Ich stelle hier einmal einen von mir seit langer Zeit gebauten hohen Badschrank vor, der gestern endlich fertig wurde.
Zum Konstruktionsprinzip:
Zwei Seitenwände aus Rahmen und Füllung zwischen zwei gezinkten Kästen als Sockel und Deckel.


Die Kästen sind aus Vogelbeere/Eberesche durchgehend gezinkt. Dieses Holz konnte ich vor Jahren einem Verein gegen Spende in die Kaffekasse abschwatzen, auf dessen Grundstück eine große Vogelbeere umgestürzt war, die leider schon damals in ofengerechte Meterstücke zerlegt war. Den kleinen Durchmessern entsprechend kam ich bei größeren Breiten um die Leimholzerstellung nicht herum.
Vogelbeere ist ein traumhaftes Holz, das leider kommerziell kaum zur Verfügung steht. In der Maserung ähnlich wie aber aufregender als Kirsche, in der Farbe jedoch etwas zurückhaltender und eher gräulich. Durch das Ölen ändert sich der Ton zu einem ansehnlichem Blondton.
Ursprünglich sollten nur unten und oben umlaufende Profileisten angebracht werden, und die Zinken dazwischen sichtbar bleiben. Wegen eines Denkfehlers (ein häufig auftretendes Problem bei mir ) hatte ich mich aber bei der Zinkenaufteilung vertan, was der Ästhetik Abbruch getan hätte. So zog ich mich mit Profilleisten über alle Kanten (bis auf die Rückwand) aus der Affäre.
Die Profilleisten wurden mit einem englischen Profilhobel erstellt und zu Rähmchen verleimt (keine leichte Aufgabe). Anschließend wurden die Gehrungen an den Seiten angehobelt, und die Rahmen auf die Kästen aufgeleimt. Wegen der recht geringen Dimensionen bin ich einmal zuversichtlich, dass es zu keinen Rissen kommen wird. Auch erfolgte der Leimauftrag nicht gleichmäßig, sondern innerhalb eines Rahmes nur auf einem Längsteil komplett und an den Seitenprofilen bis zur Hälfte. Das andere Längsteil wurde nur punktuell mit Leim fixiert.
War eine ganz schöne Friemelei, allerdings mit hohem Lernfaktor (Profile hobeln, Gehrungen schneiden und verleimen).



Die Böden und die Rückwand sind aus Sperrholz und mit Elsbeere furniert.
Die Seitenwände sind aus Birne mit Füllungen aus Eberesche. Die Birne hatten mein Bruder und ich vor Jahren selbst gefällt und zum Aufschneiden gebracht. Dummerweise war sie damals wohl schon von Holzwürmern befallen, so dass ich während der Bauphase auf diese freundlichen Kollegen stieß! Was für eine Sch .!!! Mitten im Bauprojekt rieselte es munter! Ich behalf mir zunächst mit Holzwurm-EX von Clou, das ich sowohl satt aufpinselte als auch mit der Spritze in die Löcher injizierte, aber vergeblich, die Maden waren unbeeindruckt. Letztendlich räumten wir kürzlich die als Wein- und Ramschlager genutzte Sauna meines Bruders leer und verpassten dem gesamten Birnenholzvorrat eine Wärmekur, die hoffentlich ausreichte. Blöd dabei war, dass hinterher ein paar der Seitenlängsteile verzogen waren und wieder aufwendig mit lokalem Dämpfen in Form gezwungen werden mussten. Es kann ja nicht alles einfach sein
Die Verbindung dieser Teile miteinander geschieht über jeweils zwei Dübel pro Seite zur Fixierung und Kraftaufnahme und pro Seite ebenfalls jeweils zwei Imbusschrauben, die durch die Traverse der Seitenwand gehen und in den Kästen in Querbolzen greifen. Die Löcher für diese Schrauben sind nahe an der Holzkante angebracht und besitzen daher nur eine dünne Außenwandstärke, daher die Dübel zur Verstärkung.
Zum Anbringen aller dieser Bohrungen habe ich mir eigens eine Schablone gebaut, um einheitliche Maße und höchstmögliche Passgenauigkeit zu bekommen. Auch wenn das Basteln einer Schablone erst einmal etwas Zeit kostet und einem als unnötiger Nebenkriegsschauplatz erscheinen mag, so lohnt es sich doch gewaltig. Die Arbeit wird präzise, nachvollziehbar und erfordert keine Nacharbeitungen und Anpassungen, die auf Kosten der Präzision gehen.
Ich verwendete M 6 50 mm-Imbusschrauben mit 10 mm-Kopf. Die Durchführungslöcher in den Traversen sind mit einem Metallbohrer auf 6,5 mm ausgebohrt, um die Schraube leichtgängig durchführen zu können. Wegen der exakt gesetzten Dübel tut dies der Passgenauigkeit keinen Abbruch. Diese Verbindung sitzt bombig und spielfrei, und ich war erleichtert und auch ein wenig stolz, sie so hinbekommen zu haben (ohne Duodübler und ähnliches Werkzeug).

Die Einlegeböden sind aus Eberesche massiv gebaut. Hierbei habe ich bewusst auch minderwertige Holzreste verbaut, denen man stellenweise Holzfehler ansieht. Für diesen Zweck akzeptiere ich das gerne und finde es auch gerechtfertigt, nicht den ohnehin geringen wertvollen Holzbestand anzugreifen.
Der Mittlere Einlegeboden fungiert als Zugsicherung und ist mit Exzenterschrankverbindern mit den Seitenwänden verbunden. Vielleicht nicht stilecht, aber sinnvoll und praktisch.

Die Tür ist komplett aus Eberesche. Die Profile wurden mangels eines passenden Profilhobels gefräst.

Die Maße des Schrankes sind ungefähr 230 cm hoch, 38 cm breit und 36 cm tief
Oberflächenbehandlung: Alle Teile wurden einmal satt mit Walnußöl, das ich mit Sikkativ von Kremer-Pigmente versehen hatte, eingepinselt, und der Überstand abgewischt (merkwürdigerweise bekomme ich das Sikkativ allerdings nicht ordentlich im Öl gelöst/emulgiert, sondern es flockt irgendwie aus. Ich warte daher, bis sich die nichtgelösten Anteile abgesetzt haben und öle erst dann).
Die Wahl fiel dieses Mal auf Walnußöl, weil ich mir davon ein geringeres Vergilben als bei Lein- und Tungöl erwarte, die ich sonst in Mischung verwende. Jedoch ging mit dem Ölen bei der Eberesche eine sehr deutliche Veränderung der Eigenfarbe einher. Eberesche hat ja eher einen vornehm-neutralen Grauton, mit einer Maserung ähnlich der der Kirsche, jedoch ohne ihren rötlichen Ton. Nach dem Ölen war das Vogelbeerholz eher golden mit einem sehr warmen Ton geworden.
Nach ungefähr einer Woche Trockenzeit brachte ich noch zwei Wachsaufträge auf (mit Zwischentrocknung), die mit der Bürste und einem fusselfreien Kunstfasertuch auf einen schönen Glanz gebracht wurden. Meine Wachsmischung besteht aus ungefähr gleichen Teilen Bienen- und Carnaubawachs, in Terpentinöl zu einer weichen Konsistenz gelöst.
Die Füllungen und Kästen sind nur außenseitig geölt und gewachst, innen wurden sie mehrmals mit einer dünnen Schellacklösung eingestrichen. Auch die Einlegeböden sind mit dünner Schellacklösung gestrichen.
Folgende Arbeiten wurden mit Maschinen getätigt:
- Aufsägen des Birnenstammes und der Vogelbeerenabschnitte (Lohnsäger mit Blockbandsäge).
- Grobes Zuschneiden der Schmalteile aus den verworfenen, windschiefen und rissigen Birnenbohlen und Auftrennen/grobes Zuschneiden der Vogelbeerbretter (mit alter Handkreissäge).
- Dimensionieren der Vogelbeerbretter für die Leimholzerstellung (Tischkreissäge und Hobelmaschine beim Bruder und Schwiegerpapa).
- Bohren der Löcher für die Möbelverbinder (teilweise auch mit der Bohrwinde).
- Fräsen des Profils am Türrahmen
Folgende Arbeiten wurden mit Handwerkzeugen ausgeführt:
- endgültiges Zurechthobeln und Verputzen aller Holzteile.
- Fügen der Brettkanten zur Leimholzerstellung.
- Zinken der Kästen.
- Abplatten der Füllung mit eigens dafür restaurierter Abplattbank (http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/noframes/read/48254)
- Schlitz- und Zapfenverbindungen der Seitenteile und der Tür.
- Nuten
- Profilleisten für die Zierrähmchen.
Wie vor einigen Wochen (http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/noframes/read/49746) erwähnt, stürzte mir bei der Oberflächenbehandlung auf dem Balkon das von vorne gesehen rechte Seitenteil ab und zerschellte auf dem harten Terrassenboden. Glücklicherweise zeigte sich die Rahmen-Füllung-Konstrution von ihrer besten Seite und zerschellt in alle Ihre Einzelteile anstatt mit vielerlei Brüchen zu antworten. Die meisten Schäden ließen sich sogar recht gut und halbwegs unsichtbar beheben, in dem dort wo nötig zerstörtes Material entfernt und durch ähnlich gemaserte Stückchen wieder ersetzt wurde. Eine echte Restauratorentätigkeit bei einem Neumöbel interessante Kombination! Ein paar kleinere Macken konnte ich nicht mehr entfernen, da die die Dimensionen beeinträchtigt hätte. So erzählen sie mir später immer wieder eine alte Geschichte.
Leider werde ich den Gesamtanblick des Schranken kaum genießen können, weil er aufgrund notorischen Platzmangels mit Waschkörben und ähnlichen Kram verstellt werden wird.