Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Johannes F
Beiträge: 172
Registriert: Di 26. Sep 2017, 22:18

Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen *MIT BILD*

Beitrag von Johannes F »


Liebe Holzwerker,

ich möchte Euch heute ein weiteres Projekt von meinem Balkon vorstellen. Eigentlich richte ich gerade Bohlen für meinen Schrank ab. Aber immer wenn es zum Bestoßen der Hirnseiten kommt, will kein Hobel so richtig gut arbeiten - ja es geht, aber schön ist anders. Also sollte ein Bestoßhobel her. Bei Friedrich hatte ich bereits den Veritas in der Hand - ein schönes Produkt, welches seinem Preis auch gerecht wird. Aber über 300€ für ein Spezialwerkzeug? Und außerdem wollte ich doch mal einen Hobel selbst bauen. Gesagt, getan.

Als grobe Vorlage und Ideenquelle hat mir Klaus Bestoßhobel gedient. Es sollte also ein hölzerner Bestoßhobel werden mit Bleifüllung (hier 1kg), Schrägstellung (20°) und einem Bettungswinkel von 37°. Abweichend von Klaus wollte ich ein gerades Eisen verwenden. Der Hobel entstand in reiner stromloser Handarbeit.

Schon vorab, der Hobel ist an einigen Stellen nicht perfekt geworden, aber ich habe mich entschlossen ihn trotzdem ins Forum einzustellen. Denn aus meinen Fehlern können ja auch vielleicht noch andere lernen.

Zunächst habe ich mich für Hainbuche als ganz klassisches Material entschlossen. Die erforderliche Stärke musste ich mir erst verleimen:


Wo ich gerade dabei war, die Hainbuche zu bearbeiten, habe ich mit der Klobsäge noch ein Stück aufgetrennt und einen Anschlag für meinen Nuthobel, sowie eine Sohle für den Grundhobel gebaut.



Da ich mir ein schräges Bett nicht zutraute, beschloss ich, ein gerades Bett zu bauen und mit Keilen schräg zu stellen. Die Teile wurden hauptsächlich Gestellsäge gefolgt von Stanley #5, Ulmia Rauhbank, Stanley #4 bearbeitet.



Anschließend habe ich mit der Feinsäge das Wangenwiderlager ausgesägt. Bei den Entlastungsschnitten habe ich mich in der Tiefe vertan, diese sind am fertigen Hobel leider sichtbar. Hainbuche ist sehr widerspenstig beim Stemmen. Ich habe zwecks Lärmvermeidung immer wieder zwischen Schweifsäge, Raspel, Simshobel und Stemmeisen hin- und hergewechselt, bis es schließlich fertig war. Einen Hobel aus Hainbuche aus dem Vollen möchte ich nicht unbedingt herstellen müssen ...



Meine Holzhobel haben alle ein Bett, das ca. 0,5mm breiter als das zugehörige Eisen ist. Warum das so sein muss, weiß ich nicht, jedoch wollte ich mich möglichst an "Bekanntem" orientieren. Will man am Wangenwiderlager die Spanbreite berücksichtigen, wird die Wange hinten sehr sehr dünn in der laminierten Bauart. Deshalb habe ich das Holz der Schrägstellungs-Keile in den Schlitz reinragen lassen, wo später das Eisen und Keil reinkommt. So konnte ich mehr Fleisch an den Wangen lassen, der Spalt ist jedoch nur wenig breiter als das Eisen:



Anschließend bekamen die zu verleimenden Teile noch kleine Dübel, dass beim schrägen Spannen auch nichts verrutscht. Die Handbohrmaschine arbeitet wunderbar - fast lautlos.



Danach wurde alles mit Knochenleim verleimt



Grundsätzlich wollte ich den Hobel eigentlich nicht füllen. Weil aber so viele Leute hier und woanders im Internet von der Masse schwärmen, habe ich mich dann doch für eine Bleifüllung entschieden. Beim nächsten mal würde ich Stahl nehmen. Der Dichteunterschied ist für die Anwendung nicht so relevant. Ich wollte unbedingt das Gießen vermeiden und nahm deshalb einfach normales Anglerblei. Das gibts in 50g mit Durchmesser 10mm.



Beim Bohren machte ich einen schwerwiegenden Fehler. Ich bohrte mit 10mm. "das klopfe ich schon rein". Blei ist weich. Hätte man wissen können. Auf dem Bild sieht man wie wunderbar einige von den Bleien gestaucht wurden.



Ich machte mir einen Bolzen zurecht und versenkte mit dessen Hilfe an einer befreundeten Hobelbank mit Hinterzange trotzdem alle bis auf 4 Bleie. Den Rest sägte ich mit einer Japansäge ab, das ging leichter als durch das Internet zu vermuten gewesen wäre. Danach stach ich mit einem alten Hobeleisen die Überstände ab. Insgesamt verlor ich so 50g Blei.



Dann sollte der Hobel noch Sohlen- (oder Seiten-)Teile erhalten.



Als Eisen wollte ich zuerst ein Fritsche Eisen nehmen, doch die auf der Webseite angegebene Lieferzeit schreckte mich ab. Deshalb entschied ich mich für ein Eisen (60mm) von Ron Hock. Das war nicht unbedingt schlau - ein kürzeres Eisen wäre besser gewesen. Denn durch die große Länge und die Schrägstellung muss der Handgriff nach oben wandern. Diesen machte ich aus einem Rest Rotbuche zurecht. Er ist mithilfe Sägen, hobeln, raspeln, feilen, schleifen ergonomisch meiner Hand angepasst und ähnelt vielleicht von der Handhaltung einer vertikalen Maus. Der Hobel wurde danach noch mit rohem Leinöl behandelt. Zusätzlich habe ich Lauffläche und Schnitt(?)-Fläche mit einer Bienen-/Carnaubawachs-Mischung behandelt.









Insgesamt hatte ich sehr viel Spaß und habe auch viel gelernt. Einige Fugen sind leider beim Leimen nicht 100%ig dicht geworden (obwohl bei der Trockenübung noch alles gut aussah). Ein erster Hobeltest war vielversprechend, allerdings muss ich das Fazit eines ausgiebigen Tests in ein paar Wochen noch nachreichen.

Ich hoffe Euch hat das Lesen und Betrachten gefallen. Bis zum nächsten Mal

Gut Holz!

Johannes



Daniel Baum / DaBa
Beiträge: 230
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von Daniel Baum / DaBa »


Hallo Johannes,

toll gemacht, vielen Dank für Deinen Bericht und die Bilder.
Ich bin sehr gespannt auf Deine weiteren Erfahrungen mit diesem schönen Werkzeug.
Ich konnte bereits sowohl den Hobel von Klaus als auch den von Alex testen und beides sind wunderbare Werkzeuge!
Meinen (allerdings aus Metall) habe ich schon lange und nutze ihn sehr intensiv.
Wenn man so ein „Spezialwerkzeug“ erst mal hat, fragt man sich schnell, wie man so lange ohne zurecht gekommen ist.

Viel Spaß an und mit Deinem Hobel
Gruß Daniel

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Johannes,

ein stattliches Teil. Und alles von Hand, toll. Wie schwer ist er denn geworden? Dass bei Holzhobeln das Bett ein bißchen breiter ist als das Eisen, dient sicher der korrekten Einstellbarkeit auch bei nicht ganz exakt rechtwinkligem Eisen, das hast du also richtig gemacht. Auf dem Bericht vom Einsatz des Hobels bin ich gespannt.

Grüße, Friedrich

MarkusB
Beiträge: 1200
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #150009]
Hallo Johannes,

super Bericht, super Hobel.

Was mir aufgefallen ist:
Meinen Bestoßhobel (umgebaut Rauhbank) drücke ich beim Bestoßen seitlich in die Lade.
Bei deinem Griff stelle ich mir das schwierig vor.
Ich habe überhaupt keinen Griff, sondern halte den Hobel am Keil/Eisen.
Auch ist bei deinem Griff die Gefahr groß, dass du mit dem Daumen am Anschlag der Lade hängen bleibst.

Dein Hobel ist höher als breit.
Dadurch ist er kippeliger, also auch empfindlicher gegen seitliches Drücken.
Meiner hat aber auch einen Neigungswinkel von 10°.
20° ist sicherlich besser, erfordert aber auch mehr Höhe.

Schön ist, dass dein Hobel deutlich kürzer ist als meiner.

Bin gespannt, was sich von meinen Vermutungen bewahrheitet.

Aber nochmal: tolles Projekt und Hut ab. Der erste selbstgebaute Hobel und gleich ein Bestoßhobel.
Ich hätte zu großen Respekt, besonders vor der Bettung und dem Wiederlager.

Viele Grüße

Markus

Pedder
Beiträge: 5684
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #150009]
Hallo Johannes,

ich finde die Idee, ein gerades Eisenbett zu erzeugen und es dann zu drehen, sehr pfiffig.
Standarteil, leichter zu schleifen und wegen des Phänomens "ziehender Schnitt" muss kein
flaches Bett gebaut werden, was bei Holzhobeln ja nicht so einfach ist.

Was mir nicht so gefällt, ist die enorme Höhe und vor allem die fehlende Länge im Vergleich zu Klaus' Hobel.
Der lebt nicht nur von seinem Gewicht, sondern vor allem von der Länge vor und hinter dem Maul.

Der Teil vor dem Maul läuft eigentlich die ganz Zeit am hohen Teil des Anschlags lang, was für Stabilität sorgt
und kippeln verhindert. Der lange Teil hinter dem Maul verhindert, dass man über das Bett der Lade hinausfährt und neu einfädeln muss.

Gut, dass Du eine Holzkonstruktion gewähl hast, es sollte ja unschwer zu verlängern sein, falls erforderlich.

Liebe Grüße
Pedder


MarkusB
Beiträge: 1200
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von MarkusB »


Hallo Pedder,

deine Anmerkungen zu der Länge sind absolut stimmig und ich kann sie bestätigen.
Habe ich so nur noch nicht betrachtet.
Man benötigt aber dadurch auch eine entsprechend lange Stoßlade.
Habe ich zum Glück.
Insgesamt funktioniert mein System hervorragend, ist nur alles sehr groß und benötigt entsprechend Platz.

Viele Grüße

Markus

Michael Formanek
Beiträge: 341
Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
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offene Fugen

Beitrag von Michael Formanek »

[In Antwort auf #150009]
Hallo Johannes,
ein sehr schönes Projekt. Steht bei mir auch schon lange auf der Wunschliste. Das Blei hab ich schon mal besorgt und lass es zur besseren Verarbeitbarkeit seit ein paar Jahren gut abliegen und Lufttrocknen ;-) Mal schaun ob doch noch mal eine Hobelfüllung draus wird, aber gut Ding braucht Weile.

Nun aber zu den Fugen bei deinem Hobel. Da du schreibst, dass die Passung beim "Trockenleimen" gut war, tippe ich auf den Knochenleim als Verursacher der Fugen. Du hast bei deinem Hobel doch einige Flächen auf einmal verleimt und da wird es schwierig Knochenleim schnell genug zu verarbeiten. Der Leim geliert dann bevor du Pressdruck aufbauen kannst und es wird sehr schwer die Fugen dicht zu bekommen. Es gibt dazu einige Lösungsvorschläge fürs nächste Projekt die berücksichtigen, dass du vermutlich absichtlich Knochenleim und keine modernen Leime verwendest:

- Alle zu verleimenden Holzteile vorwärmen - geht bei den wenigsten Leuten gut, weil kaum jemand einen Holzofen (schon garnicht im Sommer) oder eine so große Wärmeplatte in der Werkstatt hat, geht aber manchmal mit einem Heißluftfön bei kleineren Sachen
- nachdem auf allen Flächen Leim ist, nochmal schnell mit einem Pinsel und heißem Wasser über die Leimflächen streichen
- den Knochenleim 1:1 mit Hautleim zu mischen - der Hautleim geliert nicht so schnell und die Mischung hat sich bewährt und sollte auch die Haltbarkeit nicht mindern
- Fischleim verwenden - bei komplizierten Verleimungen eine große Hilfe, der hat eine lange offene Zeit und ist trotzdem gut reversibel (vor allem wenn die Verleimungen noch jung sind)

Auf jeden Fall ein schöner weitere Hobel den ich mir zum Vorbild nehmen kann. Danke fürs zeigen.

Schöne Grüße, Michael



Georg Pfab
Beiträge: 235
Registriert: Mi 6. Nov 2019, 19:01

Re: offene Fugen *MIT BILD*

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo,
ich finde deinen Hobel sehr interessant.
Ich habe mal einen ähnlichen Hobel gebaut, mit der Zielsetzung einen möglichst flachen Schnittwinkel zu erzielen um dann damit Balsaholz zu hobel.
Ich habe allerdings den Hobelkörper nicht aus Einzelteilen zusammengesetzt, sondern die Messeraufnahme aus dem Vollen gefräst.

Grüsse Georg Pfab


Dirk_Holzarbeiter
Beiträge: 50
Registriert: Mi 17. Nov 2021, 12:19

Re: offene Fugen

Beitrag von Dirk_Holzarbeiter »


Dieses Werkzeug sagt mir von der Ästhetik her sehr zu.
Form und Maserung sind sehr schön.

Johannes F
Beiträge: 172
Registriert: Di 26. Sep 2017, 22:18

Re: Ein Bestoßhobel mit kleinen Schwächen

Beitrag von Johannes F »

[In Antwort auf #150009]
Liebe Holzwerker,

vielen Dank für Euer Lob und Eure Kritik.

@Friedrich: Der Hobel wiegt 2,2kg. Wahrscheinlich hätte ihm mehr Gewicht nicht geschadet aber das fühlt sich trotzdem ganz gut an.

@Markus: Seitlich Druck aufzubauen ist bei dem Hobel nicht schwierig es liegen ja 4 Finger vollflächig auf (letztes Bild, 2 auf dem Hobelkasten 2 auf dem Griff). Natürlich muss man aufpassen, dass er nicht kippt - ein Nachteil des hohen Hobels hervorgerufen durch das zu lange Eisen. Vorteilhaft ist jedoch, dass das Blei nur in der unteren Hälfte steckt, somit ist der Schwerpunkt niedriger als vielleicht angenommen. Ich bin mir indes gar nicht sicher, ob ein starker seitlicher Druck überhaupt notwendig ist. Paul Sellers sagt immer "Let the plane pull itself to task" oder so ähnlich - er meint das eine scharfe Schneide keine hohe Anpresskraft benötigt und beweist es auch in einem Video, bei dem er den Hobel mit einer Schnur am vorderen Griff zieht - es handelt sich zwar um einen #4 und Längsholz aber ich denke, dass man das auch - qualitativ - auf den Bestoßhobel übertragen kann.
Ich habe keine große Stoßlade sondern nur ein Provisorium, dass keinen so hohen Anschlag hat. Ich wüsste auch nicht, warum der Anschlag höher als die Schneide sein soll. Deshalb ist das Risiko mit dem Daumen in den Anschlag zu fahren bei mir nicht vorhanden.

@Markus, Pedder: Bestoßen habe ich bisher mit allen meinen Hobeln versuchsweise und ich habe Länge für mich nicht als Vorteil festgestellt, wohl aber als Nachteil, wenn die Rauhbank beispielsweise hinten anstößt. Die Erläuterungen von Pedder machen aber Sinn. Das wird sich noch zeigen oder vielleicht habe ich ja irgendwann mal das Glück so einen langen Bestoßhobel zu testen.

@Michael: Danke für die Ausführungen und Infos, welche ich gerne ausprobieren werde. Ich habe dem Knochenleim eigentlich 5% Essig zugesetzt und die Teile bei ca. 60°C in den Backofen vor dem Verleimen. Aber Du hast recht mit dem frühen Gelieren - ich hatte bei der Verarbeitung auch das Gefühl, dass das sehr schnell geht. Trotzdem verwende ich den Leim seit kurzem sehr gerne. Dann wünsche ich Dir das Dein Blei bald die erforderliche "Restfeuchte" erreicht hat ;) und würde mich auch über einen Bericht von Dir freuen, sobald Du ihn gebaut hast.

@Georg: Danke für Dein Bild. Ist das auch ein Bestoßhobel? Oder warum hat er ein gedrehtes Bett? Sieht gut aus! Welches Holz ist das? Mit welcher Maschine hast Du das gefräst? Gibt es davon Bilder?

Insgesamt kann ich auch einen Ersteindruck geben: Die Haptik gefällt mir ganz gut, die Höhe ist wie von vielen schon bemerkt aber etwas nachteilig. Der weiche Eintritt des schräggestellten Eisens ist wirklich viel besser als bei geradem Eisen. Die Späne bleiben teilweise noch am untersten Punkt des Spandurchgangs hängen - da muss ich noch an diesem oder dem Keil nacharbeiten. Bei der Sohlenhöhe ist mir ebenfalls ein Fehler unterlaufen. Die Unterkante der Schneide ist im Moment höher als die Unterkante des Werkstücks auf der Stoßlade. Ansonsten macht er den Eindruck, dass wir beide noch irgendwann gute Freunde werden können, sobald die Probleme behoben sind.

Viel Freude beim Werken wünscht

Johannes

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