Hobelbank abhobeln

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Walter Schneider

Re: Motoröl

Beitrag von Walter Schneider »


Also, beim Gedanken an Motorenöl auf der Hobelbank rollen sich meine Zehennägel. Ich habe meine alte Buchenbank (Swiss Patent, sieht sowohl vor als auch nach "Auffrischung" so ähnlich aus wie Bertholds) mit einer Mischung aus Leinöl, Terpentin und Bienenwachs, zu gleichen Teilen, VORSICHIG erwärmt (BRANDGEFAHR) gut eingelassen. Härtet gut, riecht sehr gut, ist haptisch sehr angenehm und die Behandlung läßt sich bei Bedarf jederzeit wiederholen.

Friedrich Kollenrott
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Re: Motoröl

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #94932]
Hallo Berthold,
eine schöne Hobelbank hast Du da. Als Jux vorweg: Das Beste ist natürlich die Kiste Bier darunter! Aber im Ernst: Ich halte es für absolut indiskutabel, eine Hobelbankplatte mit Motoröl zu behandeln. Eklig ist es sowieso, aber hinterlässt es nicht auch Verölungen auf den Werstücken (die dann Leim etc. nicht mehr annehmen)? Ich behandle meine Hobelbank schon mal mit Leinöl (man kann auch Leinölfirnis nehmen), da macht man nichts falsch.

Friedrich

Berthold Cremer
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Re: Motoröl

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Friedrich!
Die Kiste Bier ist leider leer :-(
Heute habe ich auch Kisten mit Werkzeug oder Holz unter der Hobelbank.

Genauer gesagt habe ich meine Hobelbank mit heißer Leinölfirnis getränkt.

Vielleicht ist die Frage ja dumm: Was genau ist der Unterschied zwischen Leinöl und Leinölfirnis??

Danke
Berthold

Bernhard Dirr
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Leinöl / Leinölfirnis

Beitrag von Bernhard Dirr »


Hallo,

ich kann die Frage nicht ganz präzise beantworten, nur soviel: Während Leinöl eben reines Leinöl ist, das auch relativ langsam aushärtet, sind dem Leinölfirnis weitere "Zutaten" beigemengt, die das Eindringverhalten verbessern und vor allem - und das ist das wichtigste - die Trocknungszeit drastisch verkürzen.

Leinöl braucht zum Aushärten übrigens Licht (UV-Licht?). Deshalb sollte man das Innere von Schränken und Schubladen besser nicht mit Leinöl behandeln. Dort entwickelt das Leinöl dann auf Dauer eher ein ranzigen Geruch.

Gruß,
Bernhard

Friedrich Kollenrott
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Re: Motoröl

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Berthold,
(ich sehe, Bernhard hat auch schon was dazu geschrieben)
Leinöl ist das naturbelassene Öl, so wie man es auch zu Speisezwecken kauft. Es trocknet (aber sehr langsam). Leinölfirnis ist aus Leinöl unter Zusatz von Stoffen, die das Trocknen beschleunigen, gekocht. Die Maler nennen diese Stoffe "Sikkativ", und es handelt sich dabei, soweit ich weiß, um Metalloxide.
Der Trockenvorgang selbst ist meines Wissens ein Oxidationsvorgang. Das heißt: Zum Trocknen wird der Luftsauerstoff gebraucht. Oder sollte Bernhard recht haben mit der Trocknung durch Lichteinfluss? Ich glaube nicht, aber vielleicht weiß jemand das ganz genau.

Friedrich


Andreas Winkler
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Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Motoröl

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #94934]
Hallo Reinhold,
Die Diskussion hat mich neugierig gemacht.
Auch ich finde, daß Leinöl ziemlich teuer ist. Motoröl und normales Pflanzenöl sind schon wesentlich günstiger. Deswegen habe ich mal einen Versuch mit Pflanzenöl gestartet: Die Klappe und Böden meines Schuhschrankes (Buche und Fichte), so meine Hobelbank hatten das Ölen nötig.
Ich hab´ mir im Supermarkt das billigste Pflanzenöl (vermutlich Sojaöl) gekauft, es ca. 2:1 mit Terpentiersatz gemischt und geölt.
Das Ergebnis: stinkt genauso wie Leinöl mit Terpentin, dringt genauso in´s Holz ein, braucht genauso lang zum Trocknen (ca. 1 Tag), erzeugt den gleichen Farbton und gibt auch genau wie Leinöl keine Flecken. Das Pflanzenöl ist nur um einiges günstiger (1 Liter Pflanzenöl 0,79 EUR, 3/4 Liter Leinöl ca. 14 Mark, wenn ich mich noch recht erinnere).
Motoröl hat mich am Anfang auch etwas abgeschreckt, aber beim zweiten Mal drüber nachdenken ist frisches Motoröl auch "nur" genauso künstlich wie der Lack oder das Wachs, welches einige Holzwerker des öfteren verwenden. Ich denke Lars hat kein Altöl gemeint.
Frage an Reinhold: ölst Du dein Holz immer vor dem Beizen ?

Gruß, Andreas


reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Motoröl

Beitrag von reinhold »


hallo Andreas,
die Frage , ob ich vor dem beizen öle, ist schnell beantwortet : NEIN, NEIN, Nein !
Ich habs zwar noch nie ausprobiert und möglicherweise könnte man da ganz witzige Effekte erzielen, aber Stand der Handwerkstechnik, wie ich es gelernt habe, ist , dass zuerst gebeizt wird. Vor allem wasserhaltige Beizen werden vom Öl abgestossen und können das Holz dann nicht färben.

Gruss !
reinhold

Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Öle zur Oberflächenbehandlung

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Zur Vervollständigung und Zusammenfassung der vorigen Beiträge (s. a. "Hobelbank abhobeln" ff) über das Verhalten beim sogenannten "Trocknen" von Ölen:

Leinöl und auch andere pflanzliche Öle härten durch Oxydation, also die chemische Aufnahme von Sauerstoff, aus. Dabei handelt es sich nicht um einen Trocknungsvorgang (Verdunsten eines Lösungsmittels) sondern eigentlich um eine Polymerisation, bei der sich Einzelmoleküle zu einem festen Gebilde verbinden (verketten oder vernetzen).

Leinöl macht das besonders gut und vergleichsweise schnell, es wird deshalb traditionell in der Oberflächenbehandlung verwendet und war früher Basis der sogenannten Ölfarben, die dann in den sechziger Jahren durch die Kunstharzlacke ersetzt wurden (im Volksmund wurden diese immer noch als Ölfarben bezeichnet, obwohl es schon lange keine mehr waren).

Wie schon in vorstehenden Beiträgen gesagt, wird Leiölfirnis unter Luftabschluss gekocht und mit Sikkativen (Schwermetalloxyden) versetzt. Früher waren das meist Bleiverbindungen, heute werden in der Regel Kobaltverbindungen verwendet. Leider sind beide physiologisch nicht ganz unbedenklich, was aber praktisch nur beim Einatmen von Schleifstaub von Bedeutung ist (also Absaugen oder keine staubende Bearbeitungsmethode wählen). Trotz dieses Problems werden die Kobaltsikkative von Umweltschützern in der Regel als kleineres Übel (gegenüber synthetischen Lacken) und, da zumindest bei filmbildenden Anstrichen ohne Alternative, akzeptiert. Wer sie nicht will kann auf reines Leinöl zurückgreifen.

Bei Firnis ist die Härtezeit auf etwa zwei Tage (gegenüber Monaten beim reinen Leinöl) verkürzt. Die häufig erfühlte "Trocknung" von einem Tag auch bei reinem Öl beruht mehr darauf, dass das Öl dann soweit ins Holz eingezogen ist, dass man keinen Film mehr spürt. Ausgehärtet (oxydiert) ist es dann noch lange nicht. Neben den Sikkativen beschleunigt auch UV-Strahlung die Härtung erheblich, was aber nichts daran ändert, dass es in erster Linie ein Oxydationsvorgang ist.

Bei dem Einsatz von Motorenöl oder anderen Schmierölen in der Holzbehandlung ist - neben allen gefühlsmäßigen und ästhetischen Bedenken - folgendes zu beachten: Diese Öle sind darauf gezüchtet, genau das Gegenteil von Leinöl zu tun: nämlich nicht zu oxydieren und damit nicht auszuhärten. Bei Schmierölen findet man häufig die Angabe "harzfrei" oder "nicht verharzend", womit genau dies gemeint ist. Wenn sich die Holzoberfläche nach einem Tag dennoch "trocken" anfühlt, liegt das nur an besagtem Einziehen in den Untergrund, so dass kein flüssiger Film mehr spürbar ist. Sie bleiben also im Idealfall ewig kriechfähig und können damit von der damit behandelten Oberfläche in andere saugfähige Teile übergehen. Eine Verfestigung in der Holzoberfläche wie bei den härtenden Ölen findet nicht statt.

Ich hoffe, dass dies dem ein oder anderen in seinen Überlegungen, wie er mit seiner Holzoberfläche umgehen soll, weiterhilft.

Gruß
Jörg


André Klaassen

Re: Motoröl

Beitrag von André Klaassen »

[In Antwort auf #95839]
Hallo,
Mir ist diese website neu, irgendwie lustig um sechs Jahre später zu reagieren.
Ich bin Geigenbogenmacher und sehe häufig dass Leute die Schraube und Mutter in dem Bogen mit Heimwerkeröl schmieren. Resultat: das umliegende Holz wird durchzogen von dem Zeug, sehr sehr dunkel und, wichtiger: spröde! Mineralöl hat also böse Einflüsse auf dass Holz.
Mein Lieblingsöl ist übrigens Dänisches Öl, ich schätze dass man das gut als Ölfirnis andeuten kann. Auftragen, fünf minuten einziehen lassen und überfllüssiges wegreiben, dickes Öl bleibt klebrig. Wegreibetuch in Metalbehalter (Kekstrommel) trocknen lassen, denn selbstentbrennbar. Sonnenlicht beschleunigt das Trocknen.
André Klaassen, Niederlände


Hans Bos
Beiträge: 153
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Motoröl

Beitrag von Hans Bos »


Hallo Andre,

Wilkommen ins Forum. Verstehe ich es richtig dass du von zwei verschiedene Sachen redest? Zuerst vom Oberflächenbehandlung. Viele hier haben wohl ihre "Lieblingsöle", aber alle werden wohl einverstanden sein dass Danish Oil eine ausgezeichnete Behandlung ergibt. Selber habe ich auf porösem Holz mit gutem Erfolg zum ersten Schicht 50/50 Tungöl mit Naturterpentin, zum zweiten Schicht reines Tungöl, und zum dritten Schicht Danish Oil verwendet. Tungöl trocknet sehr langsam und zieht daher tief ein. Zwischen Tungöl und Danish Oil warte ich ein Par Wochen.

Zweitest verstehe ich schreibst du dass deine Kunden manchmal Schraubchen und Mutter mit holzunfreundlichem Mineralöl abschmieren. Was schlägst du hier vor, Kerzenparaffin, Bienenwachs? Oder wenn es dünn sein muss, Cameliaöl?

Schöne Grüsse aus und in die Niederlände,

Hans Bos



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