Bestosslade für den Oberfräsentisch

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Rolf Richard
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Bestosslade für den Oberfräsentisch

Beitrag von Rolf Richard »


Eine Bestosslade für den Oberfräsentisch - was soll das denn sein? Sagen wir so, mir fällt keine bessere Bezeichnung ein und eine gewisse Ähnlichkeit ist schon da. Es geht einfach darum, die Stirnseiten von Brettern möglichst genau rechtwinklig zu bearbeiten oder auch Profile anzuschneiden.

Zwar kann - könnte? - man solche Arbeiten auch mit einem Queranschlag machen, hat aber Tücken. Der Queranschlag muss wirklich exakt rechtwinklig geführt sein, wenns auch rechtwinklig werden soll und das Werkstück muss man daran festspannen. Mit händischem Andrücken habe ich keine ganz guten Erfahrungen gemacht. Ggf. darf man das Ganze so einrichten, dass auch der Längsanschlag einen exakten rechten Winkel zum Queranschlag bildet.


Der Queranschlag ist nicht mein Lieblingshilfsmittel

Geht das nicht besser? Schliesslich hat man ja den Längsanschlag und der ist leicht einzurichten. Und mir kommt ein Bild von einer Spannlade unter. Das wäre doch eine Idee!

Erst mal ein Brett auf einer Längsseite abrichten. Schön gerade und rechtwinklig. Diese Kante soll am Längsanschlag entlanglaufen.


Führungsbrett

Auf dem Frästisch erhält das Brett zwei Nuten, die mit Hilfe eines 8 mm Spiralnutfräsers geschnitten werden. Drehzahl auf ca. 15.000 U/min reduzieren, damit die Buche nicht so sehr verbrennt. Das Brett wird natürlich am Längsanschlag mit Endanschlag als Rückschlagschutz und Fräswegbegrenzung geführt. Die Nuten werden gebraucht, um eine bewegliche Anschlagbacke zu führen.

Auf der linken Seite braucht es einen festen Anschlag, der eine schon bearbeitete, also gerade Seite des Werkstücks hält. Dieser feste Anschlag muss genau rechtwinklig zu der Kante der Vorrichtung stehen, die am Längsanschlag entlangläuft. Wirklich exakt!


Die obere Kante läuft am Längsanschlag, die linke Kante des angebrachten Holzes muss gerade und genau rechtwinklig zur ersten Kante sein

Wie bekommt man die Rechtwinkligkeit genau hin? Jede Abweichung an der Stelle überträgt sich unweigerlich aufs Werkstück. Meine Hilfskonstruktion verwendet die 1-2-4 Block, die ich mir beschafft hatte:


Zwei Blocks längs, einer quer. Zusammengespannt mit einer Gewindestange. Die Blocks längs ausgerichte mit den vierten Block


So richtet man die Sache aus. (Das Bild ist nachgestellt!)


Nachmessen, daas alles richtig sitzt


Nach dem Verleimen durchbohren, um einen Führungsgriff zu befestigen

Das Holz steht mit Absicht etwas zurück, um Freigang für den Fräser zu haben. Das sieht man später besser.

Der zweite, rechte Anschlag muss verschiebbar ausgeführt werden, um die Lade an Werkstücke unterschiedlicher Breite anpassen zu können. Da die zweite Seite eventuell noch unbearbeitet ist, läuft diese Kante dann vielleicht auch schräg. Also muss sich diese Anschlagbacke auch schräg stellen lassen. Dazu braucht man einen bogenförmigen Schlitz.


Bogen einfräsen mit der handgeführten Oberfräse auf den Abstandshaltern

Dazu verwende ich die Combination Router Base CRB von Trend, die auch als Fräszirkel geeignet ist.


Combination Router Base an der Dewalt DW 622


Der Abstand vom Drehpunkt zum Fräser wird exakt auf den Abstand der beiden langen Nuten im Führungsbrett eingestellt.

Wird die Fräse auf der CRB so befestigt, dass die hintere Führungsstange in der Fräse gleiten, die vordere hingegen geklemmt ist, dann kann die Fräsenposition im Zehntelmillimeterbereich justiert werden


Klemmen der Feinjustierung an der Bodenplatte

Die Schraube, die den beweglichen Anschlag feststellt, muss natürlich versenkt werden. Also sollte man den Führungsbogen entsprechend modifizieren. Man behät den Drehpunkt bei, setzt nur den grösseren zweiten Nutfräser ein und fräst so tief ein, wie es der Schraubenkopf plus U-Scheibe erfordern.


Der vollständige Bogen

Dabei passiert mir ein Missgeschick. Ich erwische den falschen, zu grossen Fräser! Jetzt kann sich der Schraubenkopf drehen, was nicht im Sinne des Erfinders ist. Den Anschlag neu anfertigen? Nein, das kann man auch anders lösen. Mit Cyanacrylat werden Aluminiumplättchen an den Schraubenkopf angeklebt. Jetzt ist das Drehen unterbunden.


Angeklebte Aluminiumplättchen verhinder das Drehen der Schraube.

Zusammengebaut sieht die Lade von unten so aus:


Die montierte Lade von unten




Schrägstellen für nicht parallele Werkstückseiten

Wichtig ist, dass die zuvor abgerichtete Längskante des Werkstücks am festen festen Anschlag anliegt.
An beiden Anschlägen ist eine Kante zu sehen. Sie dient dazu, das Werkstück mit einem Abstand zum Führungsbrett zu halten. Das ist notwendig, damit der Fräser nicht ins Führungsbett schneidet. So wird das Wrkstück geklemmt:


Eingespanntes Werkstück mit Abstand zum Führungsbrett

Das Werkstück wird so positioniert, das es ungefähr mit der Kante des Führungsbretts abschliesst. Nicht gerade Kanten können auch etwas überstehen, doch sollte man nicht zu viel auf einmal wegfräsen wollen. (Ich beschränke mich zumeist auf 3mm - höchstens aber 5 mm)


Wie steht das Werkstück relativ zur Führungskante?

Wieviel abgefräst wird bestimmt alleine der Fräserüberstand über den Längsanschlag. Im Bild wird dieser auf 3 mm eingestellt und der Überstand über den Tisch auf knapp mehr als Werkstückdicke justiert


Fräserüberstand bestimmen


Fräserüberstand über der Tischplatte

Die Vorrichtung wird vor Fräsbeginn so positioniert, dass sich noch das gesamte Werkstück rechts vom Fräser befindet. Trotzdem liegt das Führungsbrett auch schon an der linken Wange des Längsanschlags an. Ein Eindrehen in die Fräseröffnung ist so unmöglich. Die Fräsmesser haben so auch sicher noch keinen Kontakt zum Werkstück.


Ansetzen der Lade samt Werkstück am Längsanschlag bzw. Fräser

Das Verschieben der Lade samt Werkstück geht sehr schnell, weil das Werkstück wie sonst auch auf der Frästischplatte gleitet. Nur sehr dünne Werkstücke hängen etwas in der Luft. Gleichzeitig ist der Fräser komplett abgedeckt, - keine Gefahr für Finger. Die maximale Werkstückbreite beträgt 50 cm, die minimale ca. 2,5 cm


Ein richtig schöner rechter Winkel

Man kann auch Profilfräser einspannen, um damit Stirnkanten zu bearbeiten. Auch die Verwendung eines Ausreissholzes ist möglich, das nicht zwingend die Stärke des Werkstücks haben muss


Ausreissholz mitgespannt

Eine Modifikation musste gleich vorgenommen werden. Bei schmalen Werkstücken kippt die Lade zum rechten Ende hin ab, was die Bedienung erschwert. Daher wurde ein Kippschutz angefertigt, der bei Bedarf angeschraubt wird.


Kippschutz


Gesamtansicht

Das Versuchsmodell der Lade wird nicht auf Dauer so bleiben. Vom Prinzip her ok, aber es gibt Verbesserungspotential. Bei Veränderungen werde ich darüber berichten, jetzt ist allerdings erst mal Erholung angesagt.

Gruss
Rolf

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Bestosslade für den Oberfräsentisch

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Rolf,

viel Arbeit, um ein Brettchen zu bestoßen. Richtig aufwändig und gut gemacht .... aber: eine simple Stoßlade und ein scharfer Hobel erledigen den Job schnell und einfach. Einstellen muss man auch nichts :-)

Klaus

Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Bestosslade für den Oberfräsentisch

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo,

Wer keinen Schiebeschliiten an seiner Tischfräse hat, nutzt zur Bearbeitung von Hirnholz gerne etwas in dieser Art:

http://www.vemashop.com/Contermax

Wolfgang

Rolf Richard
Beiträge: 3390
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Re: Eigentlich....

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #80368]
....sollten ja noch ein paar Änderungen an der Lade vorgenommen werden, aber mir lief die Zeit davon und ab morgen bin ich erst mal einen Monat im Ausland. Also wirds wahrscheinlich Ende Juni/Anfang Juli bis eine verbesserte Version dokumentiert wird.

Gruss

Rolf

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