Mein eurasischer Fuchsschwanz *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Johann Daniel
Beiträge: 88
Registriert: Di 19. Feb 2013, 19:58

Mein eurasischer Fuchsschwanz *MIT BILD*

Beitrag von Johann Daniel »


Liebe Leute,

als ich vor zwei Jahren das letzte Mal hier etwas schrieb, war das mein Vorstellungsthread mit dem Titel „Bin ich reif für dieses Forum?“ Seitdem lese ich wieder stumm mit wie zuvor. Das muss ich mal ändern. Deshalb jetzt:

Meine eurasischer Fuchsschwanz

Ich habe einen kleinen, alten Fuchsschwanz mit einer selbst gefeilten Querschnittbezahnung und verwende ihn zum Ablängen kleinerer Querschnitte. Soweit alles artgerecht. Leider hatte ich irgendwann etwas zu viel geschränkt und daher neigte er zum Rattern. Die Sägefreude hielt sich in Grenzen und die Qualität des Schnittbildes auch. Statt die Schränkung zurückzunehmen, entschied ich mich vor gut einer Woche, die Bezahnung komplett zu ändern.
Die Säge ist mit 350mm Bezahnungslänge und entsprechend relativ feiner Teilung ganz gut für Experimente geeignet. Man muss keine Unmengen Metall zerspanen, um etwas neues zu probieren. Andererseits sind die Zähne auch nicht so fein, dass einem vom Fokussieren das Hirn schmerzt. Noch....
Ich habe die herkömmliche, westliche Querschnittbezahnung mit 3mm Teilung, 12° Neigung (rake), 30° Schrägung (fleam) und zu viel Schränkung also entfernt.
Die neuen Zähne sollten eine japanische Form bekommen aber richtig herum gefeilt sein. Auf Stoß also. Die Japanform bietet den Vorteil, dass man bei 2mm Teilung überschlägig das gleiche Zahnzwischenraumvolumen hat wie bei westlicher Bezahnung mit 3mm Zahnweite. Theoretisch ist also bei einem Sägestoß 50% mehr Span möglich. Es ist ausserdem ein glatteres Schnittbild zu erwarten.
Das ist alles nichts neues, denn die industriellen Fuchsschwanzhersteller bieten sowas in der Art an. Im Internet habe ich auf die Schnelle aber niemanden gefunden, der japanische Stoßzähne auf europäischen (oder allgemein westlichen) Sägen schon einmal von Hand gefeilt hat.

Also versuche ich es einfach:
Folgende Werkzeuge kommen neben der Sägenfeilkluppe und der Puksäge zum Einsatz (von links nach rechts): Ein Arkansas No.5, eine abgebrochene Nadelfeile mit langem, hübsch verziertem Heft, eine ziemlich japanische Feile, eine Feile und eine Eclipse No.77

Ich feile die alten Zähne ganz herunter und säge die neue Teilung nach handgezeichnetem Musterstreifen vor

Dann mit der ziemlich japanischen Feile bis zu diesem Stadium. 2mm Teilung sind für meine Optik noch machbar. Tagsüber zumindest, abends wird's schlechter. Deshalb habe ich die Arbeit an der Säge auf freie Tage verteilt. Neigung etwa 10°; ich halte die Feile senkrecht und die hat ca. einen 20°-Winkel zwischen den Flächen. Schrägung 25°

Die Kopf-Fase mit der abgebrochenen Nadelfeile einfach nach Gefühl. Der Spitzenwinkel zwischen Kopf-Fase und Zahnbrust ist in der Projektion etwa 80°

Jetzt mache ich eine heimliche Sägeprobe ungeschränkt und ohne Bild aber mit Erfolg.
Dann Schränken und Schärfen. Dazu nicht Abrichten und dann die Kopf-Fase feilen. Das wird nicht scharf. Ich hab's ausprobiert. Ganz klassisch einen Feilenstrich über jede Zahnbrust, seitlich jeweils abziehen mit dem Arkansas,
Fertig

Jetzt mal Buche Sägen und die Rückseite betrachten, wenig Ausrisse

Schnittbild: schön

Meine Erkenntnisse aus der Übung:
- Ob's den Aufwand lohnt, kann ich nicht genau sagen, die Säge ist viel besser als vorher, die Schnittleistung aber bestimmt nicht 50% erhöht. Man müsste je einen Fuchsschwanz mit traditionellen und japanischen Zähnen direkt vergleichen,
- Praktisch habe ich die Kopf-Fase nicht so klein gehalten, dass der Zahnzwischenraum tatsächlich so groß ist wie bei 3mm Westbezahnung. Da kann man noch optimieren. (Die geometrischen Zusammenhänge muss man sich mal aufmalen, wenn man da jetzt auf dem Schlauch steht.)
- Die Zähne könnten etwas aggressiver gefeilt werden,
- Das Blatt ist 0,7mm dick und 0,1mm zu jeder Seite geschränkt, macht also 0,9mm theoretische Schnittbreite. Von mir aus könnte die Säge noch etwas weniger geschränkt sein,
- Das Schnittbild ist in Buche sehr schön, bei einfachen Nadelhölzern etwas rauher,
- Bei Hart- und Weichholz wenig Ausrisse,
- Die Zähne sind durch das im Vergleich zu Japansägen stärkere Sägeblatt stabil
- Die Japanfeile gibt ein rauhes Feilgefühl und neigt durch den kleinen Winkel dazu, sich wie ein Keil fest zu klemmen
- Die Nadelfeile erfordert viel Gefühl, da sie keinen Kreuzhieb hat und somit dazu neigt zu einer Seite zu laufen und den angrenzenden Zahn zu beschädigen
- Das ganze war auch als Test für einen noch zu bauenden Fuchsschwanz mit etwa 50cm Länge und gröberer Teilung gedacht. Konsequent wäre es je einen mit japanischen und westlichen Zähnen zu bauen. Material habe ich genug. Wenn ich mir das antue, werde ich berichten. Kann zwei Jahre dauern...

So long
Johann Daniel

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Mein eurasischer Fuchsschwanz

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Johann,

interessant, ich habe auch noch von niemendem gehört, der eine solche Bezahnung gefeilt hätte (und dann auch noch ganz neu).

Ich kann allerdings auf keinem Bild die Kopffase sehen- hast Du im 3. und 4. Bild den gleichen Zustand fotografiert oder sehe ich nur irgendwas nicht?

Friedrich

(die kleinen 350mm- Fuchsschwänze sind was Schönes, ich habe drei davon im Gebrauch)

Johann Daniel
Beiträge: 88
Registriert: Di 19. Feb 2013, 19:58

Re: Mein eurasischer Fuchsschwanz

Beitrag von Johann Daniel »


Hallo Friedrich,

Bild 3 zeigt die Fläche oben auf den Zähnen im unbearbeiteten Zustand. Ich habe die Zahnzwischenräume dann nicht weiter ausgefeilt bis die Zähne ganz spitz waren, sondern die unbearbeitete, dreieckige Kopffläche in zwei Richtungen schräg gefeilt. Die Feile also nach hinten und seitlich angestellt. Die Qualität von Bild 4 ist ja eher mittel, deshalb kann man's schlecht erkennen. Ich hatte schon befürchtet, dass das schwer zu sehen ist und ich vielleicht besser mal 'ne Skizze von meiner "Weltbezahnung" einstellen sollte. Eventuell schaffe ich das morgen.
Der kleine Fuchsschwanz liegt ansonsten sehr schön in der Hand. Den Griff habe ich minimal nachgearbeitet. Auf dem Medaillon steht "Regent Garantie". Scheint also aus dem deutschsprachigen Raum zu kommen.

So long
Johann Daniel


Pedder
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Re: Mein eurasischer Fuchsschwanz

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #140364]
Hallo Johann,

schön, wieder von Dir zu lesen. Selten meldest Du dich, aber dann...

Eine Trapezverzahnung wollte ich auch immer schon mal feilen.
Eben weil man bei gleichem Spanraum mehr Schneiden hat.
Mein Plan war, erst eine westliche Bezahnung anzufeilen und
dann die Lücken mit einer Japanfeile zu öffnen. Oder einer Messerfeile.

Ich habe mich nicht viel für die japanischen Sägenbauer interessiert,
aber in einem Video, dass ich mal gesehen habe, wurde auf eine
Feilkluppe verzichtet. Die Säge lag flach und der Feiler hat ebenfalls
einen sehr flachen Winkel eingehalten. Slope nennen das die Amis,
aber soviel Slope, wie in dem Video bekommt man in keiner Kluppe hin.
Eigentlich müsste ich das mal an einer stumpfen Japansäge probieren.

Liebe Grüße
Pedder


Johann Daniel
Beiträge: 88
Registriert: Di 19. Feb 2013, 19:58

Zahnzeichnung *MIT BILD*

Beitrag von Johann Daniel »

[In Antwort auf #140364]
Guten Abend,

@Friedrich: Ich habe mal zwei Skizzen gemacht, die die Zahnzustände von Bild 3 und 4 hoffentlich verdeutlichen.




@Pedder: Solche Zähne zu formen ist zwar eine Herausforderung, macht aber auch Spaß. Die Zahnzwischenräume meiner Säge haben gar keinen Slope. Mir ging es nicht so sehr darum, einen japanischen Zahn exakt zu kopieren. Ich wollte nur die grundlegenden Vorteile auf eine westliche Säge übertragen. Bestimmt gibt es in Japan diverse Arten, Sägen zu schärfen. Bei sowas bilden sich ja gerne Quasi-Religionen.

Zum ersten Einsatztag der neuen Bezahnung:
Ich bin in der glücklichen Situation, Urlaub zu haben. Deshalb habe ich heute über den Tag verteilt immer wieder mit dem Fuchsschwanz gearbeitet. Er sägt zügig, präzise, liefert ein gutes Schnittbild und verstopft nicht. Aber er lässt sich auch verdächtig leicht starten. Das heisst nach meinem Empfinden, man könnte ihn etwas aggressiver machen. Um das zu erreichen, könnte ich die Zahnbrust steiler stellen oder den Freiwinkel vergrößern, d.h. die Kopf-Fase etwas schräger nach hinten abfallen lassen. Oder ich mache beides. Das ist dann aber unwissenschaftlich, weil man hinterher nicht weiß, welche Veränderung den möglichen Erfolg gebracht hat.
Mal sehen

Johann Daniel

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Zahnzeichnung- schön!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Johann Daniel,

dass ich (als alter Maschinenbauer) das noch erleben darf in diesem Forum: korrekte Skizzen in europäischer Parallelprojektion! Ja, da bleibt kein Wunsch offen, jetzt weiss ich eindeutig wie die Zähne aussehen.

Und nun? Schränken?

Am Ende hätte ich dann gern eine Meinung von Dir, ob sich der (sicher höhere) Aufwand lohnt, verglichen mit der üblichen Dreiecksbezahnung.

Jedenfalls verfolge ich die Sache mit großem Interesse, lass von Dir hören wenn es weitergeht!

Friedrich

Johann Daniel
Beiträge: 88
Registriert: Di 19. Feb 2013, 19:58

Im Einsatz, ein Vergleich *OHNE BILD*

Beitrag von Johann Daniel »


Hallo,

freut mich, dass die Skizzen Dir gefallen, Friedrich. Ich bin ja ebenfalls Maschinenbauer.

Heute habe ich wieder Holz mit diversen Sägen bearbeitet. Als ich gerade mit meiner Feinsäge mit klassisch westlicher Bezahnung sägte, kam mir die Idee zu einem kurzen Vergleich. Die Feinsäge hat die gleiche Teilung wie der kleine Fuchschwanz, nämlich 2mm. Das Blatt ist aber nur 0,5mm dick und je Seite 0,05mm geschränkt, macht zusammen 0,6mm theoretische Schnittbreite. Der Fuchsschwanz hat ein 0,7mm Blatt und je 0,1mm Schränkung, also 0,9mm theoretische Schnittbreite. Getestet habe ich an einem Stück Schalbrett aus Fichte oder Tanne oder ähnlichem, auf jeden Fall 21mm dick. Ich sägte genau senkrecht zur Brettoberfläche und natürlich quer zur Faser. Zunächst habe ich mit beiden Sägen 1cm tief bis zur Startlinie für das Rennen angesägt. Dann habe ich jeweils vier Sägestöße à 30cm Länge gemacht. Dabei habe ich die Sägen leicht ins Holz gedrückt. Sieger des ersten Rennens nach Schnitt-Tiefe, Ausrissen und Geradheit des Schnittes: Der Fuchsschwanz mit Weltbezahnung. Die Feinsäge sägt weniger tief, mit etwas mehr Ausrissen und verläuft, weil sie verstopft.
Zweites Rennen: wieder 1cm Ansägen. Dann wieder jeweils vier Stöße aber ohne zu drücken. Nach Sägetiefe und Geradheit des Schnittes stand es jetzt unentschieden. Bei den Ausrissen ist der Fuchsschwanz leicht besser und natürlich hat er auch etwa die Hälfte mehr Späne erzeugt als die Feinsäge. Wobei die Kraftanstrengung bei beiden etwa gleich war.
Das sagt jetzt noch nicht so wahnsinnig viel aus, gibt mir aber das Gefühl, dass da noch Potential schlummert. Meine Feinsäge ist ein einfaches Modell aus dem Baumarkt, die Zähne sind allerdings von mir. Die gleiche Säge habe ich noch einmal hier liegen. Sie ist noch unbearbeitet und drängt sich förmlich auf, weltbezahnt zu werden. Eventuell nehme ich mir Ende der Woche einmal die Zeit dafür und werde dann berichten.

So long
Johann Daniel

Michael Meyer
Beiträge: 424
Registriert: Sa 12. Nov 2016, 20:26

Re: Mein eurasischer Fuchsschwanz

Beitrag von Michael Meyer »

[In Antwort auf #140376]
Hallo Pedder,

eine Anmerkung zum Begriff "slope" von mir als gebürtiger Ami. Slope ist die Steigung oder Steigungswinkel einer Linie. Sie kann mathematisch von 0° bis 360° betragen, ist aber wohl im Bereich zwischen 0° und 90° für Schärfwinkel. Ich bin mir ziemlich sicher dass slope nicht explizit einen flachen Winkel beschreiben will. Übrigens in der Schule hatten wir als Merksatz "rise over run" für die Steigung - d.h. die Steigung - der Slope - ist gleich Höhe geteilt durch Strecke (mathematisch delta y geteilt durch delta x = m).

Viele Grüße,
Michael

Pedder
Beiträge: 5805
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Mein eurasischer Fuchsschwanz

Beitrag von Pedder »


Hallo Michael und herzlich willkommen auf woodworking.de

zur Vereinfachung halte ich mich bei den Engilschen Begriffen an diese Darstellung von Gramercy:
http://www.feinewerkzeuge.de/sawtoothdesign-en.pdf

Friedrich hat einige der Begriffe in seiner Sägeschärfanleitung übersetzt bzw. neue Begriffe erfunden. Die verwende ich auch.

Liebe Grüße
Pedder

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