Welcher Forstnerbohrer?

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Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Ernst,

ich habe zur Feier meines 60. Geburtstages etwa 30 Birkenastabschnitte mit stirnseitig eingelassenen Teelichtern hergestellt. Die Anfrage dazu kam von meiner Frau, und meine spontane Antwort war: das kannste vergessen, dafür habe ich kein Werkzeug.

Nach einigem Nachdenken habe ich mich dann doch ans Werk gemacht. Allerdings nicht mit einem teuren Spezialbohrer etc., sondern mit der Oberfräse und einem vorhandenen Kopierfräser (12,7 mm Nutfräser mit Kugellageranlaufring). Das hat super geklappt und funktionierte sogar bei Birkenästen, deren Durchmesser kaum größer als der Teelichtdurchmesser ist.

In ein Reststück einer MDF-Platte habe ich am Bohrständer ein passendes Loch gebohrt (mit einem Forstnerbohrer aus einem Baumarkt-Billig-Set bzw. einem Topfscharnierbohrer). Das Loch in der MDF-Platte war meine Schablone für's Kopierfräsen.

Die Birkenabschnitte wurden auf der Kapp- und Gehrungssäge sauber geschnitten und anschließend vertikal in die Hinterzange meiner Hobelbank gespannt (Stirnseite bündig mit Hobelbankoberfläche. Dann die MDF Schablone von oben drauf gelegt, mit Zwingen an der Hobelbank befestigt, Oberfräse rein, auf voreingestellte Tiefe runterdrücken und spiral-kreisförmig bis zum Schablonenrand fräsen - ruck zuck war das Loch für's Teelicht sauber bis auf den Grund gefräst. Ging schnell, an einem halben Nachmittag war alles fertig. Vorteil gegenüber dem Bohrer: kein großes Drehmoment und keine Ausrissgefahr am Bohrlochrand. Man kann ohne Ausriss bis fast zur Rinde fräsen.

Drei unterschiedlich lange Birkenstücke mit je einem Teelicht oben drin wurden mit einer Schleife zusammengebunden und auf jedem Tisch in ein rechteckiges kleines Holztablett gestellt, dessen Boden (in Anspielung auf meinen Lieblingswerkstoff) mit dem Abfallholz (einige dünne Birkenholzscheibchen) und mit Hobelspänen bedeckt war. Diese Tischdeko meiner Frau hat von den Geburtstagsgästen ein dickes Lob gekriegt. Die Gastfamilien durften sie anschließend mit nach Hause nehmen.

Vielleicht ist der Kopierfräser für Dich ja auch eine Alternative zum teuren Bohrer.

Gruß
Bernd

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
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Re: Welcher Forstnerbohrer? *MIT BILD*

Beitrag von Bernd Grunwald »


hier noch ein Foto von der Tischdeko:

Gruß
Bernd

Ernst Spangenberger
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Ernst Spangenberger »


Hallo Bernd, das sieht gut aus. Sowas in der Art möchte ich auch herstellen.
Hast du die Tiefe in einem Rutsch gefräst oder in mehreren Stufen?

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Ernst,

zu Beginn habe ich mich der Sache mit Respekt genähert und habe in mehreren Stufen gefräst. Die ständigen Unterbrechungen zwecks Umschalten auf die nächste Tiefenstufe waren mir aber schon bald lästig. Folglich habe ich auf die Zwischentiefeneinstellungen komplett verzichtet und habe die Fräse "nach Gefühl" ins Holz gedrückt und gleichzeitig in Kreisbewegungen gefräst, wobei die Fräse stets ein wenig tiefer gedrückt wurde bis die Endtiefe erreicht war. Man sollte darauf achten, dass man die Fräse (bei mir war's die kleine Festool mit 1000 Watt) dabei nicht quält, d.h. dass man nicht zu schnell zu tief eintaucht. Mit stärkeren Oberfräsen dürften auch größere Eintauchtiefen gut fräsbar sein.

Gruß
Bernd

Rolf Richard
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Rolf Richard »


Hallo Ernst,

Frästiefe hängt zuallerest von der Holzart, dann vom Fräser und natürlich auch von der Leistung ab.

Im harten Holz solle man nicht zu tief auf einmal gehen, da besteht die Gefahr des Verbrennens (besonders bei Buche). 6-8 mm gehen, mehr ergibt im Allgemeinen eine schlechtete Fräsqualität. Bei Hölzern wie Buche sollte man auch die Drehzahl der Fräse deutlich reduzieren (ca. 12 - 15.000 U/min)

Qualitätssteigernd wirkt sich ein aufwärts schneidender Sprialfräser aus.

Im Allgemeinen kann man sich das Leben durch die Benutzung des Revolvertiefenaschlags erleichtern. Dann ist das Einstellen verschiedener Frästiefen für die aufeinander folgenden Stufen Sekundensache.

Gruss
Rolf

Ernst Spangenberger
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Ernst Spangenberger »


Hallo Bernd, ich habe mich mal umgesehen:
- Die billigen (und auch viele der teuren) Fräser mit Anlaufring oben am Schaft haben keine unten durchgehende Grundschneide. Wie du schon beschrieben hast, muss man sich also langsam mit kreisenden Bewegungen nach unten arbeiten.
- Teure Fräser mit Anlaufring oben und durchgehender Grundschneide sind nicht wesentlich günstiger als ein guter Forstnerbohrer.
- Alternativ müsste man erst mit einem Spiralnutfräser (evtl. in mehreren Stufen) bis zur vorgesehenen Tiefe einen Teil des Holzes ausräumen und erst dann mit dem Fräser mit Anlaufring die entgültige Kontur fräsen. Das wäre aber recht umständlich, entweder dauernd den Fräser wechseln, oder jedes Holzstück 2 mal einspannen.
- Alternativ könnte man auch einen kurzen Spiralnutfräser so verwenden, dass dessen Schaft als Anschlag an der Schablone dient. Ob das aber der Schablone so gut tut bezweifle ich.

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Ernst,

Nutfräser ohne durchgehende Grundschneide würde ich für diesen Zweck nicht einsetzen. Qualitätsfräser (nur diese sollte man überhaupt verwenden) haben in der Regel auch eine durchgehende Grundschneide. Ein weiterer Vorteil des Fräsers gegenüber dem Bohrer ist der, dass man den Fräser für jeden beliebigen Lochdurchmesser, der größer oder gleich dem Fräserdurchmesser (12,7 mm) ist, verwenden kann. Selbstverständlich auch für alle nicht-kreisförmigen Lochformen ...

Wer sich einen Frästisch (z.B. nach der Vorlage von Guido Henn) selbst gebaut hat, sollte so einen Kopierfräser mindestens schon einmal benutzt haben. Ich benutze ihn seitdem relativ häufig. Der ist wirklich extrem vielseitig und hat sich bei mir schon mehr als "bezahlt" gemacht. Habe damit z.B. auch schon Nuten, die geometrisch aus drei geraden Strecken und zwei dazwischen liegenden Kreissegmentbögen bestehen (z.B. für einen Möbel-Rollladen), gefräst.

Es spricht allerdings überhaupt nichts gegen das Bohren der Teelichtlöcher ... wollte hier nur eine mögliche Alternative zum Bohren aufzeigen.

@Rolf:
selbst das ständige Umstellen des Revolvertiefenanschlags war mir in diesem Fall eine lästige, zudem auch vermeidbare Unterbrechung des Fräsvorgangs.

Gruß
Bernd

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Thomas Kaes
Beiträge: 715
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Re: Welcher Forstnerbohrer?

Beitrag von Thomas Kaes »


Ernst, wenn du einen geeignet Spiralnutfräser besitzt, warum verwendest du den nicht in Verbindung
mit einer kleinen Kopierhülse und stimmst deine Schablone darauf ab?

Für sehr tiefe Fräsungen mit der Schablone habe ich einen 12 mm Nutfräser stirnschneidend mit 50 mm Schneidenlänge
und 8 mm Schaft, über den Schaft schiebe ich ein bis zwei Kugellager 8x12x3,5 (1,39/Stk.) und spann den in die Oberfräse.

Gruss
Thomas

Ernst Spangenberger
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Registriert: Mi 29. Mär 2017, 14:44
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Re: Colt Forstnerbohrer

Beitrag von Ernst Spangenberger »

[In Antwort auf #85676]
Heute kam der 45er Colt Forstnerbohrer an. Sehr schnelle Lieferung, Sonderpreis, und ein 5m-Rollbandmaß war als Zugabe dabei.
Was mir gleich auffiel: Alle Schneiden waren gratig. Das dürfte eigentlich bei so hochpreisiger Neuware nicht vorkommen. Habe die Grate mit einer Diamantfeile beseitigt.
Dann spannte ich den Bohrer in den 16V-Aldi-Bohrschrauber und bohrte damit freihändig in einen Palettenklotz (Fichte) ins Querholz. Der Colt geht sehr schnell rein, in ca. 25 Sekunden war das Loch gebohrt. Im Vergelich dazu brauchte ich mit dem 40er Billigbohrer etwa 2 Minuten. Der Billigbohrer produzierte Sägemehl, der Colt Hobelspäne. Allerdings tendierte der Colt beim freihändigen Anbohren zum Wandern. Das ist vermutlich auf die recht kurze Zentrierspitze zurückzuführen. Die Lochränder und der Lochboden sind sauber.

Ernst Spangenberger
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Re: Colt Forstnerbohrer

Beitrag von Ernst Spangenberger »


Weitere Tests:
- 1 Loch in Palettenklotz (Fichte, Querholz) mit 710W-Bohrmaschine: 10 Sekunden.
- Hintereinander 3 Löcher in Kirsche Stirnholz mit 710W-Bohrmaschine: Je 15 Sekunden, und danach ist der Bohrer ziemlich heiß. Also besser den Bohrer zwischendrin abkühlen lassen.

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