Anfängerstück Lauflernwagen *MIT BILD*

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Matthias G.
Beiträge: 3
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Anfängerstück Lauflernwagen *MIT BILD*

Beitrag von Matthias G. »


Hallo und guten Morgen an alle hier,

nachdem ich hier im Forum schon einige Monate begeistert mitlese, möchte ich nun auch mein zweites ernsthaftes Projekt vorstellen - das erste Projekt war ein Regal aus OSB Platten und Vierkanthölzern, welches nun wirklich nicht vorzeigbar ist.
Vorab jedoch etwas zu mir:
Durch die Geburt meines Sohnes im Dezember 2009 veranlasst, mutiere ich mit 26 Lenzen so langsam zum "Holzheimwerker"-Anwärter ;-). Da ich mich für Kunststoffspielzeug wahrlich nicht begeistern konnte, war bei mir das Interesse am Werkstoff Holz schnell geweckt. In der elterlichen Verantwortung stehend, nicht jeden neuzeitlichen Unsinn in die kleinen Patschehändchen gelangen zu lassen, Versuche ich - sofern es die freie Zeit erlaubt - selbstgebaute Holzprodukte in sein Leben zu integrieren.

Nun zum Projekt:
Ein Lauflernwagen sollte es zu Weihnachten sein! Google und das Netz gaben erste optische Anreize. Ideen und Lösungen von diversen Herstellern wurden begutachtet. Die Sicherheitsaspekte standen natürlich ganz oben auf der To-do-Liste (Kippsicherheit, keine gefährlichen Kanten, Robustheit, Ergonomie, sichere und gute Bespielbarkeit etc.)
Aufgrund der äußerst stabilen Materialeigenschaften fiel die Wahl auf Bike-Multiplex als Ausgangswerkstoff in den Stärken 12mm und 18mm. Die Achsen sind Rampa Küchenschrankverbinder, welche mit Schraubensicherung mittelfest fixiert wurden. Schrauben sind ABC Spax Torx 4x30 Edelstahl (echt nobel die Karre!). Es wurde versucht, die Verschraubungen nicht zu aufdringlich zu gestalten. Der Griff ist nur geölt - Buche, 25mm stark, leider so gekauft.
Vom Design her ist es schließlich eine Mischung aus VW Transporter mit Pritsche und einem Pickup geworden, denn Papa soll ja auch seine Freude daran haben ;-).
Bei der Farbgestaltung war ich lange Zeit ratlos. Nur Ölen hätte mir schon gefallen, nur war mir dies nicht "kindgerecht/bunt???" genug. Leider muss ich gestehen, dass die Gestaltung mit dem Dekorwachs "creativ" im Nachhinein sehr, sehr viel vom Holzcharakter zerstört hat - ein einmaliger, nicht ganz deckender Auftrag wäre wohl der beste Kompromiss gewesen (Räder sind nur 1 Mal mit dem Farbton "Schnee" gepinselt). Sei's drum. Bin auch so "zufrieden", auch wenn mir schon einige Patzer passiert sind. Aber das gehört ja auch dazu. Jetzt weiß ich, dass z.B. der zweite Auftrag nicht mit dem Pinsel gemacht werden sollte, da man sonst die Pinselstriche deutlich sieht. Oder dass ich mir drigend einen guten Tischlerwinkel kaufen muss, da einige Kanten nach dem Zuschneiden nicht exakt 90° betrugen. Oder dass ich mit ner TKS oder Erika wahrscheinl. weniger Probleme beim Bearbeiten der kleinen Teile gehabt hätte. Oder, oder, oder ...



Pedder
Beiträge: 5743
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Toll, toll toll

Beitrag von Pedder »


Hallo Matthias,

herzlich Wilkommen im Forum und vielen Dank für den Bericht. Das sieht erstklassig aus und mir gefallen auch Projekt ein Farbe. Wenn alles immer nur Holz natur ist, kommt irgendwann so ein Kistenfeeling auf.

Seeeehr sinnvoll sind die Gummischoner, wie hast Du die befestigt?

liebe Grüße
Pedder



Dirk Boehmer
Beiträge: 2638
Registriert: Di 20. Aug 2013, 13:34
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Re: Anfängerstück Lauflernwagen

Beitrag von Dirk Boehmer »


Hallo Matthias,

schön, dass Du jetzt auch selber aktiv wirst, hier im Forum. Denn
davon lebt das Ganze.

Ist doch sehr gut gelungen. Farbe oder nicht Farbe ist dann eh nur
eine persönliche Geschmackssache. Beim nächsten Projekt hat Du sicherlich
schon genauere Vorstellungen, wie Du farblich gestalten sollst. Und
Kindern ist es sowieso wichtiger, dass Farbe da ist. Eine tolle Holzmaserung
ist da eher unwichtig.

Schreib doch mal was zu Deiner bisherigen Ausrüstung. Wie ist das Ganze
entstanden?

So, viel Spaß noch im Forum und weiter so ein gutes Gelingen bei den
nächsten Projekten!
--
Dirk



Martin Sprandel
Beiträge: 276
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Anfängerstück Lauflernwagen

Beitrag von Martin Sprandel »


Servus Matthias,

als fünffacher Onkel kenne ich diese Wägen. Ich kann nur sagen, dass meine Nichten/Neffen, damit viel gespielt haben bzw. immer noch damit spielen.
Ich finde die Farbeklasse und möchte mich da meinen Vorrednern anschließen, dass Farbe bei Kindern ganz viel Wirkung hat. Die ausgesuchten Farben sind meiner Ansicht nach gut abgestimmt.
Form ist auch sehr gut gelangen und ich finde dieses "Gimik" mit dem Fach zwischen der Pritsche und der Griffseite eine Witzige Lösung, die sicherlich, so habs ich erlebt, auch oft Verwendung findet.

Ich hoffe Deinem Bua wirds gefallen.

Schöne Grüße

Servus

Martin


Matthias G.
Beiträge: 3
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Toll, toll toll

Beitrag von Matthias G. »

[In Antwort auf #62105]
Danke für die Antworten!

@Pedder:

Die "Stoßstange" ist eigentlich ein Klebedichtband aus Weich-PVC, welches aus dem Bootszubehör stammt. Diess wird aber noch getauscht, da Weich-PVC wie auch PU-Schaumstoffe Phthalate als externe Weichmacher enthalten können. Da bei den Reifen das Klebeband kaum angefasst werden kann, muss ich wohl nur die Stoßstange noch abändern. Habe schon im Netz Butylklebeband gesehen. Ob das aber weniger bedenklich ist, ist fraglich. Am besten wäre wohl noch ein großer O-Ring aus EPDM-Kautschuk. Dazu müsste ich aber noch für € 65,- den passenden Hohlkehlfräser mit Lager kaufen und einen passenden O-ring mit dem Durchmesser finden.

@ Dirk:

Als E-Werkzeuge habe ich bisher nur eine Stichsäge, eine HKS mit Schiene, eine gebraucht gekaufte Metabo Oberfräse und seit Weihnachten einen kleinen Exzenterschleifer.

So bin ich vorgegangen:

1. Seitenteile aus 12mm Platte:

Ausschneiden und grobes Zurechtschneiden mit HKS (alle Geraden). Rundungen und Aussparung für die Sitzplatte mit Stichsäge. Beide Platten zusammenklemmen. Gleich schleifen von Hand. Bohrungen von Achslöchern und Verbinderlöchern mit Oberfräse mit 8mm Dübelbohrer. Dann erst Platten wieder trennen. Abrunden der Kanten mit 3mm Abrundfräser.



2. Sitzplatte aus 18mm Multiplex:

Ausschneiden und grobes Zurechtschneiden mit HKS. Hinten Ablängen im 15° Winkel. Für die Herstellung der Zapfen, die in die durchgehende Rückenlehne hinten links und rechts gesteckt werden, Eintauchen mit HKS im 15° Winkel parallel zum Abschluss in Stärke der Rückenlehne und ausarbeiten der hinteren Zapfen mit Stichsäge von hinten. Kürzen der Sitzplattenseiten und runden der Stoßstange mit Stichsäge. Abrunden der Kanten mit 6mm Abrundfäser. Schleifen von Hand. Im Bild kann man gut die Zapfen der Sitzplatte links und rechts in der Rückenlehne erkennen. Obwohl ich versucht hatte es plan zu schleifen.



Hier nochmal von oben:



3. Rückenlehne aus 12mm Multiplex:

Ausschneiden und grobes Zurechtschneiden mit HKS. Schlitze für Sitzplattenzapfen mit Stichsäge im 15° Winkel eingestellt. Rundung mit Stichsäge mit Kreisschneider. Abrunden der Kanten mit 3mm Abrundfäser. Schleifen von Hand.
Da die Rückenlehne 20° nach hinten geneigt sein soll, und die Sitzplatte um 5° nach hinten abfällt, entsteht ein Sitzwinkel von 15°.

4. Rader aus 18mm Multiplex:

8mm Loch mit Oberfräse in Platte Bohren. Kreisschneider an Oberfräse befestigen in 8mm Loch mit Zentrierstift einsetzen und Felgenprofil mit Hohlkehlfräser (Kreisradius 25mm/ 3mm Tiefe) einfräsen. Dann das Rad mit Nutfräser aus Platte ausschneiden. (finaler Raddurchmesser 100 mm). Schleifen von Hand. Aufkleben des Klebedichtbands (3mm x 19mm x 3m) unter leichtem Zug. 1cm Überlappen lassen, mit Cuttermesser mittig zurechtschneiden.

5. Schiebestangen aus 18mm Multiplex:

Hier hätte ich gerne einen Bohrständer gehabt. Die Löcher für den Rundstab wurden mit dem Akkuschrauber und einem 25mm Forstnerbohrer von Hand jeweils 9mm tief eingelassen. Verbindungslöcher wieder mit Oberfräse durch beide Stangen in einem Schritt. Die Stangen haben auch eine Neigung von 20° nach hinten.

6. Farbe:

Hier hab ich fast alles verbockt. Durch den zweiten Auftrag des Dekorwachses mit dem Pinsel entstanden unschöne Spuren. Somit mussten die Schiebestangen, die Außenseiten der Seitenteile und der Sitz ein drittes Mal nun mit dem Lackroller übermalt werden.

Ich hoffe ich hab nichts vergessen.

Grüße

Matthias



Dirk Boehmer
Beiträge: 2638
Registriert: Di 20. Aug 2013, 13:34
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Re: Toll, toll toll

Beitrag von Dirk Boehmer »


Hallo Matthias,

Oberfräse, HKS mit Schiene und Exzenterschleifer sind schon mal eine
gute Grundausstattung. Mit der Stichsäge verhält es sich meiner Meinung so,
dass man zuerst denkt, dass sie zu den wichtigsten Werkzeugen gehört. Und
dann stellt man fest, dass man sie an sich sehr selten braucht.

Eine Tischbohrmaschine macht durchaus Sinn. Dabei muss es für den Anfang nicht
mal etwas Besonderes sein. Eine Billige aus dem Discountladen reicht da aus.
Ich habe viele Jahre damit gearbeitet. Senkrechte Löcher bohren sie alle
(bei korrekter Einstellung). Ich weiß, hier kommen sicher wieder Einwände.
Aber für den Anfang geht das. Meine Meinung... :-)

Wie auch immer, Deine Werkstattausstattung wird sich auf jeden Fall mit
jedem Projekt ausweiten.
--
Dirk


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