Morsches Leimholz

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Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Morsches Leimholz

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo zusammen,

ich habe beim Entlacken eines Leimholzbalkens festgestellt, dass dieser an einer Stelle nachgegeben hat. Das Endstück habe ich nun abgeschnitten und diesen Anblick hier bekommen:


Es handelt sich um das Ende eines Leimbinders, auf dem das Dach für das Esszimmer liegt, und an diesem sichtbaren Ende liegt der Balken für den Dachüberstand auf.
Die morsche Stelle geht ca. 10cm tief hinein.
Frage an die Experten:
Lässt sich der Balken retten, indem man vielleicht 50cm entfernt und mit einer Überblattung von zus. 40cm ein neues Stück einfügt ?
Sollte dies besser ein Zimmermann machen ?

Schöne Grüße
Rafael

reinholdhbarort

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von reinholdhbarort »

[In Antwort auf #74014]
Hallo Rafael,

die morsche Stelle wurde verursacht, weil der Balken über den Sparren hinaus vorstand und nicht gegen Bewitterung geschützt war. Dort konnte sich Regen sammeln und in das Holz eindringen. Ein klarer konstruktiver Fehler.

Andererseits ist vermutlich die Tragfähigkeit nicht beeinträchtigt. Die Last, die hier herunterkommt, ist relativ gering. Der Balken dürfte an dieser Stelle nur nach der Optik bemasst sein (an anderer Stelle kann es durchaus sein, dass der Querschnitt benötigt wird).

Ich würde schauen, ob die Fehlstelle so weich ist, dass man das Zeug mit einem stumpfen Messer herauskratzen kann.
Falls ja, dann ist eine umfangreiche Reparatur fällig und die Hilfe oder der Rat eines Zimmermanns notwendig. Der muss sich das zumindest anschauen, ob der Schaden weitergeht und die Statik beeinträchtigt wird.
Falls nein, würde ich die Sache nicht dramatisch nehmen und durch eine Verschalung (kann ein Blech oder ein Stück wetterfestes Sperrholz sein) dafür sorgen, dass der Balken zukünftig trocken bleibt. Dabei Luft lassen, damit die alte Feuchtigkeit austrocknen kann.

gruss
reinhold

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Thomas Kaes
Beiträge: 725
Registriert: So 4. Apr 2021, 14:10

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Thomas Kaes »


Ich empfehle dir dringend, dir als allererstes ein Angebot vom Dachdecker machen zu lassen:
Abdecken der Ortgangpfannen, Beschlag des Flugsparrens mit Titanzink, untersetig gekantet
mit Tropfkante, alle Pfettenkopfe mit gekanteter Kappe stirnseitig abdecken und die Kappen mit
dem Beschlag verlöten.

Und die Frage hätte ich vor dem Absägen gestellt...

Ja, ein erfahrener Zimmermann kann den Sparren abstützen, den Nagel am Sparren abschneiden, ein unteres Blatt an der Pfette sauber
anarbeiten (im Überstandsbereich!) und anschließend ein neues Pfettenkopfstück mit oberem Blatt mit D4 / PU Leim einkleben.
Mit entsprechenden Holzbauschrauben von unten lässt sich auch eine kraftschlüssige Verbindung wider
herstellen. Das sollte man nicht zu ersten mal machen, du hast an dem Pfettenkopf nur einen Versuch.

Die dunkle Farbgebung deiner Holzbauteile überlebt im direkt bewitterten Bereich kein Holz.

Gruss
Thomas



Andreas Winkler
Beiträge: 1136
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Rafael,

zuerst wäre mal wichtig, warum das Holz morsch geworden ist. Hast Du das herausgefunden, solltest Du die Ursache abstellen.
Könnte mir vorstellen, daß die äußerste Ziegelreihe am Ortgang etwas stramm verlegt wurde und da über längere Zeit das Wasse nach unten - u.a. auf die vorstehende Pfette getropft ist. Steter Tropfen höhlt ja bekanntlich sogar den Stein. Also das Ganze mal bei Regen beobachten oder selbst für Regen sorgen und beobachten. Dabei natürlich nicht vom Dach oder der Leiter o.ä. fallen!

Eine Beurteilung, bei der man nicht vor Ort sein kann, ist schwierig, da man eben nicht die Situation als Ganzes erfassen kann, man sieht auschließlich das Bild.
"Wie" morsch ist der Stelle? Ist sie noch naß? Hat sich der Sparren schon in die morsche Stelle abgesenkt?
Kann gut sein, daß Du gar nichts zu machen brauchst (außer, das Wasser richtig abzuleiten) weil man mit einer Erneuerung mehr kaputt macht, als jetzt kaputt ist. Kann aber auch anders sein. Würde empfehlen, daß Du Deinen Balken mal einem Zimmermann oder jemandem anderen, der sich damit auskennt, zeigst. Idealerweise natürlich einem, zu dem Du Vertrauen hast und der nicht gleich ein Geschäft wittert.

Bei einem eventuellen Selbermachen mußt Du dringend darauf achten, daß während Du an den Hölzern herumschneidest, diese unbedingt so abgestützt sind, daß sie ihre Lage nicht verändern können. Das kann sehr viel Materialeinsatz bedeuten und u.U. genauso aufwendig sein, wie das Holz auszutauschen. Natürlich kommt es auch auf die richtige Verbindung und Verbindungsmittel an und spätestens dafür brauchst Du jemanden mit Fachkenntnis vor Ort.
Vom Selbermachen würde ich ohne weiteres Wissen abraten.

Gruß, Andreas

Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo Thomas und Andreas,

zunächst lieben Dank für die Rückmeldungen, die mir auf jeden Fall schon einmal die Richtung anzeigen. Hier noch kurz die Vorgeschichte - also vor dem Absägen - denn ganz so blauäugig bin ich auch wieder nicht.

Hier vielleicht als erstes eine Frage an Thomas, was damit gemeint ist, dass "die dunkle Farbgebung der Holzbauteile im direkt bewitterten Bereich kein Holz überlebt". Der Leimbinder wurde vor 13 Jahren zweimal mit Isoliergrund eingelassen und anschließend dreimal mit Fensterfarbe gestrichen - der gleichen Fensterfarbe von Remmers, mit der auch unsere Fenster im Werk behandelt wurden. Ich wollte mir den Balken vornehmen, weil er ausgebleicht war und somit eine neue Farbschicht brauchte. Dabei habe ich dann festgestellt, dass er an der Stelle, an der er leider aus dem Dachbereich ca. 5cm herausragte, sehr trocken war und ich dort ein Teil herausbrechen konnte. Das machte mich stutzig, ich habe dann den Balken angeschnitten und festgestellt, dass er morsch ist. Dann habe ich das Ende abgeschnitten und freigelegt, um zu schauen, wie weit sich das Loch vergrößern lässt.

Ich denke, ich werde einen Zimmermann mit dem Austausch beauftragen, wobei ich den äußeren Sparren mit einer Patentstütze sichern kann, damit nichts passiert; es geht ja nur um den Überstand. Der Rest des flachen Daches über dem Esszimmer liegt ja noch auf dieser Pfette (eine solche ist es ja), die nur dort aus der Wand ragt.

Morsch heißt für mich, dass ich mich keilförmig ca. 10cm ins Holz eingraben kann, das Holz ist strohtrocken und der Sparren hat sich noch nicht abgesenkt. Ich denke, ich werde den Balken dem Zimmermann zeigen, der mir auch bei den Dachbalken meines Garagenumbaus geholfen hat.

Schöne Grüße
Rafael

Konrad Holzkopp
Beiträge: 1749
Registriert: Do 2. Nov 2017, 12:23

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Konrad Holzkopp »


guude,

ein typischer konstruktionsfehler. auf
dem pfettenüberstand hat sich wasser abgesetzt
und konnte über lange zeit in die verbindung
sparrensattel/pfette eindringen.

sollte mehr als 80% des pfettenholzes
in ordnung sein, die pfette im oberen bereich
und den sparren oberhalb des sattels
mit ~6mm schräg nach unten vielfach anbohren,
die löcher mit einem fungiziden mehrfach volllaufen
lassen.
die sparren und pfettenköpfe im giebelbereich mit
Cu- oder zinkblech bis unter die ortgangziegel
verkleiden.
regelmäßige nachschau notwendig.

gut holz! J.

Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo Reinhold,

also, es war schon so morsch, dass ich es herauskratzen konnte und so zu dem Loch von ca. 10cm Tiefe kam. Ich denke, dass ein Austausch sinnvoll wäre.
Oder gibt es ein 2k-Gemisch, dass man da hineinschmieren kann ?

Schöne Grüße
Rafael


reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von reinhold »


hallo Rafael,

es ist natürlich immer schwierig, so etwas aus der Ferne zu beurteilen.
Während meiner Berufszeit als Architekt haben wir mal an einem denkmalgeschützten Haus einzelne Vorhölzer an einem Kehlbalkendachstuhl, das ist die Stelle, die immer fault, mit 2K-Giessmasse und Stäben stabilisiert. Aber damals war der Denkmalschutz federführend und natürlich hat das ein speziell geschulter Zimmermeister gemacht.

Ein Fachmann (Zimmerer) sollte das vor Ort anschauen, auch die Durchführung ist meiner Meinung nach nichts für Laien.

Und beachte, was Justus und Thomas schreiben!

viele Grüsse
reinhold



Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo zusammen,

ich denke, ein Zimmermann wird sich das ganze anschauen, danach wird entschieden, wie es weitergerht. Und wenn die Holzarbeiten erledigt sind, werden der Pfettenkopf und der äußere Sparren noch verkleidet; Kupfer sollte ja auch funktionieren.

Hier einfach noch einmal zwei weitere Bilder zur Übersicht:





Schöne Grüße
Rafael

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Thomas Kaes
Beiträge: 725
Registriert: So 4. Apr 2021, 14:10

Re: Morsches Leimholz

Beitrag von Thomas Kaes »


Vorschlag zur Sanierung:

Besorgt dir ein Stück Leimholz:
- Länge: lichter Feldabstand Wandsparren und Ortgangsparren
- Höhe: Abstand OK Pfette - UK Schalung (an der hohen Seite)
- Breite: etwas breiter wie die Orginalpfette (etwa 5 mm Überstand pro Seite)
- Oberseite in Dachneigung abgegratet
- Alle Kanten fasen
- 3-seitig (bis auf Unterseite) grundieren und lasieren (nach dem einpassen)

- Alte Pfettenoberseite mechanisch reinigen (z.B. scharfe Ziehklinge)
- D4/oder PU Leim auf die Oberseite der alten Pfette und die Unterseite der neuen Knagge mit dem Zahnspachtel aufziehen
- Neue Futterknagge zwischen den 2 Sparren einschieben
- von unten Holzbauschrauben mit Teilgewinde in der alten Pfette vorbohren
- Schrauben rein und anziehen
- übergequollenen Leim sofort entfernen

- nach Aushärtung, senkrechter Riss Achse Pfette über der Kerve auf dem Ortgangsparren
- Löcher anreissen, vorbohren und Sparren mit Holzbauschrauben schräg nach unten in die Knagge / Pfette verschrauben.

Mach alles nur Sinn, wenn du anschließend den konstruktiven Holzschutz mit einer entsprechenden Verblechung
vom Dachdecker herstellen lässt.

Mein Hinweis auf den "dunklen" Farbton:
Zu meiner Lehrzeit war bei einigen Architekten in unserer Gegend Schwarz die Modefarbe (!).
Alle Aussenbauteile (Spaliere, Geländer, tlw. Fenster und Haustüren, Carports usw. mussten nach wenigen Jahren saniert oder
ausgetauscht werden, da sich das Material im Sommer derart aufgeheizt hat und Risse bekam, das niemand mit der Pflege hinterherkam.
Da wie bei dir oftmals (aus Kostengründen) auf den konstruktiven Holzschutz verzichtet wurde (der Architekt/Kunde will es aber so....)
war das Ende absehbar.
...Aber die Handwerker wollen schließlich auch leben ;-( O-Ton Archi auf Bedenkenanmeldung...

Gruss
Thomas



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