Gestellsäge contra Japansäge

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Ottmar
Beiträge: 321
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Ottmar »

[In Antwort auf #114279]
Hallo Friedrich,

mit deiner Anmerkung bezueglich Japansaegen, hast du eine Delle in meinem Selbsvertrauen ausgebuegelt. Ich musste an 40 Gasthaustischen von den Beinen ca 1,5 cm Absaegen. Mit einem Anreisser aus der Feinmechanik riss ich die Beine an allen 4 Seiten an. Ich musste vorsichtig auf jeder Seite mit der Japansaege (60 US$)einsaegen, sonst verlief diese, bei einem Querschnitt von 6x6 cm. Ich stieg auf meine alte Ulmia Spannsaege um, damit ging es schnell ohne Verlaufen. Da es sich um dunkel gebeiztes Holz handelte schnitt ich entlang der Risslinie mit einer Feinsaege vor um Ausriss zu vermeiden. Mit der richtig geschaerften und geschraenkten Spannsaege, habe ich Kontrolle ueber den Schnittverlauf.

Fuer mich sind die Japansaegen ein Gottesgeschenk, wenn ich eine Schlitz oder Duebelverbindung gewaltsam Trennen muss, durch die geringe Blattbreite, kann ich solche Arbeiten nahezu Unsichtbar ausfuehren.

Wie bei Allem im Leben, es gibt keine Medizin welche alle Ubel heilt, sowie keine Saege welche fuer jeden Zweck verwendet werden kann. Uebung macht den Meister.

mfg

Ottmar

PS: In zwei Tagen habe ich meine saemtlichen Hobeleisen nach Deiner Anleitung geschaerft, ich brauche mir keinen der geplanten neuen LV-Hobel zu kaufen, meine Ulmia und alten Stanley/Bailyhobel sind fuer meinen Arbeitsbedarf mehr als genuegend.



Johannes Peschek

Re: ein älterer Herr hat den Eindruck,

Beitrag von Johannes Peschek »

[In Antwort auf #114359]
Lieber Friedrich!

Meine Bemerkung von wegen "so manch älterer Herr" hat sich auf die Perspektive eines fünfzehn-, sechzehnjährigen Lehrlings bezogen, den man mit Sägenschärfen wohl ziemlich quälen würde. - Ich wollte damit andeuten, dass man aus didaktischen Gründen in der Ausbildung zunächst auf vorerst nicht absolut notwendige Drillübungen verzichten sollte, um den jungen Leuten nicht den Spaß am Umgang mit Handwerkszeug zu nehmen. Leider passiert das oft, und deine Bemerkung, dass so mancher Tischler wohl froh sei, sein Handwerkszeug weggelegt und nur noch Spanplatten von Maschine zu Maschine zu tragen, steht möglicherweise in ursächlichem Zusammenhang mit einem schlecht vermittelten Umgang mit Handwerkszeug. (Solche Phänomene gibt´s auch in anderen Bereichen: Man denke nur an die Legionen von Schülern, denen die klassische Literatur u. dgl. durch eine entsprechende Überdosis während der Schulzeit für den Rest ihres Lebens vergällt wurde ...)
Das Schärfen von Sägen mit dem von Hobeln und Stechbeiteln zu vergleichen ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich berechtigt. Erstens ist der Zeitaufwand unvergleichlich, und zweitens gibt es eben industriell gefertigte Sägen, die meines Erachtens ausreichend gut arbeiten, um damit zu sehr guten Ergebnissen zu gelangen. Zum Hobel- und Stecheisenschärfen hingegen gibt es schlichtweg keine Alternative.
Dafür dass du die Sache mit dem älteren Herrn offensichtlich auf dich bezogen hast, möchte ich mich hier in aller Form entschuldigen und gleichzeitig meine Hochachtung vor deinen überaus profunden Arbeiten zum Thema Schärfen (von denen ich im Übrigen enorm profitiert habe) bekunden. - Gleichzeitig muss man aber sehen, dass du dir deine Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Werkzeugpflege und -tuning abseits von Kostendruck und Zwang zur Effizienz aneignen konntest. - In der Handwerksausbildung muss man - gerade wenn man die traditionellen Techniken bewahren will - pragmatischer vorgehen. Und deshalb finde ich Japansägen immer noch besser, als nur noch zu fräsen.

Mit herzlichen Grüßen
Johannes



Johannes Peschek

Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Johannes Peschek »


Lieber Marc!

Du weißt es vielleicht noch nicht, und so will ich dir jetzt eine spektakuläre Erkenntnis verraten: Man versägt sich immer! - Beweist du mir das Gegenteil, würde ich nicht anstehen, vor dir niederzuknien.

Johannes


Marc Waldbillig
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Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Gestellsäge contra Japansäge *MIT BILD*

Beitrag von Marc Waldbillig »


Johannes,

Wenn ich deinen Gedanken zu Ende führe, dann heißt das für mich, dass nichts und niemand gerade sägen kann. Ein wenig Toleranz solltest du allerdings walten lassen. Sonst gibt's auch keine Planheit bei Wassersteinen oder Spiegelseiten. Du verstehst?

Anbei ein Bild meiner ersten Zinkensägerei, also von vor 3 Jahren etwa, ausgeführt mit einer Japansäge, die aber eine etwas kompliziertere Methode erfordert als westliche Sägen.

Gruß und heb dir das mit dem Niederknien für die Messe auf,

Marc



Gerhard
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Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Gerhard »

[In Antwort auf #114364]
Hallo Johannes,

Du hast geschrieben, daß Japansägen die besten gebrauchsfertigen Sägen sind, die man kaufen kann. Da stimme ich Dir absolut zu.

Vieleicht werde ich mich irgendwann mal mit selbstgeschärften Sägen beschäftigen. Bis dahin ist die Japansäge die beste mir zugängliche Säge.

Meine erste Japansäge war um Lichtjahre besser als diverse vergammelte Gestellsägen und Baumarkt-Fuchsschwänze. Und selbst was ich für gute Sägen hielt - mei Sandvik Fuchsschwanz und eine Sandvik Feinsäge - waren nur gut um Dachlatten abzuschneiden oder Fußleisten zu kürzen.

Erst wenn man gelernt hat, daß Handsägen überhaupt "funktionieren" beschäftigt man sich weiter mit dem Thema. Und fragt sich vieleicht, wie das denn in Europa funktioniert hat mit den Sägen. Ob es da nicht auch spezialisierte Sägen für Quer- und Längsschnitte gegeben hat.

Mein Fazit: Japansägen sind um Lichtjahre besser als alles was ich vorher kannte. Ohne Japansäge keine Beschäftigung mit Handwerkzeugen. Meine erste Japansäge hat mich übrigens auch zu diesem Forum gebracht weil Sie meine Neugier auf Handwerkzeuge geweckt hat.
Vieleicht wird eine GUTE europäische Säge ja eine ähnlich erhellendes Erlebnis. Bisher hatte ich noch keine in der Hand. Marc und Friedrich werden mir da hoffentlich bald die Gelegenheit zu dieser Erfahrung geben.

Viele Grüße,
Gerhard



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

genauso sehe ich das auch

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Gerhard und Johannes,

nach meiner ersten etwas emotionalen Reaktion möchte ich mich Gerhard hundertprozentig anschließen. Auch ich kannte als Handsägen nur grob gefertigte (und inzwischen noch stumpfer gewordene) Sägen europäischer Bauart, die ersten Japansägen waren dagegen geradezu ein Wunder. Ein Blick mit der Lupe war mir Beweis: Nur solche präzisionsgeschliffenen Verzahnungen können so gut sägen!

Meine alten Sägen (es waren keine schlechten!) habe ich ungefähr vor 10 Jahren auf den Müll geworfen. Christof Hartge hier im Forum war es, der mit seinem beharrlichen Loblied auf selbstgefeilte Sägen mein Interesse daran geweckt hat. Und siehe da, auch die Handsägen europäischen Typs sind sehr leistungsfähige Werkzeuge - vorausgesetzt man geht sachgerecht mit ihnen um, und dazu gehört das man sie korrekt schärft. Unsere Vorfahren (ohne Maschinen und ohne Japansägen) haben eben auch was davon verstanden! Natürlich ist es unmöglich, mit der Feile eine so feine und präzise Verzahnung herzustellen wie ein Schleifautomat das kann. Die verblüffende Erkenntnis ist, dass man für übliche Arbeiten diese Feinheit und Präzision gar nicht braucht, und dass handgefeilte Sägen mit dickeren Blättern gegenüber den Japanerinnen durchaus (aber selbstverständlich nicht nur!) Vorteile haben, ich beispielsweise kann in dickeren Querschnitten damit deutlich genauer sägen. Ich empfehle allen Interessierten den Versuch, mal mit einer Ryoba ein dickes Fichtenholzbrett 45° zur Faser genau am Riss zu sägen.

Ich finde auch, dass das sachgerechte Schärfen einer Säge eine tatsächlich spannende weil anspruchsvolle Sache ist (das muss man natürich nicht so sehen). Wie viele andere Dinge erschließt sich das eben nur, wenn man sich damit beschäftigt. Für jeden gibt es so viele Dinge, von denen er nichts versteht. Das ist normal, stolz darauf sollte man aber nicht sein.

Für mich persönlich spielt auch eine Rolle, dass ich Einwegartikel grundsätzlich zu vermeiden versuche. Das geht nicht immer und überall, aber bei Sägen schon.

Friedrich



Friedrich Kollenrott
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Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

ja, da ist selbstverständlich was dran.

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #114365]
Hallo Johannes,

Natürlich stimmt das genau: Abseits von Kostendruck und Zwang zur Effizienz. Und das ist mir auch bewusst. Wir sind hier eben nicht in erster Linie ein Forum für den Tischler, der damit sein Brot verdienen muss (ich möchte es nicht).

Und entschuldigen musst Du Dich wirklich nicht. Ich bin ja ein alter Sack. Und wenn wir alle immer einer Meinung wären, wo kämen wir da hin!

Was ist Dein beruflicher Hintergrund?

Friedrich



Bernhard
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Europäisch / Japanisch

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #114365]
hierbei muß man auch immer bedenken, daß in der Regel unterschiedliche Materialien gesägt wurden. In Japan vorzugsweise Weichholz. Gerade in Hartholz wird immer wieder vom Verlaufen der Japansägen gesprochen. Ich durfte es selbst einmal erleben.

Mit dem Schärfen ist es irgendwie wie mit dem Auto fahren. Solange das Werkzeug/Auto in Ordnung ist, hat man kein Problem. Beim Defekt/bei der Wartung geht es in die Werkstatt, da heute die wenigsten etwas selber am Auto machen können. Nachteil beim (Hand-) Werkzeug - es gibt keine Werkstatt, also selber machen. D. h. in meinen Augen kommt man um das Selbstschärfen bei den europ. Sägen nicht umhin, da auch die wenigsten brauchbar aus der Produktion kommen. D. h. jede maschinell gefertigte Säge braucht ein Tuning - analog zum Hobel. Aus diesem Grunde betrachte ich beides ähnlich, ich finde auch den Zeitaufwand vergleichbar.

Gruß
Bernhard


Rolf Richard
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Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #114267]
Den Thread möchte ich nochmal aufgreifen:

Es ist ja einiges geschrieben worden über das Verlaufen der Sägen, die auf Zug arbeiten. Dazu möchte ich - obwohl sicher nicht auf dem Erfahrungsstand wie viele hier - doch etwas anmerken. Meiner Meinung nach verlaufen diese Sägen nur, wenn man nicht wirklich exakt nur auf Zug sägt. Der leiseste Druck beim Vorschub verformt das dünne Blatt, bringt es zum Verlaufen.

Hier ist sicher viel Übung nötig um wirklich werkzeuggerecht zu arbeiten. Aber inzwischen gelingt es mir. Die Schnittqualität ist wirklich kaum zu übertreffen.

Noch eine böse Anmerkung zur Ausbildung und dem Sägen von Verbindungen mit der Gestellsäge: In meinen Augen ist es grober Unfug, jemanden vorzuschreiben, mit welchem Werkzeug er das gewünschte Ergebis erzielt. Letzteres ist wichtig und dann noch die Effizient, mit der man zum Ziel kommt. Meiner Meinung nach verhindert solches Denken das Aufkommen von Kreativität. Ich bin mir sicher, dass sich gestandene und kreative Schreiner nicht mehr vorschreiben lassen, mit welchem Werkzeug sie arbeiten "müss(t)en"!

Vielleicht komme ich auch nur aus der falschen Branche?

Gruss

Rolf



Markus Kaps
Beiträge: 184
Registriert: Sa 24. Aug 2013, 22:08

Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Markus Kaps »

[In Antwort auf #114267]
Jetzt gebe ich meinen Senf auch noch dazu:

Als erstes fällt mir auf, daß hier sehr unterschiedliche "Leute" mitreden: die einen sind ausgebildete Schreiner, die anderen Hobbybastler, so wie ich, die oft nicht mal wissen, wo sie ein vernünftiges Holz oder Werkzeug kaufen können. Daß hier die Erfahrungen unterschiedlich sind, wundert mich überhaupt nicht.

Für mich als Hobby-Bastler und Baumarkt/Halbprofimarkteinkäufer sind mir die Japansägen seit ca 2 Jahren am liebsten, wenn es um einen präzisen Schnitt geht.

Richtig ist, daß man das Sägen erst mal üben muß. Damit man genau am Riß bleibt, muß man von Anfang an über das Sägeblatt auf den Riß "zielen" und sehr penibel auf eine gerade Zugbewegung ohne Druck auf das Werkstück achten. Die Säge muß sich quasi allein ins Material "fressen". Ist die Säge erst mal im Holz und die Richtung ist falsch, kann man nicht mehr viel machen.
Erfahrungsgemäß säge ich für einen Schnitt ab ca. 8 cm Länge mit der Japansäge in waagrecht liegendes Holz viel leichter und rißgenauer als in senkrecht stehenem Holz. So war ich es mit einem Fuchsschwanz oder einer europäischen Feinsäge gewohnt. Dabei säge ich also in einem Winkel von 45° oder flacher ins Holz und "ziele" dabei über das ganze Sägeblatt auf den Riß. Solche genauen und sauberen Schnitte habe ich mit keiner anderen Säge bisher hinbekommen.

Wer beim Sägen das Blatt verbiegt, der schiebt statt zu ziehen (gell, Andreas), das geht mit diesen Sägen halt überhaupt nicht. Sie heißen nicht umsonst japanische Zugsägen. Demzufolge ist man mit einer guten Gestellsäge (ich habe leider nur altes Zeug, das ich selbst nicht auf Vordermann bringen kann) voraussichtlich schneller, weil man bei der auch beim Schieben sägen kann. Dafür ist die Gestellsäge schwerer und damit für feine Arbeiten anstrengender als nötig. Außerdem ist die Verfügbarkeit nicht gerade hoch.

Ich habe zwei japanische Sägen, eine Ryoba und eine Kataba mit einer Schneidlade. Die Ryoba ist gut geeignet für lange Schnitte in (liegende) Holzplatten, für andere Feinarbeiten ist sie eher zu dünn und schwierig zu führen.
Die Dozuki ist gerade mit der Schneidlade perfekter als alles, was ich bisher kannte. Mit ihr kann man paßgenau Fußbodenleisten in jedem beliebigen Winkel absägen, man kann sogar eine Leiste um ca. die Hälfte der Sägeblattdicke (0,65 mm/2!) verkürzen, wenn es nötig ist. Dabei kommt man durch die Sägelade nicht aus dem Winkel, die Sägefläche ist nach wie vor gerade und von einer Schnittqualität, die mir alle zuvor bekannten Sägen nicht geboten haben.

Insofern halte ich Japansägen für sehr gut aber gewöhnungsbedürftig. Man kann nicht genauso mit ihnen arbeiten, wie mit europäischen Sägen.

Man bekommt sie inzwischen im Baumarkt (z.B. Stanley) in einer weit höheren Qualität als die anderen Sägearten. Das ist vielleicht auch der springende Punkt an der Beliebtheit dieser Sägen: Die Verfügbarkeit von hochwertigen japanischen Sägen ist inzwischen höher, als für europäische Sägen gleicher Qualität. Die Wartung ist obendrein unnötig, da sie als Einwegprodukt konzipiert sind. Damit sind sie gerade für Leute, die nicht die volle Ausbildungspalette mit Sägenschärfen u.ä. durchlaufen haben (-so wie ich z.B.-), die einfachere Möglichkeit an eine hochwertige Säge und eine saubere Arbeit zu kommen.

Wohlgemerkt, das sind meine ganz persönlichen Erfahrungen, ohne daß ich irgendwem nahe treten will.

Gruß
Markus



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