Was sind wir eigentlich?

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Dieter M.

Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Dieter M. »


hallo an Alle,

Vor einiger Zeit hatte ich mit Dietrich ein interessantes Gespräch über die
" Bezeichnung" bzw. Namensgebung für das, "als was wir uns eigentlich sehen"
Gut, " Holzwerker" könnte man sagen, da wir die meisten unserer angefertigten Stücke - also "unsere Werke" aus dem Werkstoff Holz herstellen.
Mir persönlich ist diese Bezeichnung jedoch zu allgemein, nicht definierend genug - ein Zimmermann ist auch ein Holzwerker. - nur würde ich es nie wagen, mich bzw. meine Arbeiten mit einem dieser edlen Zunft gleich zustellen.
Was ich meine, ist in etwa eine treffendere Bezeichnung für mich / Uns bzw. all diejenigen, die leidenschaftlich gerne mit Holz arbeiten - etwa anfertigen bzw. bauen, aber nie einen Beruf in dieser Branche erlernt haben.
Nun, auf regionale Unterschiede der Sprache / Namensgebung bzw. " Betitelung" kann ich aus Unwissenheit nicht eingehen bzw. keine Rücksicht nehmen, also spreche ich für mich als "Mittelfranke", welcher geprägt ist von den Umstand, zusammen mit den Instrumentenbauern groß geworden zu sein,welche nach der Vertreibung im zweiten WK in "meinem Heimatort" eine "neue" Heimat gefunden haben.Für das was ich "tue" - in meiner Werkstatt, habe ich schon allerlei Bezeichnungen bekommen, manche witzig, manche treffend,manche respektlos herabsetzend und manche ehrlich gemeint. Nun,was jetzt kommt, mag arrogant klingen, ist es aber nicht. Ich habe es nur einer Person nicht übel genommen, wenn mich dieser Mann nahezu " liebevoll" als "der Bastler" bezeichnete. Das er sich ( leider lebt der Mann nicht mehr ) wohl für diese Bezeichnung meines
" Tuns" entscheiden hat, lag wohl eher daran, das er nie genau erfahren hat, was ich eigentlich in meiner W-statt so treibe. Bei jeden anderen, der mich als "Bastler" bezeichnete, empfand ich dies als herabsetzende Beleidigung:
Mit dem Begriff " Bastler" assoziere ich das Bild von jemanden, der mit ein paar Nägeln und einem Hammer ein Irgend etwas planlos zusammenschustert, dies nicht regelmäßig tut, und ohne Sinn und Fach/Sachverstand drauflos "werkelt"
( wieder " so ein Wort" ).
Nun - als was soll man es dann bezeichnen, was ich " mache" - Als ( und jetzt kommt mein absolutes "Lieblingswort" ) "Hobby" ?
Nun, auch mit diesen Wort assoziere ich Bilder, mit denen ich mich und meine Arbeit nicht unbedingt identifizieren kann: Angeln / Fischen " gehen" z.B.sehe ich als Hobby, andere als ernsthaften " Sport". Hmm. ( Anmerk.: Habe selbst jahrelang geangelt )
Auch Briefmaken-Sammeln sehe ich durchaus als ein ernsthaftes ( und eventuell sehr teures ) Hobby an. Sammeln allgemein - bzw. der Aufbau einer Sammlung kann ein Hobby sein, aber auch zu Manie werden.Frage ich den Duden was eigentlich das Wort " Hobby" bedeutet, bekomme ich zur Antwort: Liebhaberei, Freizeitbeschäftigung,Privatvergnügen, Steckenpferd, Lieblingsbeschäftigung Passion und Leidenschaft - aber alles nur unregelmäßig, eben bei Gelegenheit in der Freizeit aus - bzw. durchgeführt.
Was aber - und ich denke, da bin ich hier nicht alleine - wenn ich diese "Tätigkeit" nicht gelegentlich in der Freizeit, sondern nahezu in jeder freien Minute nachgehe? Vielleicht sogar damit noch Geld verdiene?
Dietrich brachte den Begriff / die Bezeichnung " Freizeit-Tischler" ins Gespräch.Nun, ich weiß das Dietrich keines seiner Möbelstücke verkaufen würde - wen er´s tun würde, er bekäme nie einen gerechtfertigten Preis dafür, er würde letzt-endlich immer dabei draufzahlen, wie die meisten von uns. Seine Arbeiten haben auf jeden Fall Fachkraft-Niveau, liegen vielleicht auch darüber - ich kann es nicht fachgerecht beurteilen, ich sitze nicht im Prüfungsausschuß der Schreinermeister-Innung.
Außerdem baut er in seiner freien Zeit nicht nur Tische ( Okay, das ist jetzt Haarspalterei )
Amateur.
Kann / darf/soll/ ich mich als "Amateur-Drechsler" bezeichnen?
Frage ich wieder den Duden ( obwohl der immer sagt: " Frag´ruhig - was weisst Du´dn?! ) lese ich unter Amateur: "Jemand, der seine Tätigkeit aus Liebhaberei betreibt, ohne einen Beruf daraus zu machen, bes. im Sport"
Tausche ich in dieser Beschreibung den Begriff " Liebhaberei" gegen das Wort
" Passion",fühle ich mich schon besser.
Passion bedeutet ja soviel wie " leidenschaftliche Hingabe" - nun, gelitten habe ich in der Werkstatt schon genug,( Griff in diverse laufende Maschinen zum Beispiel ) auch leide ich, wenn ich -aus welchen Gründen auch immer - eine zeitlang nicht in die W-statt gehen und arbeiten kann schon manchmal unter
" Entzugs-Erscheinungen".Versuche ich jetzt den Grad dieser leidenschaftlichen Hingabe in Prozent zu messen, eingebracht in meiner mir zu freien Verfügung stehenden Lebensrest-Tageszeit ( = Tageszeit abzüglich Brotberuf-Arbeitszeit usw.)nimmt die Arbeit in der W-statt und alle " Arbeiten drum herum" wohl den größten Anteil in Anspruch, ein paar % fallen noch auf die LAP und schlafen muss ich auch mal hin und wieder.Also, bin ich ein hochprozentiger Amateur-Drechsler bzw. Holzwerker, oder etwa nicht?
Auf die Frage, "Was machst Du eigentlich in deiner Freizeit" sollte ich also in Zukunft antworten:"Ich bin ein hochprozentiger Amateur-Holzwerker/Drechsler?"
Nee - echt nich, das is mir auch zu blöd! Ich habe bis jetzt keine genaue Definition für das gefunden, "was ich bin" bzw. was ich mache. Als " Drechsler" würde ich mich nicht bezeichnen, da ich diesen Beruf nie gelernt habe.
"Holzarbeiter" käme der Sache wohl am nächsten.........icvh arbeite ja viel mit Holz, habe aber nie einen Holz_Fachberuf gelernt, bin also ein
" Holz-Hilfsarbeiter" !?!

Ach ja - noch ein paar andere zweifelhafte Titel, welche ich in den letzten Jahren " bekommen" habe:Holzwurm ( Und damit könnte ich mich noch am ehesten anfreunden! , Holz-Professor,( wg. Mustersammlung ), Giftmischer ( wegen selbstgemischter Beizen usw.)Schatullen-Schreiner ( erklärt sich selbst )
Flachdach-Drechsler ( Werkstatt-Form )und viele andere mehr.
Naja, und manche sehen mich als " hoffnungslosen Idioten", weil ich Tag für Tag stundenlang in dem " staubigen Loch" vor mich " hinwurschtele".

Gruß

Dieter ( und Pinky )



Dirk Boehmer
Beiträge: 2638
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Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Dirk Boehmer »


Hallo Dieter,

ist es nicht voellig egal, ob es einen passenden Namen dafuer gibt, was Du machst und tust? An der Sache aendert sich dadurch sowieso nichts.

Im Prinzip ist Holzwerker doch gar nicht so schlecht, die Bezeichnung soll doch auch nur anreissen, was Du machst. Wie sollte sich denn z.B. meine Frau nennen, die auch gern in der Werkstatt mitarbeitet? Holzdekomacherin? Hm, ich denke, das geht etwas zu weit.

Konzentriere Dich doch besser auf Deine fantastischen Holzarbeiten, als ueber ein solches Thema unnoetige Gedanken zu verschwenden. Life is too short...

--
Dirk

Andreas Roessler (A)
Beiträge: 38
Registriert: Sa 21. Dez 2013, 21:05

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Andreas Roessler (A) »


Hallo Dieter
Die selben Gedanken stell ich mir auch immer wieder, und auch für mich ist die Bezeichnung "Bastler" etwas geradezu entwürdigendes, obwohl es meistens von den Betroffenen gar nicht so gemeint sein dürfte, da sie sich darüber keine Gedanken machen. Da auch ich die meiste Ziet in der Werkstatt verbringe und deshalb eben diese im direkten Konkurenzkampf mit meiner Frau steht, muss ich mir öfters, wahrscheinlich auch nicht ganz zu unrecht, sagen lassen, dass ich besessen bin. Ja geradezu getrieben. Vielleicht sind wir deshalb einfach nur "Holz-Besessene", mit einem enormen kindlichen Drang, uns immer wieder zu beweisen, wenn wir mit unserem Werkzeug spielen. Ganz nach dem Motto meiner Frau: "Er baut wieder seine Klösschen".

Christoph Nowag
Beiträge: 838
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Christoph Nowag »

[In Antwort auf #11941]
Guten Morgen Dieter,

ich befinde mich auf einer anderen Stufe als Du und die meisten hier: Ich bin, wenn es gut läuft, 3-5 Stunden in der Woche in der Werkstatt und mein Können und Wissen ist entsprechend mickrig.

Mir sind die Bezeichnungen für das, was ich in dieser Zeit mache, schnuppe. Ich sage meist 'werkeln', meine Frau 'basteln'. Es kommt darauf an, wie es geagt und gemeint ist. Ich finde aber den Sammelbegriff 'Holzwerker' schön. Er bezieht sich auf das Material und das, was wir damit machen. Nämlich damit werken - bearbeiten.

Vielleicht noch einen kleinen Hinweis: Sollte hier jemand nebenbei für seine gefertigten Objekte fallweise Geld erhalten, würde ich das hier normalerweise nicht postulieren. Herrn Eichels Wege einschließlich der Stadt/Gemeinde und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts usw. sind unergründlich.

Viele Grüße
Christoph

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Gerhard »

[In Antwort auf #11941]
Hallo Dieter,

Du wirst lachen, die gleiche Frage habe ich mir dieser Tage auch gestellt. Tischler/Schreiner bin ich nicht, das weiß ich. Ich habe auch zuviel respekt vor dem Handwerk, um mich so zu nennen.

Das Wort Hobby einen negativen Beiklang bekommen. Auch wenn ich zumindest einen Schreinermeister kenne, der das Arbeiten mit "richtigem" Holz als sein Hobby bezeichnet.

"Amateur" wäre im Französichen eine sehr schöne Bezeichnung ohne negative Untertöne, hier klingt das aber eher nach "unfähig". Außerdem dürfen wir dann kein Baumarktwerkzeug mehr verwenden, das ist ja nur für Profis.

Und "Holzwerker" ist eigentlich unglücklich, weil "Woodworker" ja nur im Englischen richtig schön klingt und "Holzwerker" kein gebräuchliches deutsches Wort ist.

Dietrich hat mal - als es um das Ende der Magnum Baureihe ging - von "Liebhabermaschinen" gesprochen. Da habe ich mich eigentlich angesprochen gefühlt. "Liebhaberei" beschreibt meine Arbeit mit Holz ganz gut. Es ist irgendwie mehr als Hobby, aber nicht der Beruf, mit dem ich meine Brötchen verdiene. Trotzdem läßt "Holzliebhaber" oder "Holzbearbeitungsmaschinenliebhaber" irgendwie Interpretationsmöglichkeiten offen, die mir nicht gefallen.

Bleibt also doch nur "Amateur-Schreiner" oder "Hobby-Schreiner". Je nach Region ist dann "Schreiner" durch "Tischler" zu ersetzen.

Vie - identitätskrisengeschüttelte - Grüße,
Gerhard



Uwe Linke
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Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Uwe Linke »

[In Antwort auf #11941]
Ich habe nichts dagegen, wenn ich Holzratte genannt werde :-)))

Feed the 'Rat

Uwe


Robert Hickman
Beiträge: 687
Registriert: Mo 2. Jan 2017, 16:40

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Robert Hickman »


Tach allerseits,

wenn schon eine Tierbezeichnung ins Spiel kommt, dann doch lieber als Holzwurm, auch wenn man dieses possierliche Tierchen doch lieber nicht in seinem Rohstoff haben will. Aber es klingt irgendwie sympatischer. Wir sind doch alle Handwerker, weil wir das, was wir tun, mid den Händen machen (auch wenn uns manchmal eine Maschine hilft). Und wir werke(l)n. Also sind wir vielleicht Holzhandwerker? Und nebenbei ist so mancher hier im Forum ein Künstler.

Grüße

Robert Hickman

Rolf Richard
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Registriert: Do 16. Mär 2017, 07:44
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Re: Vielleicht Dilettant?

Beitrag von Rolf Richard »


Die Bezeichnung "Dilettant" ist historisch sicher nicht abwegig, wenn man sich die folgende Erläuterung dazu vor Augen hält:

Dilettant
Ein Dilettant (ital dilettare aus lat delectare "sich ergötzen") im eigentlichen Sinne ist ein Laie oder Nichtfachmann, der eine Sache um ihrer selbst willen, d. h. zum Vergnügen ausübt. Dabei ist es unerheblich, ob der Dilettant vollendete Kenntnisse und Fähigkeiten erwirbt – was nicht selten geschieht – solange er seine Tätigkeit nicht professionell ausübt, also um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Der Begriff galt ursprünglich dem nicht geschulten Künstler oder Kunstliebhaber. Er ist zusammen mit dem Verb dilettieren seit dem 18. Jahrhundert in der deutschen Sprache belegt und war besonders in der Bezeichnung musikalischer Werke zu finden, die "für Kenner und Liebhaber" geschrieben wurden.

Heute wird Dilettant in einer anderen, abwertenden Bedeutung auf den Laien bezogen, der eine Tätigkeit unfachmännisch, unsachgemäß, fehlerhaft, stümperhaft, also "dilettantisch" erledigt.

Leider ist es dem "Dilettanten" ergangen wie dem "Anarchisten" :

Der Begriff der Anarchie (griechisch αναρχία - Führerlosigkeit) bezeichnet die Idee einer herrschaftsfreien gewaltlosen Gesellschaft, in der Menschen ohne politischen Zwang (Macht) und Herrschaft gleichberechtigt und ohne Standesunterschiede miteinander leben und sich so frei entfalten können. Ein Mensch, der nach diesen Idealen lebt oder einer, der eine herrschaftsfreie Gesellschaft anstrebt, wird als Anarchist bezeichnet.

Für meinen teil bezeichne ich das, was ich tue gerne als dilettieren.

Gruss

Rolf



Dietrich
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Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Was sind wir eigentlich?

Beitrag von Dietrich »

[In Antwort auf #11941]
Hallo Dieter,

einen schönen Beitrag hast Du da geschrieben, doch die Werke die aus meiner Werkstatt kommen, sollten hier nicht alleine genannt werden, weil sie weit entfernt von Perfektion sind, und weil andere Teilnehmer in ungünstigerer Umgebung viel bessere Werke schaffen.

Vor längerem habe ich den Begriff "Freizeittischler" gelesen und mich dafür entschieden, weil er das kennzeichnet was ich mache, in der Freizeit versuche ich Tischlerarbeiten zu verwirklichen.

Gruß Dietrich



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