdem geht es hier nicht um Statistik, eher um Statik. Wenn es jüngere Studien geben sollte, so könnte es sein, dass sie nicht "besser" sind, weil sie Deine Meinung nicht teilen.

Gruß, Walter



Andreas Ranogajec
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Re: englische Zinkung

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Walter,

sollte ich mich darin getäuscht haben, dass der "Klassiker" aus dem Du zitierst über mehrere Jahrzehnte alt ist. Eine Jahreszahl wäre hilfreich, obgleich Du ansonsten natürlich richtig argumentierst, wennauch etwas zu verbissen für meine Begriffe, was Churchill angeht...?
Ich versuch das mal so :Holz ist kein Eisen, dessen Struktur und Zusammensetzung bis in den letzten Millimeter identisch beschaffen ist. Um eine Aussage in einer Untersuchung zu verifizieren gehören einfach viel mehr UNVERÄNDERLICHE Faktoren, die benannt werden müssen.
Ein Holz-crashtest, der lediglich benennt, dass die Konstruktion zusammenbricht unter einer Druckbelastung von X-Kilo ist mir zu pauschal.
Holztechnischrelevante Untersuchungen beziehen sich heutzutage nur auf Statik im Baugewerbe. Welche Relevanz hat die Druckfestigkeit einer Fingerzinkung im Möbelbau?
Ein Holzwerker muß sich auch auf seine Intuition verlassen können bei der Wahl seiner Holzverbindungen und nicht auf physikalische Zahlen schielen.
Worum es bei der Sache geht ist doch materialgerechte Verbindungen zu wählen, die handwerklich nicht minderwertig sind und optisch das beste Ergebnis liefern.
Oder meinst Du nicht ?

Grüße zu später Stunde...
Andreas R.


Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: englische Zinkung

Beitrag von Andreas Ranogajec »

[In Antwort auf #124818]
Hallo Andreas,

allein die Tatsache, dass eine Schwalbenschwanzverbindung nur in eine Richtung gelöst werden kann reicht mir aus, um ihr den Vorzug vor den Fingerzinken zu geben. Und wenn man die Grundregeln bei der Herstellung beachtet, dann ist die größere Leimfläche der Fingerzinken irrelevant. Eine Massivholzkonstruktion unter Schwundverhalten wird selbst bei nachlassender Verleimung nicht ganz aus den Fugen gehen...



Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
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Re: englische Zinkung

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #124820]
Hallo die Runde,

zu der Statistik und den dort ermittelten Werten kann ich nichts sagen. Ich gehe aber mal davon aus, dass die verwendeten Bretter vergleichbar, möglichst aus einer Bohle geschnitten waren. Wenn das nicht der Fall ist, teile ich Andreas´ Bedenken über die Aussagekraft.

Allerdings spielt es für mich keine Rolle, ob eine Zinkung an einer Schublade 400 oder 900 kg aushält bevor sie bricht. Beide Werte werden niemals erreicht, so dass auch die statisch schwächere Verbindung ohne Bedenken angewandt werden kann. Was zählt, ist die saubere Ausführung und die optische Erscheinung. Für Schubladen finde ich persönlich die deutsche Zinkung mit breiten Schwalben und schmalen Zinken in den meisten Fällen am schönsten. Für eine Schatulle hingegen, deren Kanten noch profiliert werden, eignet sich optisch die Fingerzinkung besser. Jedenfalls für meinen Geschmack.

Also bestimmt letztlich der Einsatzzweck die Auswahl der Verbindung.

Klaus



Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: englische Zinkung

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #124820]
Hallo Andreas,

Du hast es erraten, das Buch ist in der Originalausgabe 102 Jahre alt. Sind die Ergebnisse deswegen unbrauchbar oder falsch?

Ich erlaube mir nochmal ein Zitat, diesmal aus besagtem Spannagel; dort steht auf Seite 91: Im allgemeinen ist der Schwalbenschwanz kleiner als der Zinken. Bei härteren, feinjährigen Holzarten kann der Zinken beträchtlich kleiner sein, und es kann durch die Unterschiedlichkeit der Verhältnisse von Zinken und Schwalbenschwänzen eine reizvolle Wirkung erzielt werden (Abb.285). Wenn an verzinkte Kastenmöbel besondere Anforderungen hinsichtlich ihrer Stabilität gestellt werden, so ist die sogenannte englische Zinkung zu empfehlen, bei der die Schwalbenschwänze gleiche Form und Größe der Hirnflächen der Zinken besitzen (Abb.286).

Da ich's nicht lassen kann, der Moderator möge nachsichtig sein:

Ein Holzwerker muß sich auch auf seine Intuition verlassen können bei der Wahl seiner Holzverbindungen und nicht auf physikalische Zahlen schielen.
Worum es bei der Sache geht ist doch materialgerechte Verbindungen zu wählen, die handwerklich nicht minderwertig sind und optisch das beste Ergebnis liefern.


Wer sich auf seine Intuition verlässt, ohne die physikalischen Gegebenheiten zu kennen, der landet ganz schnell beim Pfusch! Die materialgerechte Verbindung ist eben diejenige, die die physikalischen Gegebenheiten berücksichtigt! Über die Optik will ich nicht streiten.

Gruß, Walter



Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: englische Zinkung *MIT BILD*

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo alle zusammen,

natürlich habe ich Verständnis dafür, daß aus der Perspektive eines Ingenieurs physikalische Gesetzmäßigkeiten im Vordergrund stehen. Keine Frage!
Aber Herr Spannagel hat auch unrecht, wenn er behauptet, daß der Schwalbenschwanz i.A. KLEINER als der (Gegen-)Zinken ist!!! Liest man im nächsten Satz weiter, so muß man annehmen, dass im vorhergehenden Satz eine Wortverwechslung stattgefunden hat ("...kann der ZINKEN beträchtlich kleiner sein...").
Und weil wir uns jenseits des Zeitalters befinden, indem Fahrzeuge und technische Hilfsmittel aus Holz gebaut wurden, ist seine Stabilitätsanforderung nicht so überzubewerten.
In der Rückbesinnung auf "gutes altes Handwerk" sind wir natürlich auf alte Bücher angewiesen, aber deren Inhalte müssen ab und zu an den heutigen Gegebenheiten gemessen werden dürfen und folglich in der Aussage relativiert werden!
Als Abschluß hab ich eine kleine Denkaufgabe...

Viel Spaß und Grüße an alle, die mitgelesen haben!

Andreas R.



Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: englische Zinkung

Beitrag von Walter Heil »


Sorry, ich habe falsch abgeschrieben. Es muss natürlich heißen: Im allgemeinen ist der Schwalbenschwanz BREITER als der Zinken!


Michael P
Beiträge: 19
Registriert: Di 4. Feb 2014, 20:46

Re: englische Zinkung

Beitrag von Michael P »

[In Antwort auf #124804]
Hallo alle miteinander,

vielen Dank für die rege Anteilnahme an meinem "Problem".

Beruhigend für mich ist, und davon war ich im Vorfeld überzeugt, dass sowohl die eine als auch die andere Verbindung statisch in einem Werkteugschrank nicht an einen Grenzwert stossen wird.

Frisch auf Münze - Kopf bedeutet deutsche Zinkung, Zahl bedeutet die englische Variante.

Vielen Dank

Michael



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