Grundsätzliches zum Möbelbau

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Harald Steiner

Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Harald Steiner »


ich möchte folgende diskusion anregen:

es gibt offenbar und gottseidank immer mehr leute, die sich mit traditionellen werkzeugen und handwerkstechniken befassen.
allerdings kommt mir vor, daß viele dieser neuen handwerker nicht wissen,
was sie mit ihrem neu erworbenen wissen anfangen sollen.
anders kann ich mir nicht erklären, weshalb möbel aus industrieller fertigung als vorlagen für ihre handwerklichen verwendet werden.

bis zum ende des 19.jhdts wurde mit den neu erfundenen holzbearbeitungsmaschinen versucht,
handwerklich hergestellte möbel schneller herzustellen.
das heißt, die maschienen wurden ausschliesslich zur unterstützung des handwerkers für den bau traditioneller möbel verwendet.
zu beginn des 20jhdts hat sich mit der gründung des Bauhauses und anderer denkschulen eine sogenannte maschienen-ästhetik etabliert,
bei der nichtmehr die maschiene die ästhetik der hanwerk-ära kopiert,
sondern die formen und konstruktionen auf dem können der maschienen beruht.

und jetzt scheit es so zu sein, das die handwerker versuchen, möbel der maschienenästhetik aus industrieller fertigung zu kopieren und diese mit klassischen holzverbindungen zu versehen.

ich hoffe auf zahlreiche stellungnahmen!
Harald Steiner



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Harald,

Das ist mir so noch nicht aufgefallen. Eine Tendenz kann ich schon gar nicht erkennen. Hast du vielleicht ein paar Beispiele, die deine Theorie illustrieren könnten?

Gruß, Marc


Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Gerhard »


Hallo,

ich bin Ingenieur. Ich kann nur eckig.
Einfache, klare Formen finde ich tatsächlich schön.

Viele Grüße,
Gerhard


Rolf Richard
Beiträge: 3390
Registriert: Do 16. Mär 2017, 07:44
Kontaktdaten:

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Rolf Richard »


Kann mich in grösstenteils nur Gerhard anschliessen - vielleicht weil ich auch Ingenieur bin?

Die Formensprache, die mir nahe steht ist klassisch gerade und schnörkellos. was soll daran falsch sein? Zierrat aller Art erscheint mit überflüssig. Vielleicht ist es das inzwischen auch schon wieder klassische "3F" = "Form follows function", was mich leitet.

Wenn sich darauf auch klassische Herstellungstechniken anwenden lassen - warum nicht! Aber - sozusagen - nur um der Zinken willen klassische Verbindungen? Nein, sicher nicht!

Vielleicht ist meine inzwischen fertig gestellte Hobelbank ein gutes Beispiel. Es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, eine traditionelle europäische Bank zu bauen. Erst einmal eine Analyse des (eigenen) Bedarfs, dann die Findung eines passenden Konzepts. Und da passte das Klassische eben in keiner Weise - es hätte nur gravierende Nachteile gehabt. (Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich nicht zum Kauf einer gebrauchten Bank überreden liess!)

Mit Maschinenästhetik hat das aber alles nichts zu tun, sondern höchstens mit einem geänderten ästhetischen Empfinden - mit einer Konzentration auf das Wesentliche!

Gruss

Rolf
Gruss

Rolf



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

ist mir auch nicht klar,

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #115772]
wie das gemeint ist. Geht es um schmucklose Geradheit (kann eigentlich nicht sein, wenn man an die shaker- Möbel denkt: Handgefertigt und schnörkellos). Oder um die Verbindung moderner Konstruktionselemente mit traditionellen Techniken (z.B. Kugelauszüge und Schwalbenschwanzverbindungen)? Oder darum, dass Möbel gebaut werden die auf die traditionellen Schmuckprofile verzichten (die ja heute eine Dömäne der Maschinenfertigung mit Fräsen geworden sind)?

Ich wüßt es auch gern ein bißchen genauer.

Friedrich


Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #115772]
Hallo Harald,

das ist gut beobachtet. Ich will und kann nicht darüber mutmaßen, wieviel Forenteilnehmer den von Dir beschriebenen Hang zum handwerklichen Kopieren maschinengefertigter Möbel frönen, es gibt einige. Der gute Heiko Rech wird mir verzeihen (so hoffe ich), aber er hat in seinem Meisterstück exemplarisch sowas gemacht. Er hat nämlich eine Rahmen-Füllungskonstruktion mit überschobener Füllung so ausgeführt, dass sie aussieht wie eine reine Brettfläche. Mit der Begründung:"Mir persönlich gefällt eine "echte" Rahmenkonstruktion nicht besonders gut, es ist nicht mein Stil. Ich bevorzuge ruhigere Formen." Bei anderen Forumsteilnehmern fällt auf, dass sie "Leimholz" für das Maß der Dinge halten. (Ich weiß, jetzt krieg' ich Prügel, nur zu, ich halt' das aus.) Es ist wohl so, dass die sichtbaren "Vorbilder" halt die industriell gefertigten Möbel sind und man sich daran hält.

Gruß, Walter



Dennis Bark
Beiträge: 33
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Dennis Bark »


Hallo Walter, Hallo Harald.

Ich persönlich empfinde Eure Aussagen als provokativ und habe ein bischen darüber nachgedacht. Ich denke es liegt am Ausdruck "Kopieren". Es ist ein komisches Gefühl, wenn das Hobby, für das man soviel Zeit und Geld opfert, darauf reduziert wird, maschinell hergestellte Möbel (alleine das klingt ja schon abwertend) einfach nur zu kopieren. Aber vielleicht liegt auch genau dort des Pudels Kern. Vielleicht ist meine Tätigkeit nur produktiv und nicht kreativ. Dieser Gedanke führt mich zu einer Theorie, nämlich der, daß das eigenständige Entwerfen von Möbeln schon ein gehöriges Maß an Kreativität erfordert. Das ist m.E. jedoch ein Begabung über die eben nicht jeder verfügt (ich leider nicht), genau wie die, gut handwerklich arbeiten zu können. Man wird wohl wesentlich mehr Menschen antreffen, die gute Handwerker sind und deren Produkte bestehenden nachempfunden sind bzw. ein Potpourris aus diesen sind, als solche, die wirklich aus dem nichts heraus neue Dinge entwerfen.
Welcher Stil also beim Nachempfinden als Grundlage dient ist doch dann lediglich eine Frage des Geschmacks bzw. der Prägung. (Ich z.B. bin mit Ikea aufgewachsen und ja, der Kram gefällt mir ;-). Ob ich nun eine mittelalterliche Truhe oder ein Billy-Regal nachbaue: "Kopiert" habe ich in beiden Fällen.

Aber: Letzten Endes ist doch erlaubt, was gefällt. Ich versuche lieber, das Positive in der handwerklichen (kreativen oder produktiven, je nachdem) Tätigkeit zu sehen, und nicht die Zielsetzung oder die dahinterstehende "Doktrin" oder wie auch immer man es nennen kann, in Frage zu stellen.

Nicht fur ungut und schöne Grüße
Dennis B.



Jürgen zur Horst

Na und!

Beitrag von Jürgen zur Horst »

[In Antwort auf #115772]
es gibt ästehtisch durchaus ansprechende, industriell gefertigte Möbel, die aus Spanplatte gemacht sind. Die Möbel würden mir gefallen, wenn sie gut gemacht wären, da ist es doch durchaus sinnvoll das Design zu übernehmen und handwerklich gut auszuführen. Bei aller Bewunderung für das handwerkliche Können unserer Vorväter, die wenigsten Möbel würde ich mir heute in die Wohnung stellen. Außerdem sich auch der Gebrauch der Möbel verändert. Möbel müssen sich mit Unterhaltungselektronik vertragen.

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht vorauf die Diskussion abzielt. Das sich der Stil der Möbel durch die Jahrhunderte verändert hat, ist nichts Neues. Findest Du es verwerflich, wenn ein handwerklich gefertigtes Möbel eine gerade Fläche hat?

Tschüß Jürgen


Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Grundsätzliches zum Möbelbau

Beitrag von Walter Heil »


Hallo Dennis,

natürlich sind die Aussagen etwas provokant. Aber Kopieren im strengen Sinne ist von Harald nicht gemeint gewesen (vermute ich), sondern im Kopieren des Stils, geprägt durch große Flächen. In diesen Foren (dieser Thread hier gehört eigentlich ins Nachbarforum, Gerhard wird sich vielleicht dazu äußern) wird wenig bis kaum mit Holzwerkstoffen gearbeitet, als da sind: Tischlerplatten (geht zur Not, wenn nicht sichtbar), Sperrholz (für Schubladenböden), Multiplexplatten (schon eher, auch für sichtbare Teile, das haben die Leute von den "Innenausbauern", die Arzt- und Rechtsanwaltspraxen damit bestücken), MDF (in Ausnahmefällen und wenn, deckend lackiert), Spanplatten (igitt, pfui Teufel) , aber viel mit "Leimholz". Leimholz wird als "Massivholz" angesehen. Das stimmt, was die technischen Eigenschaften angeht, optisch ist es aber Plattenmaterial. So werden dann "Plattenmöbel" mit handwerklichen Holzverbindungen daraus.

Jeder, der hier Möbel baut, bezieht seine Entwürfe letztlich von Beispielen. Keiner erfindet das Rad völlig neu. Inwieweit das, was man "lange und oft genug sieht", stilformend ist, weiß ich nicht, Einfluss dürfte es allemal haben. Mich hat Franz Karg mit seinen Büchern beeinflusst, das sind Entwürfe aus den 60er und 70er Jahren, dann die Möbel elsässischer Schreiner, die meist historisierend sind, und von den Konstruktionen her der große Spannagel. Was ich von all diesen (hoffe) gelernt zu haben, ist der Umgang mit Holz. Die Auswahl des (vorhandenen) Holzes für die verschiedenen Teile eines Möbels; dazu die grundlegenden Konstruktionen, die für Massivholz richtig sind. Keinesfalls aber die industrielle Verstümmelung gewachsenen Holzes durch blindes Aneinanderleimen von kleingesägten Brettern. Insoweit habe ich eine Doktrin: das Holz so behandeln und verarbeiten, dass es noch als Holz erkannt wird:-)

Gruß, Walter



Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Paßt schon ...

Beitrag von Gerhard »


Hallo Walter,

ich denke das ist schon ein übergreifendes Thema. Außerdem ein eher abstraktes...

Viele Grüße,
Gerhard



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