Reinhold Ege: Arbeiten mit Ziehmessern und Schärfen

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Ziehmesser, von manchen auch als Zugmesser (Engl.: drawknife, pl: drawknives) bezeichnet, gehören zu den Werkzeugen, die fast jeder besitzt, aber selten oder nie anwendet. Nach dem ersten Versuch pfeffert man die Dinger meist enttäuscht in die Ecke und schwört sich, sie nie wieder anzurühren.

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Dabei sind es ausserordentlich vielseitige Werkzeuge, die einerseits schnell grosse Mengen Holz entfernen können und genau so gut auch zur gefühlvollen Abnahme winziger Späne taugen. Man muss sich nur die Mühe machen, sie richtig zu schärfen und den - zugegebenerweise nicht ganz einfachen - Umgang mit ihnen zu erlernen.

Ein Ziehmesser kann man sich von der Schneidengeometrie her vorstellen wie einen Stechbeitel, der 20 cm breit, aber nur 4 oder 5 cm lang ist. Seine Klinge ist einseitig geschärft, hat also einen Spiegel (glatte Rückseite) und eine Fase, genau wie ein Stechbeitel. Der Schneidenwinkel (Keilwinkel) ist flacher als bei einem Stechbeitel. Ich schärfe auf ca 22 bis 25 Grad.

Ähnlich wie ein Stechbeitel wird das Ziehmesser freihändig geführt , die Stellung der Schneide zum Holz richtet sich nach dem beabsichtigten Schnitt und dem Können des Anwenders (im Gegensatz zu einem Hobel, bei dem der Hobelkasten die Stellung des Eisens zum Holz und die Spanabnahme vorgibt).

Die Griffe sind normalerweise senkrecht zur Klinge angeordnet, seltener in Verlängerung der Klinge. Das Ziehmesser wird mit der Fase nach oben (weg vom Holz ! ) verwendet, die Spiegelseite ist dem Holz zugewandt. Die Späne lassen erkennen, dass das Holz geschnitten und nicht gespalten wird. Das Ziehmesser soll nur zum Schneiden und nicht zum Spalten des Holzes verwendet werden, dafür gibt es andere Werkzeuge. Die Späne können ziemlich dick sein, ca 1 mm. Auf diese Art kann man sehr schnell sehr viel Holz abnehmen, so dass nachher mit dem Hobel nur noch geglättet werden muss. Wenn das Messer schräg zum Holz gehalten wird, erhält man einen ziehenden Schnitt und die Oberfläche wird noch besser.

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Beim Arbeiten mit dem Ziehmesser wird mit beiden Daumen Druck auf die Werkzeugachse ausgeübt. Mittelfinger und Ringfinger erzeugen den Gegendruck und balancieren damit die Stellung des Werkzeuges zum Holz aus. Das ergibt ein Kräftedreieck zwischen Schneidenpunkt, Handgriff und Werkzeugachse (Rücken). So kann man den Freiwinkel der Schneide recht präzise konstant halten und einen gleichmässigen und sicheren Schnitt durchführen. Das ist der wichtigste Trick im Umgang mit diesem Werkzeug !

Das Schärfen

Es wird von Hand auf Wassersteinen geschärft. Trocken laufende Schleifmaschinen dürfen nicht verwendet werden, um den Stahl nicht zu enthärten. Mit Nassschleifmaschinen trägt man viel Material ab. Der Wasserstein (Körnung 600 - 800 zum Vorschliff, 1000 zum Zwischenschliff und 6000 zum Feinschliff) liegt auf einem kurzen Balkenstück auf der Werkbank. Dadurch sind die Handgriffe frei und ohne Behinderung beweglich. Ich halte das Ziehmesser ähnlich wie beim Arbeiten, nur dass ich beim Schleifen die Fase nach unten halte. Ich drücke die Fase gleichmässig gegen den Stein und ziehe das Werkzeug mit etwas Druck diagonal schräg über den Stein nach vorne auf mich zu. Fast wie beim Arbeiten mit dem Ziehmesser. Natürlich muss man vermeiden, mit der Schneide in den Stein einzuhacken. Sowohl Stein als auch Klinge mögen das nicht!

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Auf die gleiche Weise wird die Fase mit dem feinen Stein abgezogen.

Die Spiegelseite wird erst zum Schluss abgezogen. Ich mache das oft freihändig, weil mein Ziehmesser gut im Schuss ist und an der Spiegelseite nur der Grat zu entfernen ist. Bei einem neuen Ziehmesser oder wenn grössere Macken zum Herausschleifen waren, würde ich auch die Spiegelseite mit einem fest aufliegenden Stein abziehen.

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Beim Arbeiten mit dem Ziehmesser und erst recht beim Schleifen gilt immer:
VORSICHT : FINGER !!!