Gratsparren auf amerikanische Art

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Dennis Bark
Beiträge: 33
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Gratsparren auf amerikanische Art

Beitrag von Dennis Bark »


Hallo an alle Interressierten...

ich habe ein theoretisches Problem für alle Dachversierten (und sonstige Geometriefreaks ;-)).
Ich habe mir aus Interesse ein älteres Buch über den nordamerikanischen Holzrahmenbau besorgt und hänge gedanklich an einer kniffligen Stelle.

Es geht um das Anreißen des Gratsparrens in einem gleichgeneigten Walmdach. Das erste Bild zeigt den Grundriß des Schnittpunktes von Sparren (common rafter), Gratsparren (hip rafter) und Firstbrett (Ridge). Es gibt keine Klauen, die Hölzer werden einfach stumpf aneinander gestoßen.

Was ich nicht verstehe, ist wie die beiden Backenschmiegen (cheek cuts) an dem Gratsparren zustande kommen.
Die Abb. 15-7 zeigt, wie mit dem Zimmererwinkel angerissen wird. Nur was ist das für merkwürdiges Dreieck? Man beachte dazu Abb. 15-6.
Gezeigt wird quasi ein Gratneigungsdreieck.
Das Hauptdach hat bei einem Grundmaß von einem Fuß eine Steigung von 8 Zoll,der Grat hat bei denselben 8 Zoll Steigung ein Grundmaß von 17 Zoll.
Aus diesen 17 Zoll Gratgrund und den 8 Zoll Steigung wird die Länge der Gratlinie in diesem Dreieck ermittelt (Abb. 15-6).

Soweit, so gut. Doch dann kommt Abb. 15-7. Hier wird ein Dreieck gebildet aus den 17 Zoll Gratgrund (halbiert), der Länge der Gratlinie (halbiert) und einer Strecke x. Und daraus ergibt sich dann die Schmiege für den Abschnitt. Da bin ich ratlos!

Das war jetzt viel blabla - ich weiß, es ist sehr schwer zu erklären. Ich hoffe allerdings, jemand hat es verstanden und weiß darüber hinaus eine Antwort auf das Rätsel :-)

Schöne Grüße
Dennis

ps: Ich hätte mein Glück ja in einem US-Forum versucht - nur würde sich mein Posting für einen Muttersprachler dann wohl anhören wie eine dieser berühmten übersetzten Bedienungsanleitungen aus China ;-)






StefanK
Beiträge: 82
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Gratsparren auf amerikanische Art

Beitrag von StefanK »


Hallo Dennis,

durch Deine Zeichung und vor allem die amerikanische Nomenklatur und deren Maße steige ich auch nicht wirklich durch. Aber wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann willst Du wissen, was dieses Dreieck im letzten Bild ist und wie es zustande kommt. Ich tippe mal ganz stark darauf, dass das einfach die Backenschmiegen für den First sein sollen, wo der Gratsparren auf die beiden Sparren trifft.

Wenn Du auf das Dach von oben draufguckst, (siehe erstes Bild) scheint es sich ja um zwei 45°-Winkel zu handeln, mit denen der Gratsparren auf die Sparren trifft. Die Länge der beiden Strecken C-D und C-E wäre dann über Pythagoras zu berechnen (Wurzel aus [(13/8)^2 + (13/8)^2]). Und im letzten Bild würdest Du auch mit 45° arbeiten und somit wären die beiden Strecken an Deinem Winkel je 8,5" lang.

Durch die Steigung von 33,7° des Daches werden diese Schmiegen jedoch verändert. Je steiler, desto länger werden die Strecken C-D und C-E. Oder anders ausgedrückt: Je steiler das Dach, desto mehr wandern die Punkte D und E vom Punkt C weg.
Daher dieses ominöse Verhältnis von 8,5 zu 9,375.

Ich kriegs aus dem Stehgreif auch nicht hin, Dir nun zu sagen, wie Du das genau berechnen kannst etc. Aber vielleicht ist Dir damit trotzdem schon mal geholfen...

Falls du mich überhaupt verstanden hast... ;-)



Jochen
Beiträge: 147
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Gratsparren auf amerikanische Art

Beitrag von Jochen »


Hi Dennis,

meine letzte Schiftung ist leider schon ein paar (tausend) Tage her. Was ich schon nicht verstehe ist, wie das Konstrukt zusammenlaufen soll. Der Firstanfallspunkt liegt ja auf der Mittelachse vom Anfallsgespärre. Das kann doch höhenmäßig nicht zusammen laufen, wenn nicht auch das Anfallsgespärre und der Mittelschifter abgegratet wird. Komischer Knotenpunkt.
Gruß
Jochen


Marc Hohnsbehn
Beiträge: 581
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Gratsparren auf amerikanische Art

Beitrag von Marc Hohnsbehn »


Hi,

was ist ein Gratsparren?Sparren, der auf ne Hausecke zuläuft ,mit Dachprofil an Oberkante?
empfehle als Leihe(sollte jede Bücherei besorgen können das Buch von M.Euchner "Handbuch der Schiftungen"
habs momentan,vielleicht kann ich was kopieren.
Gruß


Dennis Bark
Beiträge: 33
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Nachtrag (mit ein paar Bildern)

Beitrag von Dennis Bark »

[In Antwort auf #37480]
Hallo nochmal...

@Jochen:
Abgegratet wird in diesem Fall nur der Gratsparren. Die waagerechte Fläche auf dem Firstbrett -es sind ja nur ca. 18mm- wird einfach so hingenommen, denke ich. Die Zipfel, die vom Mittelschifter dann in die Ebene des Hauptdaches ragen, werden dann wahrscheinlich einfach abgesemmelt. Leider war keine schöne 3d-Darstellung dieses Knotenpunktes im Buch zu finden.

@Stefan:
Ich teile deine Überlegungen. Nur leider - wie kommt dieses Verhältnis zustande? Ich habe das Problem mal ein bischen "eingedeutscht":

Nehmen wir einfach mal an, wir hätten ein gleichgeneigtes Walmdach mit 12m Gesamtbreite und 4m Firsthöhe.

Gegeben sei also folgendes Dachneigungsdreieck:



Aus dem Grundriß läßt sich der Gratgrund ermitteln.



Ich nenne es mal "gg".
gg = Wurzel_aus_2 * 6,00 =~ 8,49m

Aus dem Gratgrund und der Firsthöhe kann man dann ein "Gratneigungsdreieck" aufstellen.
Es ergibt sich auch die wahre Länge der Gratlinie, es sind ca. 9,39m (von mir "gn" genannt).



Und jetzt kommt der für mich komplett unverständliche Teil.
Der Gratgrund und die Gratneigung werden im rechten Winkel aufeinander gestellt und mit Hilfe des so entstandenen Dreieckes wird die Backenschmiege des Gratsparrens angerissen.

(Im Bild grüne Linien=Schnittlinien)



Tja, da ist guter Rat teuer ... ;-)

Schöne Grüße
Dennis



Marc S.

Knotenpunkt und Schmiegenberechnung *MIT BILD*

Beitrag von Marc S. »


Hallo Schiftfreunde,

ich hab ja schon einige Wege zur Ermittlung von Abschnittsrissen bzw Schmiegen im Holzbau kennengelernt. Keiner erschien mir aber bis dato so unverstaendlich wie dieser.
Weil mich solche Dinge aber auch nicht loslassen hab ich die Ecke mal konstruiert und die Schmiege zum Vergleich berechnet. Soviel ist bis dahin klar: Die gezeigte Moeglichkeit liefert das richtige Ergebnis :) Aber warum das so ist oder wo da der Zusammenhang liegt... bin ich bisher nicht hinter gestiegen.
Meine favorisierte Loesung in diesem Fall waere die Verwendung von Urloten und Verstichmaßen (weil gleichgeneigtes Dach mit rechtwinklig zueinanderstehenden Traufen, d.h Gratsparren liegt im Grund unter 45° - waagerechtes Verstichmaß waere in dem Fall halbe Holzstaerke). Also laengste "Ecke" des oberen Abschnitts am Gratsparren anreissen und an den Seitenflaechen runterloten (Lot aus dem Gratprofil). Von da Verstichmaß (also hlb Holzstaerke) in Richtung der Traufe waagerecht abtragen und durch diesen Punkt wieder ein Lot reissen. Das ist dann der seitliche Abschnittsriss. Den verbindet man dann auf der Oberseite des Gratsparrens mit dem laengstem Punkt auf Mitte Oberseite. Fertig.

Wenn die Dachgeometrie schwieriger wird oder man lieber mit Schmiegen arbeitet kann man sich den ergebenden Winkel auf der Oberseite des Gratsparrens auch mit folgender Formel errechnen. Wie schon richtig gesagt wurde veraendert sich dieser Winkel durch die Neigung des Holzes. Aus den 45° im Grund werden in diesem Fall 42.13° in der Neigung. Also mit einer Schmiege auf diesen Wert eingestellt und an der Seite des Gratsparrens angehalten kann man den Riss den man oben durch Verbinden der Abschnittspunkte erzielt hat auch erhalten.

Formel zur Berechnung des Schmiegenwinkels = atn(tan Grundwinkel x cos Gratneigungswinkel)
Grundwinkel waere in diesem Fall 45° und Gratneigung 25.24°

Zur Veranschaulichung hab ich mal den Knotenpunkt als Bild angehaengt.

Gruesse Marc



Jochen
Beiträge: 147
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Nachtrag (mit ein paar Bildern)

Beitrag von Jochen »


Hi Dennis,

hast Du überprüft, ob das mit der Schmiege hinkommt. Ich habs mir mal mit Deinen Massen für Firsthöhe (4m) und Gebäude (12m Trauflänge Walm) im M 1:100 aufgerissen (Grundriß, Aufriß), den Gratsparren ausgetragen und die GS- Draufsicht in wahrer Länge, also M 1:100, aufgezeichnet. Wenn ich Richtung meiner Schmiege und auf der Gratgrundlinie diese Maße auftrage, ergibt sich bei mir ein Winkel von ca. 96 Grad. Vielleicht liege ich auch falsch.

Gruß
Jochen


StefanK
Beiträge: 82
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Knotenpunkt und Schmiegenberechnung

Beitrag von StefanK »


Hallo,

ich weiß auch nicht, wie man darauf kommt, dass man die beiden Maße gg=8,49 und gn=9,39 im rechten Winkel zueinander antragen muss und damit die Schmiege anzeichnen kann.

ABER: Die Formel, die Marc S. uns in seinem Beitrag präsentiert hat:
Schmiegenwinkel = atn(tan Grundwinkel x cos Gratneigungswinkel) = 42,13°
ist mir zu umständlich. Es geht doch viel einfacher... ;-)

Man schaue sich Dennis erste Zeichnung in seinem zweiten Posting an. In dem roten Dreieck der Winkel rechts unten lässt sich ganz einfach berechnen als
Schmiegenwinkel = arctan(8,49 / 9,39) = 42,12° (wegen tan(Schmiegenwinkel)=Gegenkathete/Ankathete=8,49/9,39)
Insofern macht es auf jeden Fall Sinn, dass die beiden Maße im rechten Winkel zueinander so abgetragen werden.

Bleibt bloß noch die knifflige Frage: Wie kommt man darauf? :-)

Einen schönen Sonntag noch,

Stefan


Marc S.

Re: Schmiegenberechnung

Beitrag von Marc S. »


Hallo Stefan,

bei dem von Dennis angefuehrten Beispiel hast du natuerlich Recht.
Es handelt sich dabei aber auch nur um das einfachst moegliche Walmdach, naemlich gleichgeneigt und Gratgrund damit unter Winkelhalbierenden (hier 45°).
Habs gerade nochmal an einem ungleich geneigtem Walmdach durchgerechnet und wie ichs eigentlich schon befuerchtet hatte kommt man dabei mit der im Buch von Dennis praktizierten Loesung nicht mehr zum Ziel.
Mit der von mir benutzten Formel kommt man aber weiterhin zum richtigen Ergebnis, weil sie den Grundwinkel (der dann ja nicht mehr 45° ist) beruecksichtigt. Die Formel ist damit also auf jedenfall allgemeingueltiger.
Man muss die Schmiegenwinkel dann natuerlich fuer jede Seite berechnen.

Ist eigentlich auch nicht so sehr umstaendlich wenn man mal verfolgt hat wie sie zustande kommt - da das schon wunderbar von anderen Leuten gemacht wurde brauche ich das Rad hier nicht neu zu erfinden und verweise auf die Seite der Zimmerermeisterschule in Kassel (bundesfachschule-zimmerhandwerk.de und da dann unter Tips&Tricks/Herleitung von Formeln/Verstichschmiegen) :)
Auch die anderen pdfs sind fuer Interessierte sehr zu empfehlen.

Wir koennen also zumindest bis hierhin festhalten, das das Beispiel aus Dennis Buch nur bei gleichgeneigten Walmdaechern Gueltigkeit hat.

Gruesse Marc



Dennis Bark
Beiträge: 33
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

...noch ein Nachtrag

Beitrag von Dennis Bark »

[In Antwort auf #37480]
So, nach einer kleinen Pause ...
Ich habe noch etwas darüber gebrütet, das erhoffte Aha-Erlebnis ist leider ausgeblieben. Ich warte momentan allerdings noch auf ein weiteres (wahrscheinlich besseres, weil von Taunton Press) Buch - sollte sich da eine Lösung ergeben, melde ich mich wieder.

Vielen Dank für Euere Mühe und das Interesse
Dennis

ps: Ich habe jetzt entdeckt, daß die beschriebene Methode auch für Gratschifter angewendet wird - zum finden der Backenschmiege. Es ist dasselbe Dreieck: Grundmaß und Neigung werden senkrecht aufeinander gestellt und das sich ergebende Dreieck liefert den Winkel zur Schmiege. Es steckt also schon ein System dahinter! ;-)



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