Bau eines Karteikartenkastens *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Bau eines Karteikartenkastens *MIT BILD*

Beitrag von Micha P »


Hallo liebe Holzwerkergemeinde,

ich bin noch immer dabei, alte Bestände an Holzresten, insbesondere Baumarktleimholz zu verwerten.

Anfang der vergangenen Woche wurden meine Frau und ich zu einer Abendveranstaltung in die Schule eingeladen,
wo es um die Verbesserung der Lernmethodik zur Aufbereitung des Unterrichtsstoffen durch die Schüler ging.
U.a. war systematisches Wiederholen ein Thema. Empfohlen wurde von der Dozentin ein Lernkarteikartensystem.
Mehr Infos dazu gibt es z.B. hier https://www.youtube.com/watch?v=-uITHYR8HTE .

Das Thema hat mich nun holzwerkerisch gereizt. Also habe ich mich rangemacht, einen Karteikartenkasten
für diesen Zweck zu bauen.

Zunächst habe ich zwei Leimholzstücke 80 x 20 cm genommen und längs mit der Gestellsäge aufgeschnitten. Ein Brett
habe ich zu Testzwecken in 20 cm Breite belassen, das andere auf 15 cm verschmälert und sie danach aufgetrennt.
Nebenbei bemerkt, scheint sich meine Theorie zur Längsschnittbezahnug dahingehend zu bestätigen, dass die Zahnteilung,
je breiter das aufzutrennende Holz ist desto größer sollte die Zahnteilung werden. Für das 20 cm - Brett habe ich ungefähr
doppelt so lange gebraucht, wie für das 15-cm Stück. Es werden deutlich mehr Späne produziert, die die Zahnzwischenräume
zusetzen und ab ca. 10 cm scheinen die Zwischenräume so gefüllt zu sein, dass die Säge ab da überproportional langsamer sägt.
Steht bei mir doch der Bau einer Rahmensäge an, die wohl mindestens ein 10 mm Teilung erhalten und dann ab Holzstärken
von > 10 cm eingesetzt wird.

Aber zurück zum Karteikasten, Hier sind ein paar Bilder vom Bau.






Der Kasten ist traditionell mit Schwalbenschwazverbindungen
ausgeführt. Boden- und Deckelbrett sollten in einer Gehrungsnut verschwinden. Das hatte zur Folge, dass Schwalben und Zinken
für Boden- und Deckelteil ungleichmäßig ausgeführt werden mußten. Hier hat wieder die "Opferholzmethode" von Paul Sellers
ausgezeichnete Dienste geleistet. Die Schwalbenschwanzverbindungen habe ich so ausgeführt, dass ich den Kasten nach der
Verleimung aufgetrennen konnte, um ein separates Kasten- und Deckelteil zu erhalten, die dann optimal aufeinanderpassen.



Danach habe ich aus den 5 mm starken Abschnitten vom Auftrennen der Leimholzbretter die Unterteilungen für die Karten und
die Führung zum sicheren Schließen des Deckels hergestellt.





Meine Lehre aus dem Projektchen - Kästchen bauen macht wirklich Spaß, obgleich Fichte, weil sie leider so weich ist, auch dafür
vermutlich nicht erste Wahl sein sollte. Aber Kästchen sind schnell herzustellende Objekte, bei denen man wichtige Techniken
trainieren kann, die zudem einen Gebrauchswert besitzen und an denen man seine handwerklichen Fortschritte gut beobachten kann.
Während mir die Schwalbenschwanzverbindungen immer besser gelingen, werde ich wohl oder übel für die
Gehrungen noch einiges an Lehrgeld zahlen müssen.

LG Micha

Horst Entenmann
Beiträge: 1156
Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: Bau eines Karteikartenkastens

Beitrag von Horst Entenmann »


Hallo Micha,

Schönes Projekt und sicherlich ein gutes Übungsstück.
Wir hatten erst neulich eine Diskussion zum Thema Nadelholz und Zinkenverbindungen. Du hast ja auch gemerkt daß das problematisch sein kann.
Das Kästchen hinterher so sauber aufzutrennen, da muß ich sagen daß ich da meine liebe Not hätte und mir das Risiko wahrscheinlich zu groß wäre daß das schief geht.
Und ich hätte wahrscheinlich noch mind. einen Zinken zusätzlich eingebaut damit da später nichts aus dem Leim geht.

Gut finde ich daß die Nut für Decke und Boden in einer Gehrung verschwindet.
Bei meinen Schubladen war mir der Aufwand immer zu groß, aber da sieht man das später auch nicht. In deinem Fall ist das besser.
Und was die Genauigkeit der Gehrungen angeht, das ist in deinem Fall natürlich nicht einfach. Du hättest vielleicht ein bißchen mehr Material stehen lassen sollen und dann beim Zusammensetzen mit einer dünnen Säge durch den Schlitz sägen können, der wird dann dadurch parallel.
Das wurde mir mal so erklärt, ich habe es einmal ausprobiert und es hat funktioniert aber viel Erfahrung habe ich selber nicht damit.

Gruß Horst


Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Re: Bau eines Karteikartenkastens

Beitrag von Micha P »


Hallo Horst,

vielen Dank für den Tipp für eine bessere Gehrung. Werde es beim nächsten mal so machen. Aber so viel aufwändiger ist diese
Art einer verdeckten Nut m.E. nicht, man muss nur aufpassen, im Schwalbenstück die verdeckende Schwalbe im 45°-Winkel
anzusägen und wie ich gelernt habe etwas Material stehenlassen.

Das Auftrennen des Kastens ist nicht problematisch. Ich habe ihn von allen Ecken angesägt und brauchte die Säge fast nicht
nachsteuern. Danach ein paar Hobelstriche und alles war glatt. Ich werde diese Methode für mich weiter anwenden.

LG Micha



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Bau eines Karteikartenkastens

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #146951]
Hallo Micha,

natürlich noch längst nicht perfekt. Und ich hätt auch ein paar Schwalben mehr gemacht. Aber was solls - Es ist etwas Nützliches. Nützlichkeit finde ich bei dem, was wir in unseren Werkstätten zustandebringen, ganz wichtig.

So ähnlich haben meine ersten Schwalbenschwänze und Gehrungen auch ausgesehen, das wird alles. Bleib dran und habe weiter Freude an der Handarbeit.
Grüße
Friedrich

Pedder
Beiträge: 5680
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Bau eines Karteikartenkastens

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #146951]
Hallo Micha,

vielen Dank, dass Du uns an dem Projekt teilhaben lässt! Ich finde vorgehensweise und
Ausführung gut und wäre froh, meine Schalbenzinkenverbindungen sähen so aus.

Zum Vokaeln lernen habe ich sowas für die Kinder angeschafft. Und musste mich
belehren lassen, dass man das heute per App macht.

Liebe Grüße
Pedder

Micha P
Beiträge: 279
Registriert: Di 16. Jun 2020, 22:16

Re: Bau eines Karteikartenkastens

Beitrag von Micha P »


Hallo Friedrich, hallo Pedder,

vielen Dank für Eure Hinweise.

Die Zinken sind so schlecht nicht, aber zur Perfektion fehlt doch noch ein gutes Stück, da hat Friedrich völlig recht. Mit dem Hinweis von
Horst werde ich dem Ziel wieder etwas näher kommen.

Auch wenn man sein eigenes Werk begutachtet, so geht es mir zumindest, dann ärgere ich mich schon über Fehler, die ich gemacht habe.
Der Kasten ist kein Ausstellungsstück, sondern nur ein Schritt auf dem Weg zum Ziel. Auch beim Freihandsägen versuche ich so sauber wie möglich zu arbeiten,
denn ich ärgere mich, wenn ich weiß, dass ich es Stand jetzt besser hätte ausführen können. Aber bei diesen kleinen Projekten kann man
seine eigene Entwicklung immer gut verfolgen.

Zum Einwand mit der App Pedder, damit ist unser kleiner noch nicht des Weges gekommen. Meine persönliche Meinung dazu ist aber,
dass, sich der Lernende aktiver mit dem Stoff auseinandersetzt, wenn er es selbst (Vokabeln oder was auch immer) auf diese Karten schreibt.
Es werden einfach mehr Sinne angesprochen, als durch eine App und der Lerneffekt ist so besser. Für unterwegs ist die App auf Handy oder Tablet
natürlich passender als ein Karteikasten, wobei man sich einzelne Karten auch einstecken kann. Hauptsache ist, dass die Kinder zum
Lernen angehalten werden. Wwir müssen es bei unserem Kind tun.

LG Micha



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