Wachs-Terpentinöl-Pampe

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Philipp
Beiträge: 891
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Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Philipp »


Mal wieder eine Frage zur Oberflächenbehandlung:

Nach dem ersten Ölungsdurchgang steht nun in Kürze noch mein erster Versuch des Wachsens an. In alter, nur bedingt bewährter Tradition musste natürlich ein Eigengemisch her.

Da die „Rezepte“, die man allerorts lesen kann, sehr stark voneinander abweichen, bin ich mal davon ausgegangen, daß nur Versuch kluch macht und es kaum klare Regeln geben dürfte.

Also bin ich wie folgt vorgegangen:

Im Wasserbad wurden 100 g Balsamterpentinöl vorsichtig erwärmt, dann 200 g Bienenwachspastillen und 100 g Karnaubawachs schrittweise zugegeben und dieses im Terpentinöl geschmolzen. Um das Karnaubawachs zu schmelzen, mußte mein Wasserbad auf gute 90° C erwärmt werden.

Während des Erkaltens habe ich immer wieder umgerührt, jedoch nicht verhindern können, daß das Gemisch zu einer harten Pampe erstarrt, der man keinerlei Verdünnungseffekt durch das Öl ansehen oder anfühlen kann. Frage mich daher, wozu ich diese Prozedur überhaupt gestartet hatte.

Dieses harte Wachs läßt sich auf dem Holz nur schwer verteilen und verreiben. Erst nach intensivem Reiben mittels eines Schleifkorkes (Reibungshitze) konnte ich eine schöne, seidenglänzende Oberfläche erzielen. Allerdings hätte ich es gerne etwas einfacher.

Daher meine Frage an die Fraktion der Selbstmischer oder der Organochemiker:

Bedarf es einfach eines beträchtlich höheren Anteils an Terpentinöl, damit das Wachs geschmeidiger wird und v.a. bleibt, oder würde sich auch ein stark verdünntes Gemisch entmischen und einen mehr oder minder harten Wachsklumpen hinterlassen? Gestern wunderte ich mich noch über den hohen Ölanteil in vielen Rezepten und frage mich nun, ob das der Schlüssel zum Erfolg ist. Bevor ich aber noch mehr teure Ingredienzien versaubeutele, wende ich mich doch lieber an die Forumsgemeinde.

Danke für Eure Tips und viele Grüße

Philipp


MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von MaxS »


Hallo Philipp,

ich lasse das Karnaubawachs weg und löse nur Bienenwachs in Balsamterpentin. Dies geschieht einfach, in dem man in ein fest verschießbares Gefäß Bienenwachs und Balsamterpentin gibt. Dann fest verschließen und lang stehen lassen. ALs grobes Mischungsverhältnis würde ich von 1 zu 1 ausgehen, aber garantieren kann ich für nichts.

Grüße,

Max


reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von reinhold »


hallo Philipp,
Dein Rezept ist ein bisschen seltsam.
Ich löse normalerweise 50:50 Wachs und Terpentin und gebe maximal 10 % Carnauba dazu. Carnauba härtet. Die Mischung ist ungefähr wie Bohnerwachs.

viele Grüsse
reinhold


Michael Formanek
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Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
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Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Michael Formanek »

[In Antwort auf #111484]
Hallo Philipp,

so wie es Maximilian beschrieben hat funktioniert es auf jeden Fall. Das ganze wird bei dir vor allem wegen des Carnaubawachses eine harte Masse. Da sowohl Carnaubawachs als auch Bienenwachs grundsätzlich in Balsamterpentinöl löslich sein müssten, sollte durch erhöhte Lösungsmittelzugabe eine Erweichung der Masse zu erreichen sein.

Ich hab leider kein Balsamterpentinöl mehr zu Hause sonst hätte ich es ausprobiert. Du könntest ja mit einer sehr geringen Menge experimentieren, dann wird es nicht so teuer sollte es nicht funktionieren.

Du könntest es vielleicht auch mit der Zugabe von Ethylacetat versuchen (hab mal wo gelesen, dass sich Carnaubawachs auch darin löst). Hat man vielleicht nicht unbedingt daheim herumstehen, sollte aber bei Kremer zu bekommen sein.

Gruß Michael

P.s.: Falls es wen interessiert, hier noch ein Rezept für Schuhpaste (man kann ja schließlich nicht nur Mittel für die Oberflächenbehandlung von Holz selbst mischen ;-)

Carnaubawachs (Cera Carnauba) 2 g
Bienenwachs gelb (Cera flava) 5 g
Hartparaffin (Paraffinum durum) 3 g
Stearin 0,5 g
Terpentinöl (Oleum Terebinthinae) 39,5 g

Ich bitte die große Menge Terpentinöl zu beachten!!!


Gerhard Christmann
Beiträge: 18
Registriert: Do 6. Nov 2014, 10:15

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Gerhard Christmann »

[In Antwort auf #111485]
Hallo Philipp,
da ist deutlich zu viel Carnaubawachs drin. Erwärmen und immer wieder 100 gr Terpentinöl und 100 gr Bienenwachs zugeben bis es passt.
Ich schätze mal je 500 gr.
Ich würde anstatt Terpentinöl Walnußöl nehmen, ist billiger und riecht nicht so.
500 gr Walnußöl + 500gr Bienenwachs + 50 - 75 gr Carnauba nehme ich für Drechselarbeiten.

Gruß Gerhard Christmann



Ottmar
Beiträge: 321
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Ottmar »

[In Antwort auf #111484]
Hallo Philipp & Forumsfreunde,

Bei Herstellung von Wachsen fuer die Politur von Moebeln, ist es notwendig diese in eine Form zu bringen in welcher ein duenner Wachsauftrag moeglich ist. Dies laesst sich durch dispersieren in Wasser oder durch Einruehren in erwaermte Loesungsmittel erreichen. In beiden Faellen ist nach Verdunstung des Loesungsmittel, Wasser oder Terpentin(Ersatz) usw nur Wachs welches auf der Oberflaeche uebrig bleibt.

Der Wachsauftrag soll so duenn wie moeglich sein und nicht auf der Oberflaeche als Schicht verbleiben.

Mit der Menge Terpentin/Ersatz zur Wachsmenge, laesst sich die Konsistenz der Mischung einstellen. 1 : 3 bis 1:6 je duenner die Wachsmischung umso leichter laesst sie sich auftragen. Nachdem das Loesungsmittel verflogen ist reibe ich mit feiner Stahlwolle alles ueberschuessige Wachs von der Oberflaeche, danach poliere ich das Wachs auf den gewuenschten Glanzgrad.

Ich verwende hoechstens 10% Karnaubawachs in der Mischung, mit hoeheren Anteilen von Karnaubawachs erzielte ich keinen hoeheren Glanz, sondern es erschwerte die Nacharbeit.

Das Loesungsmittel feuert das Holz an, die Verfaerbung vermindert sich nachdem das Loesungsmittel verflogen ist.

Wichtig ist bei der Wachsmischungsherstellung, dass diese bis zum Erkalten durchgeruehrt werden muss, sonst setzt sich das Wachs auf der Oberflaeche ab.

Hier in den USA wird von der Firma Watco ein Moebelwachs vertrieben, der Wachsanteil liegt bei 15 -20%

Da das Loesungsmittel in jedem Fall verfliegt, genuegt Terpentinersatz =Testbenzin. Ich verwendete in D Schellsol T und Schellsol K welche einen Flammpunkt von 55/66°/C aufweisen und geruchlos sind.

Wallnussoel und Wachs ergeben eine Art Wachsfirnis welcher sehr lansam trocknet. Wallnussoel selbst ist ein fettes Oel welches nicht verfliegt.

Die Tauglichkeit eines Loesungsmittel, laesst sich leicht feststellen, indem man einen Tropfen auf ein Loeschpapier tropft, nach 20 Miuten muss der Tropfen Rueckstandsfrei verschwunden sein, wenn man das Fliesspapier gegen das Licht haelt. (War vor zig Jahren in Ral 848 E beschrieben.)

mfg

Ottmar



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Andreas N. »

[In Antwort auf #111484]
Diese Mischungsverhältnisse wolt ich eigentlich für meinen Windbeweger nehmen. Ist die Oberfläche schön rutschig? Karnauberwachs soll sich ja gut als Gleitmittel eignen. Der hohe Schmelzpunkt ist auch ein Ziel. Ich hab hier im Baumarkt ein Hartwachs aus Karnauber und Kandeliawachs? in Testbenzin gesehen. Ob das für meine Zwecke geeignet ist? Wie verhält sich das Kandeliawachs (oder wars Candelia?)?
Schöne Grüße
Andreas N.



Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Philipp »


Liebe Gemeinde,

danke für die zahlreichen Hinweise. Ich hatte auch das Gefühl, daß das Verhältnis Bienen- zu Carnaubawachs 2+1 etwas starker Tobak sein könnte, hatte andererseits auch Rezepte mit gleichen Anteilen gelesen.

Werde mal einen kleinen Teil der Pampe wieder verflüssigen und in weiterem Terpentinöl auflösen, sofern möglich.

Wenn das nicht klappen oder wenn zu viel TP nötig sein sollte, werde ich mal einen Teil mit Reinigungsbenzin lösen. Stinkt zwar, funktioniert aber sicherlich gut analog zu Schuwachsen.

@Andreas: ja, das Wachs hat eine schön seidenmatt glänzende Oberfläche erzielt, die sich auch gut anfühlt. Besonders strapazierfähig ist sie aber nicht (was ich den meiseten glänzenden Wachsen unterstellen würde). D.h. beispielsweise Darüberreiben mit dem Finger hinterläßt sichtbare Spuren (die man allerdings schnell wieder auspolieren kann). Wegen des Glanzes und der höheren Härte der Oberfläche hatte ich mich für den recht hohen Anteil an Carnaubawachs entscheiden. Testreihen habe ich aber nicht gemacht.

Gruß
Philipp


Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Andreas,

hier ist ein Auszug aus einem Chemie-Lexikon:

Candelillawachs:
(Kandelillawachs, Candelinawachs, Kanutillawachs). Bräunliche bis gelblichbraune, harte wachsartige Massen, je nach Herkunft D. 0,950–0,990, Schmp. 68–70°. Unlösl. in Wasser, lösl. in Benzol, Petrolether od. Aceton. Es ist gewöhnlich geruchfrei, beim Erwärmen riecht es ähnlich wie Bienenwachs, ist härter als Bienen-, aber weicher als Carnaubawachs. C. enthält Harze, etwas Sitosterin, Ester u. Alkohole, freie Säuren, Wachssäuren, ein Oxylacton (C30H58O3) u. hauptsächlich den gesätt. Kohlenwasserstoff Hentriacontan (Formel s. 1-Hentriacontanol) (C31H64). Gewonnen wird C. in Mexiko aus den zerkleinerten, fleischigen Blättern einer stachellosen Wolfsmilchart (Euphorbia cerifera) durch Auskochen mit wäss. Schwefelsäure.
Verw.: Als Ersatz für Carnaubawachs bei der Herst. von Schuhpflegemitteln, Bohnermassen, Kerzen, als Zusatz zu Seifenemulsionen u. Kaugummi, für Lippenstifte.

Viele Grüße von
Edi



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Wachs-Terpentinöl-Pampe

Beitrag von Andreas N. »


Danke Euch.

@Philipp: Ich ziehle aber auf geringe Gleitreibungswerte und nicht auf schöne Oberfläche im innern des Kasten an dessen Wänden die Kolbendichtung gleiten soll (Fell für die Seiten und Oben, für die Unterkante werd ich erstmal hartes Leder probieren).

@Edi:Das sagt mir leider nicht viel. Da aber der Schmelzpunkt höher ist als beim Wachs, scheind es deshalb geeigneter für mich zu sein.
Schöne Grüße
Andreas N.



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