Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Holzwerker,

Wolfgang, ein Holzwerkerfreund aus meinem Ort, kaufte kürzlich eine alte Steiner Bank. Der vorherige Eigentümer hatte aufgrund eingeschränkter Platzverhältnisse zwar die Beilade abgeschnitten, ansonsten hat die Bank aber sehr gute Substanz. Wolfgang möchte der Bank eine neue Beilade spendieren. Die Platte war ein wenig aus der Form, will heissen geringfügig uneben und die Vorderkante etwas aus dem Winkel. Hier ein Bild der bereits demontierten Platte.



Wolfgang und ich diskutierten das weitere Vorgehen und kamen zum Schluß, das Abrichten in der großen Werkstatt zu machen, die ich zusammen mit einem Freund in einer Feldscheune betreibe. Die Idee war, die gesamte Platte mit montierten Zangen durch den Dickenhobel laufen zu lassen. Manche von euch wissen vielleicht aus einem früheren Beitrag, dass in dieser Werkstatt eine alte und schwere Dickte mit 83 cm Arbeitsbreite steht.

Wolfgang bereitete die Platte vor. Zunächst wurden auf die Unterseite ein paar Holzklötze geschraubt.



Darauf wurde eine furnierte Spanplatte parallel zur Oberseite der Platte befestigt.



Dann ging es durch die Dickte. Ich war ziemlich gespannt, weil so eine Konstruktion und ein derart schweres Werkstück noch nie durch die Maschine gingen. Ob der Vorschub das packen würde, war mir nicht ganz klar. Hinweis: Die Bilder wurden nachgestellt, als das Abrichten bereits erledigt war. Während der Arbeit war keine unserer 4 Hände frei :-). Deswegen seht ihr mich ohne Atem- und Gehörschutz. Beides trug ich selbstverständlich.







Es funktionierte sehr schön. Ich hatte aber vorsichtshalber eine sehr gering Spanabnahme von unter 1 mm eingestellt. Nach 2 Durchläufen war die Platte plan, es folgten 2 weitere, um ein paar kleine Beschädigungen zu eliminieren.

Danach ging es zum rechtwinkligen Abrichten der Vorderkante auf die Abrichte. Die ist zwar deutlich leichter als die Dickte, aber immer noch mehr als eine Tonne schwer. Ein derart schweres und sperriges Werkstück kann nur auf einer schweren Maschine abgerichtet werden - oder von Hand.



Prüfung des rechten Winkels



Nach 2 oder 3 Durchgängen war die Vorderseite der Platte rechtwinklig zur Oberseite und damit ok. Die Hinterzange blieb bei diesem Arbeitsgang montiert.

Vor dem Zusammenbau finishte Wofgang die Platte mit Leinölfirnis. 2 Bilder vom derzeitigen Zustand der Platte.





Es ist mir klar, dass dieser Weg, eine Bankplatte in Form zu bringen, keine generelle Empfehlung sein kann, weil man hierzu eine breite Dickte benötigt, wie sie heute nur noch selten anzuttreffen sind. Es hat aber funktioniert und es machte Spass. Daher wollte ich es dem Forum nicht vorenthalten.

Grüße
Klaus



Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Dietrich »


Hallo Klaus,

das ist im aller positivsten Sinne "abartig":-)

Mir fehlten hier und da schon mal 2-3 cm Hobelbreite, aber 830mm Hobelbreite...muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Vielen Dank für das Bereitstellen derart außergewöhnlicher Maschinenarbeits-Bilder!
Eine Frage drängt sich mir ob der Unterverteilung auf, die den Stromverbrauch erahnen lässt.
Hast Du evtl. ein kleines Wasserkraftwerk was den Bedarf deckt?

Auf jeden Fall wars die Hobelbankplatte wert und allemal besser als mit dem Handbandschleifer.

Gruß Dietrich

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Dietrich,

die Scheune hat einen ordentlichen Anschlusswert, trotzdem ist es so, dass beim Anwerfen der Dickte keine andere Maschine laufen sollte. Die Absaugung darf erst eingeschaltet werden, wenn die Dickte läuft, sonst fliegt schon mal eine Sicherung raus. Der Hauptmotor der Maschine hat 13 kW, der Vorschubmotor 4 kW. Und dann ist da noch ein kleiner Motor für die integrierte Schärfeinrichtung mit 1 kW :-) Früher wurde aus dem vollen geschöpft...

Herzliche Grüße
Klaus

Timob.

Re: Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Timob. »


Hallo Klaus,

auch auf Deutsch ist der Bericht immer noch sehr spannend...

Euer Fuhrpark ist klasse.

Viele Grüße
Timo

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Ich will auch sowas!

Beitrag von Gerhard »


Hallo Klaus,

ich ärgere mich hier grad mit meiner 26er Hobelmaschine rum. Beim Fügen verstellt sich ständig der Anschlag. Oder besser "Anschlag". 5 cm Ahorn ist einfach schon zu schwer.

Beim Dickenhobeln habe ich mich eben festgefahren. Brett hochkant um die Seiten parallel zu bekommen. Der Anfang ging noch rein, dann wurde das Brett leider noch ein paar Millimeter breiter...

Viele Grüße,
Gerhard

Andi
Beiträge: 61
Registriert: Do 28. Dez 2017, 11:22
Kontaktdaten:

Re: Ich will auch sowas!

Beitrag von Andi »


Guten Abend,

hattet Ihr keine Angst das irgendwelche Nägle / Metallspäne etc in der Platte waren ? Hammer Projekt. Sowas gefällt mir. Aber allein so eine Maschine findet mah nicht häufig.

Glückspilz, so eine geile, gerade makellose Bank zu haben.

Gruß Andi

Jockel
Beiträge: 484
Registriert: So 7. Aug 2016, 10:50

Re: Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Jockel »

[In Antwort auf #71133]
Hi Klaus,
vielen Dank für den tollen Bericht.
Schön mal wieder was von dir zu hören!
Diese Methode hatte ich in Gedanken schon einmal mit einer Breitbandschleifmaschine durchgespielt, auf die Dickte binn ich damals nicht gekommen.

Gruß Jockel


Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Ich will auch sowas!

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Andi,

Wolfgang bereitete die Platte sehr gut vor. Es gab nur wenig Metall. Nach dem Hobeln konnte man sehen, dass lediglich ein ganz dünner Nagel seiner Aufmerksamkeit entgangen war. Der dünne Nagel hat die Maschine nicht weiter gestört, er wurde mitgehobelt. Möglicherweise haben die Messer ein klein wenig abbekommen. Schadet aber nichts, da ein Schärfen ohnehin ansteht.

Viele Grüße
Klaus

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Abrichten einer Bankplatte oder: Heavy Metal

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Jockel,

ich denke, dass eine gute Breitbandschleifmaschine ebenso gut verwendet werden kann. Da hast du wohl recht.
Abdererseits: eine Breitband-Schleifmaschine habe ich nicht, eine Dickte schon :-)

Freue mich schon jetzt auf Darmstadt!

Herzliche Grüße
Klaus

joh. t.
Beiträge: 739
Registriert: Sa 25. Nov 2017, 13:35

Re: Ich will auch sowas!

Beitrag von joh. t. »

[In Antwort auf #71140]
Hallo Gerhard,

kannst du haben, steht bei mir rum und will sie loswerden: Abrichte Dickte , 60er Breite , von 1948, Messerwelle mit 4 Messern , 2 . Satz vorhanden, neuer Vorschubmotor von 2005, Gewicht 1,4 Tonnen, Dickte läßt sich nur bis ca 140 runterfahren, eigentlich bis 220., weiß nicht woran es liegt, Drehstrom, klingt wie ein startender Jumbo, 500,- €, Abholung bei mir, Verkauf als Altmetall ohne Gewährleistung und ohne Garantie.

Viele Grüße Johannes

Antworten