Welcher Putzhobel?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Klaus Kretschmar
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Re: Welcher Putzhobel?

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Rainer,

der neue Stahl IST tatsächlich so gut, wie es die LV Testreihe vermuten lässt. Er ist ziemlich neu bei LV und daher noch nicht überall verfügbar. Ich weiß aber, dass Dieter den ca. ab Dezember haben wird.

Klaus

RainerS
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Re: Welcher Putzhobel?

Beitrag von RainerS »


Hallo,

Danke allen für die Informationen und Ratschläge. Es wird wohl der Flachwinkel-Putzhobel (LAS) werden. Aber ich werde wohl noch warten, bis die PM-V11-Messer verfügbar sind; das klingt einfach zu verlockend. Danke nochmals Klaus, für diesen speziellen Hinweis.

Grüße, Rainer

Philipp
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Es geht auch billig!

Beitrag von Philipp »


Warum nicht einen Putzhobel selber bauen? Gerade kürzlich wurden hier ja wieder einige beeindruckende Beispiele vorgestellt.

Mit einem alten, guten Eisen aus einem alten Hobel zum Fast-Nulltarif, etwas Holz und Zeit kanst Du Dir Deinen Putzhobel einfach selbst bauen.

Ich benutze sowohl hölzerne aus auch eiserne Hobel, habe aber keine klaren Favoriten. Bei den Metallenen ätzt mich das schlechte Gleiten an. Die Hobel laufen, als hätte man doppelseitiges Klebeband an die Sohle gepappt. Hölzere fliegen förmlich über das Holz, der Hobelstoß ist besser zu kontrollieren und leichter während des Laufes noch zu verändern.

Die Argumente, die oftmals für die Metallhobel vorgebracht werden - Eiseneinstellmechanismen und teilweise verstellbares Hobelmal - finde ich kaum stichhaltig. Die Eisenvorschubs- und Lateraleinstellung bei einem Bailey-Hobel sind ein schlechter Witz. Zuviel Spiel, viel zu grobschlächtig, gutes amerikanisches Marketing von schlechter Technik. Ein keilgeklemmtes Eisen in einem primitiven Holzhobel läßt sich mit etwas Übung wesentlich leichter und genauer einstellen. Beim Bailey-Hobel nützt mir jede Übung nichts, weil das System einfach nicht gut funktioniert.

Auch das verstellbare Hobelmaul ist doch eigentlich unnötig. In meinen Augen folgt es dem Prinzip "If you can't make it accurate, make it adjustable.". Mal ehrlich, welchen Hobel benutzen wir tatsächlich mit mehreren Eisen verschiedener Dicke für gänzlich verschiedene Zwecke, was ein einstellbares Hobelmal erfordern würde? Genau, eigentlich keinen. Ein Putzhobel hat ein enges Maul, das kann man so bauen und gut ist. Ich verstelle das Maul meines Veritas- Flachbettbankhobels nur beim Eisenwechsel (Schutz der Schneide vor Macken) und zum besseren Rauspusten der Späne. Großartig, nicht?

Also, mein Tip, auch der Lernkurve wegen: zunächst ein einfacher aber zweckmäßiger Eigenbau.

Viele Grüße und frohes Hobeln, Philipp

Klaus Kretschmar
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Holz vs. Metall

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Philipp,

dein Beitrag provoziert Widerspruch. Natürlich sind die Gleiteigenschaften eines Holzhobels generell besser als die einer Metallsohle, erst recht wenn es sich um eine Pockholzsohle handelt. Aber deswegen den Vergleich mit dem doppelseitigen Klebeband zu ziehen, finde ich etwas daneben. OK, du wolltest etwas überzeichnen, um deutlich zu werden, dennoch ist der Vergleich weit neben der Realität. Ein gut hergerichteter Metallhobel mit gewachster Sohle läuft weich und fast so leicht, wie ein Holzhobel. Er hat aber nicht nur den Vorteil der grösseren Masse, was ihm mehr Autorität verleiht (denke an astiges Holz), sondern er hat den prinzipiellen Vorteil, dass Metall nun einmal geringere Verarbeitungstoleranzen verträgt, als Holz das tut ... und dass die Präzision (Ebenheit der Sohle, Rechtwinkligkeit des Hobelkörpers etc.) von längerer Dauer ist. Holz arbeitet nun mal, auch wenn es ein Hobel wurde.

Das einstellbare Hobelmaul ist ein Vorteil, den auch gute Holzhobel zu schätzen wissen. Es geht weniger darum, einen Putzhobel mit geöffnetem Maul betreiben zu können (das macht gewöhnlich wenig Sinn), als beim Holzhobel darum, ein enges Maul dauerhaft zu gewährleisten, auch wenn die Sohle mehrfach abgerichtet wurde. Gerade wegen des Bewegungsdrangs des Holzes muss das aber gelegentlich sein.

Ich kann nachvollziehen, dass die Hobeleiseneinstellung mit dem Hammer gut funktioniert. Mit etwas Übung ist das wirklich nicht schwer. Aber deswegen braucht doch die Bailey-Verstellung nicht schlechtgeredet werden. Generationen von Tischlern kommen mit der seit mehr als 100 Jahren zurecht. Ich übrigens auch, obwohl kein Schreiner :-) Man braucht zur Eiseneinstellung mit dem Bailey-Mechanismus weniger Übung, als mit der Hammer-Einstellung.

Ich habe schon ein paar Holzhobel gebaut und bilde mir ein, das auch mit der erforderlichen Präzision erledigt zu haben. Das ändert aber nichts daran, dass ein qualitativ hochwertiger Eisenhobel bessere Ergebnisse liefert. Generell beschert er höhere Präzision und -zumindest bei mir- auch die bessere Oberfläche bei schwierigerem Holz. Mein Ulmia Reform mit Pockholzsohle war ein sehr guter und leicht laufender Putzhobel. Mit den guten Metallhobeln (bei mir LV) oder gar einem Infill Putzhobel konnte er zu keiner Zeit wirklich konkurrieren.

Viele Grüße
Klaus

Pedder
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Selbstbau? Billig? ;o)

Beitrag von Pedder »


Warum nicht einen Putzhobel selber bauen? Gerade kürzlich wurden hier ja wieder einige beeindruckende Beispiele vorgestellt.

Mit einem alten, guten Eisen aus einem alten Hobel zum Fast-Nulltarif, etwas Holz und Zeit kanst Du Dir Deinen Putzhobel einfach selbst bauen.


Hallo Philipp,

nach meiner Erfahrung ist Selbstbauen nicht billig. Ich hab das 2006 in Bezug auf Sägen gedacht.
Inzwischen habe ich deutlich mehr Geld für Werkzeuge zum Sägenbau
(oder Werkzeuge zum Bauen von Werkzeugen für den Sägenbau usw.) ausgegeben als mich damals ein Satz perfekter
vollständiger Satz Sägen von Mike Wenzloff gekostet hätte.

Und gleich beim ersten Hobel eine Präzision zu errreichen, die gegen Veritas anjappen kann? Eher nicht.
Aber: Ulmia Reformputzhobel bekommt man für 40-70€ gebraucht und damit kann man sehr schön arbeiten.

Die Maulverstellung bei den Flachwinklern nutze ich auch in erster Linie zum Freiblasen.
Wenn ich das nicht könnte, würden die Hobel bei wirklich engen Mauleinstellungen
ständig stopfen und dann würde ich sie mit größerem Maul fahren.

Aber ich arbeite auch lieber mit hölzernen Hobel, ein Grund, weshalb mei Clifton Nr. 4 demnächst in den Marktplatz geht.

Liebe Grüße
Pedder

Rolf Richard
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Re: Holz vs. Metall/Bedock vs. Bailey

Beitrag von Rolf Richard »


Hallo Klaus,

mir ist noch kein einziger Eisenhobel untergekommen, der auch nach intensiver Sohlenbehandlung auch nur annähernd so leichgängig läuft wie ein guter Holzhobel. Der Vergleich mit dem Klebeband ist überzeichnet, weist aber trotzdem in die richtige Richtung. Aus diesem Grund braucht ein Holzhobel auch nicht die Masse eines Metallhobels, die dieser vermutlich zur Hauptsache zur Überwindung der grossen Reibung benötigt.

Einstellen mit dem Hammer ist auch bei Holzhobeln nicht mehr Stand der Technik. Wie das geht kann man an den Reform-Hobeln sehen.

Nach meiner Meinung ist die Bailey-Konstruktion eine Billigvariante, die in keiner Weise mit einem Bedrock konkurrieren kann. Das Eisen wird hinter der Schneide nur mangelhaft gestützt, neigt daher zum Rattern. Leider war der Bedrock vermutlich in der Herstellung deutlich teurer, konnte sich daher nicht richtig durchsetzen. In meinem Bestand befindet sich jeweils ein 4er Bailey und Bedrock und eines ist sicher - dazwischen liegen qualitätsmässig Welten. Man könnte durchaus behaupten ein Bedrock wäre im Vergleich gute europäische Präzisionsarbeit und der Bailey könnte aus eine Fernost-Billigschmiede stammen. Klar, auch das ist überzeichnet aber auch nicht ganz verkehrt.

Gruss

Rolf

Klaus Kretschmar
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Re: Holz vs. Metall/Bedock vs. Bailey

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Rolf,

ich arbeite mit beiden Hobelarten, weswegen ich die Unterschiede kenne. Sooo gravierend empfinde ich das nicht, vielleicht liegt's an mir. Deswegen bleibe ich dabei, der von Philipp gezogene Vergleich ist nicht nur überzeichnet, er ist schlicht unrichtig.

Deine Betrachtung Bailey/Bedrock ist differenziert zu beurteilen. Die alten Baileys (zumindest die Vorkriegsmodelle) sind betreffend die Froschkonstruktion zur Unterstützung des Eisens nicht schlechter als Bedrocks. Das Eisen wird bis unten vom Frosch unterstützt, wo es "Anlehnungsbedarf" hat. Das Eisen kann dort so wenig oder so stark flattern, wie in einem Bedrock. Beide Konstruktionen unterscheiden sich vorwiegend dadurch, dass der Frosch des Bedrocks anders mit dem Hobelkörper verbunden ist, was die Maulverstellung bei montiertem Eisen erlaubt. Die Unterstützung des Eisens geht nicht weiter nach unten, als beim Bailey.

Das hat sich allerdings in den 60ern oder 70ern grundlegend geändert. Die Froschkonstruktion wurde beim Bailey derart billig, dass das Eisen tatsächlich nur unzureichende Unterstützung erfährt (Stanley Handyman u. dergl). Bedrocks wurden nach dem Krieg nicht mehr gebaut.

Wenn deine beiden sich derart stark unterscheiden, dann bin ich ziemlich sicher, dass dein Bailey #4 kein Vorkriegsmodell ist. Ich habe einen Bailey #4 von 1907 und einen Handyman #4 aus den 80ern. Beides Bailey Konstruktionen aber qualitätsmässig 2 Welten.

Viele Grüße
Klaus

Friedrich Kollenrott
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Bedock vs. Bailey

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Rolf,

Ich stimme Klaus da zu. Der Bailey ist keinen Billigvariante, der Unterschied zum Bedrock eher marginal. Dein Eindruck entstand wohl, weil die nach WW2 produzerten und schliesslich bis zur Funktionsuntüchtigkeit verschlechterten Hobel die Merkmale von Baileys hatten (Herr Bailey hätte sich angesichts derer im Grabe umgedreht). Das wunderbare Internet- Standardwerk über die Stanley- Hobel, "The Superior Works"

http://www.supertool.com/StanleyBG/stan0a.html

spricht von "the overhyped bedrock series". Die älteren Baileys haben wie die Bedrocks eine einwandfreie Abstützung des Eisens bis herunter zum Beginn der Fase (darunter steht das Eisen eh im Freien, bei jedem Bevel- down- Hobel), die Eisenverstellung ist die gleiche beim Bedrock wie beim Bailey. Nur die Maulverstellung ist beim Bedrock besser weil man das Eisen nicht abbauen muss, aber davon merkt man beim Hobeln nichts. Gut ist übrigens die Maulverstellung auch beim Bedrock nicht weil der Frosch nicht geführt ist, da ist - wenn es denn ein Hobel mit Frosch sein soll- die vom neuen Kunz sehr viel besser, bilde ich mir ein.

Friedrich


Philipp
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Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Re: Holz vs. Metall

Beitrag von Philipp »

[In Antwort auf #133053]
Hallo Klaus und die anderen,

natürlich hatte ich mit dem Klebeband ein überzeichnetes Bild bemüht - da war auch ganz meine Absicht. Und natürlich stimmt es auch, daß ein gewachster Metallhobel gut läuft. Ich will beim Hobeln aber nicht ständig nach der Kerze greifen, vor allem dann nicht, wenn es viel zu hobeln gibt.

Und ich bleibe dabei, daß das Bailey-Prinzip eine untaugliche Konstruktion ist, wie ich gestern wieder beim Arbeiten mit meiner No. 8 (ziemlich altes Modell, also bestimmt aus der "guten alten Zeit") und meiner No. 7 (vermutlich jünger, aber bestimmt nicht aus den schlampigen 60ern oder 70ern) sehen konnte. Das Einstellen des Eisens, sowohl betreffend der Spanabnahme als auch der Lateraleinstellung ist ein Produkt des Zufalls. Nach nur ein paar Hobelstößen in widrigem Holz wird es zurückgedrückt, ständig muß nachjustiert werden. Die Lateraleinstellung würde ich am liebsten rausschmeißen, weil sie bei meinen Stanleys einfach keine haltbare und genaue Einstellung liefern oder halten können.

Gestern hobelte ich reichlich (leider teilweise holzwurmbefallene :-( ) sägerauhe Birne. Also zunächst viel Abtrag in vielen Hobelstößen. Mit den zähen Metallern eine Qual, mit der fliegenden hölzernen Rauhbank wesentlich ermüdungsärmer.
Und was die vielgelobte "Autorität", wie wir das amerikanische gern eindeutschen, angeht: die große Masse muß erst einmal beschleunigt werden, was viel Kraft kostet. Und v.a. muß sie nach jedem Stoß zurückbewegt werden, was noch mehr Kraft kostet. Trotz der hohern "Schwungmasse" der Metaller und trotz ihrer noch besser erhaltenen Schärfe steckten sie teilweise im widrigen Holz fest, die Holzrauhbank nie.

Ich will ja hier keine Grundsatzdiskussion antreten, die hatten wir schon oft genug. Ich finde nur, daß die Lobpreisungen der (teuren) Metallhobel sich nur teilweise durch Fakten untermauern lassen.

Und, Klaus, nebenbei: den auf mich bislang eindrucksvollsten Hobel durfte ich in DA in Händen halten und benutzen - das war Dein Bestoßhobel aus: Holz ;-).

@Pedder: dein Kostenvergleich Sägenbau/Sägenkauf mit Hobelbau/Hobelkauf hinkt, das weißt Du. Ein Hobelbau erfodert deutlich weniger ans Werkzeug und Material als der viel anspruchsvollere Bau einer Säge.

Viele Grüße an alle Metal- und Holzhobler, Philipp

Stefan Krieger
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Registriert: Mo 19. Feb 2018, 23:08

Re: Holz vs. Metall/Bedock vs. Bailey

Beitrag von Stefan Krieger »

[In Antwort auf #133055]
Hallo Rolf,

ich bin auch ein großer Freund der guten alten Holzhobel und arbeite mit diesen auch lieber (allerdings habe ich auch keinen einzigen hochpreisigen Metallhobel sondern ausschließlich Anants und einen Juuma Einhandhobel). Diese Aussage hier von Dir:
Aus diesem Grund braucht ein Holzhobel auch nicht die Masse eines Metallhobels, die dieser vermutlich zur Hauptsache zur Überwindung der grossen Reibung benötigt.

ist aber Quatsch. Die Reibkraft hängt von zwei Größen ab: Dem Reibkoeffizienten (der bei Metallhobel auf Holz halt schlechter(=größer) ist als bei Holzhobel auf Holz) und der Gewichtskraft/Masse. Eine größere Masse des Hobels bewirkt daher auch eine proportional größere Reibkraft. Insofern ist die große Masse eines Metallhobels keineswegs ein Vorteil - bezogen auf die Reibung.
Aber: Ist ein schwerer Hobel erstmal in Bewegung, lässt er sich aufgrund der hohen Massenträgheit nicht so schnell durch irgendwelche Äste oder sonstige Hindernisse beeinflussen oder abbremsen wie ein leichterer Hobel.

Von daher ist das Hobeln mit schweren Hobeln (egal ob Holz oder Metall) zwar anstrengender, weil mehr Masse vor- und vor allem auch zurückbewegt werden muss, aber dafür laufruhiger und gleichmäßiger.

Schöne Grüße
Stefan

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