Telefonschrank ist endlich fertig
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Telefonschrank ist endlich fertig
Endlich ist es soweit! Nach langer -man könnte auch sagen: viel zu langer- Bauzeit ist endlich mein Telefonschrank fertig geworden.
Es ist mein erstes Stück aus massivem Hartholz. Bis auf die Korpusrückwände und die Schubladenböden (sie sind aus Buchensperrholz) sind alle Teile aus massiver amerikanischer Kirsche bzw. Ahorn gefertigt. Bei der Tiefe der Korpusse und der Schubladen war ich durch den Standort stark eingeengt, denn der Schrank sollte auf keinen Fall vorstehen. Leider hat das zu recht kleinen Schubladenmaße geführt.
Die ursprünglich 32mm dicken Kirschholzbohlen habe ich zusammen mit dem Schreinermeister, der unsere Badezimmerschränke gemacht hat, in Wuppertal eingekauft. Die 3,5m langen Bohlen hat er dann einseitig besäumt und beidseitig auf Dicke (20mm) gehobelt. Diese Rohware habe ich dann weiter verarbeitet.
Die Fingerzinken wurden mit meinem modifizierten Lynns Jig auf der Kreissäge erstellt. (die später gekaufte Woodrat hätte mir hier sicherlich viel Zeit erspart).
Beim Bau der Korpusschubladen ist mir dann der erste Fehler unterlaufen. Da ich gerade meine präzisen Japansägen inklusive einer Schneidführung gekauft hatte, kam ich auf die geile Idee die Fingerzinken der Korpusschubladen von Hand zu fertigen.
Die Fingerzinken der Koprpuschublade sollten ursprünglich genau so aussehen wie die Fingerzinken der Schubladen für den Aufsatz (= 5mm).
Beim Fingerzinken von Hand lernte ich sehr schnell den Unterschied zwischen WOLLEN und KÖNNEN und Theorie und Praxis kennen. Hier kam der zweite große Fehler, denn ich hatte ALLE Schubladenfrontteile zu einem Block zusammen geklemmt und dann gesägt. Leider ging mein Versuch mit den handgezinkten Verbindungen völlig in die Hose und entsprach überhaupt nicht meinen Vorstellungen.
Das Ergebnis war eine mittlere Katastrophe, denn nun waren ALLE Schubladenfronten und Schubladenhinterstücke zu kurz.
Aber Not macht erfinderisch! Ich habe die handvergeigten Zinken abgesägt und das Schubladenvorderstück an beiden Seiten mit einem Ahornstück wieder auf das ursprüngliche Maß gebracht. Danach wurden -nun wieder auf der Kreissäge und mit der selbstgebauten Zinkenvorrichtung- die neuen, breiteren Zinken (10mm) geschnitten. Als ich die erste Schublade fertig hatte, gefiel mir das Ergebnis besser als das ursprünglich geplante Design, denn das rötliche Kirschholz ergab mit dem weißen Ahornholz einen prima Kontrast.
Um die massiven Bretter für die Türen und das oberste Brett gegen Verwerfungen zu schützen, habe ich dort Gratleisten mit Schwalbenschwanzführungen angebracht. Inzwischen hatte ich die Woodrat gekauft und so wurden die Gratleisten und die Nuten natürlich auf der Holzratte erstellt. Die einliegenden Türen haben übrigens ein besonders pfiffiges Schanier, denn sie sind um 180 Grad zu öffnen.
Leider ist mir bei dem Bohren der Grifflöcher dann ein weiterer Fehler unterlaufen. Weil ich die Türen im falschen Korpus abgestellt hatte, habe ich das Loch an der falschen Stelle gebohrt. (nun gut es war schon 23:00 Uhr, aber Fehler ist Fehler). Da ich keine Drechselbank habe, hat mich diese Reparatur einige Stunden beschäftigt. Ich wollte erst meinen Namen in den Pfropfen schnitzen und es als "besonderes Design" deklarieren, aber dann habe ich es doch gelassen.
Wie im unteren Foto zu erkennen ist, werden die Korpusschubladen über Buchenholzleisten die im Korpus eingenutet sind geführt. Die Nuten wurden mit der Woodrat gefertigt. Bei den Schubladen im Aufsatz habe ich komplett auf eine Führung verzichtet. Sie stehen einfach auf dem Boden.
Vor dem Auftragen des Hartöls wurden alle Teile von Hand geschliffen (100/150/280 Papier) und anschließend mit dem Ziehklingenhobel von Veritas nachbearbeitet. Auf diese Oberfläche wurde dann mit dem Handballen Hartöl aufgetragen (3 mal) und mit einem Leinentuch poliert. Das Öl hat das Holz sehr dunkel eingefärbt.
Fazit: Der Schrank ist zwar kein Meisterstück geworden und hat etliche Fehler die einem "richtigen Schreiner" sicherlich nicht unterlaufen wären. Aber dafür, daß es mein erstes Hartholzprojekt war, bin ich mit dem Ergebnis eigentlich ganz zufrieden. (man muss sich schließlich auch noch steigern können :-)
Gruß Detlef
Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Das Zeitproblem haben wohl die Meisten von uns....
Mit diesem Ergebnis kannst du mehr als zufrieden sein. Ich wäre froh, wenn ich Zeit und Möglichkeiten hätte, um mich mal an einem Möbel zu versuchen. aber ich glaube kaum, dass dabei ein so schönes Ergebnis herauskommen würde.
Kompliment!
Mit bewundernden Grüßen
Maximilian Schreiegg
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Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Hallo Detlef,
Du sollst Dein Licht nicht so unter dem Scheffel stellen, so sagt man es doch hier im Rheinlaendischen. Finde Deinen Telefonschrank einfach nur Klasse, schoen gemacht.
2 Fragen haette ich noch auf dem Herzen: Wie heißt das pfiffige 180°-Scharnier ?
Und woraus hast Du die Rundtraeger angefertigt bzw. wie hast Du sie befestigt ?
Sehe schon, daß ich mindestens 200 Jahre alt werden muß, um alle Ideen, die in meinem Kopf rumschwirren, in die Tat umzusetzen.
Schluß fuer heute, morgen wird endlich standesamtlich geheiratet.
Frohes Telefonieren
Steff
Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Hallo Detlef,
Du kannst stolz auf Dich sein, ein richtiges Design-Objekt!
Dennoch habe ich eine kritische Frage:
Zinken auf der Längsseite vom Holz, warum?
Gruß Dietrich
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Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Hallo Steff,
erstmal herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit! Ich wünsche euch beiden viel Glück und freue mich mit euch!
Zu deinen Fragen:
1. das Scharnier heißt Zysa und ist von Häfele. Nicht billig, aber dafür ist das Scharnier so gut wie unsichtbar. Wird in ein 12-er Sackloch gesteckt und mit einer kleinen Schraube wie ein Messingdübel gespreizt.
2. die Rohre sind aus Stahl und außen alufarben eloxiert. Zu finden im Bauhaus! Dort werden sie eigentlich als Tischfüße verkauft. Im Rohr befinden sich zwei eingeschweißte Platten mit einer 10mm Gewindebohrung. Zur Befestigung habe ich in das untere Brett des Aufsatzes eine Rampa-Mutter eingeschraubt und dann dort ein Stück von einer 10-ner Gewindestange eingeschraubt und gekontert. An dieser Gewindestange ließ sich dann das Rohr an das untere Brett des Aufsatzes anschrauben. Da sich zum Glück zwei Platten mit einem Gewinde im Rohr befinden, wurde dann der Deckel vom Korpus durchbohrt und der Korpus von unten an das Rohr befestigt. Analog wurde das obere Brett befestigt.
Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt. Wenn nicht muß Du weiterfragen? Aber entscheidend ist das Du morgen bei der viel wichtigeren Frage nur mit: JAAAH!!!! antworten darfst. Sonst ist es aus mit dem Schreinern!
Viel Spaß morgen!
Gruß Detlef
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Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Hallo Dietrich,
ich bin nicht sicher ob ich deine Frage richtig verstehe. Meinst Du warum ich die Fingerzinken an der Längsseite des Korpus verwende oder ist Dir als kritischer Betrachter aufgefallen, dass manche Bretter falsch zur Maserung gezinkt wurden?
Ich wollte die Fingerzinken aus drei Gründen einsetzen:
1. die Kästen sollten ohne Verwendung einer Schraube mit klassischen, traditionellen Mitteln an den Ecken verbunden werden. Ich hätte natürlich auch eine Gehrung verwenden können, aber es sollte deutlich sichtbar sein.
2. weil ich gerade vorher die dazu passende Fingerzinkenvorrichtung gebaut hatte und sehen wollte ob sie sich in der Praxis bewährt
3. für Schwalbenschwänze habe ich nur die Zinkeneinrichtung die verdeckte Zinken ermöglicht.
Gruß Detlef
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Re: Telefonschrank ist endlich fertig
Hallo Detlef,
ja, es ist mir als Betrachter aufgefallen, das einige der Zinkenverbindungen nicht im Kopfholz sind!
Hattest Du dafür einen bestimmten Grund?
Gruß Dietrich
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Re: Telefonschrank ist endlich fertig
[In Antwort auf #9045]
Hallo, Detlef,
Gratulation zur gelungenen Arbeit.
Das Kaschieren der eigenen Fehler, die an einem Werkstück verbrochen wurden, betrachte ich als Lernprozess, der einen in seinen Fähigkeiten stets bereichert. Zumindest rede ich mir das immer ein:-)
Wenn ich einen kleinen Kritikpunkt loswerden darf, etwas kleinere Bilder würden das Lesen des Beitrags erleichtern. Abgesehen davon wäre den "Dial-Uppern" unter uns auf jeden Fall auch geholfen.
Herzliche Grüße
Christian
Hallo, Detlef,
Gratulation zur gelungenen Arbeit.
Das Kaschieren der eigenen Fehler, die an einem Werkstück verbrochen wurden, betrachte ich als Lernprozess, der einen in seinen Fähigkeiten stets bereichert. Zumindest rede ich mir das immer ein:-)
Wenn ich einen kleinen Kritikpunkt loswerden darf, etwas kleinere Bilder würden das Lesen des Beitrags erleichtern. Abgesehen davon wäre den "Dial-Uppern" unter uns auf jeden Fall auch geholfen.
Herzliche Grüße
Christian
Re: Telefonschrank ist endlich fertig
[In Antwort auf #9045]
Das mit den Fehlern die "richtige Schreiner" nicht machen, kann man so nicht stehen lassen. Ich habe schon genügend Möbel von professionellen Schreinern gesehen, die ähnliche Fehler aufwiesen. Bohren von Befestigungslöchern für Griffe auf der falschen Seite ist ein recht häufiger Fehler. Ein anderer recht häufig er Fehler ist, daß Dübellöcher für den Korpuszusammenbau vor dem Kantenanleimen gebohrt werden. Resultat: Der Korpus steht um die Breite der Kante über. Daneben habe ich schon verrutschte Lochreihen für Regalböden und ähnliches erlebt. Sicher viele dieser Fehler passieren nur bei Plattenmaterialien, mit Massivholz würden sie nicht passieren, aber wie du schon sagst, Fehler ist Fehler. Wenn ich mir meine selbstgebauten Möbel anschaue,entdecke ich auch an jedem Stück etwas, was so nicht geplant war, aber so gemacht werden mußte, weil ich irgendwo einen Fehler gemacht habe. Gerade diese kleinen Fehler und Unzulänglichkeiten sind es doch die diese Stücke so einmalig und liebenswert nachen.
Also laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen, dein Telefonschrank ist rundherum gelungen, vor allem die Fronten mit dem Wechsel aus Ahorn und Kirsche sehen sehr schön aus. Ich wünsche dir noch recht viel Freude mit deinem Schrank, beim Telefonieren oder einfach nur beim Anschauen, denn trotz der kleinen Unzulänglichkeiten, die du beschrieben hast ist dein Telefonschrank ein echter Hingucker geworden.
Viele Grüße
Georg
Das mit den Fehlern die "richtige Schreiner" nicht machen, kann man so nicht stehen lassen. Ich habe schon genügend Möbel von professionellen Schreinern gesehen, die ähnliche Fehler aufwiesen. Bohren von Befestigungslöchern für Griffe auf der falschen Seite ist ein recht häufiger Fehler. Ein anderer recht häufig er Fehler ist, daß Dübellöcher für den Korpuszusammenbau vor dem Kantenanleimen gebohrt werden. Resultat: Der Korpus steht um die Breite der Kante über. Daneben habe ich schon verrutschte Lochreihen für Regalböden und ähnliches erlebt. Sicher viele dieser Fehler passieren nur bei Plattenmaterialien, mit Massivholz würden sie nicht passieren, aber wie du schon sagst, Fehler ist Fehler. Wenn ich mir meine selbstgebauten Möbel anschaue,entdecke ich auch an jedem Stück etwas, was so nicht geplant war, aber so gemacht werden mußte, weil ich irgendwo einen Fehler gemacht habe. Gerade diese kleinen Fehler und Unzulänglichkeiten sind es doch die diese Stücke so einmalig und liebenswert nachen.
Also laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen, dein Telefonschrank ist rundherum gelungen, vor allem die Fronten mit dem Wechsel aus Ahorn und Kirsche sehen sehr schön aus. Ich wünsche dir noch recht viel Freude mit deinem Schrank, beim Telefonieren oder einfach nur beim Anschauen, denn trotz der kleinen Unzulänglichkeiten, die du beschrieben hast ist dein Telefonschrank ein echter Hingucker geworden.
Viele Grüße
Georg