Reinhold Ege: Schärfen von Drechslerwerkzeugen : Schaber

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Reinhold Ege:
Schärfen von Drechslerwerkzeugen : Schaber


Die Schabetechnik hat unter Hobbydrechslern keinen guten Ruf : Schaben gilt oft als minderwertige Technik. Schaber (die Werkzeuge !) haben den Ruf, grosse Fetzen aus dem Holz zu reissen und eine rauhe Oberfläche zu hinterlassen, die mühsam mit Schleifmitteln korrigiert werden muss.

Wie so oft im Leben, ist auch das hier nur teilweise richtig und teilweise sogar falsch. Wenn Langholz, z.B. eine Geländersprosse, mit der Schabetechnik bearbeitet wird, ist das Ergebnis zweifellos schlechter, als bei einem gekonnten Drechseln mit der Schneidemethode. Wenn Sie dagegen das Innere eines Schäufelchens oder eines Eierbechers mit dem Schaber aushöhlen, also Langholz von der Stirnseite aus schaben, wenden Sie genau die richtige Technik an. Auch beim Querholzdrechseln/Schalendrechseln gibt es Situationen, bei denen die Anwendung eines Schabers korrekt und sinnvoll sein kann.

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Nimmt man ein umfassendes Drechselbuch, z.B. den Spannagel, und schaut die abgebildeten Werkzeuge an, dann wird man überrascht feststellen, dass die Drechselprofis offensichtlich Dutzende von verschiedensten Schabewerkzeugen einsetzen : Ausdrehstähle in allen Formvariationen von rund bis eckig, Falzstähle, Schrotstähle, Spitzstähle, Schlichtstähle, Schraubstähle und Perlbohrer, um nur einige wichtige zu nennen.

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Die Rohmaterialen für Schaber sind vielfältig : traditionell wurden oft alte Feilen verwendet : das Innere der Feilen hat genau die richtigen Materialeigenschaften für Schaber - nicht zu hart und nicht zu weich. Allerdings sind Feilen spröde : hier ist die Bruchgefahr und damit auch die Verletzungsgefahr hoch. Gut geeignet sind die preiswerten Flachschaber für die Metallbearbeitung, die man in jedem Baumarkt erhält. Natürlich sind auch spezielle Drechslerschaber in grosser Auswahl im Handel erhältlich, aus Kohlenstoffstahl und HSS. Ich habe mir ausserdem einen besonderen Handgriff für Drehstahlrohlinge aus der Metallbranche anfertigen lassen, für den ich auswechselbare Einsätze zuschleife.

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Erläuterung zum Bild: Die Formulierung "ab dieser Stellung sind Ausrisse zu erwarten" bezieht sich NICHT auf die Haltung des Schaber (die ist korrekt), sondern auf die Fasern des Holzes! Die Holzmaserung ist durch einen Strichraster angedeutet. Bei Querholz ändert sich die Richtung der Fasern im Verhältnis zum Stahl laufend. In der gezeigten Stellung sind die geschnittenen Fasern NICHT mehr durch die nachfolgenden Fasern gestützt. Es ist also mit Ausrissen zu rechnen.

Dies hier ist ein SCHÄRF-Forum, deshalb gehe ich auf die einzelnen Fragen des Schabens nicht ausführlich ein : generell nur soviel : überall da, wo die geschnittenen Fasern durch andere Fasern unterstützt werden, kann ein Schaber erfolgreich eingesetzt werden und wird eine gute Oberflächenqualität erzeugen . Wenn ein homogenes Material, wie Messing, Horn, Knochen, Elfenbein oder Kunststoff bearbeitet werden soll, dann reicht es aus, eine möglichst scharfkantige Schneide zu erzeugen und damit zu schaben. Das Schabewerkzeug liegt dabei fest auf der Handauflage auf, die Oberkante des Werkzeugs liegt auf einer Linie, die direkt ins Drehzentrum zeigt oder dicht darunter, bei Innenbearbeitung dicht darüber. Auf Grund der homogenen Struktur der Werkstücke ist eine saubere Spanabnahme gewährleistet.

Beim Schaben von Holz gilt eine andere Regel : nicht die scharfe Kante der Schneide nimmt das Material ab, sondern der "Bart". Und der Bart schabt nicht, sondern er schneidet !

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Jeder, der Werkzeuge an der Maschine schleift , erzeugt einen Bart. Das sind hochstehende Metallfasern, meist vermischt mit irgend welchen Schleifpartikeln. Sie bilden sich unmittelbar an der geschliffenen Schneide und müssen mit einem Abziehstein entfernt werden. Normalerweise ist der Bart unerwünscht und wird sorgfältig entfernt. Bei Schabewerkzeugen für Holz ist ein Bart erwünscht - er ist es, der schneidet. Und ein scharfer Schaber ist einer mit einem scharfen Bart. Er schneidet wie eine ganz kurze, senkrecht stehende Schneide. Je feiner und gleichmässiger dieser Bart ist, desto feiner und gleichmässiger wird er schneiden. Ein grober Bart wird relativ viel Holz abtragen und auch rauher arbeiten.

Schleifen Sie also Ihre Schaber an der Schleifscheibe auf die gewünschte Form. Sorgen Sie für einen guten Keilwinkel angepasst an Verwendungszweck und Material. Für Schaber, die an einer Aussenform angesetzt werden sollen, sind ca. 70 bis 80 Grad als Keilwinkel gut geeignet. Schaber für die Innenbearbeitung von Höhlungen ( z.B. Schalen oder Eierbecher) erhalten einen Keilwinkel, der so gewählt wird, dass die untere, nicht schneidende Kante des Werkzeugs das Werkstück nicht berühren kann. Ich habe einen Schaber von Richard Raffan, der hat weniger als 45 Grad Keilwinkel.

Wenn die Form der Schneide und der Keilwinkel stimmen, dann ziehen Sie den Schaber auf der Oberseite mit dem Abziehstein sorgfältig ab. Entfernen Sie den Bart, der beim Schleifen entstanden ist. Diesen Bart können Sie nicht brauchen , er ist zu grob, zu brüchig, kurz - nicht gut genug. Gehen Sie dann noch einmal zügig mit der Schneide über die Schleifscheibe. Es wird ein sehr feiner, kaum sichtbarer Grat entstehen. Sie fühlen ihn mit dem Daumen und wenn er wirklich gut ist, wird er die Haut ganz zart einschneiden, ohne dass Sie viel merken. Also quer zur Schneide fühlen und nicht längs!

Mit diesem Bart können Sie die letzten Schnitte innen an einer Schale machen und die Qualität der Oberfläche an den kritischen Stellen wird besser sein, als mit einer Röhre geschnitten. Sie brauchen dafür keine Kraft : nur über die Oberfläche streicheln. Die Späne werden sehr feine Locken sein, wie immer, wenn Holz geschnitten wird, wie Holz geschnitten werden will (Frank Pain). Wenn Sie Kraft brauchen und Sägemehl abschaben, machen Sie etwas falsch! Natürlich wird so ein Bart durch das Drechseln sehr schnell abgetragen und stumpf und dann reisst das Holz aus. Sie müssen also den Bart relativ oft auffrischen. Je nach Holzart nach jedem dritten, vierten , fünften Schnitt.

Sie können den Bart auch durch Kaltverformung der Schneide erzeugen : wie bei einer Ziehklinge. Er hält dann etwas länger. Geben Sie einen Tropfen Öl auf die Schneide und streichen Sie mit etwas Druck mit dem Ziehklingenstahl die Oberseite der Schneide zuerst flach . Erst dann wird der Bart aufgerichtet, indem Sie mit senkrecht gehaltenem Ziehklingenstahl die Schneide anstreichen. Statt einem Ziehklingenstahl können Sie auch eine HSS-Röhre mit Querschnitt von ca 6 - 8 mm nehmen.

Manchmal ist ein Schaber auch das richtige Werkzeuge für grobe Abtragungsarbeiten: überall da, wo aufgrund der beabsichtigten Form eine Röhre nicht einsetzbar ist. Zum Beispiel im Inneren von Eierbechern (Stirnholz !) oder im Übergangsbereich vom Schalenboden zur Schalenwand. Hier halte ich den Schaber nicht flach auf der Werkzeugauflage, sondern lasse ihn nur mit einer Kante aufliegen. Die Schneidekante liegt dann nicht parallel zur Werkstückoberfläche, sondern tangential und die Abtragung ist nicht schabend sondern scherend. Dabei kann es im Einzelfall sogar besser sein, keinen Bart, sondern eine saubere Schneidekante zu haben. Vorsicht : Die Gefahr eines richtig satten Schlages ist sehr hoch! Aber wenn dieser Schnitt gelingt, dann ist es ein scherender Schnitt, der viel Material abträgt und eine brauchbare Oberfläche erzeugt.

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