Wandungsstärke bei gedrechselten Schalen

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Dieter Macher

Wandungsstärke bei gedrechselten Schalen

Beitrag von Dieter Macher »


Guten Morgen an Alle,
Mich würde Eure Meinung zum Thema Wandungsstärke bei gedrechslten Schalen interessieren. Die meisten Schalen die ich bisher von Profidrechslern gesehen habe waren sehr dünn ausgedreht - fast schon wie bei echten Porzellan.
Auch mein Mentor vertritt die Meinung, das man die Wandung immer so dünn wie möglich halten sollte. ( Ausgenommen dann, wenn der Verwendungszweck eine dicke Wandung vorgibt, z.B. bei Mörserschalen )
Sicherlich ist es letzendlich Geschmackssache, wie dick man die Wandung lässt - trotzdem würde mich interessieren, wie Ihr es so haltet.............
Ich persönlich hab´s ( bei den gedrechselten Schalen - hinsichtlich der Wandungsstärke ) gerne etwas dicker, erstens stehen die Dinger dann etwas besser, zweitens " hat man was in der Hand " - gewichts-mässig gesehen.
Oder gibt es so etwas wie eine Grundformel, so das sich die Wandstärke z.B. aus dem Durchmesser und der Schalenhöhe "ausrechnen" lässt?
Vielleicht so etwas wie den berühmten " goldenen Schnitt"?
( Obwohl ich immer noch nicht genau weiß, was das eigentlich ist ......)
Freue mich auf Eure Rückmeldungen.

Dieter M.

Berthold Cremer
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Re: Wandungsstärke bei gedrechselten Schalen

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Dieter!

Lass dich nicht von irgendwelchen Regeln beeinflussen. Letztendlich entscheidet der (dein) Geschmack. Wenn es dir gefällt, ist es gut. Und wenn andere auch noch dein Werk loben, ist es noch besser.
Beobachte andere Schalen und frage dich was dir gefällt und nicht gefällt und lerne daraus.

Ich versuche die Stärke der Schale dem Holz anzupassen. Gerade habe ich einen Schale aus Weide gemacht. Bei diesem groben Holz ist sicher eine dickere Wandstärke besser.

Gruß
Berthold

Dieter Macher

Re:Frage an Berthold Cremer

Beitrag von Dieter Macher »


Hallo Berthold,

Eine dirkete Frage: wie gefällt Dir die Multiplex-Schale von mir?
( > siehe Werkstattbilder )

Gruss Dieter M.

Andreas Dach

Re: Wandungsstärke bei gedrechselten Schalen

Beitrag von Andreas Dach »

[In Antwort auf #1976]
Hallo Dieter,

Ich halte das ebenfalls für eine reine Geschmackssache. Meine Großen Schalen haben alle eine etwas stärkere Wandung, da sie eigentlich auch einen sogenannten Zweck erfüllen sollen und nicht nur Kunstobjekt darstellen sollen.
Bei Meinem Lehrmeister wurde mir vermittelt, das die Wandung ungefähr 1/10 des Durchmessers der fertigen Schale haben sollte, aber auch er sagte, es kommt immmer auf den Geschmack des einzelnen an.
Was anderes ist es bei Nassholz gedrehten Schalen, da die nur mit dünner Wandung sich verformen und innerhalb sehr kurzer Zeit trocknen.


Berthold Cremer
Beiträge: 726
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Re:Frage an Berthold Cremer

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Dieter!

Du fragst, wie mir deine Multiplexschale gefällt. Ich beschreibe einmal meine Eindrücke.

Der erste Klick auf die Seite: Wow - was ist das denn?? Hat Dieter Furnierstreifen gebogen und verleimt? Wie funktioniert so etwas?? Sieht ja aus wie verflochten!!

Zweiter Klick auf die Seite: Verstanden habe ich es immer noch nicht, aber es gefällt mir.

Erneuter Klick nach den Diskussionen und deiner Beschreibung: Aha - so hat er das gemacht! Erinnert mich irgendwie an die Patchworktechnik mit der meine Frau sich beschäftigt. Doch 100 % verstanden habe ich es noch nicht, wie du zu diesen verflochtenen Mustern gekommen bist, aber ich bin begeistert. Schade, dass du keine Digicam hast und Fotos vom Werdegang der Schale machen konntest. Das hätte mich sehr interessiert.

Fazit: Die Schale ist einfach super!! Besonders gut finde ich den Rand. Dadurch bekommt die Schale einen eleganten und harmonischen Abschluss.

Gruß
Berthold

PS. Kennst du den Link schon? Ist zwar in englisch, aber alleine die Fotos sprechen für sich.

http://www.maxkrimmel.com/Woodturning/SquarePlan/SquarePlan.html



Dieter Macher

Re:Frage an Berthold Cremer

Beitrag von Dieter Macher »


Hallo Berthold,

Vielen Dank für Deine Meinung, Dein Lob ehrt mich. Als kleiner Dank versuche ich hier nochmals den Werdegang der Schale kurz zu beschreiben.
1.) Grundplatte 30 x 30 cm / 2,7 cm stark / Decke 30 x 30 x 1, 7 cm stark
2.) 124 " Klötzchen " aus 27 mm MP-Platte schneiden - quadratisch - / Länge

nach Wunsch

( war bei mir 7 cm - da ich von einem früheren, ähnlichen Projekt von

einer " keilverleimten" Palisander - Ahornschale die passende Ver-

leimhilfe - eine Art Schuh - noch hatte......)
3.) Dann habe ich jeweils 12 der Klötzchen ( mehr passten nicht in die

Verleimhilfe )jeweils immer um 90 Grad " verdreht " ( also immer eine

"gestreifte" Sichtseite neben einer "furnierten" - dann wieder eine

gestreifte usw......)zu flachen Blocks verleimt.
4.) Anschliessend die Flächen der Blocks plan geschliffen bzw. schleifen lassen

und zu einen großen Block verleimt. Die stirnseitige Oberfläche ergab da

schon das " Schachbrettmuster" - welches später den Boden der Schale

ergeben sollte.
5.) Den ganzen Block wieder beidseitig plan schleifen lassen und dann Boden

und die etwas dünnere " Decke " aufleimen.
6.) Den Rohling mit der Bandsäge ausschneiden lassen ( habe keine eigene )
7.) Druff auf´s Schraubenfutter, auf Achse drehen und den Rezeß für´s

Spreizbackenfutter ( Craft 2000 ) " reinmeißeln ".
8.) Außenform drehen, vorschleifen und anschließend innen ausdrehen.
9.) Die restlichen Arbeitsschritte dürften bekannt sein. Bei der Oberflächen-

behandlung habe ich mich für Porenfüller und anschließendes Polieren mit

Innen - und Außenschwabbel entschieden.

Zum entstandenen Muster und Mosaik:

Ich hatte vorher keine große Vorstellung, wie die Schale fertig aussehen würde.
Anhaltspunkte hatte ich zwar, da ich vier quadratische MP-Leisten mit der Länge der Schalenhöhe verleimt und als " Langholz " probegedreht habe - doch da fehlten ja noch "Boden" und "Decke". Außerdem habe ich "tiefer" in die Schale eingeschnitten als dies bei den Langholztestrohlingen möglich war.
Wieso und weshalb gerade dieses Muster/Mosaik entstanden ist..? keine Ahnung. hierfür reicht mein räumliches Denkvermögen echt nich´aus.
Habe jetzt ( hast Du weiter unten vielleicht schon gelesen ) bereits die zweite, weitaus komplizierter verleimte Schale " in Planung ".
Hoffe, ich habe Dir mit dieser Beschreibung etwas weiter geholfen.
Nochmals Danke für Deine Beurteilung - lege großen Wert auf deine Meinung da ich weiss, du verfügst über viel " Drechselerfahrung".

Dieter M.


Dieter Macher

Re:Frage an Berthold Cremer/ Nachtrag

Beitrag von Dieter Macher »


Hallo Berthold,

Habe mir gerade die Bilder "auf dem Link" angesehen.
Wenn du mich fragst. Absolut super! Allerdings muß der Typ ein " Verleim - und Mosaik-Fetischist" der Extraklasse sein.
Aber solche Bilder motivieren..........

Dieter M.

Berthold Cremer
Beiträge: 726
Registriert: Mo 28. Mär 2016, 13:19
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Mosaikschale

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Dieter!

Danke für deine ausführliche Beschreibung.
Es ehrt mich, wenn du mir viel Drechselerfahrung zuschreibst, aber übertreibe bitte nicht. Die größte Drechselerfahrung hier im Forum hat sicher Reinhold Ege.
Die Schale aus Weide werde ich demnächst fotografieren und hier zeigen. Das Holz sieht zwar interessant aus, aber es ist nicht schön zu verarbeiten. Zum einen richt es unangenehmen, zum anderen ist es sehr weich und grobfaserig. . . . Ich werde davon berichten.

Was der "Verleim - und Mosaik-Fetischist" Max Krimmel da zaubert ist wirklich verrückt. ( http://www.maxkrimmel.com )

Gruß
Berthold


Dieter Macher

Re: Mosaikschale von M. Krimmel

Beitrag von Dieter Macher »


Hallo Berthold,

Habe mir gerade die Seiten von M. Krimmel angesehen - ich pflichte Dir bei:
es ist " ver-rückt" was der Mann da macht - einfach irre.
Weide riecht unangenehm? Ich dachte immer ( Sal - )Weide riecht leicht aromatisch - wegen der Salizylsäure.
Ich habe bisher nur einmal saftfrische Weide aufgesägt - konnte da aber keinen unangenehmen Geruch feststellen.Kann aber auch daran liegen, das ich nur noch
30% Geruchssinn habe - kann manchmal auch von Vorteil sein, wenn´s laut anderen
"Mitmenschen" unangenehm "riecht."
Warte gespannt auch die Bilder.

Gruss Dieter M.

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Wandungsstärke bei gedrechselten Schalen

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #1976]
hallo,
Wandstärke von Schalen ?
Eine Norm, Goldenen Schnitt oder sonst eine Regel gibt es meines Wissens nicht.
Raffan schreibt, dass man noch einen Schnitt mehr machen soll, wenn man denkt, man sei fertig. Zwar würde hin und wieder eine Schale geschrottet, aber die, die übrig blieben, seien es wert. Das deutet auf dünne Wandstärken hin. Allerdings drechselt Raffan viel für Ausstellungen...

Meine Meinung :
die Wandstärke hängt von vielerlei ab : Holzart, Form , Verwendungszweck, Gestaltungswille.
Eine Gebrauchsschale von rund 25 cm Durchmesser, die als Obstschale oder so verwendet werden soll, braucht eine Wandstärke um 5 mm, darf auch mehr haben.
Meine letzte Schale in dieser Grösse war aus Fichtenholz, da wurde in der Nachbarschaft eine gefällt und aus sentimentalen Gründen (muss nichts negatives sein!) habe ich eine Schale daraus gemacht. Die Schale hat rund 25 cm Durchmesser, rund 16 cm Höhe (Goldener Schnitt)und eine Wandstärke von 1,5 cm.
Ich würde sie wieder so machen.
Ich habe auch schon Ahorn-Schalen im Prestini-Stil gemacht mit rund 30 cm Durchmesser, 30 cm Höhe, bei einem Fussdurchmesser von ca 4 cm. Und einer Wandstärke von 2-3mm oberhalb des Fussbereiches und ca 1,5 mm an der Öffnung. Das sind rein ästhetische Objekte, in die kein Mensch Obst oder so was reinlegen würde. Die Verlustquote liegt ungefähr bei 3:1. Umgedreht gäbe sie einen schönen Lampenschirm.

Ich besitze einige schöne alte Stücke von irgendwelchen Dorfdrechlsern vor 150 Jahren (kein Name bekannt), bäuerliche Gebrauchsgeräte eben, die haben bei ca 15 bis 20 cm Durchmesser Wandstärken von ca 5 bis 8 mm und Bodenstärken von ca 12 mm. Sie liegen gut in der Hand und werden heute noch von uns benutzt. Material vermutlich Ahorn.

Eine Lorbeerholzschale von einem amerikanischen Profidrechsler (keiner der bekannten Namen) hat bei ca 25 cm Durchmesser rund 6 mm Wandstärke und einen Boden von fast 2 cm, weil sie mit einem Schraubenfutter gedreht wurde. Sie wirkt etwas kräftig, aber die Proportionen stimmen. Meine Frau nimmt sie als Obstschale.

Meine kleinen Schalen von ca 10 - 12 cm Durchmesser und 3 - 4 cm Höhe, die ich aus allen möglichen Hölzern drechsle, und die ideal sind für Erdnüsse oder kleine Snacks, haben einen Fussdurchmesser von ca 1/4 Schalendurchmesser und eine Wandstärke von 2 mm . Manchmal drehe ich sie als Wackelschale mit rundem Boden. Sie sind sehr leicht, aber erstaunlich gebrauchstüchtig.

Fazit : solange eine Schale schön aussieht, sich gut anfühlt und gebrauchstüchtig ist, gibt es keine Vorschriften.

Gruss
reinhold

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