zweilagiges Profilhobeleisen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

zweilagiges Profilhobeleisen

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo,

Ich bin gerade dabei ein Profilhobeleisen zu schärfen. Es stammt aus einer Sammlung, die wohl schon seit 4 oder 5 Generationen wenigstens existiert. Beim Schärfen hab ich entdeckt, dass das Eisen 2 Lagen hat. Ich habe bisher gedacht, 2-Lagen-Stahl käme nur bei japanischen Eisen vor. An einem heutigen, westlichen Eisen hab ich auch immer nur eine Lage Stahl entdecken können. Kennt jemand eine Erklärung? Mich würde vor allem interessieren, warum man diese Art der Herstellung bei uns eingestellt hat und wann.

Fröhliche Weihnachten und viel Werkstattzeit, Marc

Christof
Beiträge: 222
Registriert: Mo 29. Apr 2013, 23:37

Re: zweilagiges Profilhobeleisen

Beitrag von Christof »


Hallo Marc,
du hast nicht zufällig noch so eine Sammlung?

Zweilagige Eisen waren im Westen auch Standard, Bis wann weiß ich nicht genau vielleicht kann Wolfgang eine Auskunft geben. Der Grund war sicher Materialersparnis. Warum sollte man den hochwertigen Stahl, den man mühevoll hergestellt hatte, für das ganze Eisen verschwenden?

Mein Ulmia Kurzrauhbankeisen ist zweilagig auch das des britischen Foreplane. Ich mag diese alten Eisen. Sie nehmen eine hervorragende Schärfe an. ich bin mir da immer gar nicht so sicher ob die modernen Stähle (wie A2) auf's ganze gesehen wirklich vorteilhafter sind.

Viele Grüße, Christof.

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: zweilagiges Profilhobeleisen

Beitrag von reinhold »


hallo,
zweilagige Eisen waren zu Beginn des 20.Jahrhunderts weltweit Standard. Ebenso wie die Technik, in Werkzeugen nur die beanspruchten Teile aus Stahl zu machen und den Rest aus Schmiedeeisen. Beispiel : Die Schneide einer Axt wurde im Feuer in einen schmiedeeisernen Körper eingeschweisst. Der Kopf eines Hammers war eisern, die Schlagfläche Stahl.
Grund war , dass die durchgeschmiedeten Stähle einfach sehr teuer zum Erzeugen und auch relativ knapp waren, sodass der Arbeitsgang des Anstählens sich im Endeffekt lohnte.
Wann diese Technik bei der Industrie aufgegeben wurde, ist mit nicht bekannt. Ich habe noch ein paar Stechbeitel und Hobeleisen der Marken Kirschen und Spannsäge, die angestählt sind, und ziemlich sicher zwischen den Weltkriegen erzeugt wurden. Ich habe auch ein angestähltes Ulmia-Eisen, das noch keine dreissig Jahre alt sein dürfte. Sie sind hervorragend und halten jeden Vergleich mit den japanischen aus.
Mein Grossvater war noch "Waffenschmied". Das ist die Berufsbezeichnung für einen Schmied, der Werkzeuge herstellt, die mit einer angestählten Schneide versehen sind. Die Ähnlichkeit in der Entwicklung zu den japanischen Klingenschmieden, die sich ja auch von den Schwertschmieden herleiten, ist auffällig.
Mein Grossvater stellte in handwerklicher Produktion Hacken für die Landwirte, Beile, Äxte, Vorschlaghämmer und ähnliche Sachen her, die alle eingesetzte Stahlteile aufwiesen. Ich habe noch einige davon im Gebrauch und es sind hervorragende Werkzeuge. Er starb ca 1946, kurz nach dem Krieg. Das heisst, dass damals unter den besonderen Umständen der Zeit das Anstählen auch von "gewöhnlichen" Werkzeugen noch üblich war.
Ich vermute, dass mit der Verfügbarkeit von grossen Mengen an industriell gefertigten Stählen, die dadurch auch billiger wurden, das Anstählen aufgegeben wurde, weil es sich einfach nicht mehr lohnte.

Interessanterweise habe ich einmal gelesen, weiss leider nicht mehr wo, dass auch in Japan das Klingenschmiedehandwerk im letzten Viertel des 20.Jahrhunderts einen starken Niedergang erlebte und das Ende dieser Kunst in Sicht war. Die Schmiede(-industrie) von Miki hatte dann einen Berater, der den Rat gab, nicht auf billigere Massenproduktion zu gehen, was als Rettung von anderen empfohlen wurde, sondern im Gegenteil auf den Hochpreissektor zu setzen, beste Qualität zu produzieren und weltweit Werbung zu machen (bisher war die Produktion auf den japanischen Markt ausgerichtet). Parallel dazu ging eine Image-Kampagne einher, die das Besondere, Einmalige dieser Werkzeuge hervorheben sollte, und die Erzeugung von Werkzeugen mit besonderen, vielschichtigen Klingen (Suminagashi), besonderen Heften aus Edelhölzern oder von besonderer Gestaltung (Messer in Fischform etc) für Sammler und anspruchsvolle Handwerker.
Wie wir wissen, ging diese Rechnung auf.

Gruss
und schöne Feiertage !
reinhold

Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: zweilagiges Profilhobeleisen *MIT BILD*

Beitrag von Marc Waldbillig »


Christof,

Reinhold,

Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten, das hat mich schon mal motiviert. So wie ich das sehe, werde ich noch Tage damit zubringen alles wieder funktionstüchtig zu bekommen.

Gruß, Marc

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: zweilagiges Profilhobeleisen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #104108]
Hallo,
ich habe eine ganze Anzahl zweilagiger Hobeleisen in Stanley- Hobeln, die irgendwann in den 20er oder 30er Jahren entstanden sind. Es sind meine Lieblingseisen. Vor allem sehr schnell und gut zu schärfen, da kommen die "modernen" einlagigen Eisen nicht mit. Und ich teile Christofs Skepsis, ob die heutigen Eisen (auch die aus dem tollen A2, ich habe solche) wirklich besser in ihrer Standzeit sind. Ein nach heutigem Stand richtig dickes Eisen, laminiert, die harte Schicht höchstens einen mm dick, das wäre es. Aber das gibt es für westliche Hobel nicht (außer von Samurai, aber die haben auch ihre Tücken). Also schleifen wir uns weiter an dicken durchgehend harten Eisen einen Wolf. Das ist dann der Fortschritt.

Friedrich

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