Fitschenbänder und der technische Fortschritt
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Fitschenbänder und der technische Fortschritt
Liebe Holzwürmer,
wie schon mal erwähnt, habe ich gerade ein Projekt in Arbeit, bei dem in einem Altbau eine Trennwand (Holzständer mit Gipskarton) zu errichten und darin eine Tür einzubauen ist.
Da der Altbau rund 100 Jahre alt ist und die neue Tür dem Erscheinungsbild der alten entsprechen soll, habe ich keine "Baumarkttür" gekauft, sondern den Rahmen in alter Konstruktion selbst hergestellt. Das Türblatt kann ich übernehmen, da durch den Umbau eine vorhandene Tür übrig ist.
Das zieht es nach sich, dass als Türbänder klassische Fitschenbänder mit Zierkopf einzubauen waren, die ich von Frehe bezogen habe. Beim Literaturstudium zum Thema bin ich lachend aber auch verwundert auf folgendes Problem gestoßen:
In Spannagels umfänglichen Werk "Die Bauschreinerei - Türen Tore" (verfasst bis 1940) findet man zu den Fitschenbändern rund 17 Seiten allein über Typen und deren korrekten Einbau. Er schreibt sehr einleuchtend, dass der Dornlappen im Rahmen mit 5 Schrauben/Stiften zu befestigen sei, wobei die zwei dornnahen Schrauben/Stifte in der Falzbekleidung liegen sollen. Beim Türlappen werden dagegen nur drei Befestigungspunkte benötigt.
Wie Spannagel weiter schreibt, werden die beiden dornnahen Löcher durch die Hersteller "leider stets gedankenlos" positioniert, so dass sie in Falzecke zu liegen kommen und nicht verwendbar sind. Darüberhinaus würden Fitschenbänder angeboten, die im Dornlappen nur drei und stattdessen im Türlappen fünf Löcher haben. Im Türlappen sind die beiden zusätzlichen aber völlig sinnlos, da sie wegen des Türfalzes nicht verwendet werden können.
Nun - was fällt mir 60 Jahre später bei meinen Fitschenbändern aus neuer Produktion auf? Sie weisen genau alle Fehler auf, die Spannagel bereits damals beseitigt sehen wollte (er schlug als Optimallösung vor, dass Fitschenbänder ungebohrt geliefert werden, so dass der Schreiner die Bohrungen vor Ort konstruktionsgerecht anbringen kann). Soviel zum technischen Fortschritt im Laufe von 6 Jahrzehnten ...
Nun noch eine Frage an die "alten Hasen":
Die Darstellungen Spannagels verstehe ich so, dass man früher zunächst den reinen Futterrahmen eingebaut und erst nach dessen Befestigung und Verkeilung die Falz- und Zierbekleidung aufgelegt hat. Da die Dornlappen der Fitschenbänder durch die Falzbekleidung gehen, würde dies meines Erachtens heißen, dass die Schlitze für die Lappen erst danach im eingebauten Zustand eingeschlagen wurden. Wie hat die Rahmenbefestigung (üblicherweise genagelt) die Klopferei ausgehalten?
Grüße!
Jörg
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Re: Fitschenbänder und der technische Fortschritt *MIT BILD*
Hallo Jörg,
da waren sie in der DDR schon weiter, da gabs die Fitschenbänder ungebohrt und das macht wirklich mehr Sinn. Man hat die Bänder einfach eingeschoben, gebohrt und die Stifte eingeschlagen, fertig.
Also in den bereits eingesetzten Rahmen werden die Fitschenbänder sicher nicht angebracht. Meiner Meinung nach wird lediglich durch die Falzbekleidung der Schlitz gestemmt und das Band dann an der Rückseite des Futters angeschraubt, wenn man will kann man im Falz dann noch zwei Stifte einschlagen.Hab mal ne Skizze zum besseren Verständnis gemacht, hoffe man sieht was ich meine.
Grüsse
Matthias

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Re: Fitschenbänder und der technische Fortschritt
Tja, vielleicht war der Sozialismus doch fortschrittlich ...
Deine Befestigungsart mit dem hinter dem Futterrahmen verschraubten Lappen ist nur eine von vielen praktizierten Varianten. Ich kann Dir bei Interesse nur den Spannagel: Bauschreinerei (nicht das bekanntere Werk Der Möbelbau) empfehlen mit, wie gesagt, über 17 Seiten zu dem Thema und allen möglichen guten und schlechten Befestigungsarten.
In meinem Haus (Baujahr ca. 1895) ist bei allen orginalen Türen der Dornlappen duch die Bekleidung komplett in dass Futter eingestemmt und mit Fischbandstiften befestigt (nach Spannagel übrigens die "Regelkonstruktion", dass Schrauben hinter das Futter empfiehlt er nur bei schwachem Futter und Einsparung der Verstärkungsleiste). Die Futterrahmen sind demzufolge ca. 40 mm stark. Nur bei zwei Türen, die in den 50er Jahren nachträglich eingebaut wurden, sind die Futterbretter dünner und die Lappen, wie von Dir dargestellt, hinter das Futterbrett geschraubt.
Also wurde in vielen Fällen in den Futterrahmen gestemmt, die Frage ist nur zu welchem Zeitpunkt - vor oder nach dem Einbau?
Gruß
Jörg
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Re: Fitschenbänder und der technische Fortschritt
hallo,
geiles thema, weil etwas diffizil!
ich habe in den 70er/80er jahren des vorigen jahrhunderts (klingt uralt) in einem handwerksbetrieb (tischlerei/zimmerei) gelernt mit "echten" altgesellen, einem zimmererpolier und weiteren gesellen. dort wurden unter anderem auch türen und tore für innen- und außenbereich gefertigt. angeschlagen wurde in aller regel mit fitschenbändern auf die vielfältigste weise (große tore natürlich auch mit lang- oder winkelbändern). bei futtertüren wurde das futter an der seite der falzbekleidung mit einer leiste verstärkt und dann das bandunterteil durch die bekleidung und die leiste gestemmt, so daß es möglichst bündig mit der futteraußenseite zu liegen kam. mit schrauben wurden die lappen befestigt( wie bereits beschrieben).
früher, in der guten alten gründerzeit, wurde etwas reichlicher holz eingesetzt. da konnten unsere vorfahren dann natürlich auch direkt ins futter stemmen und von der sichtseite aus verstiften. dies wurde aber wohl nicht im eingebauten zustand vorgenommen, sondern ebenfalls in der werkstatt. lediglich die zierbekleidung wurde zwangsläufig auf der baustelle montiert.
als besonderheit kann man in vielen alten bauwerken die sockelstücken an den bekleidungen beobachten. die eigentlichen futter wurden ca 12 cm kürzer gefertigt, um dann die sockelstücken bauseits genau einzupassen.
es ist immer wieder faszinierend, wie bei den alten methoden jedes teil genauestens sitzen mußte, waren doch korrekturen im nachhinein nur sehr begrenzt bzw. nur mit trick 17 möglich. heute hat jedes teil verstellmöglichkeiten, möglichst 3dimensional...
übrigens gab es zum einstemmen der fitschenbänder nicht nur die sicher bekannten fitscheneisen zum handeinstemmen, sondern auch ausgeklügelte einfache handmaschinen, die diese arbeit wesentlich erleichterten. ich habe so ein teil in meiner sammlung. leider habe ich derzeit keine möglichkeit zum bildereinstellen. dies wird sich hoffentlich in kürze ändern.
gruß aus leipzig.
johannes
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Re: Fitschenbänder und der technische Fortschritt
Hallo Jörg,
ja, bei so einer stolzen Futterstärke verstehe ich das die Bänder auch ins Futter eingestemmt wurden. Wenn Du das Futter auch so stark machen willst, sollte es kein Problem sein ins Futterbrett zu stemmen. Ist sicher die elegantere Lösung. Ich verstehe nur nicht, warum das Ganze nicht in der Werkstatt erfolgen sollte?
@ Johannes,
die Fitschenstemmaschine kenne ich auch noch aus meiner Lehrzeit, kam glaube ich aus Rußland und man musste gut gefrühstückt haben um sie auf das eingespannte Türblatt zu bekommen:-)
Grüße
Matthias
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Re: Fitschenbänder - Reihenfolge des Einbaus
Lieber Mathias,
die Frage, warum vielleicht erst im eingebauten Zustand eingestemmt wurde, habe ich mir nur deshalb gestellt, weil die Bilder im Spannagel teilweise nahelegen, dass erst der nackte Futterrahmen eingebaut und dann die Falzbekleidung aufgenagelt wurde. Das wäre m. E. nur möglich, wenn die Bänder erst danach eingestemmt wurden.
Mir erschien diese Reheinfolge aber ebenfalls nicht sinnvoll, so dass ich erst Futterrahmen und Falzbekleidung zusammengesetzt, dann die Bänder eingestemmt und dannach das ganze in die Wand eingebaut habe.
Wie gesagt, der Spannagel beschreibt die Reihenfolge nicht explizit, sondern die Bilder legen es nur nahe. Vielleicht hat er die aber nur aus didaktischen Gründen so gezeichnet.
Nochmal zur Futterstärke: Auf den meisten Bildern stellt Spannagel die Sache so wie von Johannes beschrieben dar: das eigentliche Futterbrett hat eine Stärke von ca. 20 mm, wird aber im Bereich der Bänder mit einer Verstärkungsleiste auf der Rückseite aufgedoppelt. Spannagel merkt dazu an, dass man sich überlegen solle, ob nicht es nicht statt der Aufdoppelung einfacher sei, das Fuuter durchgehend mit der größeren Stärke auszuführen. Da mein Futterbrett eh nur 83 mm breit ist, habe ich das auch so gemacht.
Gruß
Jörg