Esstisch aus Leimholzplatte

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Thomas.M
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Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Thomas.M »

Hallo in die Expertenrunde,

ich habe eine Frage zu meinen jetzt anstehenden Projekt. Es soll ein Esstisch aus einer Buche Leimholzplatte entstehen. Die Platte ist keilgezinkt und hat keine durchgehenden Lamellen. Die Platte, die ich nun da habe, ist 2,50x1,00m in 45mm Stärke. Die Platte habe ich von einem Holzhändler (kein Baumarkt) und bin bislang von den Küchenarbeitsplatten begeistert. Das Endmaß der Platte soll 2,20 x 1,00m sein.
Als Beine werde ich Metallbeine in "umgedrehter" U-Form mit Vierkantrohr 30x70mm verwenden, die ich mittels Eindrehmuffen um metrischen Schrauben mointiere. Die Spannweite zwischen den Beinen soll etwa 1,70m sein, sodass ich dort bequem 3 Stühle nebeneinander platzieren kann. Auf der Unterseite bekommt sie eine Schweizer Kante wie Heiko Rech sie im Video mit Handhobeln herstellt.

Nun meine Frage(n):

Ist wohl zu befürchten, dass sich die Platte allein aufgrund des Eigengewichts in der Längsrichtung durchbiegt/durchhängt? Ich habe in einem Möbelhaus gesehen, dass man dort in der Längsrichtung auch ein Vierkantrohr untergeschraubt hat, vermutlich um dies zu vermeiden. Sind die keilgezinkten Lamellen eher vorteilhaft gegenüber durchgehenden Lamellen?

Als Gratleisten möchte ich eigentlich U-Profile aus Stahl in 20mm (Höhe) x 40mm (Breite) 5mm Dicke auf der Unterseite einlassen. Außerhalb der beiden Beine ist aber nicht viel Platz. Zwischen den Beinen hätte ich Sorge, dass die ich das oben beschriebene Problem eher verstärke, da ich auf mindestens 70cm Breite zwei 20mm Tiefe Nuten einlassen muss und die Platte damit deutlich schwäche. Was meint ihr?

Auf viele Experimente habe ich eigentlich nicht so ganz viel Lust. Meine Ideen wären folgende:
1. technisch auf der sicheren Seite wäre ich, wenn ich den Abstand zwischen den Beinen möglichst kurz halte und die Gratleisten nicht einlasse, sondern aufschraube. Ist für meine Stühle blöd, weil ich nicht 3 Stühle nebeneinander bekomme und evtl auch die Gratleisten unterhalb des Tisches von der Seite sehe.
2. "volles Risiko": Beine so weit auseinander wie beschrieben, 2 Gratleisten im Abstand dazwischen nach Gefühl und gucken, ob es die Banane wird.
3. total übertreiben: Wie 2. aber zusätzlich über die Längsseite ein Vierkantrohr verschrauben, dass das durchbiegen verhindert (müsste sicher recht kapitale Maße haben).
4. bisschen Risiko: Abstand der Beine so lassen wie Anfangs und hoffen, dass das Vierkantrohr von den Beinen angeschraubt unter der Platte als "Gratleiste" ausreicht.

Tendenz ist zu 4. und ggfs. U-Profil mittig zusätzlich ohne Nuten aufschrauben.

Wie ist euer Gefühl dazu? Die Sache mit den Gratleisten macht mir am wenigsten Sorge. Aber was haltet ihr vom durchbiegen der Platte auf der Längsrichtung? Oder ist das übertrieben? Ich kenne das bislang nur bei Küchenschränken und da liegt die Platte ja bekanntlich überall auf.

Ich hoffe, den langen Text liest überhaupt jemand und ich freue mich über eure Anregungen.
Gerne werde ich im weiteren Verlauf meine Erfahrungen hier kundtun und euch auf dem laufenden halten :geek:

Vielen Dank und liebe Grüße
Thomas
Konrad Holzkopp
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Konrad Holzkopp »

Guuden,

Wenn das Lamellenholz tatsächlich die beschriebene Qualität hat, die Kufen ca. 550mm
von den Enden unter die Platte spaxen. Langlöcher wären nicht schlecht in den Obergurten der Kufen.
Schrauben nur sanft beidrehen, im Langloch so anbringen dass sich die Platte zusammenziehen kann.
Oberflächen beidseitig veredeln, unten zweifach, oben so oft wie für sinnvoll erachtet.
So kommt man auf ca. 570mm je für zwei Leute zwischen den Kufen, an den Überhängen kann auch je eine Person sitzen,
evtl. noch je eine an den Querendeben.
Das Eigengewicht ist mit ungefähr 1/4 + 1/2 + 1/4 über die Längsseite ziemlich ausgeglichen.
Bei der Stärke in Eiche völlig OK.


Gut Holz!
Justus
Friedrich Kollenrott
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

Hallo Thomas,
Justus hat sehr schön beschrieben, wie die Länge der Platte zweckmäßig aufzuteilen ist, damit der Durchhang klein bleibt.
Grundsätzlich ist natürlich ein gewisses Durchhängen unvermeidlich. Und ein solcher Tisch wird auch in Querrichtung relativ "wabbelig " sein. Ob es stört, siehst und fühlst Du erst wenn er fertig ist.
Wenn nötig, kann man eine solche lange Platte überraschend deutlich versteifen, indem man entlang der Längskanten der Platte diese mit einer aufgeleimten Hartholzleiste (z.B. 20 mm dick, 50 breit, aber auch weniger hilft schon) aufdickt. Das könntest Du Dir als Notmaßnahme in Reserve halten, wenn Durchhang oder Wabbeligkeit doch unangenehm groß sind.
Eine Versteifung quer durch das, was Du "Gratleisten" nennst, sollte überflüssig sein

Wenn Du fertig bist, zeig den Tisch hier mal!

Grüße, Friedrich
Friedrich Kollenrott
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Re: Wabbelig

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

gemeint ist: Wenn man einen solchen Tisch mit inversteifter Platte in Richtung seiner Lämgskante horizontal belastet, gibt er u.U. recht deutlich nach infolge s-förmigen Verbiegens der Platte. Obs soviel ist, dass es stört? Ausprobieren!

Grüße, Friedrich
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Thomas.M
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Thomas.M »

Hallo Justus und Friedrich,

vielen Dank für eure Kommentare. Die Aufteilung 1/4 - 1/2 - 1/4 ist technisch gesehen eine gute Idee. Und sie ist natürlich logisch, da die Gewichtsverteilung gleichmäßig ist. Wir haben inzwischen entschieden, den Tisch erstmal auf 250cm zu belassen. Wir haben den Platz und sägen kann man später immernoch. Das würde dann in etwa so aussehen wie auf dem Bild im Anhang.
Jetzt muss ich mit der Regierung noch abstimmen, ob diese Maße genehmigt werden. Ich bin selbst noch nicht sicher, ob der Abstand nicht etwas größer dürfte. Meist sieht man größere Abstände, aber selten sind Tische 250cm lang.

Friedrich: Meinst du, dein Vorschlag mit der Leiste in Längsrichtung könnte sich auch mit einem Stück Leimholz in gleicher Weise eignen. Ich habe hier noch von Fensterbänken längere Stücke in 18mm. Eine durchgehende Hartholzleiste müsste ich wohl erst besorgen. Meine Idee wäre, das Stück zu verleimen und statt Zwingen zu verschrauben. Ich habe keine Zwingen, mit denen ich auf die Mitte der Platte komme. Ggfs. würde ich das vorsorglich auf jeden Fall anbringen.

Liebe Grüße Thomas
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Bernd Grunwald
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Bernd Grunwald »

Hallo Thomas,

Verstärkung aus Leimholz geht natürlich auch. Am Besten hochkant, denn je höher der Querschnitt ist, desto stärker die aussteifende Wirkung.

Die Verstärkung kann auch in der Mitte unter dem Tisch angeleimt werden. Dafür nimmst du Kanthölzer, die mindestens so lang sind wie die Tischplatte breit ist. Damit kannst du die Leimholzleiste mit ganz normalen Schraubzwingen in der Mitte des Tisches anpressen und gut verleimen. Das Kantholz drückt die Leimholzleiste gegen die Tischplatte. Es wird so angeordnet, dass es einer Wippe entspricht, auf der zwei Kinder (= zwei Schraubzwingen) sitzen, die die Wippe in der Schwebe halten, da beide Kinder genau gleich schwer sind.

Die Zwingen nicht zu stark anziehen, da sich sonst die Tischplatte möglicherweise zu stark verbiegt (in dieser Anordnung haben die Zwingen nämlich einen großen Hebelarm). Um ein zu hohes Biegemoment (beim Verleimen) in der Platte zu vermeiden, kann man natürlich auch noch Kanthölzer auf die Platte legen und festklemmen. Das kann man aber auch nach dem Verleimen immer noch machen.

Gruß
Bernd
Konrad Holzkopp
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Konrad Holzkopp »

Guuden,

Mit dem Regelmaß von 600mm Breite pro bequemem Essplatz passt es ja dann auch super,
selbst mit 10 Personen.

Gut Holz!
Justus
Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

Hallo Thomas,
die (verblüffend gute) Versteifungswirkung durch einen an den Kanten angeleimten Holzstreifen tritt nur dann ein, wen dieser Streifen sich absolut nicht gegen die Platte verschieben kann*. Schrauben reicht darum nicht nicht, Schrauben mit Leimzugabe ist OK. Der Streifen sollte aus Hartholz sein, aber ob einstückig oder Leimholz ist ziemlich egal.
Grüße, Friedrich

* Hinweis: Darum ist eine einstückige Blattfeder viel steifer als eine ähnliche geschichtete
MarkusB
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von MarkusB »

Hallo Thomas,

ein Tisch wird manchmal schon mal zweckentfremdet, von daher hätte ich bei 170 cm Spannweite bei einer 45 mm Platte auch so meine Problem.
Ich würde die Platte mal auf 2 Böcke stellen und schauen, wie die sich so bei Belastung verhält. Ich vermute, dass du dich problemlos drauf setzen kannst.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Statik der Optik folgen sollte und nicht umgekehrt, machen die Architekten auch so.
Von daher würde ich von der Spannweite von 1,70 m nicht abrücken und die Beine enger stellen
Ich würde das Problem lösen, indem ich mittig in Längsrichtung zwischen den Tischbeinen ein Kantholz von 4x6 cm hochkant unterschrauben würde. Schraubenabstand nicht zu weit wählen, so 10 cm, ab besten noch verleimen. Das Kantholz muss nicht auf dem Gestell liegen, es geht ja nur um die Durchbiegung. Die unteren Kanten gut verrunden, dann tut es nicht so weh, wenn man sich doch mal stößt. Ich bin mir ganz sicher, dass das reicht.

Ich finde den 1,70 m Abstand auch viel besser. Es können 3 Leute an der Längsseite gut sitzen und 2 sowieso. Verteil aber mal 2 Leute auf die 1/4 - Lösung, da bekommt man keine harmonische Sitzordnung hin. Sehe aber vielleicht auch nur ich so.

Eine Gratleiste ist dafür da, dass eine Platte durch Dehnungsprozesse sich nicht quer zur Faserrichtung wölben kann. Da du ja die Platte mit den umgedrehten U-Gestellen verschraubst, benötigst du die nicht. Langlöcher in den Gestellen sind aber Pflicht, sonst kann die Platte reißen.

Ein größeres und noch nicht erwähntes Problem sehe ich in der Biegesteifigkeit der Schraubverbindung.
Nimm mal bei einem Tapeziertisch die Diagonalstreben raus, dann weißt du, was ich meine.
Du schreibst, das Vierkantrohr sei 30x70 mm. Werden die 70 mm an die Platte verschraubt, wird es meinem Gefühl nach reichen, bei den 30 mm glaube ich eher nicht.

Ein schönes Projekt, wie ich finde, auch wenn ich ein Holzgestell vorziehen würde.
Aber das kann man ja nachträglich noch realisieren ;)

Viele Grüße

Markus

PS
Ich habe mal einen Schreibtisch gebaut, ungefähr mit deinen Maßen.
Hier ist der Bericht dazu: viewtopic.php?t=14583
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Thomas.M
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Re: Esstisch aus Leimholzplatte

Beitrag von Thomas.M »

Hallo Markus,

vielen Dank für dieses Plädoyer mit Gegendarstellung. Ich denke, dass ich anstatt des von dir erwähnten Kantholzes mein Stück Leimholz in 18mm nehme werde. Das ist glaube ich etwa 20cm breit und wie Friedrich schreibt, müsste das ja auch klappen. Je breiter, desto größer dürfte ja auch der Effekt sein.
Hast du bei deinem Schreibtisch auch etwas ähnliches unter die Platte geleimt? Das ist in deinem Beitrag leider nicht zu erkennen. Deine Erfahrungen scheinen gut zu sein?!
Wegen der Maße sind wir gerade fleißig am Stühlerücken. Ich vermute, dass es ein Kompromiss aus Gesamtlänge und Abstand der Beine werden wird, da uns die 60cm für unsere Armlehnenstühle fast etwas zu wenig sind und 250cm Länge auch doch recht mächtig sind.
Ich zeichne noch ein wenig maßstabsgetreu und entscheide dann, wo gesägt und geschraubt wird.
Die Metallbeine sind an der Längsseite 70mm und werden mit 8 Schrauben in Langlöchern befestigt. Ich hoffe, dass das ausreicht, ansonsten muss ich mir noch was ähnlich dem Tapeziertisch ausdenken :lol:

Vielen Dank für eure Gedanken! Ist gut, wenn man nicht einfach so alleine loslegen muss.

Viele Grüße Thomas
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