Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprüfen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
simonstucki
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Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprüfen

Beitrag von simonstucki »


habe da auf youtube zwei videos gefunden die in dem zusammenhang ganz interessant fand, es geht hier allerdings um die herstellung eines präzisen lineals (aus einem stück gusseisen), aber die methoden scheinen mir ideal um eine hobelsohle zu planen bzw. die planheit zu überprüfen.

Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=LkdkouWiDFs

Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=jx1D0buRCOY

was meint ihr dazu? overkill?

PS:

sind die ersten beiden videos von This Old Tony, die videoqualität ist noch nicht besonders hoch verglichen mit den neueren videos die absolut zum besten gehören was youtube so zu bieten hat. geht allerdings meistens um metallbearbeitung, in einigen videos wird aber auch holz bearbeitet und der typ hat mehr drauf wenn es um holz geht als so mancher der sich auf youtube woodworker nennt.

viel spass.

Johann Daniel
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Registriert: Di 19. Feb 2013, 19:58

Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Johann Daniel »


Hallo Simon,
das ist overkill.
Ich habe allerdings schon mit Tuschierfarbe und HM-Schaber Hobelteile zueinander passend gemacht, z.B. Frosch und Hobelkörper. Dabei ging es aber nur darum, dass die Teile gut aufeinander liegen. Bei einer Hobelsohle irgendeinem Hundertstelmillimeter nachzujagen, halte ich nicht für sinnvoll. Zudem braucht man ja auch eine ausreichend große Referenzfläche in entsprechender Qualität.

Gruß,
J.Daniel

simonstucki
Beiträge: 21
Registriert: So 17. Jun 2018, 10:34

Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von simonstucki »


es ging mir nicht primär um irgendwelche absoluten zahlen (allerdings bei einem feinen putzhobel kann ich mir durchaus vorstellen, dass ein hundertstel im bereich vor dem hobelmaul eine rolle spielen kann), mehr um die methode (das berliner blau gibt einen schnellen qualitativen eindruck über den zustand der hobelsohle).
und natürlich braucht man dazu die nötigen messwerkzeuge und referenzflächen und natürlich ist eine so flache sohle wenn überhaupt nur bei einem ganz feinen putzhobel interessant.

Wolfgang L.
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Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Wolfgang L. »

[In Antwort auf #147269]
Hallo Simon,

notwendig ist das Schaben sicher nicht, aber schaden wird es einem guten Putzhobel sicher auch nicht.
Das Problem ist eher: Schaben ist nicht so einfach wie es aussieht und es ist sehr Zeitaufwendig. Der Abtrag bei einem einzelnen Durchgang ist geradezu verschwindend gering. Dazwischen muss man immer wieder reinigen, Tuschierfarbe auftragen, an der Prüfplatte abtuschieren, Tragpunkte inspizieren und wieder schaben.
Voraussetzung ist also ein Hobel, der schon gut plan ist, sonst dauert das Schaben viel zu lange.

Abgesehen von der nötigen Fertigkeit und dem Zeitaufwand spricht eigentlich nichts dagegen: Die Hobelkörper aus Grauguss lassen sich gut schaben (wie gut das bei den neuen Hobeln aus Sphäroguss funktioniert weiß ich nicht - vermutlich schlechter als Grauguss aber besser als Stahl.)
Eine Prüfplatte aus Granit kostet auch gar nicht so viel - vor allem, da man für einen Hobel ja nur eine vergleichsweise kleine braucht. Dieter hat zB auch eine im Programm.

Wie sich das Schaben auf die Gleiteigenschaften auswirkt weiß ich nicht. Einerseits "schweben" perfekt geschabte Teile geradezu auf einer Granitplatte, weil in den ganzen, durch das Schaben entstandenen und bewusst gewollten, kleinen Vertiefungen in der Oberfläche die Luft nicht richtig entweichen kann. Andererseits: ist die Luft erstmal raus, saugen sich solche extrem planen Oberflächen geradezu fest. Kennt man zB von zwei Glasplatten, die aufeinander "kleben".

Lg Wolfgang

Friedrich Kollenrott
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Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #147269]
Hallo Simon,

das Schaben von Planflächen ist ein Verfahren mit dem Geübte allerhöchste Präzision erreichen. Ich hab sowas mal vor vielen Jahren gemacht und fand es spannend. Wenn man sich da einarbeiten mag (ohne Üben wird das nicht gehen!), warum nicht? Ein bißchen Overkill ist es aber schon. Man braucht eine Referenzfläche (z.B. eine Messplatte aus Granit), einen Flachschaber und Tuschierfarbe.

Ich bin nicht sicher, wie man mit dem Schaben klar kommt wenn man wirklich kräftige Formfehler hat, kann sein dass das dann sehr lange dauert. Die typische Anwendung (z.B. im Werkzeugmaschinenbau) ist das Verbessern von Flächen, die schon plan geschliffen sind.

Grüße, Friedrich

Kurt Heid
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Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Kurt Heid »

[In Antwort auf #147286]
Hallo
In der Werkzeugmacherei meines Lehrherrn war das in der Ausbildung Bedingung mit einem Flachschaber die Flächen zu bearbeiten. Es wurden auch Muster geschabt, wie ein Schachbrett. Bei alten Werkzeugmaschinen kann man so etwas noch finden. Für Holzarbeit ungeeignet find ich.
Gruß, Kurt

Ulrich Leimer
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Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Friedrich,

warum bekommt man Metallflächen nicht genau so plan wie eine Granitfläche? Ist die Schleiftechnik da nicht ähnlich?
PM klappte nicht.

Gruß Uli

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Uli,

Planschleifen von Matallteilen erfolgt auf einer Planschleifmaschine. Da gibt es Umfangsschliff (der Umfang einer zylindrischen Schleifscheibe schleift, die Scheibe wird durch Führungen über das Werkstück bewegt) oder Topfschliff, da schleift die Stirnseite einer topfförmigen oder ringförmigen Scheibe, die bei einfachen Maschinen über das Werkstück geschwenkt wird.
Beide Verfahren können sehr präzise Planflächen erzeugen. Die Ursachen nicht perfekter Planheit am Werkstück liegen nicht in der Schleifmaschine, sondern im Werkstück: Das ist elastisch (verformt sich also beim Einspannen und durch Bearbeitungskräfte). Und das Werkstück erwärmt sich beim Schleifen, auch das bringt Verformung. Und bei jeder Spanabnahme an der Oberfläche wird das innere Spannungsgleichgewicht (nicht perfekt spannungsfreier Werkstücke) gestört, das Werkstück verzieht sich und es gibt sogar Verzug durch Alterung (Diffusionsvorgänge).
Ein dünnwandiges und auch noch sehr kostengünstig gegossenes und berbeitetes Werkstück wie ein Hobelkörper wird darum hohen Ansprüchen an Planheit nie genügen (muss er auch nicht).

Granit ist ein absolut toter und spannungsfreier Werkstoff, weil eben schon sehr, sehr alt. Außerdem sind die Granitplatten sehr dick. Und sie werden geläppt, unter Eigengewicht oder zusätzlich gewichtsbelastet auf Planscheiben. Es wird bei sehr konstanter Temperatur gearbeitet. Wie sehr große Messplatten hergestellt werden, weiss ich nicht, ich gehe auch davon aus das heute eine Vorbearbeitung aller Planplatten mit Hilfe von Diamantwerkzeugen (und dann ganz ähnlich wie beim Planschleifen von Metallteilen) erfolgt.

Grüße, Friedrich



Wolfgang L.
Beiträge: 111
Registriert: Mi 14. Mär 2018, 16:15

Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Wolfgang L. »

[In Antwort auf #147293]
Hallo Ulrich,

die Gründe für das Schaben sind meiner Meinung nach nicht darin gelegen, dass man mit Schleifen etwa nicht eine ebenso plane Fläche erzeugen konnte.

Die klassische Domäne des Schabens waren Gusseiserne Maschinenführungen zB an Fräsmaschinen, Drehbänken, usw.
Dort ist es wichtig, dass ein ständiger Ölfilm vorhanden ist um einen geschmeidigen Lauf und geringen Verschleiss sicherzustellen. Noch dazu waren automatische Schmiersystem damals noch nicht üblich oder zumindest auf Spezialanwendungen beschränkt. Der Anwender solcher Maschinen musste die Führungen selbst regelmäßig Ölen. Umso wichtiger ist eine gute Ölhaftung, um nicht allzu häufig ölen zu müssen.
Nun ist es so, dass auf geschliffenen Flächen das Öl nur vergleichsweise schlecht haftet.

Auf einer geschabten Fläche haftet das Öl besser. Das kommt daher, dass man beim Schaben - genau genommen - lauter kleine Vertiefungen ins Material schabt. Beim Tuschieren mit sehr dünner Tuschierfarbe erkennt man dass die Fläche nicht großflächig aufliegt, sondern nur an einzelnen Punkten. Beim Schaben von Führungen hat man auch ganz bewusst versucht nicht die gesamte Fläche aufliegen zu lassen, sondern eine bestimmte Anzahl an Tragpunkten pro cm^2 zu erzielen.
In diesen "Vertiefungen" kann sich Öl sammeln und ein durchgehender Ölfilm wird somit unterstützt.

Ein weiterer wichtiger Punkt dürfte sein:
Die Führungen an alten gusseisernernen Maschinen sind keine extra Bauteile, die man fertig bearbeiten kann und dann an die Maschine montiert, sondern direkt in den Maschinenkörper gearbeitet.
Es ist entsprechend schwer einen gesamten Maschinenkörper auf eine Schleifmaschine zu spannen. Maschinengestelle von Fräs- oder Stoßmaschinen haben bereits bei vergleichsweise kleinen Maschinen schnell die Grundfläche einer Europaletten bei einer Höhe von über 1m. Dadurch haben sie auch entsprechend hohe Massen, 1000kg ist da selbst für mittlere Maschinengrößen nicht unüblich.
Betten von Drehbänken erreichen auch oft mehrere Meter Länge, Betten von Hobelmaschinen (nicht die für Holz, sondern für Metall) sogar oft 10m und mehr (die sind dann allerdings mehrteilig).

Auch ist das Schleifen von Innen-Schwalbenschwanzführungen (also das Metallische Pendant zu einer Gratnut) sehr schwer. Gerade diese Führungen wurden aber an Werkzeugmaschinen sehr häufig angewendet.

Sehr präzise Gleitlager aus Bronze (zB für die Spindeln von Schleifmaschinen - Wälzlager waren noch nicht so verbreitet) wurde zB auch eingschabt. Der Grund hier war auch wieder die bessere Ölhaftung, das genaue Einpassen der (konischen) Lager an die Spindel (das konnte man Vorhinein nicht so präzise fertigen) und noch ein ganz wichtiger Grund: der Ölfilm in einem Gleitlager baut sich durch hydrodynamische Vorgänge auf, und die Druckverteilung ist nicht symmetrisch. Wenn man ein Lager nicht exakt Rund, sondern zB mit einem abgerundeten 3-Kant Polygonalprofil herstellt verbessern sich die Laufeigenschaften. So ein Profil kann man aber nicht so ohne weiteres drehen, schon gar nicht in einer konischen Form (zumindest mit der damaligen Technik nicht ohne sehr extremen Aufwand).

Durch Schaben lassen sich also sehr präzise Teile fertigen und das mit eigentlich sehr einfachen - man könnte schon fast sagen: primitiven - Werkzeugen und Methoden.
Man braucht lediglich einen Schaber, Tuschierfarbe und ein Kontrollteil. Bei Gleitlagern war das direkt die Welle, die später darin laufen sollte, bei Planflächen ist das eine plane Platte oder ein Lineal. Selbst die Herstellung einer perfekt planen Platte ist vergleichsweise primitiv: die hier sicher wohlbekannte 3-Klinker Methode, die Friedrich in seiner Schärfanleitung beschreibt.
Für Schwalbenschwanzführungen fertigte man die winkeligen Kontrolllineale auch ebenfalls durch Schaben. Die Methode hier ist auch wieder verblüffend einfach: Man musste die zwei schrägen Flächen "nur" perfekt plan schaben (das konnte man ja auf der Platte prüfen), dann ist auch automatisch der Winkel zwischen den zwei Flächen exakt gleich über die ganze Länge. Der genaue Winkel in absoluten Zahlen war ja gar nicht wichtig, entscheidend war nur, dass er über die ganze Führung konstant ist und das Gegenstück dazu ebenfalls. Ob das nun 60,01° oder 59,99° sind, ist (war) nicht von Bedeutung.
Der Nachteil dieser "primitiven" Bearbeitungsmethode war und ist das dafür eine sehr hohes Können erforderlich ist und es eine sehr langsame und anstrengende Arbeit ist.

Auch war es nicht unüblich verschlissene Maschinen wieder neu einzuschaben. All das machte das Schleifen der Führungen und Gleitlager auch technisch schwierig. Wenn man dann noch bedenkt, dass eine Mannstunde damals sicher viel billiger war als eine Maschinenstunde an einer so großen, speziellen Schleifmaschine....

Lg Wolfgang

Ulrich Leimer
Beiträge: 473
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:43

Re: Inspiration:Hobelsohle Planen/Planheit überprü

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Friedrich, hallo Wolfgang,

vielen Dank für die sehr ausführlichen Erklärungen u. das Insiderwissen. Hab ich ne Menge dazugelernt.

Danke
BG Uli

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