Wie funktioniert eine Drehbank?

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Wolfgang N.
Beiträge: 80
Registriert: Mi 7. Okt 2020, 23:03

Wie funktioniert eine Drehbank?

Beitrag von Wolfgang N. »


Schon wieder ich!

Es gibt noch Zufälle, von denen wir wohl alle hin und wieder träumen.

Vor einigen Monaten habe ich im lokalen Anzeigenblatt einen Raum für meine Werkstatt gesucht. Habe leider in direkter Nähe keine gefunden. Muß ca. 30 km fahren. Dafür hat sich eine Dame bei mir gemeldet, die mir die alte Drehmaschine ihres Mannes geschenkt hat.

Hierzu habe ich einige Fragen, die ich durch googeln bislang nicht beantworten konnte.

1.) Wie stellt man die unterschiedlich geformten Drehstähle her? Nach individuellem Bedarf am Schleifstein? Gibt es Standardformen?

2.) Wie werden die Werkstücke geführt? Auf der linken Seite kann ich das ja noch nachvollziehen. Für die rechte Seite gibt es den Reitstock. Aber wie führe ich z.b. ein Werkstück, desssen rechte Stirnseite ich bearbeiten will?

3.) Gibt es irgendwelche Links mit Grundsatzanleitungen? Was sagt der Kollege - unsere interne Suchmaschine - aus Österreich?

Ich weiß, dass ich hier im Forum für Holzbearbeitungsmaschinen bin. Aber gebt's zu! Der eine oder andere hat doch auch eine Drehbank!

Gruß,

Wolfgang

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Wie funktioniert eine Drehbank?

Beitrag von Dietrich »


Hallo Wolfgang,

da Du von Drehstählen sprichst, und von einer Drehbank, gehe ich davon aus das es sich um eine Metalldrehbank handelt!?
Eine Metalldrehbank ist üblicherweise mit einem 3-Backenfutter ausgestattet, man könnte dies mit einem mehr oder weniger riesigen gestauchten dafür im Durchmesser recht großen Bohrfutter vergleichen. Dreibackenfutter, weil meist runde Teile also Wellen, Rundstähle, Pumpenlaufräder usw. eingesetzt werden. Auch sechseckiger Rohlinge können gespannt werden. Soll ein Rohling mit quadratischer Grundfläche eingespannt werden, braucht man ein Vierbackenfutter.
Immer wird der Rohling gedreht, der Drehmeißel ist auf einem sog. Sopport festgeschraubt, oder in einer Klemmvorrichtung eingespannt, die es erlaubt schnelle Drehmeißelwechsel vorzunehmen.
Dieser Support kann auf 3 Ebenen in 2 verschiedene Richtungen bewegt werden. Die Führungen des Supports sind als nachstellbare Schwalbenschwanzführungen ausgeführt, sehr genau, mit wenig Spiel.
Das Gegenstück vom fest fixierten Spindelstock, der mit dem (x)-Backenfutter, dem elektrischen Antrieb und dem wichtigen Getriebe, ist der Reitstock, Reitstock deahalb, weil dieses Teil auf dem sog. Bankbett vor und zurück bewegt werden kann, aber in der gewünschten Stellung bombenfest arretiert werden kann. Der Reitstock dient bei langen Wellen, die, so sie nur im Backenfutter befestigt sind, eiern oder schlagen würden, als Abstützung. Wellen haben am Ende einen zentrisch ausgeührten Einstich bzw Senkung, in dieses kleine "Loch" wird die Spitze am Reitstock, die Pinolenspitze mit Hilfe der Pinolenspindel fest eingedrückt, so kann die lange Welle nicht mehr "eiern"!
Wird die Drehbank mit dem fest eingespannten Wellenteil eingeschltet, dreht sich die Welle, mit dem geeigneten Drehstahl und der Führung durch den Support, kann nun nahezu alles an der Welle verändert werden. Es können Nuten, oder konische Teilstücke angefertigt werden, oder Lagerzapfen am Ende der Welle.

Soll ein langes Wellenteil stirnseitig, präzise gebohrt werden, ist dies praktisch nur auf der Drehbank möglich. Dazu braucht es eine Lünette, ein schweres aus Grauguss gefertigtes C, welches eine Aufnahme für das Bankbett besitzt, außerdem 3 verstellbare Rollen. Im eingespannten Zustand (o.g.) wird die Lünette angesetzt und festgezogen, die Zentrierung stimmt, wegen der vorhergehenden Befestigung zwischen Backenfutter und Pinolenspitze.
Nun wird der Reitstock zurückgezogen, die Pinolenspitze mit MK (Morse-Konus) aus dem Reitstock entfernt und ein entsprechender Bohrer mit MK-Schaft eingesetzt.
Der Reitstock wird an das rotiernde Werkstück herangeschoben, befestigt, nun kann mit der Pinolenspindel der Bohrer in Richtung Wellenende bewegt werden. Wichtig: hierbei dreht sich das Werkstück und der Bohrer steht, schneidet präzise ein Loch ins Wellenende.

Ich hoffe es war etwas verständlich, bin kein gelernter Metaller, habe aber mit einem guten Freund schon an zahlreichen Werkstatt-Grauguss-Sessions teilgenommen:-)

Gruß Dietrich


Jürgen z.H.

Re: Wie funktioniert eine Drehbank?

Beitrag von Jürgen z.H. »


Wow Dietrich,

als ich die Frage von Wolfgang gelesen habe, dachte ich noch wie zum Teufel soll ich das beschreiben. Ich habe Deinen Ausführungen nichts hinzufügen.

@Wolfgang
gratuliere zu Deinem Werkzeugzugang. Welche Marke? Mit Vorschub?

Steht die Maschine noch fertig eingerichtet?
Mit einer Drehmaschine können Toleranzen von wenigen Hunderstel erzeugt werden. Das Bett der Drehmaschine muß deshalb perfekt ausgerichtet werden. Ähnlich der 5-Schnitt-Methode kann man prüfen ob beim Abdrehen eines langen Werkstücks ein kegel oder Zylinder entsteht. In Abhängigkeit vom Ergebnis kann man die Aufhänung des Drehmaschinenbetts anpassen. Eine Präzisionswasserwaage speziell für diesen Zweck hilft auch.
Drehen und Drechseln haben nur wenig gemein. Das geht schon damit los, dass bei der Metallbearbeitung der Drehmeißel nicht mit der Hand geführt wird. Ein Drehmeißel wird von drei Winkeln bestimmt. Der Schneid- Keil- und Freiwinkel ergeben zusammen 90°. Beim Drechseln kann man durch eine Veränderung des Anstellwinkels des Meißels die Spanerzeugung beeinflussen. Beim Drehen muß man die Meißel exakt schleifen und einspannen.
In der Regel hat Metall eine homogene Struktur, Holz ist unterschiedlich hart (Jahresringe / Maserung).
und so weiter....

Du solltest Dir einen Kursus oder Hilfe suchen. Gerade bei den ersten Schritten macht man dann schnell Fortschritte Wenn man die Grundlagen und Bedienung der Maschine kapiert hat, kannst Du Dir die nächsten Schritte selber erarbeiten.

Wenn Du ein spezielles Problem hast versuche ich gerne Dir weiterzuhelfen.

Tschüß Jürgen

Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Wie funktioniert eine Drehbank?

Beitrag von Andreas N. »


Die Beschreibung fand ich auch gut. Was muß man den beachten wenn man mit einer Drehmaschiene Holz bearbeiten will (ich wolt´s schon mal beinem Freund in ner Schlosserei probieren, hab aber wohl erst in zwei Wochen Zeit). Drehmeißel schärfer schleifen, keine Schmiermittel und los? Irgendwo hatte ich einen Einwand wegen der Holzspähne gelesen - was soll man da denn anders machen als bei Metall?
Schöne Grüße
Andreas N.
p.s.:Ich könnte Maschienen bis so 2,5 m Spitzenweite verwenden, drei und vier Backenfutter, sogar eine bei der die Backen einzeln verstellbar sind.

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Wie funktioniert eine Drehbank?

Beitrag von reinhold »


ach je !
Am besten , Du schaust es Dir mal an. Drechsler gibt es überall, zumindest Hobbydrechsler.

Hauptunterschied : beim Drechseln werden die Werkzeuge freihand geführt. Nur die Werkzeugauflage hilft. Metalldrehbänke zerspanen den Werkstoff "schabend", die Drechler "schneidend".

2. Der Werkstoff Holz bedingt zur sauberen Zerspanung höhere Schnittgeschwindigkeiten, also höhere Drehzahlen. Metalldrehbänke schaffen das meist nicht.

3. Die Metall-üblichen Drei- und Vierbackenfutter sind nur mit starken Einschränkungen zum Spannen von Holz geeignet, weil Holz immer ein bisschen nachgibt. Holz wird zwischen Spitzen oder mit besonderen Futtern gespannt, auch mit Planscheiben und Einschlagfuttern.

4. 2,5 m Spitzenweite sind ja ganz witzig, aber wer braucht das schon ? So ein langes Werkstück ist ohnehin nur mit Lunetten-Abstützung bearbeitbar. Selbst meine Profi-Drechselbank hat nur 85 cm Spitzenweite und die benötige ich nicht jedes Jahr.

5. Mein Rat wäre : schaff Dir eine richtige Drechselmaschine an. Hinweise dazu gibt es im Forum genug. Du kannst ja mit einer preiswerten (nicht : billigen) einsteigen und Dich hocharbeiten, wenn Du weisst, dass das Drechseln das Richtige für Dich ist.

Gruss
reinhold

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