Hartwachs-Öl - Endbehandlung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Recai Riemer
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Wachs oder Oel auf Hobelbank (korrigierte Fass

Beitrag von Recai Riemer »


So ist es leider: fünfmal durchgesehen und doch einen Fehler übersehen, und dann noch an der entscheidenen Stelle. Hier nun die korrigierte Fassung meines zuvor abgesandten Beitrages. Ich bitte um Entschuldigung.

Statt der klassischen Leinöl-Behandlung zu Wachsen ist ein offenbar nur von einer Minderheitheit vertretener Standpunkt.
Diesbezüglich eine Außnahme ist der im anglo-sächsischen Raum bekannte Tischler und Buchautor Jim Kingshott. In seinem Buch "The Workshop - Designing, Building, Equipping" (Lewes, 1994; S. 66) schreibt er unter der Überschrift "Pflege der Werkbank":

"Nach all den Kosten und Mühen eine gute Werkbank zu erstehen, ist es nun an der Reihe sie auch zu pflegen. Eine neue Werkbank braucht eine Weile bis sie sich gesetzt hat und das Blatt wird mit den Änderungen im Wetter auch arbeiten. Wenn das Hobelbankblatt sich stabilisiert hat, sollte es abgerichtet werden. Es sollte plangehobelt werden, d.h. gerade und eben mit dem längsten Bankhobel, den Sie besitzen. Es gibt keine Möglichkeit, das Abrichten mit einer Maschine oder Elektrowerkzeug vorzunehmen, also versuchen Sie es erst gar nicht.

Der nächste Punkt ist recht kontrovers, da ich weiß, daß viele Handwerker mir hierin nicht zustimmen werden: Mit was - wenn überhaupt - sollte man das Hobelbankblatt behandeln? Weil ich zum Funieren und ähnliche Arbeiten eine Menge an tierischem Heißleim verarbeite, wachse ich die Oberseite meiner Werkbank. Das mache ich nicht, um sie glänzen zu lassen, als vielmehr um zu verhindern, daß der Leim anhaftet. Es ist so leicht, die Hobelbank hinterher ab- und mit einem wachsigem Tuch überzuwischen.

Einige Handwerker tragen auf ihr Hobelbankblatt entweder gekochtes Leinöl oder Danish Oil auf. Dieses Ölen erfolgt oftmals als letzter Akt bevor die Tür am Freitagabend zugesperrt wird, sodaß eine dicke Schicht Öl Zeit hat, das ganze Wochenende über einzuziehen. Am Montagmorgen wird dann die Werkbank mit einem Tuch trockenpoliert.

Und dann ist da noch der Kamerad, der immer eine Schicht Schellack auf das Hobelbankblatt aufreibt. Ich denke, das ist eine furchtbare Sache, aber es ist eine gute Idee, die Unterkonstruktion auf diese Weise zu behandeln, weil damit das Holz gegen Feuchtigkeit unempfindlich gemacht wird. Von Zeit zu Zeit, wenn ich nichts besseres zu tun habe, nehme ich mir eine Ziehklinge und säubere die Oberseite meiner Hobelbank mit anschließendem Extraspezialwachsen. Meine Hobelbank bekommt vielleicht eine bessere Behandlung als unser Eßzimmertisch - aber wie dem auch sei, ich verwende schließlich auch mehr Zeit zum Arbeiten als zum Essen."

(Übersetzt v. Recai Riemer)



Ottmar
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Re: Wachs oder Oel Uebersetzung

Beitrag von Ottmar »


Hallo Recai & Forumsfreunde,

Es ist jedem freigestellt wie er seine Hobelbank behandelt. Doch auf einen Irrtum bezueglich Oelbehandlung in der Uebersetzung moechte ich hinweisen. Das Oel ueber eine so lange Zeit stehen zu lassen, ist vorgeplanter Misserfolg. Nur das Oel welches ins Holz einzieht gibt einen Dauerhaften Schutz, Oel welches auf der Oberflaeche sitzt, trocknet ungleichmaessig, hat nachteilige Folgen, ist dem Abrieb beim Arbeiten ausgesetzt. Nebenbei sieht ein solches Finish unsauber aus.

mfg

Ottmar



Recai Riemer
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Re: Wachs oder Oel Uebersetzung

Beitrag von Recai Riemer »


Ich bitte zu bedenken, daß es sich bei dem erwähnten Leinöl um gekochtes Leinöl (boiled linseed oil) handelt und um keinen mit Sikkativen versetzten Leinölfirnis, den man schon ein paar Minuten nach dem Auftrag trockenreibt um auftrocknende glänzende Stellen zu vermeiden. Gekochtes Leinöl hingegen ist Leinöl ohne weitere Beimischungen.

Längeres Kochen des Leinöls bei ungefähr 220°C war früher eine der Möglichkeiten, das rohe Leinöl zu klären und zu reinigen. Natürlich findetwährend des Verkochens in begrenztem Umfang durch die Oxidation der ungesättigten Fettsäuren bereits eine Polymerisation statt. Das Ergebnis unterscheidet sich nicht wesentlich von heutigem natürlichen Leinöl, es sei denn, daß das gekochte Öl etwas dunkler ist. Es ist also kein Firnis!

In der Anwendung verhält sich gekochtes Leinöl im wesentlichen dem kalt oder warm gepreßten naturbelassenen Leinöl, das auch als Lebensmittel verwendet wird. Der Unterschied ist für Laien nicht erkennbar und allenfalls für Kunstmaler und Restaurateure von Bedeutung. Gekochtes Leinöl trocknet also genauso langsam wie rohes Leinöl.

Es ist demnach nicht zu befürchten, wenn man übers Wochenende gut zwei Tage lang ein gute Schicht Leinöl auf einer ohnehin schon zuvor mit Leinöl eingelassenen Hobelbankplatte zum Einziehen beläßt, und da etwas abbindet und ein scheckiges Finish oder Glanzflecken hinterläßt. Zudem wird ja in dem kleinen Text auch berichtet, daß die betreffenden Handwerker am Ende der Prozedur, die Hobelbank trocken"polieren". Wenn gekochtes Leinöl anfängt richtig abzubinden, geht es langsam in einen gallertartigen Zustand über. Selbst dann kann überschüssiges Öl von einer Oberfläche noch ohne Probleme abgerieben werden. Also keine Angst bei der Anwendung von gekochtem Leinöl, außer das darauf zu achten ist, das mit Leinöl getränkte Lappen entflammbar sind.



Ottmar
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Re: Wachs oder Oel Uebersetzung Hinweis

Beitrag von Ottmar »


Hallo Recai & Forumsfreunde,

In meiner Anmerkung vom 16. 11. 2006, wollte ich nur in hoeflicher Form auf einen Unsinn hinweisen welcher in amerikanischen Veroeffentlichungen laufend ueber die Anwendung von Leinoelfirnis verbreitet wird.

Die Literatur, ob deutsch oder englisch, aus welcher du deine Angaben beziehst, ist bis auf den Hinweis, dass Lein oelgetraenkte Lappen Feuergefaehrlich sind, Unsinn.

Begriffserklaerung:

Aus dem Buch Fundamentals of Paint, Varnish, and Laquer Technologie, Verfasser Elias Singer Lecturer, New York University. 1957 Verlegt bei The American Paint Journal Company St. Louis Missourie.

„Boiled Linseed Oil“

Original englischer Text : This oil is made by heating the raw oil, adding drier to it and cooking.

Uebersetzung deutsch “Dieses Oel wird durch erhitzen von rohem Leinoel unter Zusatz vonTrocknern gekocht.

Physikalische Ablaeufe bei Leinoel/Firnis. Trocknung erfolgt durch Oxidation mit dem Sauerstoff der Luft, das getrocknete oxidierte Oel bildet den Film Linoxin, welcher unloeslich ist. Je duenner der Auftag erfolgt umso mehr Oberflaeche ist der Oxydation ausgesetz und beschleunigt den Trockenvorgang. Leinoel trocknet an der Oberflaeche zu erst, unter Volumenszuname und zieht nach der Durchtrocknung, ins Holz ein.

Rohes Leinoel, nach DIN 55 930 enthaelt alle Stoffe des ausgepressten Leinsamens. Als Finsh vollkommen ungeeignet!

Lackleinoel nach Din 55 933 ist ein schleimfreies, aus Rohleinoel hergestelltes raffiniertes Oel.

Leinoelfirnis nach Din 55 932 ist Lackleinoel welches ausser von Trockenstoffen, keine weitern Bestandteile enthalten darf. Die verwendeten Trockenstoffe sind Kennzeichnungspflichtig. In der Firnisherstellung wird das Leinoel zum Austreiben des im Leinoel enthaltenen Wassers erhitzt.

Die englische Firma Windsor & Newton, verkauft fuer die Kunstmalerei ein „Boiled Lenseed Oil free of Dryers“ bei diesem Produkt handelt es sich nach deutschem Begriff um ein Standoel (Leinoel, welches durch lange Zeit (Jahre) voroxidiert wurde) durch diese Behandlung wurde neben der schnelleren Trocknung auch noch eine gewisse Bleichung/Aufhellung des Oels erzielt.

Bei allen Angaben bezueglich Leinoel/Leinoelfirnis is zu beachten, fuer welchen Anwendungszweck diese bestimmt sind, was in der Oelmalerei eine wichtige Voraussetzung ist, kann in den meisten Anwendungen auf Holz als Oberflaechenschutz vernachlaessigt werden.

Meine Einstellung zu diesem Forum ist die, hier helfen wir uns gegenseitig durch den Austausch unserer Erfahrungen und Fachwissen.

Rueckblickend ueber eine 50+ jaehrige Berufserfahrung, die meisten Fehlschlaege, welche ich erlebte, waren Ratschlaege von Nichtwisser/Wichtigmachern oder von Artikeln in Buechern und Zeitschriften, welche falsch waren. Bei den Bezeichnungen von Hoelzern zaehlen fuer mich nur die Botanischen meist Lateinischen Namen, an den DIN-Angaben ist kein Zweifel noetig. Die Gesetze der Physik gelten immer und ueberall, (Auserirdische ausgenommen).

@Recai, das von dir geschriebene sehe ich als den Ausdruck deiner Meinungsfreiheit als berechtigt, sachlich/fachlich jedoch falsch/irrefuehrend.

mfg

Ottmar



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