Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Dirk_Holzarbeiter
Beiträge: 50
Registriert: Mi 17. Nov 2021, 12:19

Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Beitrag von Dirk_Holzarbeiter »


Hallo zusammen,
aus einem kleinen Stammabschnitt aus Pflaumenholz, habe ich ein Brett mit stehenden Ringen herausgesägt.
Beim bearbeiten dieses Stückes ist es mir dann aufgefallen, in die eine Richtung längs der Fasern war es einfacher zu hobeln, als in die andere.
Leider konnte ich aus dem Holzstück nicht mehr bestimmen, ob es sich von oben nach unten oder von unten nach oben besser bearbeiten ließ.
Ist euch so etwas auch schon aufgefallen?
Viele Grüße und danke für die Antworten.

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Dirk,...

für diejenigen, die nicht mit Handhobeln arbeiten ist das vll überraschend, doch für den Rest ( vorallem die aus dem stillen Forum) ist das
eher Alltag oder Grundwissen. Das steht auch in jedem Schreinerlehrbuch, wird aber leicht überlesen. Ich hab dazu nen kleinen Trick, der eigentlich nur ne Merkhilfe ist:
Ich markiere die Hobelrichtung ( nach nem Hobelversuch oder dem Bild, wie die Fasern ausgerichtet sind) mit einem Pfeil beidseitig, wie ich auch bei fortschreitendem Hobeln
die Rückseite natürlich entgegengesetzt drehe, damit die Hobelrichtung wieder passt.
Für den Fall, dass Du putzt und du ein astiges Holz hast, ist die Hobelrichtung immer zum Ast. Diese "Faustregel" ist sehr stark pauschaliert und für solche Fälle gibt
es Spezialhobel.
Ja,...hm, dann wünsch ich Dir noch gutes Hobeln, den Übung macht Erkenntnisgewinn

Gruß Andreas


Rafael
Beiträge: 839
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung *MIT BILD*

Beitrag von Rafael »


Hallo Dirk

Ich glaube, du gehst davon aus, dass der Unterschied beim Hobeln daran auszumachen ist, wo es mal oben und unten bei dem wachsenden Baum war.
Beim Hobeln des Brettes ist es aber gänzlich egal, wo mal das obere Ende und untere Ende des Stammes war. Wichtig ist, wie das Brett/Bohle aus dem Stamm herausgesägt wurde und wie die Jahresringe nun in der Bohle liegen.
Ich habe versucht eine kleine Zeichnung zu machen, hoffentlich kann man gerade so erkennen, was ich damit gemeint habe.

Das grüne und das blaue Rechteck, sollen sehr übertrieben die Bohle darstellen, die aus dem Stamm gesägt wurden, die Sicht ist hier auf die viel zu dick eingezeichnete Seitenkante der Bohle dargestellt. Die krummen Striche sollen die Jahresringe andeuten.
Die Pfeile stellen die günstige Hobelrichtung dar. Wie du siehst, orientieren sich die Pfeile nur an den Jahresringen, wo es beim Baum oben oder unten ist, ist egal.
Bei einem Brett mit stehenden Jahresringen wird es wohl auch einen Einfluss haben, ob man gegen die kleinen Kapillaren oder mit ihnen hobelt. Und auch hier hängt es davon ab, wie das Brett aus dem Stamm rausgesägt wurde und wie die Kapillaren in dem Brett liegen.

Gruß,
Rafael

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151033]
Hallo Dirk,

ich meine auch: Mit "Wuchsrichtung" im Sinne von "von der Wurzel zur Krone" hat das nichts zu tun. Es geht um den Faserverlauf. Wenn man "gegen die Faser" hobelt, also die Fasern in Hobelrichtung in die Tiefe verlaufen, dann neigt der Span dazu, in die Tiefe zu spalten und es kann Einrisse geben. "Mit der Faser" treten die Fasern in Hobelrichtung aus der Fläche heraus ( bei Rafael mit grünen Pfeilen bezeichnet) und es gibt keine Probleme mit Einrissen. Faserparallel gibt es natürlich auch, bei manchen Hölzern wie Birke kann das auch Probleme machen weil der Faserverlauf zentimeterweise doch wechselt.

Eine "Wuchsrichtung" hat mich beim Hobeln von Bauteilen nie interessiert. Hm. Hab ich was verpasst?

Grüße, Friedrich

Rafael
Beiträge: 839
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Beitrag von Rafael »


Hallo Friedrich

Diese Annahme scheint durchaus bei den Hobelanfängern vertreten zu sein. Ich habe selber mal jemanden kennengelernt (ein sehr netter Kontakt), der davon ausgegangen ist, es sei von Bedeutung wie der Baum mal gewachsen ist.

Rafael

Dirk_Holzarbeiter
Beiträge: 50
Registriert: Mi 17. Nov 2021, 12:19

Re: Hobeln mit oder gegen die Wuchsrichtung

Beitrag von Dirk_Holzarbeiter »

[In Antwort auf #151033]
Danke allen, die mir hier so ausführlich geantwortet haben.
Danke auch für die Geduld bei solch einer Frage.
Ich habe halt noch sehr viel über das Material Holz zu lernen.
Und das macht viel Spaß.

Liebe Grüße

Tom B.
Beiträge: 413
Registriert: Mi 20. Mär 2019, 14:18

Hobeln - Umgang mit schwierigem Faserverlauf

Beitrag von Tom B. »

[In Antwort auf #151033]
Hallo Dirk,

nach meiner beschränkten Erfahrung ist das - Standard.

Was aber hilft ist
- ein sehr scharfes Eisen (d. h. mindestens Haare rasieren können)
- sauber eingestellter Hobel (z. B. enges Hobelmaul, weit nach vorne geschobener Spanbrecher)
- plane Hobelsohle
- Schnittwinkel: je schlimmer die Ausrisse werden, desto steiler. Standard = 45 Grad, geht dann rauf bis auf 55 Grad; wenn's ganz schlimm wird Schabhobel oder gar Ziehklinge

Bildlich stelle ich mir eine Handvoll Spagetti vor.
- wenn die Fasern oben (= Köpfe der Spagetti) gehobelt werden - ist's schwierig; Ausrisse eher üblich (Flachwinkelhobel kann hier hilfreich sein)
- wenn die Fasern längs gehobelt werden - geht's recht gut
- wenn die Fasern in der Fläche mit den Köpfen rausschauen, versuchen, sie "von unten" mit dem Hobel zu erwischen (Hobelrichtung: immer talwärts, wie beim Skifahren)

Viel Erfolg.

Herzliche Grüße

Tom

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Hobeln - Umgang mit schwierigem Faserverlauf

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Ich benutze zwar keine Handhobel (oder ganz selten) aber beim maschinellen Hobeln sind die Probleme die Gleichen, dummerweise sind die Bretter mit den schönsten Faserverläufen die schwierigsten, denn zu jedem Ast hin neigt der Faserverlauf dazu, aus dem Brett heraus zu treten (daher der Rat, gegen den Ast zu hobeln).
Wegen dieser Problematik wechsele ich auch immer öfters die Hobelmesser, ich besitze 3 Messerpaare, zwei gehen dann immer zum Schärfen, steht eine neue Arbeit, richte ich mit den schon etwas abgenutzten Messern die Bretter vor, wechsele dann neu geschärfte Messer auf und hoble damit auf Maß.
Je nach Holzart gibt es bei ungünstigem Faserverlauf und unscharfen Messern immer wieder kleine Abrisse, die nur schwierig wieder zu entfernen sind.
Es ist ja immer wieder ein erhebendes Gefühl, stellt man fest wie allein das Geräusch beim Hobeln unterschiedlich ist und wie ruhig ein selbst schwieriges Brett bei neuen Messern durch die Hobel läuft.
Ich muss aber auch dazu sagen, ich bin zwar nun 18 Jahre in Rente, aber immer noch bekomme ich von alten Kollegen die Messer hervorragend gut geschärft, wie sagte mal einer dieser Kollegen, das wäre mein früherer Arbeitgeber mir schuldig.

Gruß Franz

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