Schlitz

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Axel Rogge
Beiträge: 315
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Schlitz

Beitrag von Axel Rogge »


Hallo zusammen, ich stehe (momentan sitze) vor einer feinen Aufgabe:

Holz: Birke Multiplex, 15 oder 18 mm
Benötigt: Schlitz, 2-3mm breit, 15 oder 18 mm lang, *schräg* (so ca. 45 Grad.
Wenn´s geht, den Schlitz durch das Multiplex Brett.

Ich habs versucht mit ausstemmen (in Multiplex - Klasse!) und mit Fräsen (3mm Spiralfräser auf der Oberfräse). Die Ergebnisse waren nicht wirklich gut.

Hat jemand eine Idee?

Liebe Grüße,
Axel

Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Schlitz

Beitrag von Uwe Linke »


Und ich sach noch: Woodrat!

Komm vorbei.

Feed the 'Rat!

Uwe


Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Erklär doch mal

Beitrag von Gerhard »


Hallo Uwe,

in den Beiträgen von Dir habe ich ja schon häufig was über die WoodRat gelesen, habe mir auch die woddrat-Webseite angeschaut. Ich habe keine Idee, wie das Ding jetzt eigentlich funktionieren soll. Also die Oberfräse sitzt oberhalb vom Werkstück. Und es gibt da noch eine mysteriöse Kurbel.

Und damit kann man dann zinken, zapfen und schräge 3 mm Schlitze in Multiplex fräsen. Und so tolle Marketingsätze wie "natural Jig Platform" helfen mir nicht wirklich weiter.

Wie machst Du z.B. Schwalbenschwanzzinken? Brauchst Du da eine Schablone, ein "Spezial-Jig", übermenschliche Konzentration, genau eingestellte Anschläge ?

Ich meine, das Ding muß ja wirklich gut sein, sonst würde es diese Fangemeinde nicht geben, aber wie funktioniert´s ?
Bitte erleuchte mich,

Gerhard

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Erklär doch mal

Beitrag von reinhold »


hallo,
mir geht's wie Gerhard : ich blicke bei dieser Woodrat - Geschichte nicht durch.
Ich habe mir jetzt deren Infos bestellt, da soll auch eine CD mit dabei sein, und vielleicht wird das Ganze dann klarer. siehe www.woodrat.com oder http://www.hobel-und-eisen.de/Woodrat/woodrat.htm

Das Vorhandensein einer Fan-Gemeinde besagt nichts, es gibt Fan-Gemeinden für die absonderlichsten Sachen und gelegentlich werden offensichtliche Mängel einer Sache zu deren Haupt-Vorteil hochstilisiert und als das Besondere daran aufgebauscht. Ich denke da an eine gewisse Kamera.

Frage : gibt es jemanden im Grossraum Stuttgart, bei dem man so einen Nager ("Holz-Ratte") im Betrieb besichtigen könnte ?

Gruss
reinhold

Detlef Fallisch
Beiträge: 418
Registriert: Fr 5. Apr 2019, 10:24

Re: Erklär doch mal

Beitrag von Detlef Fallisch »


Hallo Gerhard hallo Reinhold,

ihr habt zwar den Uwe angesprochen, aber da ich auch ein "woodratter" bin, will auch ich meinen Senf dazu tun.

Also die "Holzratte" besteht im wesentlichen aus einem stabilen, eloxierten Alu-Rahmen. (fast H-förmig) Dieser Rahmen wird normalerweise an eine Wand geschraubt und dort fixiert. Vorne am Rahmen ist eine T-Nut in der sich ein Schlitten befindet. Dieser Schlitten besitzt zwei Klemmen mit dem das Werkstück befestigt wird und kann mit einem Baudenzug über eine Kurbel hin und her bewegt werden. Die woodratter sprechen bei dieser Bewegung von der Ost-West Richtung. Bei einem Koordinatentisch würde man von der x-Achse sprechen.

Oben auf dem Alu-Rahmen sitzt, auf einer Grundplatte, die Oberfräse. Die Grundplatte mit samt der Fräse ist ebenfalls in einer präzisen Führung beweglich. Die ratter nennen das Nord-Süd Richtung, aber man kann auch von der y-Achse sprechen. Da die Fräse natürlich in der Höhe bzw. Tiefe ebenfalls veränderbar ist, kommt noch eine z-Achse dazu.

Im Prinzip hat man dadurch einen Frästisch der in x-y-z Koordinaten bewegt werden kann. Nur hängt die Oberfräse nicht wie bei einem Frästisch unter dem Tisch, sondern steht in der "natürlichen" Lage senkrecht auf dem Tisch. Bei einigen Arbeiten (z.B. beim Zinken) wird die Oberfräse durch das still stehende Werkstück bewegt, bei anderen Arbeiten (z.B. einer Schwalbenschwanznut) steht die Fräse still und das im Schlitten eingespannte Werkstück wird mit der Kurbel in dem Fräser gefahren.

Beim Schwalbenschwanzzinken kann die Grundplatte aus der exakten Nord-Süd Richtung in eine Nordost - Südwest Richtung geschwenkt werden. Dadurch fährt der Fräser nicht mehr mit 90 Grad in das Werkstück sondern unter dem eingestellten Winkel.

Genial einfach.

Zusammenfassend kann man sagen, daß die woodrat einen Frästisch (fast) komplett ersetzt bzw. überflüssig macht. Fordert mal die kostenlose CD an, dann wird vieles klarer.

Ich war übrigens genau so skeptisch wie ihr. Wenn man mir eine eierlegende Wollmichsau verspricht, ist immer Skepsis angebracht, aber das was die woodrat tun soll (Finger- und Schwalbenschwanzzinken, Nuten, profilieren, zapfen usw.) macht sie perfekt. Ich habe mich als erstes an Fingerzingen für eine Schublade gewagt und war selber verblüfft, das alle 4 Seiten in weniger als 30 Minuten fertig waren. Und zwar perfekt! Ich hatte vorher die gleichen Fingerzinken auf meiner Fingerzinkenvorrichtung mit der Kreissäge hergestellt, aber so perfekt waren die lange nicht und natürlich hat es dort länger gedauert.

Eine Besonderheit hat mich besonders begeistert: die Kurbel mit dem Baudenzug. Durch diese alte Erfindung (ich kannte einen Baudenzug noch von meiner alten Fahrradgangschaltung) kann der Schlitten der woodrat SPIELFREI bewegt werden. Echt geil eh!

Durch diverse selbst gebaute Ergänzungen (jigs) haben die woodrat Freaks die woodrat enorm erweitert. (siehe z.B. hier http://benchmark.20m.com/tools/LittleRat/littleratindex.html ) Ich bin selbst im Augenblick dabei die "plunge bar" (=Höhenverstellung der Oberfräse mit einer Hand) von Rolf Schmid nachzubauen. Auf der Homepage vom Rolf ( http://www.hobel-und-eisen.de/Woodrat/woodrat.htm ) findet man ebenso gut durchdachte Erweiterungen.

Ich stoppe hier, denn sonst wird noch ein Buch aus dem Beitrag!

Gruß Detlef

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Details bitte...

Beitrag von Gerhard »


Danke für die Erklärung, aber eins ist mir noch nicht klar.
Wenn Du Fingerzinken fräst, muß ja erstens der Abstand der Zinken gleich sein und zweitens die Finger versetzt zu den Zinken. Wie geht das denn ? Kann man da so exact mit den Scalen arbeiten ? Oder gibt es da doch irgendwelche Schablonen?

Ich habe mal in einem Praktikum zwei Wochen an einer Metallfräsmaschine gearbeitet. Da geht sowas. Da sind die Anschläge aber auf den Hundertstel Millimeter genau.

In der Meß- und Regeltechnik gilt der Leitsatz, daß ich eine Zehnerpotenz genauer messen muß als ich regeln will. Ähnliches gilt hier sicher auch.

Grüße,
Gerhard

Detlef Fallisch
Beiträge: 418
Registriert: Fr 5. Apr 2019, 10:24

Re: Details bitte...

Beitrag von Detlef Fallisch »


Hallo Gerhard,

bei der Fingerzinkenherstellung auf der woodrat muss der Abstand der Zinken nicht zwangsläufig gleich sein, aber Du hast sicher Recht, daß man in der Regel aus ästethischen Gründen gleiche Abstände haben möchte.

In der woodrat zeichnest Du dir dazu auf einen der zu fräsenden Bretter die Fingerzinken an. Dieses Brett wird als Vorlage in die linke Spannvorrichtung eingeklemmt. Danach fräst Du in ein beliebiges Abfallstück eine Nut. Dies ist das Image des Fräsers. Mit diesem Abfallstück überträgst Du diese Nut (= Fräserbreite und Tiefe) mit einem spitzen Bleistift auf den Alurahmen der woodrat.

Also in der linken Spannvorrichtung hast Du dein Vorlagebrett mit den aufgezeichneten Nuten und Zinken geklemmt. In der rechten Spannvorrichtung befindet sich das zu bearbeitende Werkstück. Oben auf dem Alurahmen hast Du die Fräser bzw. Nutbreite angezeichnet.

Auf dem beweglichen Schlitten sind die beiden Klemmvorrichtung in einer fixen Position zueinander angebracht. Will heißen, wenn ich den Schlitten bewege, bewegt sich meine Vorlage und mein zu bearbeitendes Werkstück gleichzeitig. Alles was ich nun tun muß, ist es meine Vorlage mit dem Schlitten über den aufgezeichneten Fräser auf dem Alurahmen zu bewegen. Dadurch ist automatisch auch die rechte Seite mit dem Werkstück unter den realen Fräser der Oberfräse positioniert worden.

Stimmen die beiden Bleistiftstriche (der Strich der den Fräser darstellt und der Strich der die Nut darstellt) überein, wird die Fräse abgesenkt (= Z-Achse) und auf in der Tischführung in Nord-Süd Richtung (= y-Achse) bewegt, oder anders ausgedrückt: nun wird die Nut ins Werkstück gefräst. Nun wird der Schlitten zur nächsten aufgezeichneten Nut der Vorlage bewegt und der Vorgang wird wiederholt.

Das geile daran ist, dass man keinerlei Schablonen oder ähnliches benötigt. Ist das erste Brett fertig gestellt, wird das fertig gefräste Brett in die linke Zwinge gespannt und dient nun seinerseits als Vorlage um ein exaktes Gegenstück zu fräsen. Da jetzt aber die realen Nuten über dem aufgezeichneten (virtuellen) Fräser positioniert werden, bekomme ich immer ein passendes Gegenstück. Egal ob die Nuten regelmäßig oder unregelmäßig angeordnet wurden.

Es werden im Gegensatz zu anderen Zinkenfräsvorrichtungen wie Leigh, weder Schablonen, Skalen oder Anschläge benötigt und ich bin völlig frei wie ich meine Zinken bzw. Nuten anordnen will. Selbst so verrückte Sachen wie zwei breite Nuten und eine schmale Nut sind ohne großen Aufwand machbar.

Das wichtigste Werkzeug ist ein sehr spitzer Bleistift mit dem angezeichnet wird. Es ist wirklich verblüffend einfach und viel eleganter als ein Frästisch.

Natürlich haben auch einige woodratter ihre Ratte aufgemotzt und haben digitale Schieblehren, Skalen, Anschläge usw. daran angebracht, aber zinken, nuten oder zapfen kann man auch ohne diese Zusätze.

Gruß Detlef

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Details bitte...

Beitrag von Dietrich »


Hallo Holzwerker,

fachlich habe ich zu der Diskussion nichts beizutragen, da ich dieses Zinken und Zapfenteil nicht kenne!
Aufgefallen ist mir der seltsame Namen, was hat eine Ratte (eines der ekeleregenden Tieren überhaupt), mit Holz zu tun?
Wenn ein Tier sich im Holzbau versteht, ist es der Biber! Konnte mich in den letzten Tagen meines Aufenthaltes in Schweden davon überzeugen, er legt bis zu 20 cm dicke Bäume um, wie man mir versicherte, schneller als ein Ungeübter mit einer schrfen Axt. Außerdem schafft er es immer, das die Bäume ins Wasser fallen. Interessant, in seinem Lebensraum wachsen mehr Bäume als nebenan.

Mir würde ein Gerät mit dem Namen "Holzbiber" mehr zusagen:-)

Gruß Dietrich



Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Details bitte...

Beitrag von Gerhard »


Heureka, ich glaube jetzt habe ich das Prinzip verstanden.
Also Vorlage und Werkstück in definiertem, festem Abstand. Eine Art Anzeige (also das angezeichnete Image) an der Maschine, die einem an der Vorlage zeigt, wo am Werkstück der Fräser ist.

Wenn der Fräser also in nord-süd richtung durch das Werkstück muß ist das Prinzip klar.

Falls Du noch Lust zu weiteren Erklärungen hast: Wie werden denn freie Formen oder Formen mit Ost/West Bewegungen ausgeführt ?

Danke für die Erleuchtung,
Gerhard

Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Details bitte...

Beitrag von Uwe Linke »


Dietrich,

nach einer Quelle (http://www.saxonia.com/galerie/002283.htm), die ich gefunden habe, ist ein anderer Name für die "bushy tailed woodrat" Siebenschläfer.
Vielleicht gefällt der Dir besser? :-)
Die Woodrat (Waldratte) hat mit der hier bekannten eurasischen Ratte ungefähr genausoviel zu tun, wie eine kleine Haselmaus. Ausserdem gehört das arme kleine Tier (die Woodrat) zu den bedrohten Arten.

Und deshalb :-)

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Uwe


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