Zweischichtige Hobelklingen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Hannes Venter

Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Hannes Venter »


Guten Abend zusammen,
Ich habe günstig ein Viererpack alte gebrauchte Hobel erstanden und versuche grade, deren Klingen wieder flott zu bekommen. Dabei ist mir bei zwei Hobeln aufgefallen, dass die Klingen zweischichtig zu sein scheinen.

Ein Hobel (Putzhobel?) stammt aus der Mache der Gebr. Busch. Eingeprägt ist neben dem Hirsch als Firmenlogo noch "GARANTIE GUSSSTAHL".
Der zweite Hobel ist ein Simshobel, auf dessen Klinge "IL&S" eingeprägt zu sein scheint.

Bei beiden scheint mir am vorderen Teil der Klinge eine zweite Lage Stahl angeschweißt oder laminiert worden zu sein, oder wie auch immer der Fachbegriff hierfür genau ist. Dieses Material ist einwandfrei erhalten und hatte nur eine leichte Patina.
Der restliche Teil der Klingen hat auch eine gute Patina, unter der aber deutliche Rostlöcher zum Vorschein kommen. Das Material scheint auch noch Schmiedespuren zu haben und wirkt grauer, weicher und verwitterter.

Laut https://www.waterboelles.de/archives/15089-Gebr.-Busch-erfanden-1811-Gussstahl-fuer-Werkzeuge.html hatten die Gebr. Busch wohl einen Gusstahl für die Klingen erfunden.
Was mich interessiert: Hat jemand Informationen, was für zwei Stahlsorten hier verwendet wurden? Ich hätte mal beim Gussstahl auf den Klingenkörper getippt, und dann was härteres für die eigentliche "Schneidlage"?

Viele Grüße,
Hannes

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Thomas.M
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Registriert: So 3. Jan 2021, 20:57

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Thomas.M »


Hallo Hannes,

so wie du es in deinem letzten Absatz beschreibst, ist es die Regel. Dadurch werden Kosten für den harten Klingenstahl gespart. Ob es funktional Vorteile hat, kann ich jetzt nicht genau sagen. Die ganz genaue Stahlsorte ist vermutlich Firmengeheimnis, für den Werkalltag aber meines Erachtens auch wenig relevant. Da zählen dann ja hauptsächlich die praktischen Eigenschaften.

Die dunkle Patina auf dem Rest des Eisens wird durch irgendeinen chemischen Prozess herbeigeführt, um einen Rostschutz zu gewährleisten. Ich weiß nicht, ob das eine Art Brünierung ist. Das wissen andere hier besser.

Bitte korrigiert mich, wenn ich mit meinen Erläuterungen falsch liege.

Besten Gruß
Thomas

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Hannes,

wenn ich es richtig sehe, bist Du neu hier. Willkommen!

Das Laminieren (aus unterschiedlichen Schichten zusammensetzen) von Hobeleisen war vor einigen Jahrzehnten allgemein üblich, heute machen es nur noch die handwerklich arbeitenden Schmiede in Japan.

Es wird dabei ein Plättchen aus Stahl mit hohem Kohlenstoffgehalt (also härtbar) mit dem Grundkörper aus nicht härtbarem Stahl zusammengeschmiedet. Vorteil ist der geringe Verbrauch an hochwertigerem Stahl, der damals noch teuer war, und die leichtere Schärfbarkeit des Eisens, weil die abzuschleifende Fase überwiegend aus weichem, leicht zu schleifendem Stahl besteht.

Besondere Stähle sollte man da nicht erwarten (die sind auch nicht nötig). Die Plattierung wird einen C- Gehalt von etwa 0,8 bis 1,2 % haben, der Grundkörper weniger als 0,3 %.

"Gussstahl" ist eine seit dem 19. Jhd. übliche Bezeichnung, die gute Qualität suggerierten soll. Anfangs hob sie den Stahl von dem altmodischen, schlechteren Puddelstahl ab, da es den aber schon sehr lange gar nicht mehr gibt ist die Bezeichnung seit mindestens 100 Jahren sinnfrei. Alle Stähle werden seitdem als Gussstahl erzeugt. Heute gibt es außerdem pulvermetallurgischen Stahl, das ist eine andere Preisklasse.

Also, der laminierte Aufbau Deiner Hobeleisen spricht für Alter, ordentliche Qualität und handwerkliche oder manufakturelle Fertigung. Heute werden Hobeleisen üblicherweise aus Stahlblech ohne Laminierung (Monostahl) mit dem Laser geschnitten.

Grüße, Friedrich

Hannes Venter

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Hannes Venter »

[In Antwort auf #154569]
Guten Morgen,

Vielen Dank Thomas und Friedrich für eure Antworten. Wenn ich das richtig verstehe, ist also "Gussstahl" so aussagekräftig wie "Spitzenqualität" auf jeder Wurst im Kaufland? :D

Eure Infos haben mir auf jeden Fall schon sehr weitergeholfen. Kann man aus den laminierten Klingen auf eine bestimmte Herstellzeit schließen, bzw. ein bestimmtes Alter?
Und wenn ich das recht verstehe, dann sind die Stähle bei den heute üblichen Hobelklingen nicht schlechter als das damalige, oder? Lediglich der Preis des Rohmaterials und die Herstellungsverfahren haben sich vergünstigt, weswegen das Sparen beim Material eher unnötig geworden ist?

viele Grüße,
Hannes

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo und willkommen im forum...
wie Friedrich schon sagte sind diese Hobelmesser ältere Fabrikate, die durchaus ihre Vorzüge haben.
Dieser Stahl is ein typischer Messerstahl und viel leichter mit der Hand zu schärfen als die neuen pulvermetallurgischen
oder gebräuchlichen Schnittstähle (HSS etc).
Deshalb braucht man auch nicht teure Schleifmittel oder besondere Schleifmaschinen und kann schnell mal zwischen-
durch mit Hand schärfen und abziehen.
Monostahle haben ihren Einzug in die Schreinerwerkstatt gefunden, als der Gebrauch der harten Kunstdstoffbelege
(Platten, Kantenumleimer etc.) aufkam.
Auch die Metallhobel haben unlaminierte Stähle geringerer Stärke (1,5 - 2mm), was zwar eine Materialeinsparung
war, aber auch zu mehr Vibration beim Hobeln führte.
Spätestens beim ersten Schärfen wirst Du diese Eisen lieben -zumindest gings mir so... ;-)

LG
Andreas

Pedder
Beiträge: 5672
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Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Pedder »


Hallo Andreas,

wie kommst Du drauf, dass der Stahl leichter zu schärfen ist als PMV11?

Wie kommstr Du drauf, dass man für PM Stähle eine Schleifmaschine braucht?

Wie kommst du drauf, dass das Ende der laminierten Eisen mit dem Einzug von Kunsstoff in die Tischlerei korreliert?

Liebe Grüße
Pedder

Hannes Venter

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Hannes Venter »

[In Antwort auf #154569]
Ich hoffe, ich mach jetzt keinen Doppelpost, aber irgendwie scheint das Forum meinen vorigen Post gefressen zu haben; bin auch noch eher neu hier.

Vielen Dank für eure Antworten!
Kann ich denn aus den Eigenschaften der Klingen (Laminierung, Prägung etc) auf das Alter schließen?
Bin auf jeden Fall gespannt, wie die Hobel nach dem Schärfen performen!



Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Pedder,

versuch ma kurz auf Deine Fragen zu antworten:

"wie kommst Du drauf, dass der Stahl leichter zu schärfen ist als PMV11?"

laminierter Messerstahl ist bestimmt schneller und leichter zu schärfen als PMV weil du
ja unten den weichen abzutragendenTrägerstahl hast und im Grunde "nur" die Schneidkante schärfst!
Den Trägerstahl könntest du rein theoretisch auch wegfeilen,...

"Wie kommstr Du drauf, dass man für PM Stähle eine Schleifmaschine braucht?"

Ich sprach allgemein von unlaminierten (Schnitt-) Stählen, die meist eine höhere Härte haben als Messerstahl.
An PM Stähle hab ich gar nicht speziell gedacht.
Laminierte Japanische Stecheisen haben z.B. eine höhere Schnitthaltigkeit, sind aber als PM Stähle
auch relativ schnell und gut zu schleifen. Hab ich also so gar nicht ausgeschlossen...

"Wie kommst du drauf, dass das Ende der laminierten Eisen mit dem Einzug von Kunsstoff in die Tischlerei korreliert?"

Eine direkte Korrelation ist das nicht, aber in Anbetracht der Tatsache, dass jeder Tischler Hobelmaschinen
hatte, die die meisten Holzhobelarbeiten übernahmen und deshalb Handhobel weniger gekauft wurden, hat man den Gebrauch
von HSS-Eisen forciert, die z.B Kunststoffkanten schneiden konnten und damit den neuen Anforderungen im Möbelbau
gerecht wurden.

Ich hoffe, ich hab jetzt die ein oder andere Frage beantwortet,...wollt noch was zu dem Schropphobeleisen schreiben
Grüße an dich
Andreas



Pedder
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Re: Zweischichtige Hobelklingen

Beitrag von Pedder »


Hallo Andreas,

wenn Du Schreibst ein Stahl ist leicher zu schleifen, kannst Du doch bei der Nachfrage nicht auf das Eisen ausweichen.
Ja, ein lamniertes Eisen ist leichter zu schärfen als ein Monoblock. Aber das hat so gut wie nichts mit dem Stahl zu tun.
PM Stahl ist sicher nicht schwerer zu schärfen, als der Kirsch Gussstahl.
Und schon gar nicht braucht man dafür eine Maschine. Das geht beides von Hand.

Auch die Verbindung von Kunsstoff und der Herstellungmethode von Hobeleisen ist schief.

Irgendwann war die Materialersparnis durch das Laminieren einfach nicht mehr relevant im Bezug auf die Mehrarbeit.
Man hat in D und den USA sicher nicht deshalb laminiert, weil es leichter zu schärfen ist. Zumindest finde ich keinen Beleg dafür.

HSS Eisen haben zu keinem Zeitpunkt normale Hobeleisen ersetzt.

Und es gab übrigens auch für Stanleys und Records laminierte Eisen.

https://paulsellers.com/2015/05/laminated-stanley-plane-irons-n-more/

Liebe Grüße
Pedder

Pedder
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Beitrag von Pedder »


Hallo Hannes,

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Liebe Grüße
Pedder

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