Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Thomas Matuschak
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Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch *MIT BILD*

Beitrag von Thomas Matuschak »


Es war nun doch mehr Arbeit als gedacht - selbst nach Planung mit Sketchup täuscht man sich zuweilen hinsichtlich des Arbeitsaufwandes.

Hauptherausforderung bei diesem Projekt war für mich das Furnieren (Trägermaterial 30mm MDF), Beizen und anschließende Oberflächenbehandlung.
Der Grund warum ich selbst furniert habe, ist der, daß ich keine 30mm starken, fertig furnierten Platten mit Ami-Kirschbaum bekommen konnte.
Den Aufwand, eine 19mm mit 10mm zusätzlich aufzudoppeln wollte ich mir sparen - nun ja, der Aufwand für das Furnieren und Oberflächenbehandlung
war am Ende höher, daher würde ich das nächste mal doch eher fertig furnierte Spanplatte verwenden.

Die Füße allerdings waren für mich nur mit MDF herstellbar, wegen des 24er Radius an der Eckkante. Dieser ließ sich durch das MDF hevorragend per Hobel
und Schleifpapier hervorragend von der Ecke der Platte auf den Fuß "übertragen", da das MDF ja in jeder Richtung gleich gut bearbeitbar ist. Mit Spanplatte wäre das sicher nicht
so einfach zu machen gewesen.

Kurze Beschreibung
- 0,6mm Ami-Kirschbaum Furnier, verleimt mit Express-Weißleim (auf Furnier und Träger per Schaumrolle aufgebracht und vollständig getrocknet), Bügeleisen und Furnierhammer
- Untere Platte mit Multliplex-Zargen versteift (gegen Durchängen)
- Schubladenfront aus Ami-Kirsche Massiv (von Hand gefügt und gehobelt)
- Schubladenkorpus aus Buche Leimholz keilgezinkt 19mm
- Schubladenführung Buche-Korpus auf Buche-Leiste (mit Teelicht gewachst)... ich wollte einfach keine 30mm hohe Metallführung an dieser kleinen Schublade sehen.
- Handgefertigte, halbverdeckte Zinken (ca. 15 Übungs-Stücke, bis ich mich getraut habe, die Massivfronten zu "riskieren")
- Griffe aus Kirschbaum massiv
- Oberflächenbehandlung mit CLOU Schnellschleifgrund, 6 Schichten, mit 000er Stahlwolle geschliffen.
- Der gesamte Tisch ist zerlegbar und an keiner Stelle verleimt
- Ziemlich schwer, ca. 35kg schätze ich.
- Der Tisch wurde passend zu den vorhandenen Möbeln entworfen.
- Eckradien per Kopierfräser und Schablone gefräst.

Lehrgeld beim Furnieren und Beizen:
- Das Furnieren hat eigentlich ganz gut geklappt. Das anschließende Beizen hat dann jedoch Probleme bereitet: Da das Holz durch die Beize zum Aufquellen neigt, hat es
sich an den Stellen (die es leider gab), wo die Verleimung nicht 100% war, gelöst und gewölbt und leider nicht mehr ganz gesetzt. Nachbügel ist problematisch, wegen
Kratzer auf der Beize. Das heißt, die Oberfläche ist nicht 100% plan. Das wiederum bedeutet, daß ich die Schleifgrundoberfläche nicht - wie ursprünglich geplant - mit 1200er
Naßschleifen konnte, da es dann an den erhabenen Stellen zu Aufhellungen (Beize weg) gekommen wäre. Also nur Schleifen mit Stahlwolle. Da jedoch erzeugt eine Oberfläche,
die bei schräg einfallendem Fernseher-Licht die Orangenhaut stark offenbart. ERGO: Deckplatte neu machen mit 19mm Fertigfurnierter Platte und 10mm Aufdopplung.

Weiterhin problematisch ist die Kriechneigung des Weißleims: Wenn man nach dem Entfernen des Furnierpapier-Bandes großflächig über die Fugen bügelt, gehen diese auf - deswegen
würde ich das nächste Mal Yellow-Glue (Titebond) probieren. Wenn ich nicht gebeizt hätte (Wasser), hätte ich vermutlich Knochenleim verwendet.
Ich denke, daß das Furnieren und Oberflächenbehandlung ohne Beizen (also z.B. mit Ahorn) besser funktioniert hätte und die Oberfläche per Naßschliff zu behandeln gewesen wäre.

Alles in Allem bin ich aber sehr zufrieden. Der Aufwand für die neue Deckplatte hält sich in Grenzen, da sich sie per Kopierfräser recht schnell reproduzieren kann.

Gruß,
Thomas



Pedder
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Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch

Beitrag von Pedder »


Hallo Thomas,

vielen Dank für die Vorstellung Deines Tisches. Ich hätte sooo gern Bilder von der Entstehung gesehen.
Vor allem das Furnieren finde ich spannend. Halbverdeckte Zinken sind ja Meisterklasse!

Und nun ein Satz, den eigentlich Franz K. abonniert hat: Handwerklich sieht das von hier aus alles
sehr, sehr gut aus, aber mein Geschmack ist das nicht. Aber passt der Tisch zu den vorhandenen Möbeln,
ohne Frage!

Liebe Grüße
Pedder

Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch

Beitrag von Thomas Matuschak »


Hallo Pedder,
ich wollte noch Bilder von der Entstehung hochladen, es hat aber irgendwie nicht geklappt - daher hier ein Link zu einer recht ausführlichen Beschreibung von mir,
wie ich furniert habe. Ganz unten sind auch ein paar Bilder.

http://www.woodworker.de/forum/couchtisch-wenge-t81008.html

Interessant ist, daß ich in diesem Forum nur eine Rückmeldung zu diesem Projekt bekommen habe - ich habe ein wenig den Eindruck, das Furnieren (im Gegensatz
zum Massivholz-Bau) so ein wenig als "Industriemöbel" angesehen wird. Kann ich sogar teilweise nachvollziehen, weil man bei Furnierten Möbeln ja oft Billigmöbel aus dem
Mitnahmemarkt assoziiert.

Wer aber einmal mit Laien-Mitteln das Furnieren versucht hat, wird feststellen, daß es genauso eine Faszination haben kann, wie Massivholzbau und weiterhin mindestens
genauso arbeitsaufwendig ist. Zumindest, wenn noch Beizen im Spiel ist.

Gruß,
Thomas

Andreas Winkler
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Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Thomas.

Ein sehr interessantes Projekt mit einer bemerkenswerten Gestaltung. Die ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, aber das ist egal, Hauptsache Dir und Deiner Familei gefällt es.
Die nicht rechtwinklige Form und die runden "Ecken" hast Du von den Platten bis zu den Füßen durchgezogen. Handwerklich aufwendig, Kanten über die Rundung furnieren habe ich noch nicht gemacht, schaut gelungen aus.

Mit einem Bügeleisen (also trocken) habe ich noch nicht furniert, aber natürlich schon mit Weißleim. Vielleicht hängt das Aufgehen der Fugen damit zusammen, daß das Furnier durch die Wärme beim Aufbügelnn schwindet und durch den bereits abgetrockneten Weißleim Feuchte fehlt, die das ausgleichen kann?
Zum Beizen - kenne das so, daß die zu beizende Fläche normal geschliffen (je nach Holzart bis Körnung 180) und danach gewässert wird. Nach Abtrocknen schleift man die aufstehenden Holzfasern nochmal mit K 180 ab und entstaubt insbesondere bei grobporigen Holzern sehr gründlich. Nicht ganz sauber verleimte Stellen müßten also nach dem Wässern auffallen, wo Du dann nochmal "nachbügeln" könntest (ggf. halt auch nochmal nachschleifen), so daß die Fläche anschließend ohne offene Fugen, schlimmere Dellen und Unebenheiten fertig zur Weiterbearbeitung ist. Erst dann kommt die Beize ins Spiel.

Zum Lackieren - bin jetzt kein Meister der Lackiererhandwerks. Für eine "normale" Lackierung (also weder Polieren noch hochglänzend) reicht m.E. ein Zwischenschliff mit Körnung 280 oder 320 vollkommen aus.
K 1200 ist m.E. sehr ambitioniert, da müßte der Untergrund wohl perfekt sein, damit das richtig zur Geltung kommen kann. Ob das bei Holz und Lack für Holz bzw. Holzwerkstoffe überhaupt geht oder eher nur bei lackiertem Blech und dafür eingestelltem Lack? Gleichzeitig müßten wohl auch gehobene Fähigkeiten beim "lackierenden" Auge und dem zugehörigen Arm sowie im Umgang mit der Ausrüstung vorhanden sein. Meine, wir haben hier auch einen Lackierer, ärgerlicherweise ist mir der Name entfallen. Vielleicht kann der was dazu sagen. 0000er Schleifwolle kann ich leider nicht einschätzen. Ärgere Dich nicht über schräg einfallendes Licht, das ist immer fies.

Furnieren und eine saubere Oberflächenbehandlung gehören m.E. ganz genauso zur "großen Kunst" wie eine gut ausführte Zinkung. Gerade mit Furnier lassen sich beeindruckende Sachen aus Holz "herausholen", die massiv nicht gehen. Leider benötigt man dazu im Normalfall eine recht auswendige Ausrüstung.
Für eine sichtbare Fläche ist eine selbstfurnierte Fläche einer fertigfurnierten in jedem Fall vorzuziehen. Außer, man kauft eine ganze Platte und schneidet das gewünschte Bild mitten heraus, was aber eine ziemliche Verschwendung wäre. Beim Selbstfurnieren kann man außerdem die Kanten überfurnieren, was m.E. immer schöner kommt.

Viel Freude an Deinem Tisch!

Gruß, Andreas



Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch *MIT BILD*

Beitrag von Thomas Matuschak »


Anbei noch ein kleines Update: Leider hat das Furnieren mit Weißleim auf der Deckplatte auf Dauer nicht gut funktioniert. Die Fugen haben sich mit der Zeit geöffnet. Der Grund dürfte wohl sein, daß der Weißleim schrumpft. Komischerweise nur bei der
Deckplatte - der Rest des Tisches ist einwandfrei.

Also habe ich mir eine fertig-furnierte Platte besorgt, diese mit 10mm Spannplatte aufgedoppelt und dann noch die Kanten furniert. Dadurch, daß die Oberfläche jetzt perfekt glatt ist, konnte ich wieder mit Clou Holzsiegel und Naßschliff arbeiten.
Und ich bin echt begeistert - die Oberfläche ist besser als bei jedem gekauften Möbel, daß wir zuhause haben. Spiegelglatt und etwas seidenmatt.
Der Ablauf war wie folgt:
- Anfeuchten und nach trocknen kurzer Schliff mit 240er und Schwingschleifer
- 3 mal Beizen mit Glitzi-Schwamm
- 2 Schichten Holzsiegel als Grundierung
- Erster kurzer Naßschliff um die Staubeinschlüsse zu beseitigen
- 3. und 4. Schicht Holzsiegel mit jeweils anschließendem Naßschliff mit 1200er (mit Kork-Klotz)
- Endbehandlung mit Chrom-Politur. Durch deren relativ grobes Schleifmittel (für eine Politur) entsteht der schöne, seidenmatte Glanz.

Auch gefält mir die Maserung der fertig furnierten Platte außerordentlich gut... muß wohl ein spezieller Furnier-Schnitt sein (Riegelschnitt??). Auch wenn der Rest des Tisches und unserer Anderen Möbel in ruhigerem Schnitt gestaltet sind.

Gruß,
Thomas


Christophl

Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch

Beitrag von Christophl »

[In Antwort auf #134729]
Hallo Thomas,

Der Tisch fügt sich gut in die Umgebung ein und scheint den Sofanutzern den Zugang nicht zu versperren.

Mich interessiert, wie Du die Rundungen furniert hast. Hast Du spezielle Umleimer genommen?

Gruß

Christoph

Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Projektvorstellung: Furnierter Wohnzimmertisch

Beitrag von Thomas Matuschak »


Für die Rundungen habe ich ganz normales Furnier genommen, 0,6mm Stärke. Das ist bei dem relativ großen 25mm-Radius kein Problem.

Gruß,
Thomas

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