3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Carsten Griewatsch
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3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

eventuell gibt es Interesse an diesem Beitrag zum Thema 3-Klinker-Methode.

Aus reinem Interesse habe ich jetzt endlich mal meine drei Klinker, die ich bereits vor Jahren hergestellt habe, mit einer Messuhr vermessen, im Prinzip so, wie die Metaller ihre Proben auf einem Granittisch vermessen.
Dabei ist ein für mich unerwartetes Ergebnis rausgekommen. Die Klinker sind nicht plan, sondern besitzen eine deutlich ausgeprägte Sattelfläche. Jeweils zwei gegenüberliegende Flächen sind paarweise höher bzw. tiefer als die Mitte der Steine. Die Höhendifferenz beträgt von Ecke zu Ecke so ca. 0.1-0.2mm. Bei allen drei Steinen ist die Ecke hinten links tief. Da ich pro Klinker 22 Messpunkte verwendet habe, kann die Sattelfläche sehr genau visualisiert werden. Falls jemand sich dafür interessiert, kann ich gerne schreiben wie das im Detail gemacht werden kann.

Genau dieser Effekt ist übrigens hier gut beschrieben und mit einem schönen Modell erklärt. Zum Glück kannte ich das Video von früher und habe mich an die Sattelflächen erinnert.
https://www.youtube.com/watch?v=Va4TGDnQqDs (siehe bei ca. 3:45)
Das Problem kann man wohl nur dadurch beheben, daß beim Schleifen der Klinker eine Rotation mit ins Spiel gebracht wird. Da war ich wohl offenbar zu nachlässig, um wirklich plane Steine hinbekommen zu können.
Diese Rotation ist auch der Grund, warum man normalerweise für diese Methode immer runde Platten verwendet. Denn nur so kann die 3-Platten-Methoden wirklich einwandfrei funktionieren.

Ich werde mich nun nochmal mit meinen Klinkern beschäftigen und versuchen, diese Sattelflächen planer zu schleifen.

Ich habe mir meine Klinker übrigens nur deswegen so genau angeschaut und vermessen, weil es mich einfach interessiert, und nicht weil ich der Meinung bin, daß man das unbedingt machen muss, um mit den Klinkern arbeiten zu können.
Ich vermute mal, daß bei sehr vielen die Klinker ebenfalls solche Sattelflächen besitzen, dies in der Praxis aber einfach nicht auffällt. Aber das ist schon OK so.

Gruß

Carsten


Friedrich Kollenrott
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Carsten,

das wundert mich gar nicht. Zum händischen Planläppen in der Optik verwendet man als Rohlinge runde Scheiben, und sie werden beim Läppen nicht nur übereinander geschoben sondern auch gegeneinander verdreht. Da diese zusätzliche Bewegung beim Läüppen der Klinker (so wie ich es mache) weggelassen ist und wegen der Form der Klinker auch nur schwierig realisierbar wäre, ist es nicht überraschend dass die Flächen nicht wirklich perfekt plan werden. Ich habe mich damit begnügt, festzustellen, dass die verbleibende Abweichung in der Praxis nicht mehr störend ist.

Trotzdem wäre eine Verbesserung des Läppprozesses., die bei gleichem Aufwand bessere Ergebnisse bringt auf jeden Fall interessant. Ein kontinuierliches Drehen der Klinker (wie bei optischen Planscheiben) wird wohl wegen ihrer rechteckigen Form nicht helfen. Vielleicht aber ein mehrmaliges Drehen um 180° ?
Wenn Du etwas herausfindest, das würde mich interessieren.

Grüße, Friedrich


Carsten Griewatsch
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

eine 180°-Drehung wird natürlich keinerlei Verbesserung bringen, denn die Oberfläche ist zweifelsfrei rotationssysmmetrisch. Quadratische Platten kann man übrigens neben runden ebenfalls problemlos verwenden, um wirklich plane Oberflächen zu bekommen. Siehe auch "Foundations of Mechanical Accuracy", Moore 1970 20ff. In Längs- und Querrichtung bekommt man trotz "Twist" immer eine perfekte Messung mit einem Haarlineal, wenn die drei Steine erstmal passend geschliffen worden sind. Man muss also lediglich die Messungen der Diagonalen miteinander vergleichen (konvex versus konkav), um die problematische Abweichung von der Planarität bestimmen zu können.

Ich werde mal einiges ausprobieren und dabei kontrollieren, ob sich dadurch die Planarität ohne größeren Aufwand gezielt verbessern lässt. Wenn man quer schleift, hängt halt ein Teil der Steine über. Das müsste man danach wieder korrigieren. Einfacher wäre es wohl, gleich quadratische Klinker zu nehmen;-) Gibt es sowas?

Gruß

Carsten

Carsten Griewatsch
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin Friedrich,

ich habe gestern mal mehrere Zyklen durchgespielt. Ich habe mich dabei auf einfache Bewegungen beschränkt und bin sehr systematisch vorgegangen. Also längsrichtung, querrichtung, sowie beide Diagonalen, dabei keine Rotationen. Immer 50 Züge, und wie üblich durchrotiert.
Zunächst etwas gröber, dann mit feinem SiC, schön gleichmässig auf die Oberfläche verteilt.
Das ganze hat eine nur sehr geringe Verbesserung gebracht. Wenn man etwas mehr darüber nachdenkt, ist das auch logisch, weil bei diesen vier Bewegungsrichtungen die Steine in der Lage sind, den Sattelflächen in etwa zu folgen, zumindest wenn man die Züge nicht zu lang macht.
Man muss also andere Bewegungen finden, die das nicht tun, und da kommen wohl nur Rotationen in Frage. Wobei mir erstmal nur zwei Möglichkeiten eingefallen sind, wenn man die Steine nicht zu weit überstehen lassen möchte. Und zwar sind das Rotationen, bei denen die Diagonale des oberen Steins mit der Gegendiagonale des unteren Steins in Deckung gebracht wird. (bei einem Format 100x200 sind das ca. 53.3 Grad, 62.5% der Steinflächen liegen dabei übereinander). Bei mir ist die hintere linke Ecke tief, d.h. wenn ich den oberen Stein 53.3 Grad nach links drehe, dann liegen die tiefen Ecken übereinander und die Steine liegen erstaunlich satt auf. In dieser Stellung dürfte beim Schleifen kein großer Fortschritt zu erzielen sein, zumindest wenn es darum geht, die Sattelfläche einzuebnen.
Dreht man jedoch in die andere Richtung, bei mir nach rechts, dann liegen die hohen Ecken übereinander. Die Steine sind besonders kippelig und beim Schleifen in dieser Stellung müsste man die hohen Ecken sehr effektiv abarbeiten können. Das werde ich also als nächstes ausprobieren.
Insbesondere stellt sich die Frage, was passiert, wenn man nur die hohen Ecken abgeschliffen hat. Die tiefen Ecken und der Rest der Sattelfläche ist ja erstmal noch vorhanden. Wie gesagt, das kommt dann die nächsten Tage.

Als Zwischenfazit kann ich schon mal feststellen, daß es hiermit eine sehr einfache Methode gibt, zu kontrollieren, ob die Steine eine signifikante Sattelfläche ausgebildet haben oder eben nicht bzw. noch oder nicht mehr, und zwar ganz ohne Haarlineal oder Messuhr.
Man legt einfach die Steine trocken (und natürlich gesäubert) aufeinander und dreht dann einmal den oberen Stein zunächst nach links und dann nach rechts, bis jeweils erneut Ecken übereinander liegen.
In beiden Stellungen kontrolliert man das Kippelvermögen der Steine und das vorhandene Spaltmass in der Endstellung des Kippelns und vergleicht es miteinander.
Sind die Steine plan, wird man keinen Unterschied zwischen linker und rechter Stellung feststellen können.
Ist jedoch eine messbare Sattelfläche vorhanden, so ist der Unterschied eklatant. In der einen Stellung wird die Höhe des Spaltes letzlich verdoppelt, da nun eine hohe Ecke auf einer hohen Ecke liegt. In dieser Stellung ist damit ein deutliches Kippeln über die Diagonale die Folge.

Es wäre schon mal interessant zu wissen, wie das Ergebnis bei anderen Klinkerinhabern wäre. Habe ich z.B. beim Schleifen irgendeinen Fehler gemacht, der zu der Sattelfläche geführt hat? Ohne spezielle Rotationsbewegungen zu machen, kann ich jedoch nicht von dieser Form wegkommen, daher würde ich eigentlich schon vermuten, daß das kein Einzelfall sein kann.

Vielleicht genügt es ja schon, das Schleifmittel zu ungleichmässig zu verteilen, um so eine Sattelfläche zu "provozieren". Oder die Steine hatten zufällig von vornherein eine ähnliche Form.

Gruß

Carsten

Georg Pfab
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo,
könnte man die Klinker nicht auch selbst als runde Scheiben in einem Töpferofen selbst herstellen?
Gruß
Georg Pfab

Carsten Griewatsch
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

Klinker benötigen wohl relativ hohe Temperaturen, sie sollen ja möglichst hart werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Klinker
Ich habe mal etwas recherchiert. Es gibt wohl durchaus quadratische Klinker auf dem Markt, aber leider wohl nicht bei jedem Baustoffhändler auf Lager. Und gleich eine ganze Palette abnehmen, wäre dann wohl auch etwas übertrieben.

Gruß

Carsten


Georg Pfab
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo Carsten,
jetzt mal angenommen, man hätte runde oder quadratische Klinkerstenine, wie würde man diese von Hand planen? Gegeneinander verschieben und dabei gleichzeitig drehen oder nur gegeneinger verdrehen oder oszillieren kreisen und drehen?
VG
Georg Pfab

Carsten Griewatsch
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Registriert: So 8. Mär 2015, 21:00

Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

je nachdem wieviel Aufwand man treiben will;-) Aber um lediglich einen messbaren Sattel zu vermeiden, sollte es natürlich bei quadratischen Steinen völlig genügen, wenn man zu Friedrichs üblicher Anleitung 90°-Drehungen hinzufügt. Also in dem Sinne, daß man ab und zu die Steine gegeneinander verdreht, um dann mit den üblichen Bewegungen fortzufahren. Damit wird natürlich jede Ausbildung von hohen und tiefen Ecken unterbunden und das Verfahren führt zwangsläufig zu planen Steinen.

Man kann sich das, wenn man will, auch mathematisch vorstellen. Das Reiben der drei Steine ist eine Differentialgleichung und die hat zwei Lösungen: a) plane Steine, b) sattelförmige Steine (f(x,y)=a*x*y), wobei a) eigentlich auch nur ein Grenzfall von b) mit unendlicher Krümmung darstellt. Wenn man nun zusätzlich die Randbedingung von 90°-Verdrehungen einführt, fällt die zweite Lösung weg und es bleibt a) übrig.

Wenn man ein perfektes Ergebnis haben will, dann spielt die exakte Art der Bewegungen sicherlich eine Rolle, denn es kommt dann darauf an, zu welchem Zeitpunkt wieviel Überstand in welcher Richtung vorhanden ist. Bei runden Steinen und einer reinen Rotationsbewegung gibt es z.B. überhaupt keinen Überstand und ein starkes Reiben im äusseren Bereich und minimaler Abtrag im Zentrum. Bei linearen Bewegungen hingegen, wird der Rand immer mal überstehen. Das spielt dann eine Rolle, wenn man z.B. optisch perfekt plane Flächen produzieren will (und das ist mit dieser Methode durchaus machbar). Von diesem Anspruch sind wir bei der Verwendung als reine Abrichtsteine aber weit weit entfernt. Ein messbare Sattel dürfte aber in meinen Augen schon relevant und hoffentlich auch vermeidbar sein. Heute komme ich endlich wieder in die Werkstatt und werde gleich mal die bereits erwähnte Diagonalrotation bei rechteckigen Steinen ausprobieren, um zu versuchen, ob man die hohen Ecken so abtragen kann.

Gruß

Carsten

Carsten Griewatsch
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

Vorsicht Grundlagenforschung und etwas Mathematik!

Ich habe zwei komplette Zyklen durchgespielt. Steine dabei nach rechts gedreht, so daß erneut Diagonalen übereinander liegen (maximale Kippelstellung).
feines SiC, nur in den hohen Ecken aufgestreut, kreisende Bewegung um diese Ausgangsstellung herum, ohne die Orientierung des oberen Steines zu verändern, jeweils 40 Züge, dann neues SiC und Steinwechsel
Beim zweiten Zyklus etwas größere Bewegungen

Das Ergebnis sieht vielversprechend aus:
In diesen beiden Zyklen sind die beiden niedrigen Ecken an jedem Stein übrigens permanent im Überstand gewesen, dort kann somit kein Material abgetragen worden sein.
Das ist auch nicht weiter tragisch, weil diese Stellen ja eh am niedrigsten sind und der Rest vom Stein gerne gleichmässig abgetragen werden darf, um sich dabei dem Niveau der niedrigen Ecken zu nähern.
Die grundsätzliche Form, die durch die Messpunkte gebildet wird, bleibt f(x,y)=a*x*y.
Die Krümmung des Sattels (Variable a in f(x,y)) war vorher -0.000026(1), nach den zwei Zyklen -0.000016(1), also deutlich signifikant weniger.
In Klammern am Ende der Fehler in der letzten signifikanten Stelle, wie es vom Programm gnuplot mit der Fit-Funktion berechnet wird.
Bezogen auf diese "gefittete" Sattelfunktionen bekommt man dann eine Restabweichung der Punktwolke der 22 Messpunkten von vorher +-0.025mm, und nachher +-0.02mm.
Mit anderen Worten, die Sattelfunktion beschreibt die Lage aller 22 Messpunkte im Raum mit einer maximalen Abweichung von 0.02mm, die Funktion ist also ein mehr als ausreichend gutes Model der Oberfläche der Steine.
Die verbleibende Sattelfläche hat übrigens ganz aussen in den Ecken eine maximale Abweichung von ca. 0.08mm bezogen auf eine ideale plane Fläche (vorher war es etwa 0.13mm).
Weiter innen ist die Abweichung entsprechend geringer. D.h. richtet man damit Schleifsteine ab, so kann man gut abschätzen, wie plan die Schleifsteine werden können. Das hängt halt davon ab, wie groß der abzurichtende Stein ist und wieviel Fläche vom Abrichtklinker man dabei verwendet.

Und was sagt uns das jetzt, also rein praktisch?

1.) Wenn man den Kippeltest gemacht hat und ein signifikantes Kippeln feststellen muss, dann hilft es, die Steine wie oben beschrieben einfach in der Kippelstellung mit kreisenden Bewegungen gegeneinander zu schleifen (natürlich unter Berücksichtigung der 3-Steine Methode).
Wie gesagt, bei mir haben zwei Zyklen genügt, um die deutliche Verbesserung hinzubekommen. Der Arbeitsaufwand für eine deutliche Verbesserung ist also wirklich gering.
2.) Wenn die (sauberen!) Steine nach dem Schleifen mir der 3-Steine-Methode in beiden Diagonalstellungen nicht signifikant kippeln sollten, dann müsste es gut genug sein. Plan sind die Steine sicherlich in aller Regel noch lange nicht, macht aber nichts.

Ich werde das ganze nun noch einmal wiederholen und dabei die kreisenden Bewegunden noch weiter vergrössern, um den effektiven Überstand zu den niedrigen Ecken weiter zu verringern, sprich um nun mehr Fläche zu bearbeiten. Mal sehen, was dann dabei herauskommt.

Gruß

Carsten

Carsten Griewatsch
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Re: 3-Klinker-Methode - experimentelle Analyse

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

zwei weitere Zyklen, diagonale Kippelstellung, feines SiC auf der Fläche verteilt, nur die tiefen Ecken dabei ausgespart, jeweils 30 kreisende recht grosse Bewegungen, nur die äussersten tiefen Ecken bleiben unberührt, ach ja, natürlich kein zusätzlicher Druck durch Hände:

a=0.000011(1)

Die maximale Abweichung von der idealen planen Fläche beträgt nun 0.05mm in den hohen Ecken.

Es lässt sich also durchaus noch immer signifikant eine Sattelfläche messen, auch wenn die Steine nun in beiden Diagonalstellungen nicht mehr kippeln.

Gruß

Carsten

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