Stoßlade - Perfektion für Neandertaler, m. Bildern

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Bernhard Loos

Stoßlade - Perfektion für Neandertaler, m. Bildern

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo allerseits,

wie jeder von Euch weiß, ist eine perfekte, verleimfähige Gehrung oder eine glatte Hirnholzfläche mit der frei geführten Handsäge kaum zu schaffen - hier ist eine präziser Kreissägenschnitt im Vorteil.
Trotzdem kann der Holzwerker der nur mit Handwerkszeugen arbeiten möchte, mit Hilfe der Stoßlade noch feinere Oberflächen herstellen.

Die Stoßlade ist ein Werkzeug, mit dem ein bereits vorhandener, natürlich möglichst gelungener, Sägeschnitt nachgearbeitet wird.

Hier meine Stoßlade mit 45° Gehrungseinsatz und dem Veritas Low Angle Jack Plane:


Hier sind die Justierschrauben für das Anschlagholz sowie für das Werkstück bzw. den Gehrungseinsatz zu sehen. Ebenfalls zu sehen ist links die Aufdoppelung, um den Hobel etwas höher zu bringen, damit das Eisen besser ausgenutzt werden kann. Ganz links im Bild, mein Sägekreuz:


Hier noch einmal die Justierschrauben mit ihren verschiedenen Ebenen, sowie eine Spax-Schraube, die das Werkstück stirnseitig fixiert, falls die Stoßlade einmal als Fügelade zur Anwendung kommt. Ebenfalls ist der aufgeleimte Furnierstreifen zu sehen, der dafür sorgt, dass das Hobelmesser Distanz zur Werkstück-Auflage hat:



Hier ist das "Erhöhungsbrett" abgenommen. Der untere, aus zwei Lagen bestehende Furnierstreifen wird sichtbar:


Hier ist das Erhöhungsbrett aufgesteckt:


So sieht ein Gehrungsschnitt aus, der auf einer Stoßlade gehobelt wurde. Das Eisen hatte eine winzige Scharte, die in der Mitte der Gehrung ihre Spur hinterlässt. Diese Gehrung habe ich noch mit meinem Stanley No. 6 gehobelt:


Gruß, Bernhard



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Stoßlade - Perfektion für Neandertaler

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Bernhard,

Da hast du dir viel Arbeit mit der Stoßlade und dem Fotobericht gemacht. Mir gefällt vor allem das Erhöhungsbrett, auf dem der Hobel geführt wird. Du musst wissen, ich säge auch oft auf meiner Stoßlade und verunstalte so den Teil der Lade. Deine Konstruktion erlaubt ein schnelles Auswechseln. Aufgefallen sind mir auch die Justierschrauben. Meinerseits hab ich mich auf zwei Holzschrauben beschränkt, die den Block halten. Bevor ich loslege, überprüfe ich die Winkligkeit und helfe falls nötig mit ein oder zwei Hammerschlägen nach. Interessant find ich auch den Klebestreifen auf der Hobellaufleiste. Das werde ich mir merken.

Eigentich intrigiert mich nur der Furnierstreifen zum Abstandhalten. Den Abstand bekommst du automatisch, wenn du die Lade zum ersten Mal benutzt. Du fährst sie ein und das Hobelseisen nimmt auf der Höhe der Schneide das Material ab, und beim nächsten Mal stößt die Hobelsohle gegen die so geschaffene Erhöhung. Hast du einen bestimmten Grund, das so zu machen? Der Furnierstreifen hat ja nicht unbedingt die Stärke, auf die das Hobeleisen eingestellt ist.

Gruß

Marc



Bernhard Loos

Re: Stoßlade - Perfektion für Neandertaler

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Marc,

Du schreibst:
"Eigentich intrigiert mich nur der Furnierstreifen zum Abstandhalten. Den Abstand bekommst du automatisch, wenn du die Lade zum ersten Mal benutzt. Du fährst sie ein und das Hobelseisen nimmt auf der Höhe der Schneide das Material ab, und beim nächsten Mal stößt die Hobelsohle gegen die so geschaffene Erhöhung. Hast du einen bestimmten Grund, das so zu machen?".

Es hat nur den Grund, das ich nicht an die Möglichkeit gedacht habe, es so zu machen, wie Du es beschrieben hast!

Gruß, Bernhard



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Eine vielleicht blöde Frage

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #118805]
Hallo,

die Frage klingt vielleicht etwas blöd, aber rutscht das zu hobelnde Teil nicht nach hinten? Ich habe schon oft Bilder von Stoßladen gesehen, meist aber ohne eine Befestigungsmöglichkeit für das Werkstück.

als jemand, der noch nie mit sowas gearbeitet hat, stelle ich mir das doch sehr unpraktisch vor. Man hällt mit einer Hand das Werkstück, mit der anderen führt man den Hobel. Wenn man mit der einen Hand, die das Werkstück hällt ein wenig wackelt, greift das Hobeleisen doch ins Leere, oder man drückt den Hobel von der Anschlagkante weg.

Oder habe ich da einen Denkfehler, was die Benutzung angeht?

Gruß

Heiko


Bernhard Loos

Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Heiko,

eine gewisse motorische Feinabstimmung ist natürlich nötig, wie ansonsten beim Hobeln auch.
Das Werkstück kann sich nicht werdrücken, weil das scharfe Eisen sich beim ersten Kontakt sofort einhakt. Die Gefahr, dass man den Hobel wegdrückt, und damit den Winkel verändert, ist dagegen gegeben - das meinte ich mit Feinabstimmung.
Hilfreich ist ein Hobel mit relativ langer Sohle (auch wegen des Gewichtes) und einem kleinen Schnittwinkel. Der Veritas LAJP hat 12° Bettungswinkel und 25° Keilwinkel am Eisen, was zusammen 37° Schnittwinkel ergibt - sehr günstig für das Hobeln von Hirnholz. Eine Klappe ist hierbei vollkommen unnötig. Natürlich kann man z.B. auch mit einem Schnittwinkel von 45° Hirnholz hobeln, aber bei 37° sind die Schnittkräfte doch geringer und der Schnitt noch ein wenig sauberer. In einem Fall habe ich erlebt, dass es bei meinem 25°-Eisen zu kleinsten Schneidenausbrüchen kam, als ich in das Anschlagholz (ich nehme an, das ist Sipo oder soetwas) gehobelt habe und stecken geblieben bin. Ich denke man kann dem entgegenwirken, wenn man auf der Spiegelseite (beim Flachwinkler) eine 2. Fase anschleift - das macht die Schneide wiederstandsfähiger.

Das Werkstück zu fixieren, wär unpraktisch, weil man mit einem Hobelstoß ja nur wenige Hundertstel wegnimmt - man bei einer größeren Korrektur also ohne weiteres einige dutzend Male über eine Stelle hobeln muß.
Stell Dir das ganze ungefähr so vor, wie eine Gurke mit dem Gemüsehobel zu kürzen - und genauso schnell geht das dann auch in der Praxis!

Gruß, Bernhard



Andreas Winkler
Beiträge: 1134
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Bernhard,

eine sehr beeindruckende Stoßlade hast Du da gebaut und auch mit sehr schöne Bilder vorgestellt. Und vorallem kann man damit offensichtlich sehr sauber arbeiten !

Mit etwas ähnlichem habe ich noch nie gearbeitet, aber rein vom Vorstellen teile ich Heikos Bedenken und würde das Werkstück auch gerne irgendwie festgemacht haben. Natürlich hast Du recht, bei mehrmaligem Bearbeiten ist das etwas unpraktisch. Aber man könnte den "Vorschub" - zwar etwas rustikal, aber effektiv - auch im eingespannten Zustand mit angemessenen Hammerschlägen von hinten vornehmen. Immerhin müßte man dann nicht mit der zweiten Hand auch noch eine "etwas verkrampfte" Haltung einnehmen.

Das Nonplusultra wäre jetzt noch ein gewisser Verstellbereich für den Winkel und eine für den Arbeiter eine etwas angenehmere Griffhaltung.

Hier ein Link zu einer Ausführung aus Metall :

http://www.supertool.com/StanleyBG/stan7.htm

Und einer zu einer Variante aus Holz in einem Katalog auf Wolfgangs fabelhafter Seite :

http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/ott2_36.phtml

Wie geschrieben, eine sehr beeindruckende Arbeit ! Viel Freude damit.

Gruß, Andreas



Bernhard Loos

Re: Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Andreas, hallo Heiko!

Gerade bei Deinem (Andreas) Vorschlag, den "Vorschub" mit leichten Hammerschlägen vorzunehmen, würde man den Hobel aus dem Winkel drücken, das können die rechte und die linke Hand im Zusammenspiel viel besser - glaubt es mir, das ist wirklich nicht schwer.

Baut Euch doch erst mal eine provisorische Stoßlade, ganz schnell aus zwei Brettern und einem Anschlagklotz zusammengeschraubt; auf genaue Winkel kommt's da erstmal nicht an - aber Ihr könnt sehen, ob eine Stoßlade etwas für Euch wäre.

Den historischen Stanley-Hobel kannte ich bereits; ich hab' auch dran gedacht soetwas in der Art zu bauen - bin dann aber doch bei meinem (viel einfacheren) Modell gelandet.
Was mir bei dem Stanley-Hobel gefällt, ist das schräg stehende Eisen für ziehenden Schnitt und weiches Anhobeln. Warum die das aber nicht mit einem Flachwinkel kombiniert haben, ist mir schleierhaft. Das müsste das Non-plus-ultra sein!

Empfehlenswert ist so eine Stoßlade auf alle Fälle für Modellbauer, oder Werkler die viel mit kleineren Querschnitten arbeiten. Ausrissfrei, glatt und gerade - einfach phantastisch!

Natürlich ist die Größe des Werkstückes begrenzt, für größere "Brocken" gibt's ja dann noch die Gehrungsstoßlade.

Gruß, Bernhard



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Heiko Rech »


Hallo Bernhard,

Leute, die viel mit Leisten arbeiten sind mit einer Gehrungsstanze besser bedient. Wir hatten eine in meinem Lehrbetrieb. Noch eine alte, schwere aus Guss. Schneller kann man keine Gehrungen schneiden oder nacharbeiten.

Die Stanzen haben schrägstehende Messer, woraus ein ziehender Schnitt resltiert.

Bei Gelegenheit werde ich mal eine Stoßlade bauen und das Handling selbst ausprobieren.

Gruß

Heiko


Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Bernhard

Da ich allem Neuen aufgeschlossen gegenüberstehe, lese ich diesen Beitrag mit großem Interesse, allerdings, ähnlich wie Heiko habe ich Schwierigkeiten alles zu verstehen.
Mit den Justierschrauben? Welche Fehlstellung kannst Du damit korrigieren?

Gruß Franz



Bernhard Loos

Re: Nicht blöd, sondern durchaus berechtigt!

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Franz,

Die unteren Justierschrauben haben den Sinn, den Anschlagklotz genau auf 90° Grad (reproduzierbar) einzustellen.

Bei meinen Gehrungsanschlägen 45° (Viereck) und 22,5° (Achteck) habe ich mich bemüht, so zu arbeiten, dass die Winkel auch so schon stimmen. Aber Holz arbeitet, die Gehrungsanschläge, der Anschlagklotz sowie der gesamte Aufbau können sich verändern.
Der wichtigste Grund für die Justierschrauben ist aber, flexibel auf vorhandene Situationen, etwa beim Ein- oder Anpassen zu reagieren.

Gruß, Bernhard



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