Eine Römische Hobelbank *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Eine Römische Hobelbank *MIT BILD*

Beitrag von Micha P »


Für meinen neuen Werkstattbereich brauche ich eigentlich nur einen Sägebock. Aber warum soll der nicht zusätzliche Funktionen haben? Wenn man noch drauf sitzen, (gut, dass kann man auch auf einem Bierkasten), oder Werkstücke zurichten kann, umso besser. Aufmerksam wurde ich durch Tischlermeister Jakob http://tischlermeisterjakob.de/category/roemische-hobelBank. Er hat da eine tolle Videodoku gemacht. Sein Ausgangspunkt - er wollte ein Bank haben, an der er bequem in große Platten Schwalbenschwänze sägen kann.

Bei mir ist das draus geworden:

Die Unterschiede meiner Bank sind konstruktiver Art:

Arbeitsplatte wurde aus Dachlatten geleimt. Ich hatte 6 gut getrocknete Dachlatten, die relativ gerade waren. Die Latten hatte ich nur grob abgerichtet Bis auf ein Stück waren sie keine Propeller. So entschied ich mich, sie nur zu glätten und zu verleimen.


Für die Beine verwendete ich Reststücke einer Baustoffeinwegpalette. Die Teile hatten einer Querschnitt von 70 x 40 mm. Das erchien mir zu dünn, denn eine WerkBank sollte auf stabileren Beinen stehen. Also habe ich sie mit Schalbretterresten aufgedoppelt. In den Kanthölzern steckten ziemlich hässliche Nägel, die verrostet waren und die Einschlaglöcher verfärbten. Die Nägel entfernte ich vor dem Trocknen, als ich die Palette zerlegte. Hier auch davon ein paar Bilder:


Die Elemente für die Bankbeine habe ich vernünftig abgerichtet und verleimt. Die Nagellöcher sahen furchtbar aus und wären Grund genug gewesen, die Hölzer zu verbrennen. Aber wann kommt man kostenlos an Kanthölzer? Ich glaube, der Haltbarkeit der Beine hätten die Nagellöcher nicht geschadet, aber irgandwann stört einen der Anblick. Nachdem ich die Beine auf quadratisches Endmaß gebracht hatte, habe ich die alten Nagellöcher aufgebohrt, ca. 60 Holznägel angefertigt und sie mit etwas Leim in die Löcher eingeschlagen. Jetzt sehen die Löcher kleinen Ästchen ähnlich, haben die Beine optisch aufgewertet.







Die Beinzapfen habe ich oben angezeichnet und ohne weiteren Anriss auf die Grundline heruntergesägt. Den Rest erledigte die Raspel.

Mehr will ich zum Bau der Bank gar nicht schreiben. Die o.g. Videoreihe zeigt alles.
Hier aber noch ein paar Bilder:





Die Abmessungen habe ich so gewählt, dass die Bank für eine Person transportabel ist, und dass sie hoch genug ist, um an ihr mit einer 70er Gestellsäge zu arbeiten.
So ergaben sich

Länge 158 cm
Breite 33 cm
Höhe 64 cm.

Eigentlich hatte ich vor, die Bankhaken wegzulassen, wollte ich die Bank vor allem als Sägebock und als Sitzgelegenheit, aber irgendwie juckt es dann doch.



Es ist für uns Neandertaler durchaus interessant nachzuvollziehen, was die Handwerker in grauer Vorzeit mit solchen Bänken machen konnten (so 'ne Art experimenteler Archäologie). Also habe ich das gute Stück noch mit 5 Rundhaken aus Buche ergänzt. Wenn die Oberflächenbehandlung getrocknet ist, werde ich auch mal an ihr zu hobeln.

LG Micha

Johannes M
Beiträge: 1587
Registriert: Di 21. Jul 2020, 09:09

Re: Eine Römische Hobelbank

Beitrag von Johannes M »


Hallo Micha,
sehr schöner Bericht, vielen Dank.

Es grüßt Johannes

ich habe mal etwas aufgeräumt.

Thomas Heller
Beiträge: 683
Registriert: Di 29. Aug 2017, 10:26

Re: Eine Römische Hobelbank

Beitrag von Thomas Heller »


Hallo Micha,
danke für die Bilder!

Die Bau-Doku von Meister Jakob kenne ich.

Die Fertigung ausschliesslich mit Handwerkzeugen verdient Respekt und Anerkennung.
Aber auch das verwenden von Recycling-Holz finde ich sehr lobenswert.
Ausserdem sieht Dein Werk wirklich cool aus.
Sehr schön, wie Du die Beine erst quadratisch, dann sechseckig und schliesslich rund gearbeitet hast. (Wie es im Tischler-Handwerk gelehrt wird..)

Mit freundlichen Grüßen aus Köln,
Thomas

Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Re: Eine Römische Hobelbank

Beitrag von Micha P »


Hallo Thomas,

ich mache meine gesamten Projekte fast ausschließlich mit Handwerkzeugen, Sogar das Auftrennen von Brettern zu Leisten. E-Werkzeuge (von denen ich aber nicht mehr viele habe), nutze ich nur, wenn es wirklich mal schnell gehen muß - z.B. beim Heimwerken, aber bei den Holzprojekten tuns die Handwerkzeuge mindestens genauso gut. Meine Feststellung ist, dass man durch den Einsatz von Handwerkzeugen einen ganz anderen Blickdwinkel auf seine Tätigkeiten einnimt und viele mehr lernt - denken wir nur einmal ans Abrichten .

Recylingholz kann man insbesondere für Werkstattmöbel immer einsetzen, Da fängt doch "Nachhaltigkeit" an - obwohl ich den Begriff nicht mag, denn der ist m.E. zu einer Marketinghülse verkommen und dient dazu mehr zu verkaufen und den Leuten einzureden, sie würden was für die Umwelt tun.

Kurz und gut, vielen Dank für die anerkennenden und aufmunternden Worte.

LG Micha



MarkusB
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Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Eine Römische Hobelbank

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #151079]
Hallo Micha,

tolle Bank, sieht richtig gut aus.
Und toll, dass du Restholz und ausschließlich Handwerkzeug verwendest.
Viel Arbeit, aber es lohnt sich. Warum hast du ja schon geschrieben.

Für die Rundstäbe habe ich Klötzchen mit einem dreieckigen Ausschnitt als Unterlage, so kann ich den quadratischen Stab mit der Kante Richtung Platte stellen.
Meine Bankhaken sind zu klein, um eine Verdrehung zu verhindern.

Viele Grüße

Markus

Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Re: Eine Römische Hobelbank

Beitrag von Micha P »


Hallo Markus,

auch hier nochmals vielen Dank für deinen Kommentar.

Ich hatte auch an Unterlegeklötzchen für die Rundstabherstellung gedacht, aber bei mir ging es auch so. Beim Einspannen waren die Werkstücke fest genug, sodass ich die Lage beim Anhobeln der Fasen nicht korrigieren musste. Meine Bankhaken sind für diese Arbeiten glaube ich ganz gut dimensioniert, Wobei ich beim Bau der Bank daran nicht wirklich gedacht habe. Meine Bankhakenleiste ist aber 15 cm dick und hat damit genügend Material, um lange Bankhaken sicher zu halten.

LG Micha

Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Aus Römischer Hobelbank wird Mini-Roubo *MIT BILD*

Beitrag von Micha P »

[In Antwort auf #151079]


Die Römische Hobelbank, die ich hier im ersten Beitrag vorgestellt habe, hat ein grundsätzlichen Facelifting erhalten.

Voranstellen möchte ich, dass sie sich als sehr nützliches Werkzeug in vielen Fällen erwiesen hat. Ich hatte sie innnerhalb und außerhalb der Werkstatt eingesetzt.

Außerhalb der Werkstatt dient sie wirklich als Werkbank im herkömmlichen Sinn und hat ihre Feuertaufe bestanden.

Innerhalb der Werkstatt nutze ich sie vorrangig als Sägebank aber auch als Montagetisch oder als Aufspannunterlage.

Nur eine Aufgabe beim Auftrennen von Langhölzern bereitete mir wenig Freude. Das lag nicht am Konzept der Bank sonderen an meiner Umsetzung. Die Füße ragten unter der Platte etwas hervor und ich stieß beim Auftrennen regelmäßig an.


Da ich noch über einige kräftige Holzreste verfügte, habe ich die Bank umgebaut. Die Platte hat ein massives "Roubo-Untergestell" erhalten.

Nun kann ich Hölzer ohne anzustoßen auftrennen. Die Bank, obwohl sie jetzt etwas kürzer ist, hat an Gebrauchswert und Masse gewonnen. Warum ist sie jetzt kürzer?. Ich hatte für die Stege keine längeren Holzreste im entsprechenden Querschnitt. Damit verlor sie 19 cm Gesamtlänge. Ihre Abmessungen: 139 x 33 x 67 cm.

Die Holzverbindungen sind durchgestemmte und verkeilte Zapfen. Die Beine sind zusätzlich durch Schwalbenzapfen mit der Platte verbunden. Wie man das ausführt, wisst ihr alle selbst, deswegen habe ich weniger Bilder vom Umbau geschossen.





Alles in Allem gefällt mir die Bank deutlich besser und sie ist viel stabiler. Ich mag sie jetzt noch mehr.


Michael Weisser
Beiträge: 90
Registriert: So 21. Feb 2021, 16:17

Re: Aus Römischer Hobelbank wird Mini-Roubo

Beitrag von Michael Weisser »


Interessant. Ich plane aus genau den gleichen Gründen den gleichen Umbau...nur die passenden Holzstücke haben mir noch gefehlt. Das Bänkchen ist aus meiner Werkstatt nicht mehr wegzudenken...nur bei den Längsschnitten nerven halt die Beine...

viel Spaß damit

Michael

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Aus Römischer Hobelbank wird Mini-Roubo

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo,...
ich hab auf einer Handwerker unplugged Seite im Netz die angeblichen Vorzüge einer römischen
"Hobelbank" mitverfolgen dürfen und war immer skeptisch, ob das von Christofer Schwarz beschriebene
Gestell mit Platte überhaupt mit Hobelbank übersetzt werden darf.
Für mich war immer die Höhe ausschlaggebend und ich hab noch nie gelesen, dass die alten Römer
vom Körpermaß her die 1Meter 20 hatten, die nötig gewesen wären, um auf der Bank ohne Rücken-
schmerzen Holzarbeiten ausführen zu können.
Deshalb freut es mich, dass über Erfahrungswerte der ein oder andere die Bank umgearbeitet hat und
unbewußt die These widerlegt hat, dass es sich mit der Bank um einen vollwertigen Vorläufer unserer
Hobelbank handelt.
LG Andreas



Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Re: Aus Römischer Hobelbank wird Mini-Roubo *LINK*

Beitrag von Micha P »


Hallo Andreas,

So schlecht waren die Bänke mit den ausgestellten Füßen, m.M.n. nicht.

Mich hat, wie Michael auch, das Anstoßen beim Längsschnitt geärgert. Aber sonst finde ich, ist die Römische Bank ein wirklich brauchbares Werkzeug.

Vielleicht ist von den Altvorderen auch schon jemand auf ein "normales Gestell" gekommen, nur wissen wir es nicht, weil noch keine Funde davon gemacht wurden, die das belegen.
Vorteil der Variante mit den gebohrten Beinen ist geringere die geringe Masse und damit eine bessere Transportierbarkeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in alten Zeiten eine Art K.O.-Kriterium war. denn man hatte schlechtere Transportmöglichkeiten, als wir heute.
Die Masse kam dadurch zustande, dass der Handwerker sich auf Bank und Werkstück setzte und es so zusätzlich fixierte.

Ich habe auf meiner flachen Römischen Bank auch schon gehobelt, aber das ging mir zugegebenermaßen ganz schön auf den Rücken und lässt sich an einer modernen Bank deutlich komfortabler bewerkstelligen. Eine moderne Bank hat die nötige Masse, sodass kein Zusatzgewicht nötig wird. Im Römischen Reich und im Mittelalter war es noch weniger ein Vergnügen, ein über 100 kg wiegendes Teil zur Baustelle zu wuchten. Und da kommt wieder die kleine flache Bank ins Spiel.

Wenn mich jemand fragt, ob wir heute solche Bänke brauchen, sage ich ganz klar nein. Aber ich will will sie nicht mehr missen.

LG Micha

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