Schreibtisch fertig *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MarkusB
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Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Schreibtisch fertig *MIT BILD*

Beitrag von MarkusB »


Hallo zusammen,

ich habe einen Schreibtisch aus Buche gebaut.
Es ist zwar eigentlich nur eine Platte mit Füßen, aber diese wird als Schreibtisch genutzt.

Design
Die Füße sind ein Nachbau aus dem aktuellen RS-Möbelkatalog, allerdings mit Schwalbenschwänzen. Die Platte wurde vom Auftraggeber entworfen.
Um die L-Form möglichst Material sparend herzustellen, habe ich erst eine ca. 2,20 m lange Platte hergestellt und diese dann schräg durchgesägt.
Ein Teil habe ich dann umgedreht und die beiden Schrägen aneinandergeleimt.
Da der Gehrungswinkel nicht 45° hatte, war eine Übernahme der einzelnen Kantholzbreiten sowieso nicht möglich.

Das Holz
war sehr schwierig.
Es handelte sich um Bohlen von ein und demselben Baum, der sich allerdings gespalten hatte.
Werde ich nicht noch mal nehmen. Ich weiß nicht ob es daran lag, aber die Fasern schienen immer eine andere Richtung zu nehmen, was das Hobeln sehr schwierig machte.
Ich hatte mich dazu entschieden, aus dem gekauften Material nahezu nur die Bohlen mit stehenden Jahresringen zu nehmen, um ein Werfen der Platte zu verhindern. Die Konstruktion sieht Gratleisten oder ähnliches nicht vor. Bohlen mit stehenden Jahresringen hatte ich zum Glück viele. Nachteil war, dass ich dabei viel Verschnitt hatte, da der Kern wie immer raus musste. Das Holz war leider so verdreht, dass von den 54 mm nur noch 40 übrig blieben.

Maschinen
Es gab massiven Maschineneinsatz.
Auftrennung mit einer alten Mafell HKS 85, abgerichtet und auf Dicke gehobelt mit einer EB HC 260 von 1976 (glaub ich). Die ist noch in grau mit seitlich abnehmbaren Motor.
Beide Maschinen machten ihre Arbeit sehr gut.
Als die Platte komplett geleimt war, bin ich mit Bandschleifer drüber gegangen.
Ich hatte mich dazu entschieden, weil ich ganz sicher keinerlei Ausrisse haben wollte, da der Schreibtisch eine Auftragsarbeit war.
Ich bin mit 40er Körnung angefangen, dann auf 80er gewechselt.
Der Bandschleifer war ein großer Fehler.
Der macht nämlich solche Riefen, dass die Platte wie ein 20 Jahre altes Schneidbrett aussah, was man aber erst sieht, wenn es an die feineren Körnungen geht.
Und die Riefen sind richtig tief!
Ich habe Stunden damit verbracht, diese erst mit Schwingschleifer, dann mit Ziehklingen, zwischendurch mit großen Veritas Schabhobel (nicht mein Ding, rattert sehr schnell) zu beseitigen.
Es war unglaublich, ich habe immer wieder neue Riefen entdeckt, es gab kein Ende.
Die rettende Lösung war dieses Video von Maschinenhandel Meyer: https://www.youtube.com/watch?v=0JYCAFPuK1k
Ich habe die Platte richtig nass gemacht und über Nacht trocknen lassen.
Dann habe ich mit 100er, 150er und 240er Körnung geschliffen (Schwingschleifer).
Perfekt, keine Riefen mehr.

Gefügt
habe ich alles per Hand.
Zuerst habe ich mit dem hölzernen Schlichthobel und einem Holzanschlag, der unter die Sohle gehalten wurde, den rechten Winkel angehobelt.
Dann kam für die Längsrichtung meine Flachwinkelrauhbank zum Einsatz und zum Schluss habe ich mittig mit dem verrundeten Putzhobel mögliche Erhebungen entfernt.
Bis auf 2-3 wirklich kleine Stellen sind alle Fugen absolut dicht geworden.
Besonders großen Respekt hatte vor der Gehrungsfuge, da ich da ja auch das Problem hatte, Druck auf die Fuge zu kriegen.
Ging auf der Hobelbank aber gut, die Gehrungsfuge ist zu meiner großen Erleichterung sehr gut geworden.
Zur Haltung der Höhe bei Leimen habe ich Lamellos verbaut. Die ersparen einem viel Abrichtarbeit.
Leider habe ich nicht aufgepasst und sägt dann an den schrägen Vorderkanten ein Lamello frei.
Tja, kein Projekt ohne Fehler. Ein Stopfen zeigt jetzt für immer die Unzulänglichkeit des Erbauers.

Zeit und Kosten
Ca. 100 h habe ich gebraucht, deutlich länger als geplant. Da es eine Auftragsarbeit war, war ich aber auch besonders sorgfältig.
Materialkosten waren ca. 130 €, verlangt habe ich 300 €. War ein Freundschaftsdienst.
Der Tisch ist sehr schön geworden (hier riechts… ) . Auftraggeberin ist begeistert.
Die Bilder vermitteln leider nicht die tolle Farbe des Holzes.

Bilder

Zeichnung


Gespaltener Baum


Leimen der Kanthölzer


Abrichten mit der Flachwinkelrauhbank
(Keilwinkel 50°)


Die wird jetzt durchgesägt...


Fügen der Gehrungsfuge



Prüfen, ob die Fuge dicht ist.
Der obere Teil liegt nur auf


Leimen der beiden Teile mit HB und einem Leimknecht (Szene nachgestellt)


nach dem Ölen



am Zielort




viele Grüße

Markus



Pedder
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Pedder »


Hallo Markus,

vielen Dank für den Beitrag. Wie hast Du die Gehrung verleimt? Ich hoffe, der Tisch wird mehr oder weniger klimatisiert gehalten,
da so breite Gehrungen fast zwangsläufig aufgehen, wenn sich die Luftfeuchtigkeit ändert (unterschiedliches Schwundverhalten längs, radial und tangential ).

Liebe Grüße
Pedder

MarkusB
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von MarkusB »


Hallo Pedder,

der steht in einer normalen Wohnung.

Die gehen zwangsläufig auf???
Das wäre ja eine Katastrophe!

Der Winkel beträgt ca. 48°, also aus meiner Sicht nahe 45°.
D. h. doch, dass die beiden Plattenteile sich ungefähr gleich ausbreiten müssten, da es sich um das gleiche Holz, sogar um den gleichen Baum handelt.
Die Fuge müsste sich nahezu spannungsfrei verlängern oder verkürzen.

Oder habe ich da einen Denkfehler?

Es sind aber auch noch 3 Lamellos in der Fuge.
Oder was meinst du mit
Wie hast Du die Gehrung verleimt?


viele Grüße

Markus



Friedrich Kollenrott
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #153955]
Hallo Markus,

ein schönes Projekt. Und nicht ganz einfach, schon wegen der Dimensionen. Da musst Du ja ordentlich gerackert haben.

Dass "so breite Gehrungen fast zwangsläufig aufgehen", scheint mir eine steile These. Da bin ich ganz bei Dir: Bei ungefähr 45° müssten beide verleimten Teile in etwa gleichem Umfang quellen und schwinden. Sei optimistisch und warte es ab! Auf jeden Fall sollte das Untergestell die Bewegung der Platte nicht behindern.

Womit hast Du die Platte geölt?

Was ist mit Deiner Kamera? Solltest Du vielleicht die Linse putzen oder Dir mal eine neue zulegen?

Grüße, Friedrich



Pedder
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Pedder »


Hallo Markus,
hallo Friedrich,

zeichnet es doch mal, wenn beide Bretter 5% breiter, aber 0% länger werden.
Hoffentlich verdreht sich die Verbindung nur und reißt nicht.

Küchenarbeitsplatten solte man so nicht bauen, wenn sie an den Unterschränken befestigt sind.

Liebe Grüße
Pedder

Friedrich Kollenrott
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Pedder,

wenn beide Bretter 5% breiter, aber nicht 0% länger werden
??? Nicht 0 Prozent? Versteh ich nicht.

Ich seh das so: Bei einer schräg durchschnittenen rechteckigen Platte würden beide Seiten der Schnittfuge vor und nach dem Auftrennen in gleicher Weise quellen bzw. schrumpfen (egal wie sich das aus Längs- und Querbewegung zusammensetzt.)
Also kann man sie auch verleimen, sowohl in Ursprungslage als auch um 90° verdreht. Natürlich kann es, weil das Holz sich nicht überall gleichmäßig verhält, in einer so großen Massivholzplatte zu Rissbildung kommen, und selbstverständlich sollte die Unterkonstruktion das Arbeiten zulassen. Aber Deine grundsätzlichen Bedenken kann ich nicht nachvollziehen.

Grüße, Friedrich



Pedder
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Pedder »


Hallo Friedrich,

das habe ich geändert. (Ich habe beim Editieren von cm auf % gewechselt und das "nicht" nicht entfernt.)

Aus einem 45° Winkel, der sich in der Breite ändert, wird ein anderer Winkel beim Schwinden und Quellen.
Der Effekt verdoppelt sich in der Gehrungsecke.
Aus einer 90° Gehrungsecke wird ein mit 87° oder 93° oder so.

Bei Markus freihstehendem Tisch, bei dem die Beine sich mitdrehen können, geht das vielleicht gut. Riskieren würde ich das aber nicht.

Liebe Grüße
Pedder


Pedder
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #153957]
Hallo Markus,

wird die Leimfuge irgendwie von unten unterstützt? Eine nicht sichtbare Zarge oder so?
Die würde einerseits natürlich die von mir befürchtete Veränderung der Gehrung behindern und wäre schädlich.

Aber so ganz ohne würde ich befürchten, dass die Stumpfe Hirnholzverleimung Druck von oben nichtt aushält.
Jedenfalls drauf stellen sollte ich mich da nicht. :o)

Wird schon gut gehen!

Liebe Grüße
Pedder

Franz Kessler
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Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Ich wage mich aus dem Fenster und sage, das könnte halten, wenn das Holz gut getrocknet eingebaut wurde.
Die zu erwartenten Ausdehnungen oder Schrumpfungen sollten doch an beiden Leimflächen gleich sein, es stoßen zwar nicht die gleichen Bretter aneinander, aber die Bedingungen sind doch gleich, das gleiche Holz, die gleiche Trocknung. der gleiche Winkel, gut gestürzt sollten die Bretter sein, kann man auf den Bildern nicht erkennen.
Dann könnte noch wichtig sein, Stirnholz-Verleimungen sind meiner Ansicht stabiler wie Längsfaser-Verleimungen, der Leim dringt in die Kapillaren und verbindet so wesentlich intensiver, hatte ja mal ein Erlebnis dieser Art, wo ich mich über die Festigkeit wunderte.
Würde mich auch interessiren, wie du gespannt hast, natürlich, gut gespannt wär auch wichtig,
Wie reagiert der Tisch, wenn oben eine Querkraft wirkt, steht er stabil, es ist, wenn ich es richtig sehe die Dicke des Tisches, die der Kraft entgegen wirkt, durch das Brett am Boden verdoppelt sich der Halt.

Gruß Franz

Martin Graf
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Registriert: Mo 15. Feb 2021, 20:33

Re: Schreibtisch fertig

Beitrag von Martin Graf »

[In Antwort auf #153955]
Hallo Markus,

ein schöner Tisch mit klaren Formen und kleinen Details, die sich nicht aufdrängen - mir gefällt er sehr gut! Und mir gefällt Buche auch gut bzw. passt die Holzart hier auch zum Design. Außerdem halte ich Buche für eine gute Wahl für eine Tischplatte.
Die Platte hat eine ordentliche Materialstärke, Du hast ordentlich gefügt und beim Verleimen genug Druck auf die Fuge bekommen - das hält bestimmt, lass Dich da mal nicht verrückt machen.
Vielleicht hast Du noch ein Foto von den Beinen und kannst zeigen, wie sie befestigt wurden?

Gruß,
Martin

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