Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christian Aufreiter
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Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Holzwerker,

mich "quält" zur Abwechslung wieder eine Grundsatzfrage bzw. verspüre ich die "Notwendigkeit", meinen Werkzeugbestand zu erweitern und ihr sollt mir dabei - wenn möglich - bitte behilflich sein.
In letzter Zeit tüftelte ich an ein paar Projektideen und fand dabei heraus, dass für deren Auführung Spezialhobel wie Grat-, Grund- oder Falzhobel recht praktisch wären. Auf behelfsmäßige Aktionen, wie Nut mit dem Stemmeisen fertigen, möchte ich verzichten, also habe ich überschlagen, wie viel die Anschaffung von Nut-, Falz-, Grund- und Grathobel kosten würde und bin dabei auf die beachtliche Summe von 460 Euro (excl) gekommen.

Nun meine Fragen:

a) Braucht man all diese Hobel wirklich und wie oft verwendet ihr sie?

b) Für Plattenmaterial, das man zwangsläufig auch von Zeit zu Zeit bearbeitet, sind diese Hobel wohl ungeeignet.
Stimmt das?

Nun kommen wir wohl oder übel zur Frage
c) Wäre es nicht ausnahmsweise besser, alle Neander-Konventionen abzulegen und zur Oberfräse zu greifen, zumal um 460 Euro sogar Profimaschinen wie Scheer in greifbare Nähe gelangen?
Wer von euch besitzt Hobel und Fräse?
Was würdet ihr empfehlen?
Worin liegen die Vor- und Nachteile und worauf könntet ihr eher verzichten?

Ich bin schon gespannt auf eure Kommentare!

Herzliche Grüße

Christian

Christof Hartge
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Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Christof Hartge »


Langfristig würde ich sagen, brauchst du alle drei Hobel. Und ich fürchte, fürchte, sie werden auch mit Oberfräse irgendwann bei dir einwandern. Falz- und Grundhobel brauche ich wirklich oft. Insbesondere der Grundhobel ist ein recht universelles Werkzeug, das man noch für allerlei Nebennutzungen einsetzten kann. Ob ich den Nut-oder Falzhobel für wichtiger halte, kann ich nicht recht entscheiden, es hängt auch von den Konstruktionen ab, die du verwendest. Ich habe den Falzhobel vorgezogen, weil er mir universeller einsetzbar schien. Der Nuthobel ist ein schönes Werkzeug, der Nuten wirklich schnell und effektiv aushebt. Aber nicht immer sauber und schon gar nicht quer zur Faser und mit blind endenden Nuten kommt er auch nicht zurecht. Das schließt schon mal eine Menge Verwendungsmöglichkeiten aus.

Viele Grüße, Christof.

Berthold Cremer
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Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Christian!

Ich besitze alle vier von Dir genannten Hobel und eine einfache Oberfräse in eckligem grün. (Ich meine weniger die Farbe als der Hersteller, der die Farbe verwendet.)

Die Hobel habe ich alle bei ebay gekauft und waren daher nicht so teuer, wie Du ausgerechnet hast.

Jedes dieser Werkzeuge hat seine Berechtigung. Die Oberfräse ist natürlich das universellste. Und kann (fast) alles, was die anderen Spezialisten auch können - und noch viel mehr.

Trotzdem, die Hobel möchte ich nicht mehr hergeben, es ist einfach viel schöner damit zu arbeiten.

Wenn ich schnell eine Arbeit erledigen möchte, oder den Zweck für zweitrangig ist, nehme ich die Oberfräse. Wenn ich eine Arbeit oder ein Werkstück genießen möchte, greife ich zu den Spezialisten.

Berthold

Eckhard Pohlmann
Beiträge: 163
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Eckhard Pohlmann »


Hallo Christian, hallo Berthold,

auch ich besitze die von dir genanten Hobel und eine Oberfräse (schönes blau).
Die Hobel sind alle vom Flohmarkt und habe nur ein Bruchteil von deinem Preis gekostet.
Wenn ich Spaß an der Arbeit haben will, nehme ich natürlich die Hobel.
Wenn z.B. meine aber Frau sagt, ich gebrauche ein Schränkchen, das ich mir rosa anmale, nehme ich für Verzierungen usw. die Oberfräse.
Es muß dann ja auch schnell fertig werden ;-)

Also, beide Werkzeugtypen haben auch bei mir eine Berechtigung.

Gruß, Eckhard


Putmans

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Putmans »


Da ich erst seit etwas mehr als zwei Jahren das Hobby der Holzbearbeitung betreibe, kann ich keine grossen Erfahrungen beisteuern, wohl aber meine Ansichten:

Ich habe an Spezialhobeln eigentlich nur zwei Stück: Grundhobel und Falzhobel, esteren habe ich noch gar nicht verwendet, letzteren verwende ich regelmässig.

Auch ich habe mir überlegt, mir mal einen schönen Nuthobel zuzulegen, denke allerdings andererseits an den Grundhobel, den ich bislang noch nicht benutzt habe; veilleicht geht es dem Nuthobel dann genauso.

Nutverbindungen habe ich bislang mit Säge und Stemmeisen hergestellt. Das funktioniert eigentlich recht gut, macht viel Arbeit, aber auch viel Spass. Ich "vermisse" den Nuthobel bisher eigentlich nur bei der Herstellung der "gespundeten Fuge" (also Breitverbindung mit Fuge und angeschnittener Feder), da verlasse ich mich dann jedoch auf die modernen Leime, die eine m.E. genau so starke Breitenverbindung mit stumpfer Fuge ermöglichen.

Zum Grundsätzlichen:
Ich versuche eigentlich mit möglichst wenig Werkzeug auszukommen; dass man sich dann hin und wieder beschränken muss in der Wahl der Holzverbindungen, nehme ich dann einfach hin.

Übrigens besitze ich keine Oberfräse (an Elektrogeräten nur Bohrer und Schleifmaschine), so dass ich dazu nichts sagen kann.

Solltest Du eine Entschuldigung (für die Cheffin im Haus?) für den Kauf der Spezialhobel brauchen, dann streiche das Vorstehende und lass nur das Folgende stehen:

"Man braucht so viel wie möglich verschiedene Hobel, ohne die ist ein vernünftiges Arbeiten schlichtweg unmöglich. Die Oberfräse braucht man unbedingt zusätzlich um hin und wieder schnell arbeiten zu können."

Gut Holz (ich weiss, eigenlich nur der Gruss der Kegelbrüder, passt aber doch auch für Holztüftler) aus Heerlen, Niederlande

Jean Putmans



Thomas Jacobi
Beiträge: 327
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Grundsatzfrage: "womit" oder "warum"?

Beitrag von Thomas Jacobi »


Hallo Christian,

Mir geht es wie Dir, auch ich habe die 3 Spezialisten auf meiner Wunschliste.
allerdings habe ich mein Augenmerk angesichts der mir zur Verfuegung stehenden Mittel auf ebay und Flohmarkt gerichtet (auch wenn ich gern mal Kataloge waelze)und denke dass mir frueher oder spaeter das richtige Teil fuer den passenden Preis vor der Nase auftauchen wird. Bis dahin grate und nute auch ich mit Saege (Azebiki ist hierfuer super)und Stecheisen. Sicherlich ist die Praezision nicht die eines mit 10.000 U/min oder wieviel es auch sein moegen rotierenden Fraeskopfes. Nebenbei bemerkt die Oberfraese war auch mir mal (lange her) begehrtes Mittel zum Zweck.
Seither bin ich wie mancher hier dem spezifischen Hand-Werkzeug'libido' erlegen und bilde mir ein das Holz etwas "besseres" verdient hat als wahnwitztig rasende Fraeskoepfe, und was die Praezision betrifft, ich bin nicht Uhmacher.

Stattdessen finde ich dass das mit Haenden befuehlte, gestreichelte, bearbeitete Werkstueck von einer anderen "Qualitaet" oder einem anderen "Bewusstsein der Form" ist wie das gefraeste. Weshalb ich auch nichts anderes als Massivholz verarbeite und zunehmend der Form die ich im Holz "erahne" nachzuspueren versuche anstatt Zeichnung, Materialliste, Arbeitsgaenge, rationell, schnell schnell.
Haengt mit der Hand zusammen und dem Herz mehr als mit der schieren "Machbarkeit" - machbar ist vieles, auch viel Schreckliches.

Vielleicht lieg ich wieder outside des Themas, vielleicht ist es einfach eine andere Annaeherungsweise. Jedenfalls habe ich diesmal kein Wort ueber Motorsaege gesagt, wie Du ohne Zweifel bemerkt haben wirst.

Mit freundlichem Gruss,
Thomas

Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Holzwerker,

ich fahre zweigleisig, habe also auch alle möglichen Maschinen. Was ich benütze, hängt auch von der Menge ab. Wenn ich mal schnell einen Falz brauche, erledige ich das mit dem Falzhobel, weil es viel schneller geht als eine Maschine einzustellen. Habe ich aber eine Serie, dann stelle ich mir die Oberfräse im Frästisch genau ein. Wenn man dann viele Teile in wenigen Minuten fräst, dann macht das auch sehr viel Spaß.
Außerdem muss ich gestehen, dass die gefrästen Falze und Grate bei mir exakter sind als die handgemachten.

Viele Grüße von
EK


Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Edi Kottmair »

[In Antwort auf #95236]
Was kann man denn mit einem Grundhobel sonst noch machen außer einen "Grund aushobeln"? Welche Nebennutzungen gibt es?

Viele Grüße von
Edi

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Christof Hartge »


Ein Grundhobel taugt auch als guter Ersatz für einen Eckeneinlasshobel gelten. Vertiefungen für Einlegearbeiten können sauber ausgegründet werden. Bei nicht zu schmalen Zapfenlöchern bekommt man prima die Ecken sauber. Das wären schon mal drei Nebennutzungen.
Viele Grüße, Christof.

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Grundsatzfrage: "Spezialhobel"

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #95240]
Hallo Jean,
vielen Dank für deine schönen Anmerkungen.

"Ich "vermisse" den Nuthobel bisher eigentlich nur bei der Herstellung der "gespundeten Fuge" (also Breitverbindung mit Fuge und angeschnittener Feder), da verlasse ich mich dann jedoch auf die modernen Leime, die eine m.E. genau so starke Breitenverbindung mit stumpfer Fuge ermöglichen."

Für eine stabile Fuge brauchst man weder einen modernen Leim, noch eine Nut- und Federverbindung. Eine sauber ausgeführte stumpfe Fuge mit traditionellem oder modernem Leim hat eine höhere Festigkeit als das Holz und bleibt im Unterschied zur Nut- und Federvebindung unsichtbar.
Die Nut- und Federverbindung hat da ihren Ort, wo die Verwendung von Leim ausgeschlossen ist, oder schnelle, billige Arbeit gefordert ist (Rückwände).

Das wäre dann noch ein Argument weniger für den Nuthobel.

Stattdessen, Christian, würe ich Ausschau halten nach einem Simshobel mit schrägem Eisen. Die gab es aus Holz, meiner ist von Ulmia, und gibt es von L-N. Mit der Kombination von Falzhobel, Simshobel und schrägem Simshobel kannst du praktisch alles ausputzen, was dir vor das Eisen kommt. Kirschen bietet immer noch die Eisen für schräge Simshobel an.

Viele Grüße, Christof

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