Schale und Beitel dafür *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Schale und Beitel dafür *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Ihr Lieben,

da man bei der aktuellen Hitze im Garten gar nichts machen kann (nur Wasser schleppen) habe ich mich in der Werkstatt betätigt. Und zwar habe ich etwas gemacht, was ich zuletzt vor wohl bald 60 Jahren gemacht habe: eine Schale geschnitzt. Ich wollte mal ausprobieren, ob ich das heute besser kann (Antwort: ja. Vor allem sind meine Werkzeuge viel besser und schärfer).
Material: Ein Stück Erlenbohle, plan gehobelt, 48mm dick. Elliptische Form von Innen- und Außenkontur aufgezeichnet mit der "Gärtnerkonstruktion" (Schnurschlaufe um die beiden Brennpunkte der Ellipsen)

Zum groben Aushöhlen habe ich ein 30er Hohleisen und und den Klüpfel genommen.

Interessant wird es, wenn dann die Höhlung in die endgültige Form gebracht und (soweit mit einem Beitel möglich) geglättet wird. Da ist ja noch relativ viel Kraft aufzuwenden. Ein gebogenes Hohleisen ist gar nicht besonders gut geeignet weil man nicht genug Kraft auf die Schneide bekommt, außerdem ist sein Schärfen fummelig, man sollte es nur anwenden wenn es gar nicht mehr anders geht. Viel besser ist ein gerades Hohleisen. Ich habe ein wunderbares, 20mm breit, Stich 5 (Dastra). Es ist angeschliffen mit einer 25°- Fase und 30°- Mikrofase, muss also relativ flach geführt werden. Für Kochlöffel und Ähnliches ist es ideal. Hier ist die Höhlung deutlich tiefer und das Eisen mit seinem 30°- Anschliff stößt mit dem Fortgang der Arbeit immer häufiger am Rand der Höhlung an.

Zum Löffelschnitzen hatte ich mir ein kleines Eisen zurechtgemacht, aus einem alten englischen Stecheisen. Gerade, mit flacher Spiegelseite und bogenförmiger Fase. Fasenwinkel 35° (geschliffen) und 40° (Mikrofase). Auf dem Bild liegt es hinten links. Das habe ich hiermal ausprobiert. Und da es gut funktionerte, mir ein gleichartiges aber größeres gemacht. Wieder aus einem alten englischen Stecheisen, diesmal 1 inch breit. Spiegelseite freigestellt (wie in meiner Schärfanleitung beschrieben). Fase 35°, gebogen. Mikrofase 40°. Fase / Mikrofase rechts-links geschliffen bzw. abgezogen, damit voll rasierfähig. Das zweite und das dritte angehängte Bild zeigen den Beitel genauer.





Mit diesem Beitel lässt sich die Höhlung der Schale wunderbar ausarbeiten. Er schneidet auch schräg und quer zur Faser gut, dabei hilft es oft, ihn schräg (skew) zu führen. Und er ist deutlich einfacher (in hoher Qualität!) zu schärfen als ein Hohleisen wegen der flachen (und freigestellten) Spiegelseite.

Grüße, Friedrich



Torger Fink aka ToFi
Beiträge: 89
Registriert: Mi 29. Mai 2019, 20:08

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Torger Fink aka ToFi »


Coole Idee, einen flachen Meissel für Rundungen zu nehmen. Erinnert mich ein bisschen an den "Spindle-Master", ein Drechseleisen für Konturen in Langholz, aber halt auch ohne Röhrenform, sondern flach.
Könnte ein ähnliches Prinzip dahinter stehen. Man könnte damit ja auch vielleicht hohle Konturen an den Seitenwangen von Handhobeln herstellen; fräsen hat den Nachteil, das es entweder brennt oder an der austrittsseite kräftig ausreißt. Muß ich mir merken und demnächst testen.
... und immer schön was kühles trinken...
ToFi

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo,...
dieser flache Meisel (Beitel) ist schwer zu führen mit der freien Hand, und deshalb in meinen Augen ungeeignet zum Schnitzen. daher
eher verletzungsgefährlich. Hohleisen-bzw. -Beitel haben nicht umsonst die gekrümmte Schneidenform.
Um Hohlkehlen herzustellen muß er in einem Hobelkasten (Hohlkehlhobeleisen) gehalten werden und wird über die Sohlenform des Hobels geführt.
Für Hohlbeitel gibt es bekannterweise konische Schleifsteine und Techniken, die das Schärfen erleichtern (Schleifvorrichtungen), wie wir alle wissen...
Jedes Werkzeug läßt Variationen zu in der Handhabung, sein eigentlicher Zweck ist jedoch vorbestimmt. Fazit: Vorsicht bei solchen Tipps,
die Ungeübte in missliche (Verletzungs-) situationen bringen könnten,...
Gruß Andreas
PS: mit kleinerem Schneidwinkel ist der Kraftaufwand auch kleiner...oder nicht?



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Andreas,

Dazu muss ich was sagen.

Ich kann Hohleisen schärfen. Es ist aber schon etwas schwieriger, zumal von Hand (ich kauf mir doch keine Tormek nur dafür!). Und die konischen Steine... Was macht man, wenn die (wie irgendwann jeder Stein) abgenutzt sind? Also, ein Werkzeug mit flacher Spiegelseite ist schon erheblich einfacher zu schärfen.

Selbstverständlich kann ein Beitel mit flacher Spiegelseite nur anstelle von "richtigen" Hohleisen mit sehr flacher Krümmung eingesetzt werden, also etwa Stich 5 und darunter. Bei stärker gekrümmter Fase wird die Schneidengeometrie außerhalb der Mitte problematisch (sehr großer Keilwinkel).

Es ist schön, dass Du zur Vorsicht rätst. Schnitzen ist (zumal bei Ungeübten) immer mit der Gefahr kleiner Verletzungen verbunden. Aber ich kann Dir versichern: Ein solcher Beitel ist problemlos zu führen, eine besondere Verletzungsgefahr habe ich nicht festgestellt.

Selbstverständlich ist bei kleinerem Keilwinkel an der Schneide der Kraftaufwand geringer. Aber nur der Kraftaufwand an der Schneide selbst. Die Form eines gebogenen Eisens macht es leider sehr schwierig, die Kraft an die Schneide zu bringen. Wenn man etwas schaffen will, ist darum ein gerades 40°- Eisen erheblich leistungsfähiger als ein gebogenes mit 30° (egal ob es sich um ein Hohleisen oder ein gerades Stecheisen handelt). Zur Beseitigung der allerletzten Unebenheiten nehme ich dann gern ein gebogenes Eisen (obwohl das gar nicht sein müsste). Es ist immer angenehm, auch mal das Werkzeug zu wechseln.

Mein Fazit: Wer eine flache Hohlform (Löffel, Schale oder ähnliches) mit einem Beitel sauber ausarbeiten will, aber Probleme hat, Hohleisen in der dafür erforderlichen Qualität zu schärfen, sollte es mal mit einem Beitel wie von mir beschrieben versuchen.

Güße, Friedrich



Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Friedrich,
so wie ich das erfaßt hab ist dein Eisen ein Hohlkehlstahl, wie man es beim Drechseln benutzt. Als Werkzeug zur Endbearbeitung
kann ich mir das gut vorstellen, weil ich annnehme, dass es im Gegensatz zu einem Hohlbeitel/-eisen nicht zu tief schneidet, sondern
moderat sprich "schabend" arbeitet. Entsprechende Scorpeisen beim Schnitzen bergen die Gefahr des Ausreißens, wenn man mal
gegen die Faser schneidet, was ich beim Löffelschnitzen schmerzlich erfahren durfte. Reine Theorie, die Schneidwirkung müßte ich
mal selbst ausprobieren,..
A guts Nächtla,... ;-)

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Bernd Grunwald »

[In Antwort auf #151721]
Hallo Friedrich,

die Vertiefung hast du schön gleichmäßig ausgearbeitet. Vorbildlich ist auch deine Werkzeugablage. So eine ähnliche Ablage benutze ich auch beim Schnitzen. Da stoßen keine Schneiden aneinander und alles liegt griffbereit an seinem Platz. Sehr gut.

Deine Idee, die Schneide eines Balleisens zu krümmen und damit eine konkave Fläche zu bearbeiten, halte ich allerdings für weniger gut. Balleisen haben stets eine gerade Schneide. Es gibt auch Balleisen mit schrägem Anschliff, aber auch deren Schneide verläuft stets gerade, niemals gekrümmt. Es gibt für Schnitz- und Bildhauereisen mehr als 1.000 verschiedene Schneidenformen, aber ein Balleisen mit gekrümmter Schneide wird man in den Katalogen der namhaften Hersteller wohl kaum (bzw. nur als Meissel, Schaber oder Schrotstahl unter der Rubrik "Drechseleisen") finden. Als Bildhauereisen habe ich so etwas jedenfalls noch nie gesehen. Balleisen kommen immer dann zum Einsatz, wenn konvexe Oberflächen zu beschnitzen sind. Konkave Flächen lassen sich damit nicht bearbeiten, weil ein Balleisen hier immer die Holzfasern aufreißen würde. Beim Schnitzen ist aber die oberste Regel: der Span muss fallen, d.h. er muss immer abgeschnitten werden und darf nicht abgerissen werden.

Für konkave Oberflächen nimmt man deshalb Hohleisen oder (bei stärkerer Krümmung) Bohrer. Das Schärfen dieser Eisen ist normalerweise auch kein Problem. Wenn die Schneidenform nicht neu aufgebaut werden muss, weil sie - was eigentlich nur selten vorkommt - zerstört wurde, ist das Schärfen und gleichzeitige Abziehen auf einer rotierenden Filzscheibe mit ein wenig Schärfpaste (z.B. System Koch) ratz fatz erledigt.

Für die Endbearbeitung der Innenseite der Schale schlage ich vor, sie mit einem gekröpften Flacheisen (z.B. Stich 3) zu glätten.

Gruß
Bernd

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Bernd,

danke für Deine freundlichen Kommentare zu meinem "Werk" (ich hab es danach schon noch etwas feiner bearbeitet bevor ich zur Ziehklinge übergegangen bin)

Ich bin ja kein richtiger "Schnitzer". Figürliches gibt es bei mir nicht, sondern nur Sachen wie Löffel und Ähnliches. Ich arbeite die Flächen auch mit Ziehklinge und Schleifpapier nach, Schnitzer tun das normalerweise nicht, glaube ich. Ich habe auch nicht viele verschiedene Messer und Beitel dafür.

Meine Hohleisen schärfe ich (wie in meiner Schärfanleitung beschrieben) im Wesentlichen mit den flachen Steinen, die ich für meine Tischlerwerkzeuge benutze.
Da kommen ja auch gekrümmte Schneiden vor, z.B. beim Schrupphobel. Und ich habe meinen Post eingestellt, weil ich es bemerkenswert finde, dass man mit dieser einfachen Schärftechnik auch Werkzeuge schärfen kann, die für die saubere Bearbeitung einer konkaven Fläche geeignet sind. Denn es funktioniert wirklich gut, der Span "fällt" und es werden keineswegs die Fasern zerrissen. Man kann mit diesem Eisen auch sehr schön einen ziehenden Schnitt praktizieren.

Ich weiss, welche Vielfalt an Schnitzbeiteln es gibt. Ich sehe es auch so, dass ein passendes Hohleisen die bessere Lösung ist. Leider aber auch eine teure, denn man kommt ja nicht mit einem einzigen aus . Und Hohleisen, besonders gebogene oder gekröpfte, sind schon etwas anspruchsvoller beim Schärfen. Bis es "ratzfatz" geht, muss man sicher schon etwas üben (und in Hilfsmittel investieren; ich weiss nicht was das System Koch ist). Und das neu Aufbauen einer Schneide sollte man auch hinbekommen. Ich habe neulich eine Fertigung von Schnitzeisen gesehen - die Schweizer Eisen die da gemacht wurden, kann niemand benutzen der sie nicht neu anschleifen kann.

Ich habe es darum als Erfolg empfunden, aus einem ausgemusterten alten Stecheisen ein Werkzeug gemacht zu haben, mit dem ich die Innenseite eine Schale eigentlich ebenso gut bearbeiten kann wie mit einem richtigen Hohleisen, und das sich darüber hinaus eindeutig leichter schärfen lässt weil es eine plane Spiegelseite hat. Ich weiss, es ist ein Behelf, aber schlecht ist er nicht.

Mit so leidenschaftlichem Widerspruch aus der Schnitzerecke habe ich nicht gerechnet ;-) Und nochmal, ja, ich weiss, "richtige" Hohleisen sind noch besser.
Übrigens, wenn es Dich interessiert, schicke ich Dir so ein Eisen vorbei, probier es doch mal aus (bitte PM).

Grüße, Friedrich,


Dirk_Holzarbeiter
Beiträge: 50
Registriert: Mi 17. Nov 2021, 12:19

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Dirk_Holzarbeiter »


Ich würde gerne an dieser Stelle den Spruch "Der Erfolg gibt Recht." bemühen.
Wenn das Werkzeug das tut, was es soll, dann ist es gut.
Danke fürs Teilen.

Benutzeravatar
Volker Hennemann
Beiträge: 780
Registriert: Fr 25. Sep 2015, 23:02
Kontaktdaten:

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Volker Hennemann »

[In Antwort auf #151735]
Hallo Bernd,

was ist den "System Koch" ?
Den Begriff hab Ich noch nicht gehört. Meinst du die Wabbelfilzscheiben die man auch mit Schleifpasste verwenden kann?

Viele Grüße
Volker

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Schale und Beitel dafür

Beitrag von Bernd Grunwald »

[In Antwort auf #151737]
Hallo Friedrich,

als leidenschaftlich würde ich meinen Beitrag nicht bezeichnen, eher als einen sachlichen Hinweis auf ein uraltes Handwerk, in dem sich bislang ein Balleisen mit bogenförmiger Schneide offensichtlich keiner nennenswerten Verwendung erfreuen konnte. Einverstanden, deine Eigenentwicklung ist ein Behelf, mit dem man auch konkave Holzoberflächen bearbeiten kann. Ja, das ist auch ein Weg, aber aus meiner Sicht nicht wirklich zu empfehlen.

Gruß
Bernd

Antworten