Werkzeugschrank, Konstruktion? *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #137936]
hallo Chris,

wenn man als normaler deutscher Handwerker in Usa gearbeitet hat, dann steht man jeden Tag vor abgrundtiefen Rätseln.

Das fängt schon an beim Holzkauf: ein 2 X 4 ist eben nie 50,8 X 116 mm gross, sondern hat irgend ein beliebiges Mass von ungefähr 47 x 105 mm oder so ähnlich. Von Holzhandlung zu Holzhandlung verschieden.
Will man Dübel kaufen, empfiehlt es sich, eine Bohrung mit dem beabsichtigten Bohrer in ein Stück Holz zu machen und mit dem Holz in die Handlung zu gehen und Dübel durch Probieren finden. Denn Bohrer stimmen nie mit ihrer Grössenangabe überein.
Überhaupt die Bohrer : es gibt drei übliche Reihen: die Fractional Sizes , sie reichen von 0 bis 1 Zoll in Schritten von 1/64. (Bitte nicht umrechnen, man wird verrückt dabei)
Dann gibt es die Number Gauges: der kleinste Bohrer hat die Nummer 80 und ist 0,0135 inch klein. Der grösste ist die Nummer 1 mit 0,228 inch , sie liegen als zwischen ungefähr 0,3 und 5,8 mm. Die dritte Reihe ist die Buchstabenreihe. Sie reicht von A = 0.223 inch bis Z = 0,413 inches, also von ungefähr 5,9 bis 10.5 mm.

Das ganze wird getoppt durch jeweils zum Bohrer passende Gewindeschneider in jeweils unterschiedlichen Steigungen. Zwischen 0 und 1 inch vermutlich hunderte, ich habs nie gezählt.

Wer jetzt denkt, dass die Amis spinnen, der sollte mal Nägel kaufen gehen.
Selbstverständlich gibt es Drahtstifte, nur ihre Bezeichnungen sind hirnrissig : ihre Grösse wird danach benannt, was 100 Stück dieser Nägel im Jahre fünfzehnhundertdazumals gekostet haben.
Zum Beispiel ein 2d (d ist die Abkürzung für Penny) - Nagel hat damals 100 Stück 2 Pennies gekostet. Er ist ungefähr ein inch lang.
Ein 10d Nagel hat vor 500 Jahren 10 pennies (100 Stück) gekostet und ist also grösser - nämlich ungefähr 3 inch lang und ein 60d Nagel (das sind die grössten) ist 6 inch lang.r glaubt, dass da irgend ein System dahintersteckt, irrt.

Man könnte das noch auf Bleche ausweiten. Die fangen an bei 0000000, das ist ungefähr 1/2 inch und gehen bis 38, das ist dann 0,0063 inch.
Oder auf Draht, oder auf jeden anderen Gegenstand. Benzin wird nach Gallonen verkauft, aber eine Gallone ist in USA ungefähr ein Liter weniger als in Canada. Wenn man eine Unze Whisky kauft, dann ist das eine andere Unze als sie der Apotheker verwendet und ausserdem gibt es noch die Unze als Gewicht.

Der berühmte Satellite, der auf den Mars geknallt ist, tat das nicht, weil die einen in km gerechnet haben und die anderen in Meilen, sondern alle haben in Meilen gerechnet! Nur haben die einen nautical miles (= 1,852 km) und die anderen survey-meilen (Vermessungsmeilen) gerechnet, die sind nur 1.603 km lang. Beide Systeme sind in USA nebeneinander üblich. Das addiert sich auf dem Weg zum Mars ganz beträchtlich.

Damit wir uns richtig verstehen: ich finde das inch eine schöne griffige Grösse, aber arbeiten möchte ich damit nicht.

viele Grüsse
reinhold

Konrad Holzkopp
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Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von Konrad Holzkopp »


guude,

mit meiner Generation werden wohl die letzten in D gehen, die noch nach "zölligen" Brettern fragen
und die noch einen ein zölligen Nagel von einem 50-er unterscheiden können.
Vor ein paar Jahrzehnten gab es noch Profilholz in zölliger Sortierung, die "nordischen Maße".
Bei Furnierplatten haben wir noch ein paar "nordische" Restmaße mit dem Lagermaß 2440x1220 mm, resultierend
aus 8'x4' Fuß.
Schnittholz aus N.-Amerika wird in der Stärke in 1/4-tel Zoll gekennzeichnet, also 8/4 für ~ 52 mm Stärke, teilweise
im Handel auch hier so bezeichnet.

Gut Holz! J.

bernhard

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von bernhard »

[In Antwort auf #137936]
wir auch Chris, trotzdem messen wir auch hier und da noch gerne in Zoll. Wasserrohre zum Beispiel. Also auch wir können ganz schön träge sein (oder fürchterlich ignorant).

Grüße
Bernhard

Konrad Holzkopp
Beiträge: 1749
Registriert: Do 2. Nov 2017, 12:23

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von Konrad Holzkopp »


......wobei an einem Rohr mit 1" Ø kein Maß 25,4 mm hat!

Christoph Meyer
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Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

Bushel

Beitrag von Christoph Meyer »

[In Antwort auf #137946]
Um noch ein schönes Beispiel anzuführen, Getreide wird in den Staaten in Bushel gehandelt, ähnlich dem hier früher bekannten Scheffel. Das leitet sich aus einem alten Korb voll Getreide ab. Um das in unsere gebräuchlichen Gewichtseinheiten umzurechnen muss man erst man den Feuchtegehalt des jeweiligen Getreides definieren.

Grüße
Christoph

Rolf Richard
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Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #137936]
In der elektrotechnik geht's den mils uebrigens gut. Z.B. wird die Weite der Spuren (?) auf Platinen fast ausschliesslich in "mil" gemessen und von meiner Sicht scheint sich das wohl so bald zu aendern.


Das stimmt ganz sicher nicht. Dazu bin ich zu lange in dem Geschäft um das nicht beurteilen zu können. Ich durfte schon genug Leiterplatten in den USA fertigen lassen. Wobei das natürlich kaum noch stimmt - die kommen dann alle aus Fernost.

Richtig ist eher folgendes: Früher waren z.B. einfache Platinen 1/16 inch dick, das entspricht 1,5875 mm. Diese Grösse wurde längst überall auf 1,6 mm vereinheitlicht und die "inchies" dürfen sich jetzt mit 0,063 inches herumschlagen. Das machen aber ziemlich sicher nur noch irgendwelche Kleinfirmen. International geht sowas schon längst nicht mehr und in Zeiten von CAD ist das auch alles andere als nötig.

Die US-Firmen haben früher die Kupferauflage auf Leiterbahnen ganz pervers vermessen - in ounces per square foot! (Als Witz gabs bei uns früher an der Hochschule die Masseinheit Angstrom pro Woche.)

Gruss

Rolf

bernhard

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von bernhard »

[In Antwort auf #137950]
Das ist heute richtig. Die Gründe kann man hier nachlesen: http://www.gewinde-normen.de/zoll-rohr.html

Franz Kessler
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Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von Franz Kessler »

[In Antwort auf #137941]
Hallo

Die Zahl 127 war ja bei den Drehbänken wichtig, ein Rad mit dieser Zähnezahl musste im Eingriff sein, um von metrischen auf Zoll um zu schalten, oder wie wir es früher nannten "Withworth-Gewinde", wenn ich mich richtig erinnere hatte das einen Flankenwinkel von 55°, daneben gab es noch das Withworth-Rohrgewinde, das wieder andere Steigungen hatte.
Was hätte man nur gemacht, wenn ein Zoll 25,3 mm gehabt hätte, gehe ich da richtig, da hätte anstatt dem Rad 127 Zähne eins mit 253 Zähnen genutzt werden müssen, das hätte einen großen Radkasten gegeben.

Gruß Franz

Horst Entenmann
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Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Gewinde

Beitrag von Horst Entenmann »


Hallo Franz,

Was Drehbänke angeht, da bin ich nicht so der Spezialist. Allerdings ist 127 eine Primzahl und 253 nicht. Daher könnte man das wohl auch durch andere Zahnradkombinationen darstellen (11 mal 23) was sicher kompakter zu realisieren wäre aber wohl auch ein ganz anderes Getriebe erfordern würde.

Bei Gewinden kann ich eher mitreden, ich weiß noch daß metrisches Gewinde einen Flankenwinkel von 60° hat und zölliges 55°. Die Steigung wird metrisch in mm pro Umdrehung angegeben und imperial in der Anzahl der Gewindegänge pro Zoll.
Bei Rohrgewinden kommt hinzu, daß die innerhalb gewisser Durchmesserbereiche die gleiche Steigung haben (dadurch kann man verstellbare Schneidwerkzeuge nutzen) und das Außengewinde ist konisch.

Ob man jetzt in Zoll rechnet oder Zentimetern, das gibt sich meiner Meinung nach nicht viel, schlimmer ist halt dieses nichtdezimale, also einerseits die Bruchdarstellung die irgendwann unhandlich wird und andererseits die Sprünge von Zoll auf Fuß auf Yard die nochmals eigene Umrechnungsfaktoren erfordern. Auch recht unhandlich ist es wenn Längen Kombinationen aus Fuß und Zoll angegeben sind, also so etwas wie 8ft10in.
Da allein kann man schon Fehler machen und erst recht wenn sich dann noch verschiedene Zahlenwerte z.B. für das gleiche Drehmoment ergeben weil es einmal in Inch * Unzen angegeben wird und einmal in Pfund * Fuß oder so ähnlich.

Gruß Horst



joh. t.
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Registriert: Sa 25. Nov 2017, 13:35

Re: Offiziell sind wir schon metrisch...

Beitrag von joh. t. »

[In Antwort auf #137952]
Hallo,

wir waren in D auch mal kompliziert:

http://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Ma%C3%9Fe_und_Gewichte_%28deutschsprachiger_Raum%29

witer unten ist noch ein Link zu den Maßen der einzelnen Länder.

Viele Grüße Johannes

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