Stahlqualität von Holzwerkzeugen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Andreas Niemann

Stahlqualität von Holzwerkzeugen

Beitrag von Andreas Niemann »


Hallo Holzwerker,
Wie stark die Stahlqualität eines Stech- oder Hobeleisens die Standzeit der Schneide bestimmt, habe ich kürzlich erst an verschiedenen Stech- und Hobeleisen beobachtet. Ich bearbeite viel Hart- und auch Tropenholz, da dies z.B. für die Unterhaltung meines Bootes erforderlich ist. Bei meinen erst wenige Monate alten Kirschen-Stecheisen, die ich ausschließlich auf Wassersteinen rasiermesserscharf geschärft habe (Fasenwinkel variiert im Originalzustand zwischen 27...30 Grad), bildete sich schon nach drei Zinken in Eichenholz ein Grat auf der Spiegelseite. Das gleiche geschah beim "Nachschnitzen" einiger Schlitz-Zapfen-Verbindungen für einen Rahmen aus Eschenholz. Diesen Grat abgezogen, ist zwar die Klinge nicht mehr richtig scharf, aber dieser Zustand hält sich vergleichsweise lange. Zum Schlagen des Eisens mit dem Klüppel bei Stemmarbeiten mag das reichen, aber das Nacharbeiten von Verbindungen gelingt nicht mehr sauber (besonders quer zur Faser). Zu häufiges Nachschärfen ist auf die Dauer reichlich mühselig. Herr Schmid gab mir bereits den Tip, die Stecheisen in Anlehnung an japanische Eisen mit Fasenwinkeln > 30 Grad anzuschleifen. Außerdem überlege ich auch, für Stemm- und Nacharbeiten unterschiedliche Eisen zu verwenden. Für letzteres z.B. Schälbeitel oder japanische Stecheisen. Wichtig für ein sauberes Arbeitsergebnis wäre, dass sie die Schärfe lange halten, also möglichst aus reinem Kohlenstoffstahl bestehen. Die Frage ist, wie gut sich japanische Stecheisen für diese Nacharbeiten eignen. Ich denke mir fast, dass sie aufgrund der kurzen Klinge etwas schwierig in der Handhabung sind. Falls nicht, eignen sie sich natürlich für beides, Stechen und Nacharbeiten, und ein Schälbeitel wäre nicht unbedingt nötig.
Bei den Hobeleisen ist die Problematik ähnlich. Die ECE-Chrom-Vanadium-Hobeleisen verlieren bei der Bearbeitung von Hart- oder astreichem Nadelholz ebenfalls schnell die Schärfe. Nur ist ein Ausweichen auf Eisen aus Kohlenstoffstahl bei Holzhobeln, die ich aus Gewohnheit verwende und z.T. neu beschafft habe, leider ohne an die Eigenschaften der Hobeleisen zu denken, nicht ganz einfach. Meine Hobeleisen habe ich auf 30 Grad angeschliffen (Originalzusatnd war 25 Grad), was das Problem zwar etwas lindert, aber nicht behebt. Ich werde auch noch größere Fasenwinkel ausprobieren. Meine Überlegungen zielen aber auch darauf ab, Hobeleisen aus Kohlenstoffstahl von Ron Hock oder Clifton für meine ECE-Hobel nutzbar zu machen. Liegt es an der verglichen mit ECE-Hobeln unterschiedlichen Breite (Zollmaße) und möglicherweise Länge der Eisen, dass sie dort nicht verwendet werden können oder daran, dass die Klappe von der Schneide her auf das Hobeleisen aufgesetzt wird? Oder sind diese Doppeleisen für das Hobelmaul eines Holzhobels zu "dick"? Wenn z.B. ein 44 mm breites Eisen von Ron Hock lediglich den Verzicht auf 4 mm Bearbeitungsbreite bedeutet, wäre das zugunsten der höheren Sandzeit der Schneide durchaus hinnehmbar. Mühevoller ist es schon, auf einem Wasserstein ein 51 mm-Eisen auf die 48 mm Breite eines ECE-Hobels abzuschleifen, vorausgesetzt, es gibt sonst keine Probleme mit der Verwendung eines solchen Eisens.
Dieses Unschärfeproblem zu lösen oder durch geschickte Auswahl verschiedener Eisenqualitäten für spezielle Anwendungen zu umgehen, ist sicher eine Aufgabenstellung, die vielen schon begegnet ist. Vielleicht kann jemand von euch über Erfahrungen oder Ideen zu dieser Problematik berichten.
Vielen Dank für eure Beiträge.

Andreas Niemann


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Stahlqualität von Holzwerkzeugen

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Andreas,
du stellst sehr differenzierte Anforderungen.
Generell würde ich dir raten die Fasenwinkel nicht unter 30° zu wählen, besonders nicht, wenn du mit Harthölzern arbeitest. So etwas kann Wunder wirken.
Dass sie werksseitig mit niedrigerem Fasenwinkel angeboten werden liegt nur daran, dass die Hersteller es versuchen jedem recht zu machen: Eine steilere Fase ist schneller angeschliffen, als eine flache beseitigt.
Hobeleisen sind sehr genau auf den jeweiligen Hobel abgestimmt, das macht die Schwierigkeit aus, die Fabrikate zu wechseln, wenn die nicht nach deutscher Norm arbeiten.
Im übrigen empfehle ich die Friedrichs Artikel zum Thema Stahl und Schneidengeometrie. Da steht alles drin, eas man wissen muß. http://www.woodworking.de/schaerfprojekt/

Viele Grüße, Christof.

Oliver Montue
Beiträge: 124
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

..noch zu beachten

Beitrag von Oliver Montue »


Bei Stechbeiteln, die mit dem Klüpfel benutzt werden ist auch die Breite von Bedeutung. Ein schmaler Stechbeitel, der mit dem Hammer ins Holz getrieben wird, erfährt an der Schneide eine höhere Belastung, als ein breiter Stechbeitel, der mit gleicher Energie ins Holz getrieben wird. Deshalb sollte man insbesondere bei schmalen Eisen eine stabilere Phase anschleifen und nicht allzu stark draufschlagen.

Bis dann,
Oliver

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Stahlqualität von Holzwerkzeugen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #94787]
Hallo Andreas,
es ist sicher ratsam, bei sehr harten Hölzern grundsätzlich den Keilwinkel an der Hobel- und Stecheisenschneide zu vergrößern. 30° ist keine Grenze, man kann auch einmal auf 35° oder sogar noch höher gehen. Ich glaube aber nicht, dass Kohlenstoffstahl wirklich in allen Fällen die Schneide besser hält als legierter. Meine japanischen Stecheisen legen beim Stemmen in sehr hartem Holz auch irgendwann die Ohren an. Ob später als die Kirschen- Eisen, da bin ich nicht sicher, man müsste es systematisch ausprobieren. Auf jeden Fall ist es bei Stecheisen empfehlenswert, zum Putzen ein anderes Eisen zu verwenden als zum Stemmen. Ich finde aber gerade beim Putzen europäische Eisen mit ihren dünnen, langen Klingen besser in der Handhabung.
Bei extrem hohen Anforderungen an die Schneidenstandzeit bei Stecheisen solltest Du mal ein japanisches HSS- Eisen ausprobieren. Gibts bei Dieter und anderswo auch. Sicher sind sie schwer zu schärfen, aber sie ertragen zum Vorschleifen auch ein Trockenschleifen.
Bei Hobeleisen tritt natürlich zusätzlich das Problem auf, dass die Eisen zum Hobel passen müssen. Da hat man hinsichtlich Fremdeisen bei ECE- Primus- Hobeln schlechte Karten. Wenn es ein solcher Primus- Hobel ist: Die Klappe eines Primus- Hobels lässt sich zwar auf ein Eisen nach Stanley- Norm schrauben, aber die Zugstange, die das Eisen hält, passt bei einem neuen Eisen, das noch die volle Länge hat, nicht mehr durch. Man müsste Einiges von der Eisenlänge abschleifen oder den Schlitz im Eisen verlängern. Es ist außerdem unrealistisch, 2 mm Breite abschleifen zu wollen. I Wenn Du niemanden kennst, der eine Flachschleifmaschine hat, auf der er unter Kühlmittel schleifen kann, vergisst Du es besser.
Was die Qualität von Hobeleisen angeht: Die Original- ECE- Eisen aus CV- Stahl sind möglicherweise nicht das Nonplusultra. Aber auch Hock- Eisen halten die Schärfe nicht ewig. Ich habe ein Hock (Kohlenstoffstahl) für eine Stanley- Rauhbank. Nicht mehr so ganz leicht zu schärfen, weil eben sehr hart. Clifton- Eisen (habe ich selbst nicht) können nicht viel anders sein, es gibt Grenzen. A2- Eisen (ich habe zwei Lie- Nielsen Hobel, die damit ausgerüstet sind, und von Hock gibts das als Austauscheisen für eiserne Hobel auch) lassen sich meiner Erfahrung nach deutlich einfacher schärfen als sehr harte Kohlenstoffeisen, und sie halten die Schärfe auch sehr gut.
Wenn Du mit verschiedenen Arten von Eisen experimentieren möchtest, solltest Du Dir doch mal einen Stanley oder ähnliches zulegen, da hat man eine grosse Auswahl. Ich empfehle einen gebrauchten über ebay, wenn man sich etwas Mühe mit dem Wiederherrichten machen mag. Mein Lieblingsputzhobel ist ein Stanley aus den 30er Jahren, den ich für 27 Dollar bekommen habe. Tu Dir einen eisernen Billighobel mit Plastikgriffen nicht an, da liegen Welten dazwischen.

Friedrich


Andreas Niemann

Vielen Dank

Beitrag von Andreas Niemann »


Hallo,
vielen Dank für Eure Gedanken zu den verschiedenen Qualitäten von Stech- und Hobeleisen.
Bei meinen nächsten Arbeiten werde ich mein neu erstandenes japanisches Stecheisen zum Einsatz bringen und dann entscheiden, wieviel und wofür es verglichen mit den Kirschen-Eisen besser geeignet ist.
Bei den Hobeleisen habe ich schon herumexperimentiert. Das Problem mit dem Austausch der Hobeleisen hat mich einfach nicht in Ruhe gelassen, zumal ich nur Hobel mit Keillager habe, was mir die Sache einfacher zu machen schien. Dabei kam mir mein Kunz-Schiffhobel in den Sinn, der ein Hobeleisen nach den englischen Zollmaßen hat (44 mm). Hier war lediglich die Position der Schraube für den Spanbrecher außerhalb der im ECE-Hobel befindlichen Nut. Der Spanbrecher von Ron Hock passt in dieser Hinsicht genau. Da das Schiffhobeleisen von der Qualität dem von ECE entspricht, habe ich noch ein Eisen von Clifton besorgt. Zugegeben, das wäre sicher nicht unbedingt nötig gewesen, aber die Handschmiedekunst hat mich auch fasziniert und meine Kaufentscheidung mit beeinflusst. Da Eisen und Spanbrecher recht dick sind, verbleibt am Hobelmaul nur ein schmaler Spalt. Nacharbeiten, d.h. etwas kürzen, musste ich nur die Schraube des Spanbrechers, damit sie nicht in den Keil drückt. Veränderungen am Hobelkörper waren nicht erforderlich. Das Originaleisen ist jederzeit wieder einsetzbar. Falls es zum Stopfen der Späne kommt, muss ich höchstens das Hobelmaul noch etwas öffnen.
Insgesamt denke ich, dass die um 4 mm geringere Arbeitsbreite das Hobeln von Harthölzern etwas erleichtert und dass das schmale Hobelmaul zu sauberen Ergebnissen führt. Aber dazu muss ich noch einige Versuche machen.
Gruß

Andreas

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